Eine erstickende Hitze.

1075 Worte
Abril verbrachte eine lange Zeit damit, das Korsett abzulegen, aber egal, wie sehr sie es versuchte, es gelang ihr nicht. Also suchte sie nach etwas, um das Korsett ihres Kleides zu schneiden, da es ohne dies unmöglich war, es zu entfernen. Angesichts der Haltung der Mägde wusste sie, dass keine von ihnen ihr helfen würde, es abzulegen. Sie durchsuchte die Schubladen und fand glücklicherweise eine Nähbox, die alles hatte, was sie brauchte. Sie nahm eine Schere heraus und begann, das Korsett zu schneiden, wobei sie versuchte, sich nicht zu verletzen. Als sie das Kleid auszog, hatte sie das Gefühl, wieder atmen zu können. Doch dann wurde ihr klar, dass sie nichts anderes zum Anziehen hatte. Sie war mit nur dem, was sie trug, im Palast angekommen, und hatte es gerade ruiniert. „Warum bin ich nur so dumm?“ „Was soll ich jetzt tun?“ „Der König hat deutlich gemacht, dass ich in diesem Ort um nichts bitten kann.“ „Und selbst wenn ich es tun würde, bezweifle ich, dass mir die Mägde etwas geben würden.“ Abril legte sich auf das Bett, nur in ihrem dünnen Unterkleid, und begann nachzudenken, wie sie an Kleidung kommen könnte. Sie rollte mehrmals auf dem weichen Bett hin und her, streichelte die glatten Seidenbettlaken. Dann kam ihr eine Idee. Da sie kein Kleid zum Anziehen hatte, musste sie sich selbst eines machen. Während sie zuvor nach etwas suchte, um ihr Kleid zu schneiden, hatte sie mehrere Sets Bettlaken gefunden. Sie konnte diese verwenden, um ein oder zwei Kleider zu machen. Abril stand vom Bett auf, nahm ein weißes und ein limettengrünes Laken und machte sich an die Arbeit. Glücklicherweise war sie geschickt im Nähen und konnte ein einfaches Kleid herstellen. Das war besser, als nur in Unterwäsche herumzulaufen. Während sie die Bettlaken schnitt, sagte Abril: „Ich hoffe nur, sie werden böse, weil ich die Bettlaken schneide.“ Sie zuckte mit den Schultern und sagte sich: „Wenn sie es tun, muss ich die Schimpfe ertragen.“ „Es gibt nichts, was ich tun kann.“ „Ich brauche meine Kleidung.“ Sie blieb die ganze Nacht wach und machte ihr Kleid. Sie benutzte einige Verzierungen aus dem Hochzeitskleid, um ihr Kleid weniger schlicht wirken zu lassen. In den frühen Morgenstunden hatte sie ihr erstes Kleid fertig, ein einfaches limettengrünes Kleid mit weißen Spitzenrändern, die sie aus den Vorhängen geschnitten hatte. Sie probierte ihr Kleid an und, als sie sah, dass es wie angegossen passte, lächelte sie zufrieden. Dann sammelte sie die Stoffreste auf und versteckte sie, damit die Mägde sie nicht fanden, und ging schlafen. Am nächsten Tag kam niemand, um sie zum Frühstück zu wecken. Abril wachte erst am Mittag auf, und kurz darauf trat eine dunkelhaarige Magd ein. Sie sagte, ihr Name sei Rena und brachte ihr eine einfache Mahlzeit, die aus Gemüsesuppe, einem Stück Brot, Wasser und einem Apfel bestand. Die Magd dachte, dass sie ihr mit dieser kleinen Mahlzeit auf die Nerven ging. Doch für Abril, die nicht jeden Tag drei Mahlzeiten hatte, war dies ein Luxus. Sie aß die Suppe und das Brot, ließ die Wasserkanne stehen und behielt den Apfel, falls sie zum Abendessen nichts bekam. Nachdem sie fertig war, sammelte die Magd das Geschirr ein und verließ den Raum schweigend. Abril verbrachte den Rest des Tages damit, ein weiteres Kleid und Unterwäsche für sich selbst zu machen. Zur Abendessenzeit kam die gleiche Magd, Rena, wieder in ihr Zimmer mit einem Tablett voller Essen. Das Abendessen war reichhaltiger als das Mittagessen; sie hatte ihr ein Rindersteak mit Kartoffeln und Salat serviert. Zum Nachtisch gab es einen Apfel. Abril aß alles auf, wusch den Teller ab und behielt den Apfel, wie sie es auch zum Mittag gemacht hatte. Die Magd starrte sie an, sagte jedoch nichts zu ihrer seltsamen Angewohnheit, Obst aufzubewahren. Die Jahreszeiten vergingen, der Frühling endete und machte Platz für einen heißen Sommer. Zum ersten Mal wurde das Zimmer, das Abrils Zuhause geworden war, zu einem echten Gefängnis. Es war so heiß, dass es unerträglich war. Sie ging auf den Balkon, aber die Sonne schien den ganzen Tag ohne eine Pause zu geben. Sogar die Nächte waren heiß geworden. Sie hatte die Mägde mehrmals gefragt, ob sie den Raum verlassen dürfe, aber sie sagten, sie dürfe nicht hinaus, da es der Befehl des Königs war. Eines Nachts, als Abril das Gefühl hatte, sie würde an der Hitze sterben, entkam sie aus ihrem Zimmer. Es waren keine Wachen vor der Tür, sodass sie keine Schwierigkeiten hatte, zu fliehen. Sie ging in den Garten, setzte sich neben einen Brunnen und genoss die frische Luft, die mit dem Wasser aus dem Brunnen vermischt war. Zum ersten Mal seit Tagen hatte sie das Gefühl, wieder atmen zu können. Sie blieb eine Weile dort, aber als sie wieder in ihr höllisches Zimmer zurück musste, hasste sie es. Doch sie wollte keinen Ärger bekommen, also kehrte sie zurück und achtete darauf, dass niemand sie sah. Nach diesem Tag entkam sie jede Nacht und ging zu dem Brunnen, um sich zu erfrischen. Sie steckte ihre Füße in den Brunnen und genoss das kühle Wasser, das ihr eine kleine Pause von der erstickenden Hitze ihres Zimmers verschaffte. Alessandro ging spazieren. Er hatte den ganzen Tag gearbeitet, Dokumente durchgesehen und fühlte sich gestresst. Die Hitze machte alles noch schlimmer. Als er durch den Garten ging, sah er eine junge Frau am Rand des Brunnens sitzen, mit den Füßen im Wasser. Er fragte sich, wer so schamlos war, das zu tun. Er näherte sich ein Stück und, als er ihre rötlichen lockigen Haare sah, wusste er, wer sie war. Es war seine Frau, Abril Venobich. Alessandro ballte die Fäuste, um seinen Killerinstinkt zu unterdrücken. Jedes Mal, wenn er sie sah, wollte er sie töten. Ihr Haar erinnerte ihn an König Vritra Venobich, der vor einigen Jahren grausam mehrere seiner Brüder getötet hatte. Sie war so klein und dünn, dass er nur ein wenig Druck auf ihren Hals ausüben musste, um sie zu töten. Er drehte sich um und ging zurück in sein Zimmer, um diese Gedanken aus seinem Kopf zu verdrängen. Nach diesem Tag entdeckte er, dass Abril jede Nacht aus ihrem Zimmer entkam, um zu dem Brunnen zu gehen, um sich zu erfrischen. Er fand ihr Verhalten unhöflich, ließ es aber dabei bewenden. Er tat so, als wüsste er nicht, was sie tat, und hörte auf, an sie zu denken, sodass sie wieder in Vergessenheit geriet.
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