Kapitel 3

2309 Parole
Kapitel Drei »Boner, hör auf, habe ich gesagt!« Diese Hundeschule schuldet mir eine ernsthafte Rückerstattung – dieses Szenario sollte ein Teil ihres Lehrplans sein. Unbeeindruckt von der Welt stößt mein Chihuahua seinen winzigen Hintern gegen den gigantischen der Bärin. Aus der Ferne sieht Boner aus wie ein Vogel, der auf einem Nilpferd reitet. Verdammt! Dummer Hund. Warum würde er überhaupt versuchen, s*x mit etwas zu haben, was hundertmal größer ist als er? Die Stöße werden schneller. Meine Lunge brennt, als ich trotz meines engen Rocks, der meine Bewegungsfreiheit eingrenzt, schneller werde. Wenigstens trage ich meine süßen neuen Sneakers anstatt hochhackiger Stiefel, was ich normalerweise tue – die würden diese spontane Verfolgungsjagd unmöglich machen. »Boner, hör auf!«, keuche ich. Er macht das Gegenteil. Seine Bewegungen werden immer hektischer, so dass es so aussieht, als hätte er einen epileptischen Anfall. Ich ziehe das Tempo weiter an, und mein Tanga verrutscht, wodurch ein unangenehmer Luftzug an meinen Geschlechtsteilen entsteht. Warum frisst ihn die Bärin dafür nicht? Nicht, dass ich mich beschweren will. Vielleicht ist Boners winziger Schniedel gar nicht in dieser höhlenartigen v****a. Ich habe keinen Zweifel, dass Boner ein toter Hund wäre, wenn sich ein so großes Tier missbraucht fühlen würde. Mist. Ist das ein Missbrauch? Ist mein kleiner Kumpel ein Sexualstraftäter? Aber nein. Der flauschige Schwanz der Bärin zeigt nach oben, was Boner den Einstieg erleichtert. Das muss ihre Art sein, dem zuzustimmen – zusammen mit der Tatsache, dass sie ihn nicht mit ihren massiven Kiefern zermalmt. Soweit ich weiß, haben sie sich geeinigt, als sie sich gegenseitig beschnüffelt haben. Er muss sie mit seinen mächtigen Chihuahua-Pheromonen verführt haben. Natürlich rettet das alles Boner nicht vor dem nervtötenden Arschloch, der der Besitzer der Bärin ist. Wenn er sieht, was passiert, wird er zweifelsohne zum Mörder mutieren. Glücklicherweise ist seine Aufmerksamkeit auf den Typen gerichtet, mit dem er gerade spricht – oder, besser gesagt, gestikuliert und ihn anschreit. Der Kerl hat eine Kamera in der Hand, die er hoffentlich nicht benutzt, um ein Foto von Boners Vergehen zu machen. Meine Beinmuskeln brennen, als ich schneller sprinte. Ich bin jetzt nur noch zwei Meter entfernt. Der Kameramann verliert die Diskussion, worüber auch immer, und schleicht sich davon. Es ist so weit. Der Fremde dreht sich um, und seine herrlichen Augen weiten sich, als er die Situation registriert, in der sich die Bärin befindet. Ich springe zur Rampe und schnappe mir Boners Leine. Bevor ich ihn wegziehen kann, trennt er sich aus freien Stücken, schaut zu mir hoch, und sein Schwanz wedelt mit maskuliner Zufriedenheit. Wie erwartet, wird der Kiefer des Fremden zu Stein, und seine königlichen Nasenlöcher beben. Mit Mühe halte ich mich zurück, Boner böser Hund zuzurufen. Ich möchte meinem kleinen Freund keinen Sexualkomplex verpassen, wie ihn meine Mutter mir verpasst hat, als sie mich in meinen frühen Teenagerjahren beim Onanieren erwischt hat. Hunde verdienen es, genauso wie Menschen, sexuelle Wesen zu sein. Der hitzige Blick des Besitzers der Bärin wandert von Boner zu mir. »Hat Ihre Ratte gerade …?« »Meinem Hund tut es leid, was er getan hat.« Es erfordert eine enorme Zurückhaltung, beschwichtigend zu klingen. »Mir auch. Ich wurde abgelenkt, und er ist entkommen.« Boner schaut mich verständnislos an. »Warum entschuldigen, ma chérie? Das ist le grand amour.« Der Fremde betrachtet mich mit einem starren Blick. »Lassen Sie mich raten. Sie waren mit ihrem Telefon beschäftigt?« Leise murmelt er etwas über die Amerikaner mit ihren unaufhörlichen Posts und Tweets. Meine Nackenhaare stellen sich auf, und ich muss mich anstrengen, mich davon abzuhalten, die Kugeln zu quetschen – seine und die in mir. »Lassen Sie mich raten. Sie beurteilen gerne Menschen ohne den kleinsten Beweis? Wie es der Zufall so will, nehme ich mein Telefon nicht mit auf meine Hundespaziergänge. Ich bin auch keine Amerikanerin im strengen Sinne des Wortes, und soziale Medien nutze ich ebenfalls nicht.« Neugierde ersetzt einen Teil der Wut in seinem Gesicht. »Wie konnten Sie ihn dann entkommen lassen?« Ich werfe ihm meinen typischen eisigen Blick zu. »Ich muss mich nicht vor Ihnen rechtfertigen.« Vielleicht war ich zu überzeugend. Die Ohren der Bärin hängen herunter, und sie versteckt sich hinter dem Fremden. Seine Augen verengen sich wieder. »Ihr Hund hat meinen geschändet. Das Mindeste, was Sie tun können, ist, höflich zu sein.« Genau wie ich mag Boner seinen Tonfall nicht. Er stellt sich zwischen uns und knurrt den Fremden an. »Ruhig, Junge«, murmele ich und atme tief ein, um mich zu beruhigen. Manchmal gewinnt man, wenn man den richtigen Weg einschlägt. »Ich möchte mich entschuldigen.« »Ich brauche Ihre Entschuldigung nicht. Ich muss wissen, ob Ihr Hund irgendwelche Geschlechtskrankheiten hat.« Irgendwie behalte ich trotzdem die Ruhe. »Das ist das erste Mal, dass er echten s*x hatte, also bezweifle ich das sehr.« Sofort will ich mich dafür ohrfeigen, dass ich das echt betont habe – das Letzte, was ich will, ist, darüber zu sprechen, dass ich meinem Hund ein Sexspielzeug gebaut habe. Der Fremde sieht jetzt etwas ruhiger aus, ebenso wie die Bärin hinter ihm. »Das ist gut. Dennoch kann Sperma eine breite Palette von Viren beherbergen. Woher wissen wir, dass Ihr Hund nicht mit etwas infiziert ist?« Ich zucke mit den Schultern. »Er ist nicht krank gewesen. Außerdem wissen wir nicht, ob er tatsächlich in sie eingedrungen ist – oder ob Sperma vorhanden war.« Hundesperma. Das ist ein Thema, von dem ich nicht gedacht hätte, dass es zur Sprache kommen würde, als ich heute aufgestanden bin. »Das reicht mir nicht«, sagt der Typ. »Ich möchte, dass Sie ihn zu einem Tierarzt bringen und ihn gründlich durchchecken lassen.« Er durchwühlt seine Taschen und holt ein Portemonnaie heraus. »Ich zahle.« Wie kann er mir so leicht unter die Haut gehen? »Ich kann für meinen Tierarzt selbst bezahlen. Danke.« »Wenn Sie darauf bestehen.« Die Brieftasche verschwindet. Ich richte mich noch gerader auf. »Ich bestehe darauf.« Er mustert mich noch einmal gründlich, wobei sein Blick erneut auf meinen Beinen verweilt. »Und Sie lassen mich die Ergebnisse des Tierarztes wissen?« Seine Stimme ist eine Nuance heiserer, als seine haselnussbraunen Augen zu meinem Gesicht zurückkehren. Mein verräterisches Herz setzt einen Schlag aus. »Ich muss meine Nummer in Ihr Telefon eingeben. Wie ich schon sagte, habe ich meines nicht dabei.« Ist das ein Hauch eines Lächelns, das seine sexy Lippen umspielt? »Das wäre toll, aber ich nehme mein Handy auch nicht mit auf meine Hundespaziergänge«, sagt er. Augenzwinkernd fügt er hinzu: »Ich nutze auch keine sozialen Medien und ich bin auch kein Amerikaner.« Das letzte bisschen hätte ich mir denken können … Aber keine sozialen Medien? Ich dachte, meine paranoiden Brüder und ich wären die einzigen, die sich in der heutigen Zeit enthalten. Und kein Telefon bei einem Spaziergang? Sogar besagte Brüder machen sich über mich lustig, weil ich das mache. »Haben Sie eine Visitenkarte?«, frage ich und ignoriere die Versuchung, unsere Gemeinsamkeiten aufzuzählen. Nur weil wir eine zivilisierte Unterhaltung führen, heißt das nicht, dass er nicht trotzdem ein Arschloch ist. Ich könnte ihm meine Visitenkarte geben, aber aus irgendeinem Grund will ich nicht, dass er weiß, dass ich eine Sexspielzeugfirma besitze. Irgendetwas an ihm – vielleicht der dezente und doch offensichtlich teure Schnitt seiner Kleidung oder der herrische Winkel seines Kiefers – lässt mich an Vorstandsetagen der Fortune 500 und Zehn-Gänge-Dinner unter Kristallleuchtern denken. Männer wie er neigen dazu, auf nicht-traditionelle Unternehmer wie mich herabzublicken – warum es mich allerdings interessiert, was er denkt, ist mir ein Rätsel. Normalerweise bin ich offen damit und stolz auf das, was ich tue. Er greift in seine Tasche und holt einen Stift heraus. »Ich habe keine Karte.« Er schaut sich um und entdeckt ein paar Kaffeebecher, die jemand auf einer Bank in der Nähe abgestellt hat. Er schnappt sich den am saubersten aussehenden, schreibt etwas darauf und reicht ihn mir. Dragomir, steht da in fetter, männlicher Schrift, neben einer Telefonnummer mit Vorwahl von Manhattan. Dragomir? Ist die Kurzform davon nicht Drago? Klingt wie ein Bösewicht aus Harry Potter. »Ich bin Bella.« Ich stelle den Becher ab und strecke höflich meine Hand aus. Seine Augen leuchten, als er die Begrüßung erwidert, und seine viel größere Handfläche meine verschlingt – und mein Atem bei der elektrisierenden Wärme seiner Haut stockt. Es ist ein Wunder, dass es nicht die Kugeln in mir aktiviert. »Dragomir.« Er spricht den Namen mit einem russisch klingenden Akzent aus. Widerwillig ziehe ich meine Hand zurück. »Woher kommen Sie eigentlich?« »Ruskovia«, sagt er, wieder mit der gleichen Aussprache. Hmm. Ich habe schon von diesem Land gehört. Wenn ich mich richtig erinnere, ist es kleiner als jeder der New Yorker Bezirke und irgendwie rückständig, zumindest insofern, als sie immer noch eine regierende Monarchie haben. Ich habe keine Ahnung, wo es auf der Karte liegt, was ihre Bräuche sind, oder ob es die Inspiration für Sokovia in The Avengers war. Was ich weiß, ist, dass Ruskovia die bestaussehende Nation der Welt sein könnte, wenn es nach diesem Typen geht. Ich muss ziemlich ratlos aussehen, denn er sagt mit einem leichten Augenrollen: »Ruskovia ist ein Land in Osteuropa – falls Ihre Geographiekenntnisse die eines typischen Amerikaners sind.« Meine Brüder sagen immer, dass meine Geographiekenntnisse besser sein könnten, aber wer ist dieser Dragomir, um mich oder das amerikanische Bildungssystem zu kritisieren? »Ich weiß, wo Ruskovia ist«, sage ich und flunkere nur leicht. »Ich selbst bin in Russland geboren. Das liegt auch in Osteuropa – für den Fall, dass Ihre Geographiekenntnisse unterdurchschnittlich sind.« Seine Augen verengen sich bei dem Wort Russland, und ich erinnere mich im Nachhinein daran, dass viele osteuropäische Länder mein Heimatland nicht mögen, dank der Bemühungen der Sowjets, ihnen den Kommunismus zu bringen, meist mit Waffengewalt. »Ich war klein, als ich hierhergezogen bin«, füge ich hinzu, bevor ich mich fragen kann, warum ich versuche, mich bei ihm beliebt zu machen. Er neigt den Kopf. »Das würde Ihr perfektes Englisch erklären.« War das ein Kompliment? Es fühlt sich auf jeden Fall so an. »Was ist mit Ihnen?«, frage ich und beschließe, es für bare Münze zu nehmen. »Wie kommt es, dass Sie keinen Akzent haben?« »Ich hatte tolle Lehrer«, sagt er und blickt stirnrunzelnd zu Boden. Ich folge seinem Blick und unterdrücke ein Schnauben. Während wir uns unterhalten haben, sind Boner und seine Bärin zusammengekommen, und sie hat ihn gerade geleckt – ein großes, sabberndes Lecken. Boner scheint der glücklichste Hund der Welt zu sein. Dragomir sagt in einer Sprache, die wohl Ruskovisch ist, etwas zu der Bärin. Die einzigen Worte, die ich erkennen kann, sind Winnie und so etwas wie Pooh. Oder war es ein kleingeschriebenes poo? Schüchtern schiebt sich die Bärin von Boner weg. Meine gute Laune verflüchtigt sich. »Haben Sie gerade wieder meinen Hund beleidigt?« »Nein. Ich habe Winnifred gesagt, dass sie ihn nicht lecken soll. Benutzen die Russen nicht auch den Befehl fu?« Fu. Nicht poo. Und ja, meine Eltern schreien Boner immer »fu« zu, wenn sie ihn Dinge tun sehen, die sie nicht mögen. Für mich sieht es immer so aus, als ob sie ihm Kampfsport beibringen wollen, à la Kung Fu Panda. Dann macht es klick. »Der Name Ihres Hundes ist Winnifred? Und als Kurzform ›Winnie‹?« Er nickt. »Ihnen ist klar, dass das der Name eines Bären ist, oder? Wie in Winnie P…« »Ich war nicht derjenige, der ihr diesen Namen gegeben hat. Wie ist sein Name?« Wer gibt seinem eigenen Hund keinen Namen? »Bonaparte.« Er wölbt seine Augenbrauen. »Denken Sie nicht, dass das ein bisschen zu ehrgeizig ist für einen Hund mit einem Gehirn so groß wie eine Erbse?« Ich verschränke die Arme vor der Brust. »Chihuahuas haben das größte Gehirn-zu-Körper-Verhältnis aller Rassen.« »Trotzdem.« Er schaut Boner skeptisch an. »Winnies Gehirn ist vielleicht so groß wie sein ganzer Körper.« »Oder es könnte mickrig sein, wenn sie einen sehr dicken Schädel hat«, sage ich und füge leiser hinzu: »Wie Sie.« Er blickt mich herrisch an. »Winnie ist von der Misha-Rasse. Sie haben Ruskovia von Wölfen und Bären befreit und sind die klügsten Hunde der Welt.« »Diese Rasse heißt wirklich misha?« Ich unterdrücke den Drang, zu fragen, wie genau Winnie in der Lage sein sollte, Wölfe zu jagen, wenn sie vor dem Bellen irgendeines beliebigen Hundes Angst hatte. Er seufzt. »Sie werden so genannt. Na und?« »Misha wird in Russland mit Bären assoziiert. Sie wissen schon, wie Mischa, das Maskottchen der Olympischen Spiele … die Bärin.« »Nun, in Ruskovia wird Misha nur mit majestätischen, hochintelligenten Hunden in Verbindung gebracht.« »Ich wette, Boner ist intelligenter als Winnie.« Sobald ich das sage, stelle ich mir einen Vortrag von meiner Mutter vor. Als ich klein war, versuchte sie mich davon zu überzeugen, dass Männer es nicht mögen, herausgefordert zu werden und sich einem ehrgeizigen Mädchen wie mir nicht nähern würden. Nicht, dass Dragomir überhaupt in meine Nähe kommen will. In Anbetracht der Art und Weise, wie diese Begegnung bisher verlaufen ist, ist es unwahrscheinlich, dass mein Ehrgeiz ganz oben auf seiner Liste der Nachteile steht – vorausgesetzt, er hat eine Liste mit irgendwelchen meiner Vor- und Nachteile. Er schaut Boner an, dann mich. »Ist das Ihr Ernst?« Ich entscheide mich für einen doppelten Einsatz. »Wie Steuern. Ich kenne einen guten Intelligenztest für einen Hund, und ich bin zuversichtlich, dass Boner ihn vor Winnie bestehen wird.« Der Kampfgeist erwacht in seinen Augen zum Leben. »Auch ich kenne einen Test. Und Winnie wird den Boden mit Ihrem Möchtegern-Napoleon wischen.« »Dann ist es abgemacht.« Ich reibe meine Hände aneinander. »Wir veranstalten einen Wettkampf.« Ist das ein überhebliches Lächeln auf seinen Lippen? »Was bekommt der Gewinner?« Der Grinch wäre neidisch auf mein Antwortgrinsen, während ich an die perfekte Sache denke. »Wenn ich gewinne, möchte ich, dass Sie auf die Knie gehen und …« Ich halte inne, als sich seine Augen weiten. Er blickt auf den Saum meines Rockes, und ein hungriger Ausdruck erscheint auf seinem Gesicht. Wow. Ich weiß, was er denkt, aber es ist nicht das, was ich im Sinn hatte – bis zu diesem Moment.
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