Kapitel Vier
Er kommt so nahe an mich heran, dass ich die Zimtnoten in seinem sinnlichen Parfum wahrnehmen kann. »Auf die Knie gehen und was tun?«
Meine eigenen Knie fühlen sich seltsam weich an. Ich räuspere mich, aber meine Stimme klingt immer noch heiserer, als es klug wäre. »Sie gehen auf die Knie, schauen Boner an und sagen ihm, dass er das klügste Wesen ist, das Sie je getroffen haben.«
Ist das Enttäuschung in seinem Gesicht?
Ist welche in meinem zu sehen?
Er zuckt mit den Schultern. »So unangenehm dieser Ausgang auch wäre, ich muss mir keine Sorgen machen, denn Winnie wird gewinnen.«
»Nun denn, für den Fall, dass sie es tut … Was soll ich tun?«
Er reibt sich seine kurzen, dunklen Barthaare. Es ist eher ein überwuchertes Stoppelfeld – etwas, was in ein oder zwei Wochen gewachsen sein könnte, stelle ich fest, als ich es mir genauer ansehe. Sein Haar ist einfach so d**k und üppig, dass es so aussieht, als ob es mehr davon gibt, als wirklich da ist.
Moment, warum bin ich so besessen von seinen Haaren? Ich habe ihm gerade eine wichtige Frage gestellt. und er lässt sich mit der Beantwortung viel Zeit. Bedeutet das, dass er etwas Unanständiges verlangen wird? Ich kann fast hören, wie seine tiefe Stimme als Antwort knurrt: Sie gehen auf die Knie und machen mir den Reißverschluss auf. Dann nehmen Sie mein …
»Wenn ich gewinne«, sagt er und unterbricht meine anzüglichen Fantasien, »gehen wir zusammen spazieren, bis Winnie defäkiert, und dann werden Sie es beseitigen.«
Er sieht selbstgefällig aus.
Verdammt. Das ist kein kleiner Einsatz. Wortwörtlich.
Benutzt er Vierzig-Liter-Müllsäcke, um die ganze Kacke aufzunehmen? Werde ich eine Schaufel brauchen?
Der eine Teil dieses Szenarios, den ich mag, ist, dass wir zusammen spazieren gehen würden. Und je nach Winnies Faserkonsum bekommen wir vielleicht die Chance, uns gegenseitig kennenzulernen. Vielleicht würden wir dann zur Abwechslung damit aufhören, uns zu streiten. Vielleicht sogar …
»Wollen Sie sich drücken?« Die Worte beinhalten eine klare Herausforderung.
Ich starre ihn böse an. »Auf keinen Fall. Es geht los. Wie geht der Test?«
Er streichelt Winnies Kopf. »Man legt einem Hund ein Handtuch auf den Kopf und zählt, wie lange er braucht, um sich davon zu befreien.«
Ich verberge meine Freude. Das habe ich schon einmal mit Boner gemacht. Er hat sich in weniger als dreißig Sekunden befreit, was laut dem Artikel, den ich gelesen habe, sehr gut ist. »Woher bekommen wir Handtücher?«
Bitte sag »bei mir zu Hause«.
Die Bartstoppeln bekommen eine weitere Abreibung. »Unsere Kleidung?«
Bevor ich etwas erwidern kann, packt er den Saum seines Rollkragenpullovers und zieht ihn sich über den Kopf, so dass seine Bauchmuskeln zum Vorschein kommen.
Verdammt.
Verdammt sexy.
Ich aktiviere fast noch einmal meine Kugeln.
Unter dem Rollkragenpullover trägt er mein zweitliebstes männliches Kleidungsstück, eines, das einen in diesem Fall äußerst zutreffenden Namen hat: Muskelshirt. Er ist nämlich mehr als durchtrainiert. Seine Schultern sind perfekt rund, seine Arme wahnsinnig bepackt und seine Brustmuskeln können tanzen.
Ich möchte meine Forderung, falls ich gewinne, in etwas Unangebrachtes ändern. Und wäre es so schlimm, wenn ich die Kugeln absichtlich aktiviere und gleich hier und jetzt einen weiteren Orgasmus habe?
»Sie müssen Ihr Oberteil nicht ausziehen«, sagt er und missinterpretiert meinen verblüfften Gesichtsausdruck. »Bei der Größe Ihres Chihuahuas reicht mein Taschentuch.«
Ein Taschentuch? Wie im 19. Jahrhundert?
Ich danke den Modegöttern für meine Entscheidung, einen Bralette unter meiner Bluse zu tragen, und beginne, die Knöpfe aufzuknöpfen.
Seine Augen weiten sich wieder, und das helle Braun in ihnen scheint sich in geschmolzenes Gold zu verwandeln.
Ich bin nicht schüchtern, aber als ich meine Bluse ausziehe, bin ich kurz davor, rot zu werden – in Anbetracht dessen, was ich in seinem Gesicht sehe.
»Ich will nicht, dass Boner verliert, weil er den Geruch an Ihrem Taschentuch nicht erkennt.« So. Meine Stimme ist gelassen. Und dass ich mich ausziehe, hat nichts damit zu tun, dass ich, sagen wir einmal, jemanden verführen will. Nein. Nur eine wirklich verschlagene Frau würde das tun.
Er holt das besagte Taschentuch heraus und tupft sich die Stirn ab. »Haben Sie eine Uhr mit einer Stoppuhr?«
»Warum? Wir brauchen sie nicht, um zu sehen, wer sich zuerst befreit.«
»Ich möchte die Zeit für die Nachwelt festhalten. Unter dreißig Sekunden gilt als ein sehr gutes Ergebnis.«
Bedeutet das, dass er diesen Test auch schon bei seinem Hund gemacht hat?
Ich schätze, ich sollte mich darauf vorbereiten, riesige Kacke zu schaufeln.
Ich winke mit meinem bloßen Handgelenk. »Sorry, keine Uhr dabei.«
»Wie wäre es, wenn wir meine benutzen?« Er kippt seinen muskulösen Unterarm so, dass ich das gute Stück sehen kann.
Unter dem Vorwand, die Uhr besser sehen zu können, schleiche ich mich an ihn heran, bis ich in Kussreichweite bin. Aus dieser Nähe ist sein Duft berauschend, ganz warme männliche Haut, und intensive zimtige Würze. Mir läuft buchstäblich das Wasser im Munde zusammen, als sich mein Gehirn wieder mit nicht jugendfreien Bildern füllt.
»Sind das handgezeichnete Penisse auf Ihrer Handtasche?«, fragt er und zwingt mich, aus einer weiteren lustinduzierten Fantasie zurückzukehren.
Warum ist jeder ein Kunstkritiker, wenn es um dieses Thema geht? Ja, ich mag es, meine Besitztümer auf diese Weise zu dekorieren. Verklagt mich.
»Haben Sie ein Problem mit meinen Zeichnungen?« Ich neige meinen Körper so, dass Dragomir meine Tasche nicht mehr sehen kann. Dabei trete ich versehentlich auf seinen Fuß.
Verdammt! Auf einen Fuß zu treten ist ein schlechtes Omen. Es bedeutet, dass die Person, die den Fußtritt macht, einen Konflikt mit der Person hat, auf deren Fuß getreten wurde.
Oder, in diesem Fall: mehr Konflikte.
»Kein Problem«, sagt er – und es ist unklar, ob er den Fuß oder die Peniszeichnungen meint.
Ich zögere und entscheide mich dann, es einfach zu tun. »Könnten Sie mir bitte auf den Fuß treten?« Nach russischer Tradition neutralisiert dies die negativen Kräfte.
Er hebt eine Augenbraue. »Russischer Aberglaube?«
Ich nicke und erröte leicht.
»In Ruskovia sagt man, wenn eine Frau versehentlich auf den Fuß eines Mannes tritt, werden sie gemeinsam enden. Natürlich glaube ich selbst nicht an so einen Unsinn.«
Doch er tritt mir sanft auf den Fuß, zeigt mir dann wieder die Uhr und lächelt.
Dieses Lächeln. Wäre es zu offensichtlich, wenn ich mir Luft zufächern würde? Noch wichtiger: Wäre ich pervers, wenn ich die Vibration jetzt aktivieren würde? Ich möchte es wirklich. Er riecht nicht nur männlich und lecker, sondern auf diese Entfernung kann ich die Hitze spüren, die von ihm ausgeht, als wäre er ein feuerspeiender Drache.
Vielleicht ist der letzte Teil der Grund, warum er Dragomir heißt?
Als ich merke, dass ich die Uhr völlig vergessen habe, schaue ich sie mir noch einmal genau an.
Wow. Sie ist von Patek Philippe, Hersteller der teuersten Armbanduhren der Welt. Dieses besondere Meisterwerk scheint speziell für ihn angefertigt worden zu sein, mit einer kyrillisch aussehenden Schrift, die Ruskovisch sein muss, und einem seltsamen Design aus Diamanten.
Kein Wunder, dass Dragomir die Ausstrahlung alten Geldadels hat. Dieses Ding muss Millionen gekostet haben.
»Also«, murmelt er und lässt meinen Blick zu seinem Gesicht hochschnellen. »Werden Sie meiner Uhr vertrauen?«
Irgendein Instinkt sagt mir, dass ich ihm gar nicht trauen sollte, Punkt. Doch ohne einen rationalen Grund zu haben, nicke ich einfach und entziehe mich der Anziehungskraft dieser lebhaften Augen.
»Auf mein Zeichen«, sagt er und wendet seine Aufmerksamkeit der Uhr zu.
Ich halte mein Oberteil über Boner.
Er wirft seinen Rollkragenpullover über Winnies Kopf. »Los.«