Chapter 2

2001 Worte
„Wo waren sie? Ich habe sie vermisst. Sie sind nicht zum Dienst erschienen. Ich erwarte eine Erklärung.“ „Ich….. ich…… ich hatte noch dienstfrei…..“ „Nein. Hatten sie nicht. Ihr Dienst begann um 12.30h und ich hab sie nirgendwo gesehen.“ Mir läuft es siedend heiß den Rücken hinunter. Genauso wie Erik vermutet hat. Die Lage wurde vorverlegt. Wegen dem Duce, der heute Nachmittag erwartet wird. Und ich…..? Was soll ich jetzt sagen? Die Wahrheit? Oder soll ich versuchen, mich rauszureden? Meine Gedanken rasen. Wer hat von unserem Stelldichein gewusst. Sicher…. Der eine oder andere Kamerad von Erik. Und da ist sicher einer dabei, der uns verpfeifen wird. Und meine eigenen Kolleginnen? Die alle kennen meinen Ruf und es wird recht schnell ein Verdacht entstehen, dass ich mit jemanden gevögelt habe, anstatt meinen Dienstpflichten nachzugehen. Aber das ist immer noch besser als der Verdacht, ich hätte was mit einem Attentat auf den Führer zu tun. Oder könnte man das auch so deuten, dass wir ein Stelldichein nur vortäuschen, um in Wahrheit unseren Führer umzubringen. Verdammt….. Verdammt…. Verdammt………. „Nun? Ich warte auf eine Antwort, Fräulein Voss.“ „Ich…… Herr Generalmajor….. ich………..“ Er fährt mir über den Mund. „Ach Herr Gott….. Seien sie still….. Das wird der SD schon aus ihnen herausbekommen. Sie stehen vorläufig unter Arrest.“ Er winkt zwei Soldaten heran und befiehlt ihnen, mich abzuführen. In meinem Kopf wirbeln alle möglichen Gedanken. Was geschieht jetzt mit mir? Wir haben Krieg und sogar ich weiß, dass es nicht besonders gut für das Deutsche Reich läuft. Da sind sie alle nicht zimperlich und ich bin ja nur eine unbedeutende Tippse, die vielleicht zur falschen Zeit am falschen Ort war. Rastenburg / Wolfsschanze 22. Juli 1944 Ich bin in der Arrestzelle des Sicherheitsdienstes SD gelandet. Mich schüttelt es vor Angst. SD…… Gestapo….. Das sind Leute, mit denen man besser nichts zu tun haben will. Und jetzt? Jetzt sitze ich bis über beide Ohren in der Scheiße. Seit meiner Verhaftung hat sich nicht viel getan. Hat man mich vergessen? Eher nicht. Die werden kommen. Ganz bestimmt. Immer wieder gehe ich in der engen Arrestzelle auf und ab. Man stelle sich vor…. Der Sicherheitsdienst ist genau schräg gegenüber der Lagebaracke gelegen. Wenn ich also ein Fenster in meiner Behausung hätte, dann könnte ich genau auf den Ort des Attentats schauen. Könnte die verwüstete Behausung in Augenschein nehmen. Doch da ist nur die massive, kalte Betonmauer. Insgesamt sind es vier Gitterkäfige in diesem Trakt. Frontseite nur Gitter. Und auch die Seiten zu den anderen Zellen nur Gitter. Vor den Zellen befindet sich ein schmaler Gang, der in eine Tür mündet. Da draußen befindet sich dann eine Wache. Und ich bin die einzige Insassin. Vermutlich will man mich von den anderen Inhaftierten fern halten. Mann oh Mann…… Ich scheine ja wirklich der absolute Staatsfeind geworden zu sein. Auf eine solche Karriere kann ich wirklich gut verzichten. Aber mir kann ja nichts geschehen. Sicher…… Man wird mich verhören. Man wird mir eine Rüge wegen meinem Verhalten erteilen. Aber das war es doch dann. Oder etwa nicht? Ich fühle mich unsicher und so richtig verlassen. Wo hat man Erik hingebracht? Ich habe tausend Fragen. Hauptsächlich drehen sie sich darum, was mit mir geschieht. Doch es ist niemand da, den ich fragen könnte. Es ist nicht so, dass dies hier ein angenehmer Ort wäre. Es ist immer noch recht schwül und drückend von der Sommerhitze in Ostpreußen. Dazu kommt, dass mich zwei starke Scheinwerfer Tag und Nacht anstrahlen. Ich komme kaum zum Schlafen und ich werfe mich immer wieder unruhig auf meiner Pritsche hin und her. Ich bin total fertig. Ich weiß, dass sie mich mürbe machen wollen und ich gestehe, dass ihnen das voll und ganz gelingt. Hier drin gibt es kein Tageslicht. Ich verliere komplett das Zeitgefühl. Ist es Tag? Ist es Nacht? Nicht einmal der Zeitpunkt, an dem ich eine schmale Essensration bekomme, lässt auf die Tageszeit schließen. Ich döse gerade auf der Pritsche, als ich von lautem Rufen aufgeschreckt werde. Hundegebell. Ein Schäferhund, der die Zähne fletscht, steht mit seinem Hundeführer draußen vor meiner Zelle. Begleitet wird er von einem weiteren Mann in der schwarzen Uniform der SS. Er ist mit einer Maschinenpistole bewaffnet, die er sich lässig über die Schulter gehängt hat. Er schreit mich laut an: „Voss, Friedericke?“ Ich rapple mich auf. „Ja…..“ Ich schwanke kurz und halte mich an einem Gitter fest. Ich bin total durch den Wind. „Mitkommen…..“ Die Tür des Verlieses wird aufgesperrt und der Hund knurrt mich böse an. Das ist kein Haushund zum streicheln. Der ist scharf abgerichtet. Der eine legt mir Handschellen an und dann führen sie mich durch das Gebäude. Wir kommen an ein paar Fenstern vorbei, doch draußen ist es tiefschwarze Nacht. Kein Wunder, dass mein Kreislauf total verrücktspielt. Dann erreichen wir ein fensterloses Büro. Es ist nicht groß. Vielleicht vier auf vier Meter. Nicht besonders wohnlich eingerichtet. Überall nur kalte Betonwände und auf dem Boden sind weiße Fliesen gelegt. In der Ecke befindet sich ein Schreibtisch. Ich schaue mich um. Die eine Wache deutet auf einen niedrigen wackligen Stuhl, der sich vor dem Schreibtisch befindet. „Hinsetzen…….. Und rühr dich nicht. Hasso könnte sonst versucht sein, dich ins Bein zu beißen.“ Und dann verlassen die beiden den Raum und ich bleibe allein mit dem Hund zurück. Er knurrt mich an. Ich halte den Atem an. Das Tier mustert mich genau. Wartet er auf eine Gelegenheit zum Angriff. Ich soll mich nicht bewegen. Meine ganzen Gliedmaßen beginnen unkontrolliert zu zittern. Ich habe Angst. Angst vor diesem Vieh. Das hat schon einen Grund, warum die mich hier alleine mit diesem Hund gelassen haben. Ich warte. Ich werde immer nervöser. Immerhin hat sich das Tier nicht bewegt. Mein ganzer Körper krampft sich zusammen. Und immer wenn ich auch nur die kleinste Bewegung mache, dann knurrt der Hund laut und vernehmlich. Schließlich öffnet sich nach einer mir endlos erscheinenden Zeit die Tür und vor mir steht ein Mann mit einer beeindruckenden schwarzen Uniform. Ein SS General…….. Weiß der Teufel, wie die sich selber nennen. Mit deren Dienstgraden komme ich immer durcheinander. Auf seinem Schädel sitzt eine schwarze Mütze mit einem silbrig blinkenden Totenkopf. Wortlos geht der Mann an mir vorbei. Zieht den Schreibtischstuhl heraus und setzt sich. Wenigstens ist der Hundeführer jetzt wieder im Raum und hält seinen Köter im Zaum. Wobei dieser „Schutz“ eher von zweifelhafter Art ist. Der SS Offizier mustert mich genau. Seine stechenden Augen lassen mich den Blick senken. Ich kann ihm nicht standhalten. „Name?“ Als ob er das nicht genau wüsste. „Voss….. Friedericke Voss…….“ Er steht auf und geht um den Schreibtisch herum. Zu der großen Lampe, die sich darauf befindet. Er schaltet sie an und dreht sie genau in Richtung meines Gesichts. Es blendet mich. Ich will mich wegdrehen. Doch er packt meine Haare und zwingt mich, in das gleißende Licht zu schauen. „Merk dir meinen Namen……… Mein Name ist Rattenhuber. SS Gruppenführer Johann Rattenhuber. Ich bin Befehlshaber des Führerbegleitkommandos und bin daher auch verantwortlich für die Sicherheit des Führers. Ich denke, du weißt also, warum du hier bist. Der Führer hat mich persönlich beauftragt, die Hintergründe dieses heimtückischen Anschlags aufzuklären. Und was deine Rolle in diesem Komplott der letzten Tage war, das werde ich rausfinden. Ich sage dir gleich eines, du Schlampe. Besser du erzählst mir sofort, was du weißt. Du ersparst dir eine Menge Schmerzen, wenn du jetzt auspackst. Denn andernfalls könnte es dir schlecht ergehen.“ Er lässt meine Haare wieder los. Dann geht er langsam um mich herum. Ich wage nicht, mich zu rühren. Urplötzlich tritt er gegen den Stuhl. Ich bin total überrascht. Der Tritt ist so richtig heftig, dass der Stuhl samt mir darauf umkippt. Ich falle zu Boden. Bin ganz benommen vom plötzlichen Sturz. Werde nach oben gerissen. Eine Hand schlägt in mein Gesicht. Hart. Brutal. Ich falle wieder. Etwas Metallisches ist in meinem Mund. Blut? Ich werde nochmal nach oben gerissen. Nochmal ein Schlag. Ich falle wieder…. Wirble herum. Vor mir tanzen Sterne. Dann ein heftiger Tritt in die Seite. „Steh auf, du Schlampe. Und hinsetzen…. Auf den Stuhl. Aber zack zack….“ Ich bemühe mich zu gehorchen. Kann keinen klaren Gedanken fassen. Meine Nase tut weh. Hat er sie gebrochen? Auf jeden Fall blutet sie heftig. „Nur damit du klar siehst, wie das hier läuft. Ich stelle die Fragen. Du antwortest. Und versuch ja nicht, mich anzuschwindeln. Du weißt ja jetzt, was dir dann blüht. Hast du das verstanden?“ Ich nicke und wische mir gleichzeitig das Blut aus dem Gesicht. Mein Ärmel ist ganz rot. Er reicht mir ein Taschentuch, das ich mir vor die Nase halten kann. Dann macht er es sich in seinem Sessel bequem. Die Lampe strahlt mir wieder grell ins Gesicht und alles tut mir weh. „Woher kennst du Stauffenberg?“ „Wen?“ „Tu nicht so unschuldig. Ich meine dieses Schwein, das die Tasche mit der Bombe im Besprechungsraum platziert hat.“ Ich schüttle den Kopf. „Nein, Herr General…… Der Name sagt mir nichts. Ich kenne den Mann nicht.“ „Zunächst mal….. Ich bin kein General dieser reaktionären Wehrmachtsbande. Ich bin Gruppenführer der SS. Und jetzt nochmal die Frage…. Woher kennst du den Oberst Claus Schenk, Graf von Stauffenberg?“ Ich versuche Haltung zu bewahren…. „Herr Gruppenführer……… Sie müssen mir das glauben. Ich kenne diesen Graf Stauffenberg nicht. Ich bin doch nur eine kleine Schreibkraft. Mit solchen Leuten wie mir verkehren doch die hohen Herren gar nicht.“ „Hmmmmm………….. Vielleicht hast du sogar recht. Vielleicht aber auch nicht.“ Er steht auf und geht wieder um mich herum. Alle meine Muskeln sind zum Zerreißen gespannt. Ich erwarte wieder einen Angriff………. „Ich glaube, dass du lügst. Ich habe mich über dich erkundigt. Du hast hier einen ziemlichen Ruf. Vielleicht hast du ja für eine gewisse Entspannung gesorgt. Sag mir…… Du hast mit ihm gefickt. Das muss es sein. So kennst du diesen Vaterlandsverräter. Und dann hat er dich für nützlich gehalten, das Attentat vorzubereiten. Vielleicht hast du ja sogar die Bombe für ihn vorbereitet. Er war ja gehandicapt. Nur noch drei Finger an der linken Hand. Und ich bin mir sicher, dass du mit den Fingern ziemlich geschickt bist.“ Ich bin geschockt von diesen Verdächtigungen. Ich muss sie unbedingt entkräften, denn sonst stellen die mich eiskalt an die Wand. Das hat mir Rattenhuber gleich zu Beginn des Verhörs gesagt. Dass ihm der Führer aufgetragen habe, lieber zwei Unschuldige hinzurichten, als unter Umständen einen Schuldigen laufen zu lassen. Das ist kein Spiel. Ich sitze so richtig tief in der Scheiße. „Bitte…………. Herr Gruppenführer………….. Sie müssen mir glauben. Ich kenne Stauffenberg nicht.“ „Und den Oberleutnant Werner von Haeften kennst du natürlich auch nicht, oder?“ „Nein…… Tut mir leid.“ „Du erzählst mir die ganze Zeit nur Unsinn. Ich glaube dir kein Wort.“ Er hat mich richtig angeschrien und ich zittere am ganzen Körper. „Ausziehen………..“ Ich starre ihn an. Was hat er gesagt? „Na los…… Auf was wartest du? Auf eine Extraeinladung? Ich hab gesagt, du sollst dich ausziehen.“ Endlich löst sich meine Erstarrung und ich begreife, was er beabsichtigt. Er will mich demütigen. Will mich zu etwas zwingen, was mir grundsätzlich wiederstrebt. Auch wenn ich im Führerhauptquartier als leicht zu haben gelte. Eine gewisse Würde habe ich mir behalten. Und die will er mir jetzt nehmen. So einfach ist das. Mechanisch streife ich mir die Kleider vom Leib. Dann winkt er die Ordonnanz mit dem Hund näher heran. „Los……. Blas ihm einen!“ Der Mann bindet seinen Hund an der Türklinke fest und knöpft sich dann den Hosenlatz auf. Holt seinen halbsteifen Schwanz hervor und hält ihn mir unter die Nase. „Hier…… Bedien dich!“ Gruppenführer Rattenhuber greift sich wieder meine Haare. Die haben es ihm offenbar besonders angetan. Zwingt mich, ihm in die Augen zu schauen.
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