KAPITEL 5 - DAS BABY -GLUCK

1536 Worte
LUTHERS SICHT „Alpha Luther, unsere Umfragewerte sinken.“ Marcels Stimme war scharf und abgehackt, als hätte er diese Rede vor dem Spiegel geprobt. Er stand vor mir, die lächerliche marineblaue Krawatte schnürte ihm den Hals ein, und hielt Papiere in der Hand, als wären sie heilige Schriften. „Wähler wollen Vertrauen in ihren Alpha“, fuhr er fort. „Und Vertrauen bedeutet einen Erben. Eine Luna. Eine First Lady. Ohne das sehen sie keine Stabilität.“ Ich kniff mir in den Nasenrücken. Meine Güte, Politik war eine langsame Folter. „Weißt du, Amanda und ich haben uns gerade scheiden lassen“, murmelte ich und ließ mich in den Ledersessel fallen, der wahrscheinlich mehr gekostet hatte als ihre gesamte Abfindung. „Sie war nie meine Luna. Verdammt, ich habe sie nur geheiratet, weil meine Schicksalsgefährtin … die Tochter des Rogue Alpha, verschwunden ist, als wir Kinder waren.“ Die Erinnerung stach immer noch wie Glas. Von ihr waren nur noch diese grünen Augen und dieses sanfte, vertraute Lachen übrig, das ich nie vergessen werde. Marcel zuckte nicht einmal mit der Wimper, als er an meine tragische Liebesgeschichte erinnert wurde. „Genau deshalb brauchen wir eine Lösung, Alpha. Wie wäre es, wenn wir den Plan zur Leihmutterschaft durchziehen? Wir können ihn als moderne Lösung verkaufen …“ „Nein.“ Ich unterbrach ihn sofort. „Mein Welpe kann nicht von einem schwachen Omega ausgetragen werden. Ich werde meine Blutlinie nicht für politische Punkte verwässern.“ Marcel rutschte hin und her und biss sich auf die Lippe, als wollte er widersprechen, aber sein Kopf lag ihm besser. „Dann brauchen wir jemanden Starken. Jemanden, der als perfektes Luna-Material gilt.“ Er hielt inne und lächelte dann. „Was ist mit Elara Salamanca?“ Ich hob eine Augenbraue. „Hectors Tochter?“ „Ja. Salamancas einziges Kind. Klug, gebildet, aus gutem Hause. Sie wäre die perfekte Partie … und sie ist verzweifelt genug, um Ja zu sagen.“ Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und musterte Marcel, als hätte er mir gerade vorgeschlagen, eine Leiche zu heiraten, um bessere Schlagzeilen zu machen. „Elara Salamanca“, wiederholte ich langsam und ließ den Namen auf meiner Zunge rollen. Er schmeckte wie Staub. Marcel richtete sich auf wie ein Hund, der glaubte, endlich den richtigen Stock zurückgebracht zu haben. „Ja, Alpha. Sie wird respektiert. Kultiviert. Elegant …“ „Langweilig“, unterbrach ich ihn mit tonloser Stimme. „Sie ist Hectors Tochter. Das heißt, sie ist seine Kopie in High Heels. Und wenn ich mir nächtelang Vorträge über ‚Verantwortung‘ anhören wollte, würde ich mir einen anderen Berater engagieren.“ Marcels Mundwinkel zuckten, aber er widersprach nicht. Er wusste es besser. Ehrlich gesagt, erfüllte Elara alle Kriterien auf dem Papier. Reichtum. Macht. Stammbaum. Die Art von Luna, die die Öffentlichkeit wie Süßigkeiten verschlingen würde. Aber die Vorstellung, sie an meiner Seite zu sehen, ließ mir eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Sie war nicht feurig. Sie war nicht das Chaos. Sie war nicht sie. Und Mondgöttin, ich brauchte sie. Nicht Elaras steifes Lächeln oder ihre Designerkleider. Nicht ihre einstudierten Reden oder ihre leeren Augen. Ich brauchte das Mädchen mit den grünen Augen, das lachte, als wäre die Welt nicht schon zerbrochen. Die, die ich verloren hatte, bevor ich überhaupt wusste, wie ich sie halten sollte. „Alpha Luther“, versuchte Marcel es erneut mit leiser Stimme, als bewege er sich auf dünnem Eis, „du musst sie nicht mögen. Du musst sie nur heiraten.“ Ich lachte bellend, scharf und kalt. „Marcel, wenn ich eine Frau heirate, die ich nicht mag, bringe ich sie um, bevor die Wahllokale überhaupt öffnen. Und welche Schlagzeile werden sie dann bringen? ‚Alpha Luther … Witwer, Mörder, wiedergewählt?‘“ Marcel lachte nicht. Das tat er nie. Aber ich konnte die Berechnung in seinen Augen sehen, die bereits plante, mich zu einem Familienvater zu machen, ob ich wollte oder nicht. Ich stand auf und strich meine Jacke glatt, während ich das Gespräch in Gedanken beendete. „Finde mir jemanden, der besser ist als Elara Salamanca“, befahl ich mit stahlharter Stimme. „Oder bereite ein Wunder. Denn ich werde mich nicht an eine Frau ketten, die ich nicht ausstehen kann, nur damit die Wähler nachts besser schlafen.“ Marcel öffnete den Mund und schloss ihn dann klugerweise wieder. Ich entließ ihn mit einer Handbewegung, doch als sich die Tür hinter ihm schloss, spürte ich es wieder ... diesen hohlen Schmerz, der in meiner Brust nagte. Die Umfragen wollten eine Luna. Meine Berater wollten eine Luna. Die Welt wollte eine Luna. Aber was ich wollte? Sie war weg. Und das war das Grausamste an der ganzen Sache. --- IN DER FRUCHTBARKEITSKLINIK SIENNAS SICHT Ich konnte nicht aufhören zu zittern. Die Nachtluft schnitt mir ins Gesicht, als ich aus dem Auto stolperte, das Handy noch immer in der Hand. Dr. Philips Stimme hallte in meinen Ohren wider … ruhig und professionell, als hätte er nicht gerade eine Frau in den Wahnsinn getrieben. Ich hasste mich dafür, ihn angerufen zu haben. Noch mehr hasste ich mich dafür, dass ich es ernst meinte, als ich sagte, ich wolle eine Spenderin. Aber welche Wahl hatte ich? Nigel hatte mich vergiftet. Piper hatte ihn mir gestohlen. Meine Zukunft war mir entrissen worden. Und das Einzige, was ich mir nicht nehmen lassen wollte, war die Mutterschaft. Tränen ließen das leuchtende Klinikschild vor mir verschwimmen. Meine Füße bewegten sich wie von selbst und zogen mich auf die Glastür zu, als wäre ich bereits vom Schicksal gebunden. Die Empfangsdame blickte auf, zu munter für diese Stunde. „Miss Monroe? Dr. Philip hat gesagt, Sie könnten kommen.“ Ich nickte und folgte ihr hinein. Der Geruch von Desinfektionsmittel schlug mir entgegen, sobald ich sein Büro betrat. Kalt und verdammt klinisch. Als wäre Hoffnung hier nicht willkommen, es sei denn, man könnte sie mit Blut bezahlen … oder, in meinem Fall, mit Schulden. Dr. Philip rückte seine Brille zurecht, seine Stimme ruhig, einstudiert, als hätte er dieses Gespräch schon hundertmal geführt. „Miss Monroe, sind Sie sich wirklich sicher, dass Sie das tun wollen? Die Insemination kostet über fünfzigtausend Dollar, und selbst dann … ist nichts garantiert.“ Fünfzigtausend. Diese Zahl hallte nicht nur wider, sie schrie wie ein verdammter Wecker um drei Uhr morgens. Meine Kreditkarten hingen bereits am Tropf, meine Ersparnisse reichten für eine Comedy-Show, und meine Miete? Nur ein Wutanfall, und ich wäre auf der Straße gelandet. Aber ehrlich? Nichts davon war wichtig. Das Feuer in meiner Brust war lauter als alle Mathematik der Welt. Ich straffte die Schultern und begegnete seinem aufmerksamen Blick. „Ich werde mich noch mehr verschulden, wenn es sein muss. Ist mir egal. Ich will dieses Baby. Und ich will, dass es hundertprozentig mir gehört.“ Und da war sie … meine Wahrheit, laut, ungeschminkt und kompromisslos. Heiß serviert, ohne Nachgießen. Ein Lächeln umspielte Dr. Philips Lippen, als bewunderte er meine Rücksichtslosigkeit. Er griff in seine Schublade, zog eine Hochglanzmappe heraus und schob sie über den Schreibtisch. Ihr Gewicht klang wie ein Hammerschlag. „Dann geben wir Ihnen Optionen“, sagte er sanft. „Hier … das sind die begehrtesten, unverbindlichsten Junggesellen der Stadt. Sogar ein paar Milliardäre. Suchen Sie sich eine aus.“ Ich schlug sie auf, Hochglanzseiten voller Männer, die aussahen, als hätten sie noch nie in ihrem Leben um etwas betteln müssen. Gemeißelte Kinnladen, teure Uhren, Augen, die sagten: „Mach Ärger, und du wirst es später bereuen.“ Jeder einzelne von ihnen war bildschön, wie ein Sündenkatalog, eingehüllt in Armani. Ich verdrehte die Augen und warf die Mappe zurück auf seinen Schreibtisch. „Geld und Abstammung sind mir egal. Hauptsache, er ist klug … und gutaussehend. Mehr brauche ich nicht.“ Und vielleicht ein bisschen draufgängerisch. Vielleicht jemand, der Gefahr in seinen Adern trägt, die Art, die mein Kind unaufhaltsam machen würde. Aber das sagte ich nicht laut. Dr. Philip kicherte und klappte die Mappe zu. „Verstanden.“ Da erschien die Krankenschwester, ihr Lächeln viel zu fröhlich für jemanden, der mir gerade Wissenschaft in die Gebärmutter pumpen wollte. „Wir bereiten Sie jetzt vor, Miss Monroe.“ Ich folgte ihr den sterilen Flur entlang, mein Puls hämmerte wie Kriegstrommeln. Mit jedem Schritt spürte ich die Schwere dessen, was ich tat. Das war nicht nur ein Eingriff. Das war nicht nur ein Glücksspiel. Ich sagte dem Universum: Scheiß auf das Schicksal. Scheiß auf Nigel. Scheiß auf Piper. Ich brauche keinen Partner. Ich brauche niemanden. Ich lehnte mich auf dem frischen weißen Laken zurück, während die Krankenschwester mich vorbereitete und die Monitore anschloss. Ihre Hände waren sachlich und effizient. „Sie fühlen sich vielleicht etwas schläfrig“, sagte sie freundlich und drückte mir die Maske aufs Gesicht. Etwas schläfrig. Ja, genau. Meine Augenlider wurden augenblicklich schwer, die Welt entglitt mir wie Wasser zwischen den Fingern. Der letzte Gedanke, der mir durch den Kopf ging, bevor mich die Dunkelheit in die Tiefe zog, war nicht Angst, nicht Geld, nicht einmal Nigel. Es war dieser: Dieses Baby wird mir gehören. Und niemand wird es mir jemals nehmen. Wenn Nigel mein Baby nicht wollte … dann werde ich dafür sorgen, dass mir jemand anderes eins gibt.
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