Lavendelblaues Jackett

1285 Worte
,, Aber wie soll ich mich verhalten, wenn ich tatsächlich einem von beiden begegne?" Clair sah mich ernst an und antwortete:,, Am besten leise, außer wenn dich jemand etwas fragt. Senke deinen Kopf respektvoll, wenn du ihnen begegnest und selbstverständlich musst du sie immer Siezen, aber das sollte dir bewusst sein." Ich nickte nur stumm. Also um Clairs Worte zusammenzufassen, sollte ich mich verhalten wie ein Schoßhündchen oder wie ein Sklave. Ich durfte ja nichts sagen was den wehrten König oder Prinzen auch nur irgendwie aufregen könnte, da sie ja so viel bessere Menschen sind als wir. Genervt verdrehte ich die Augen:,, Okay, hab schon verstanden. Ich mache mich jetzt an die Arbeit. Wir wollen seine königliche Majestät ja nicht warten lassen." Und mit diesem Satz verließ ich lachend die Küche. Schnell holte ich alle Putzutensilien und machte mich dann auf den Weg zum anderen Ende des Schlosses. Zu aller Erst putze ich das Arbeitszimmer. Zum Glück war der König gerade in Schweden, wie ich von den Wachen erfuhr und so konnte mich niemand stören. Danach waren die Privatgemächer an der Reihe. Ich lief den langen Flur entlang und kam schlussendlich vor einer großen goldenen Tür zu stehen. Rechts und links davon standen zwei riesige Schränke. Naja, eigentlich keine richtigen Schränke. Es handelte sich dabei um zwei breitschultrige Männer, die vollkommen schwarz angezogen waren. Ich tippte auf Bodyguards. Vorsichtig trat ich näher und meinte:,, Ich bin die Putzfrau und soll hier sauber machen. Darf ich vorbei?" Jedoch schüttelte der etwas kleinere von den beiden nur den Kopf und deutete mir, dass ich einen Moment warten sollte. Ich wollte schon anfangen zu protestieren, als ich bemerkte, dass er sich umdrehte und leicht an die Tür klopfte. Von Innen folgte daraufhin ein leises:,, Ja?" Der kleinere Bodyguard öffnete die Tür einen Spalt breit und steckte seinen Kopf hinein. Er stand genau so, dass ich nicht ins Innere sehen konnte. Der Mann an der Tür begann plötzlich zu sprechen:,, Eure Majestät? Die Putzfrau ist da. Soll ich sie hinein lassen?" Wieder gab es nur ein schlichtes Ja als Antwort. Trotzdem ahnte ich böses. Die Wachen hatte mir erzählt, dass der König im Ausland war und die einzige andere Person, die im Schloss mit ,,Majestät" angesprochen wurde, war Prinz Max. Und dies bereitete mir Panik. Ich wollte ihm nicht unter die Augen treten. Ich hasste die Wirkung die er auf mich hatte. Jedoch rief ich mich zur Konzentration. Ich musste professionell bleiben. Ich war nur seine Angestellte und er nun einmal mein Chef. Wenn man es so nennen wollte. Also ging ich einfach mit erhobenen Haupt auf die Tür zu, welche mir der Bodyguard aufhielt und betrat den beeindruckenden Raum. Ich musste mich echt beherrschen, damit mein Mund nicht einfach aufklappte. Das Zimmer war groß, wenn nicht sogar riesig und war gleich eingerichtet wie der Rest des Schlosses. Auch wenn sein Raum ein bisschen moderner war. Ich stand in einem geräumigen Wohnzimmer. Ich entdeckte eine große Ledergarnitur und einen Flachbildfernseher. Direkt neben der Tür stand ein großer Schreibtisch mit einem passenden Stuhl. Alle möglichen kleinen Gegenstände schmückten den Raum und ließen ihn schon fast wie eine kleine Wohnung wirken. Plötzlich wurde ich von einer tiefen Stimme aus meinen Schwärmereien gerissen:,, Julia?! Ich bin im Schlafzimmer, wenn du mich suchst. Ich muss aber bald schon gehen. Es reicht wenn du heute nur das Schlafzimmer und das Bad machst." Augenblicklich begann mein Herz schneller zu schlagen. ,,Hier..." Ich wollte ihm gerade antworten, als ich den fetten Klos in meinem Hals bemerkte. Ich räusperte mich leise und meinte dann:,, Hier ist nicht Julia." Erst im Nachhinein wurde mir bewusst, dass ich gerade mit dem Kronprinz von England sprach, darum hängte ich noch schnell ein ,,Sir" an. Für einen Moment war es still, bis plötzlich kräftige Schritte ertönten und er im Türrahmen auftauchte. Er hatte ein weißes schlichtes Hemd an, welches er wohl gerade dabei war zuzuknöpfen, denn die obersten drei Knöpfe waren noch offen. Dazu trug er eine schwarze Anzughose und einen ebenso schwarzen Gürtel. Still blieb er an Ort und Stelle stehen und starrte mich an. Seine Augen leuchteten in einem so intensiven Blau, dass ich glaubte, darin zu versinken. Als ich jedoch bemerkte, dass ich ihn genauso intensiv musterte wie er mich, senkte ich schnell meinen Blick. Was hatte Clair gesagt musste ich in so einem Fall machen? Mein ganzes Gehirn war einfach leer. Knicksen oder einfach wegschauen? Hätte ich ihm nicht eigentlich aus dem Weg gehen sollen? War da nicht auch noch irgendetwas mit köpfen lassen, wenn ich mir einen Fehler erlauben sollte? Ich war vollkommen verwirrt! Ich wusste nicht was ich tun sollte. Doch erst jetzt bemerkte ich, dass Max noch immer nichts gesagt hatte. Darum wagte ich einen kleinen Blick nach oben. Prinz Max hatte ein spöttisches Grinsen im Gesicht, als er mit gehobener Augenbraue sein Hemd zuknöpfte. Er lachte mich ernsthaft aus! Anscheinend bemerkte er meine Unsicherheit und fand diese lustig. Trotzig stellte ich mich gerader hin und hob mein Kinn. Fest sah ich ihm in die Augen und meinte:,, Ich bin nicht Julia, sondern Victoria Prinsloo und ich springe heute für sie ein. Ich hoffe das ist in Ordnung für Sie, Majestät." Ich konnte mir einfach nicht verkneifen das Majestät extra zu betonen. Stumm beobachtete ich, wie das Grinsen auf seinem Gesicht noch überheblicher und arroganter wurde:,, Ich kenne Sie." Na toll. Er konnte sich an mich erinnern. Hoffentlich habe ich nicht vollkommen wie ein verliebter Teenager gewirkt. Selbstbewusst antwortete ich:,, Das könnte sein. Immerhin kenne ich Sie ja auch." Nun kam er langsam auf mich zu und wirkte dabei wie ein hungriger Löwe, der seine nichtsahnende Beute einkreiste. ,, Sie waren auf meiner Geburtstagsparty. Ich muss gestehen, dass als ich Sie das erste Mal gesehen habe, ich sehr beeindruckt war. In diesem schwarzen Kleid sahen Sie umwerfenden aus." Dicht vor mir machte er halt und mein Herz blieb stehen. Seine Augen verhakten sich in meinen und ich konnte nichts anderes tun, als ihn anzuschauen. Doch dann plötzlich drehte er sich weg und ging an mir vorbei. Endlich konnte ich wieder Luft holen. Jedoch hielt meine Erleichterung nur kurz an, da seine Stimme plötzlich wieder den Raum erfüllte:,, Jedoch haben Sie mir dann mein Essen gebracht und da war ich schon ein wenig enttäuscht. Ich hatte echt gehofft, dass Sie keine aus der unteren Schicht sind. Aber da kann man wohl nichts machen. Manche Leute kämpfen halt um ein gutes Leben und andere landen dann halt in Berufen wie eben Putzfrau oder Kellnerin." Ich stand völlig geschockt einfach nur da. Nach ein paar Sekunden drehte ich mich zu ihm um und beobachtete wie er sein lavendelblaues Jackett von einem Stuhl nahm und sich auf den Weg zur Tür machte. Ich wusste, dass das was ich nun machen würde dumm war, aber ich konnte dies nicht einfach auf mir sitzen lassen:,, Halt." Augenblicklich hielt Max in seiner Bewegung inne und drehte sich langsam zu mir um:,, Wie bitte?"
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