Kapitel Drei
Ich kämpfe gegen den Würgereiz an. Das ist so ekelhaft. »Das Gehirn kann infektiöse Prionen enthalten«, sage ich laut. »Denk an Rinderwahnsinn und dergleichen, das du bekommen kannst, wenn du das hier isst.«
Felix reißt seinen Blick von Dylan weg. »Ist das der einzige Grund, es nicht zu essen?«
»Nun, nein.« Ich erschaudere. »Lieber würde ich verhungern.«
Fabian verwandelt sich wieder in eine Person und überragt Rowan in seiner ganzen nackten Pracht. »Was geht hier vor?«
Rowan tritt zurück. »Ich wollte sie nicht zurückbringen, erinnerst du dich? Manchmal gibt es Tabus aus guten Gründen. Ich habe euch gesagt, dass es Nebenwirkungen geben würde.«
»Das ist keine Nebenwirkung«, knurrt Fabian. »Das ist eine ausgewachsene Wirkung.«
Rowan wirft einen Blick auf den Sack, in dem sie ihr Haustier hält. »Franks Appetit änderte sich auch in diese Richtung. Er bevorzugt die Gehirne seiner eigenen Art, aber da diese schwer zu bekommen sind, habe ich sie durch die Gehirne von domestizierten Tieren ersetzt, und das hat ihm gut getan.«
Ariel fährt mit der Hand durch ihr shampoowerbungperfektes Haar. »Affenhirn wird an manchen Orten als Delikatesse gegessen. Das ist nicht viel anders, denke ich.«
Ja. Und das ist der Grund, warum ich nur Bananen esse, wenn ich auf der Erde bin.
Frank streckt seinen Kopf aus dem Sack, und der neugierige Ausdruck auf seinem pelzigen Gesicht scheint zu sagen: Hat da jemand leckeres Hirn gesagt?
»Ich kann verstehen, warum deine Leute sie nicht gerne Zombies nennen.« Itzel nickt Rowans Helfern zu. »Sie wollen sich diesen Begriff aufheben, wo er besser anwendbar ist.« Sie schaut Dylan spitz an.
Mit einem Knurren eilt Fabian dorthin, wo seine Kleidung liegt, zieht sie an und läuft zu Dylan hinüber.
Sanft legt er eine Hand auf ihre Schulter.
Hat Dylan ihn gerade angeknurrt?
Nein. Das muss meine Einbildung sein.
»Wir haben ihr das angetan«, flüstere ich und schaue zu Valerian auf.
Sein gemeißelter Kiefer verkrampft sich. »Mach dir keine Vorwürfe. Ich war derjenige, der Rowan gedrängt hat, und ich würde es wieder tun, wenn ich müsste. Also hat Dylan jetzt eine exzentrische Diät. Immer noch besser, als tot zu sein.«
Die Schlürfgeräusche verstummen, und Dylan steht auf.
Fabian reißt ein Stück Stoff von dem Nachthemd der toten Frau und wischt die Reste der Hirnmasse aus Dylans Gesicht.
»Danke«, sagt Dylan zögernd.
»Geht es dir gut?«, fragt Ariel sie und sieht dabei bemerkenswert unbeeindruckt aus.
»Ich fühle mich sehr seltsam.« Dylans Tonfall ist roboterhaft, obwohl ein Hauch ihrer früheren Intelligenz in den leeren Pfützen ihrer Augen schimmert. »Ich sehe ein großes Potenzial für die Forschung in diesem Bereich, und das gefällt mir.«
Aha. Spricht sie von kulinarischer Forschung?
»Wir werden dir ein Labor der Spitzenklasse besorgen«, sagt Valerian zu ihr. »Was immer du brauchst – wir werden uns um dich kümmern, ich schwöre es.«
Trotz seiner früheren Worte muss er sich auch wegen seiner Rolle in Dylans Schicksal schuldig fühlen.
Felix räuspert sich. »Wenn mir etwas passiert, möchte ich zu Protokoll geben, dass ich nicht auf diese Weise zurückgebracht werden möchte. Vielleicht als Helfer, wenn du wirklich einen brauchst.«
»Wozu brauchen wir einen so mickrigen?«, erwidert Ariel, und er streckt ihr seine Zunge entgegen.
Rowan starrt Valerian an. »Das mache ich sowieso nicht mehr. Nicht einmal mit einer Waffe an meinem Kopf.«
»Was?«, fragt Dylan.
Niemand antwortet, und Rowan sammelt mürrisch ihre Zombies ein.
»Wir gehen besser«, sagt Valerian und geht auf das nächste Tor zu.
Niemand spricht, und nichts greift uns für die nächsten zwei Welten an.
Als wir das dritte Drehkreuz erreichen, scheint auch dort alles ruhig zu sein. Doch als wir auf halbem Weg zum Tor sind, das wir brauchen, springen die Verlorenen aus den umliegenden Toren.
Verdammter Mist.
Da sind wir wieder.
Ein Hackbeil fliegt auf meine Schulter zu.
Ich weiche aus und erschieße den verantwortlichen Verlorenen.
Ein Wok fliegt auf Valerian zu.
Doppelter Mist.
Valerian weicht nicht aus, und ich werde ihn auch nicht rechtzeitig zur Seite schieben können.
Klatsch. Der Wok trifft eine von Rowans Helferinnen am Kopf.
Wow. Sie muss es geschafft haben, vor Valerian zu springen.
Ein Verlorener stürzt sich mit einer Axt in der Hand auf Fabian. Fabian weicht der Waffe aus, dann schlägt er seinen Angreifer nieder, ohne sich die Mühe zu machen, sich in Wolfsform zu verwandeln.
Ariel wird als Nächste angegriffen. Eine Bewegungsunschärfe später hat sie ihre Gegnerin im Würgegriff.
»Warum erzähle ich dir nicht von einem interessanten Alptraum«, sagt einer der Verlorenen. »Es begann alles …«
Ich schieße auf das Sprachrohr. »Hört da nicht hin«, sage ich den anderen eindringlich. »Er versucht, den Alptraum der Verlorenen in euer Unterbewusstsein einzupflanzen.«
»Bailey hat recht.« Valerians Stimme dröhnt in meinen Ohren, als käme sie aus dem Zentrum des Universums. »Ich werde meine Kräfte einsetzen, um seine zukünftigen Versuche zu blockieren, aber wenn ich es vergesse oder niedergeschlagen werde, singt laut oder schiebt euch etwas in die Ohren.«
»Wir können einfach Juchhu rufen«, sagt Ariel und tut dies, während sie auf einen Verlorenen springt und ihn mit einem Schlag auf den Kopf umhaut.
»Ich bin dran«, sagt Rowan und hetzt ihre gesamte untote Armee auf unsere Angreifer.
Ich weiche noch ein paar weiteren Treffern aus, aber schon bald triumphieren unsere Zombies über die Verlorenen, und wir betäuben sie wieder mit unseren gomorrhischen Gewehren.
Felix schaut über das Schlachtfeld, dann blickt er zu den Toren, aus denen die Verlorenen kamen. »Hat Phobetor sie in jeder dieser Welten übernommen?«
»Ich bezweifle es«, sagt Ariel. »Ich wette, sie sind Einheimische, und er ließ sie durch diese Tore hinausgehen, um einen Hinterhalt zu legen. Das ist, was ich getan hätte.«
»Richtig«, murmelt Itzel. »Hoffen wir, dass er dich nie erwischt«
Amen!
Valerians Kiefer spannt sich an. »So oder so, Collywobbles’ abscheulicher Einfluss breitet sich aus.«
Ich strecke meinen Arm nach ihm aus und drücke seinen Unterarm sanft.
Die Spannung entweicht aus seinem Körper, als er mich ansieht und eine mittlerweile vertraute Hitze in seinem Blick erscheint.
Meine Atmung beschleunigt sich. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
Als ob sie das unterstreichen wollte, fragt Dylan flüsternd: »War es ein Traum, oder habe ich auf der anderen Welt ein Gehirn gegessen?«
Ja, das ist definitiv ein Stimmungskiller.
»Das hast du«, sagt Fabian ihr leise. »Aber das ist okay. In Wolfsform esse ich alle Organe.«
Dylan starrt ihn verständnislos an.
»Du weißt, was mit dir passiert ist, oder?«, fragt Fabian. »Du weißt, dass Rowan …«
»Ich war tot, und jetzt bin ich es nicht mehr«, sagt Dylan und klingt dabei weniger roboterhaft. »Ich glaube, es fängt an zu wirken.«
Valerian und ich tauschen einen bedeutungsvollen Blick aus.
»Je mehr du dein altes Selbst wirst, desto besser«, sage ich. Hoffentlich führt das auch dazu, dass weniger Hirn gegessen wird, aber das behalte ich für mich.
»Richtig«, sagt Dylan aus der Ferne. »Aber wer oder was war mein altes Ich?«
Fabian schießt Rowan einen tödlichen Blick zu, ergreift Dylans Hand und schleift sie zum nächsten Tor.
»Warte«, sage ich, bevor sie hinübergehen. »Die nächste Welt ist die, in der die verlorenen Riesen uns angegriffen haben. Können wir damit umgehen, wenn sie es wieder tun?«
Sie hören auf, als Rowan an der tiefschwarzen Seite ihrer Frisur kratzt. »Ihr habt sie das letzte Mal getötet, richtig?«, fragt sie.
»Wir hatten keine andere Wahl.« Ariel wirft einen Blick auf unsere derzeitige Gruppe von bewusstlosen Angreifern. »Die Gewehre betäuben keine Riesen.«
»Ich verurteile euch nicht. In manchen Situationen hat man keine Wahl.« Rowan wirft Fabian einen dämonischen Blick zu. »Ich dachte gerade, dass ich vielleicht die Leichen der toten Riesen rekrutieren könnte.«
»Sie waren meistens zerstückelt«, sagt Valerian. »Außerdem bin ich mir sicher, dass ihre Freunde und Familien ihre Überreste inzwischen begraben haben – und wahrscheinlich nicht am Tor.«
Rowan holt Frank heraus und streichelt sein verfilztes Fell. »Das ist nicht gut. Riesen sind mächtig.«
Valerian untersucht den bewusstlosen Verlorenen vor uns. »Wir könnten ein paar mehr Zombies für dich machen.«
»Kumpel«, sagt Felix, »das ist wenig mitfühlend.«
Ariel aktiviert ihr Torschwert. »Ich kann es mit einem Riesen aufnehmen.«
»Ich auch«, knurrt Fabian.
»Ich habe eine bessere Idee«, sage ich und erkläre ihnen, was es ist.
»Das könnte funktionieren«, sagt Rowan. »Ich komme aber nicht umhin, zu bemerken, dass ich das ganze Risiko trage.«
Fabian verschränkt die Arme vor seiner Brust. »Hast du einen besseren Plan? Vielleicht gibt es das Leben eines anderen, das du gerne ruinieren würdest?«
Rowan seufzt und lässt die Zombies in der Nähe unseres Zieltors versammeln. Dann lässt sie einige der kleineren auf die Schultern der größeren klettern und formt so Zombie-Pyramiden.
Dann umklammert sie die Hände der untersten Zombies von zwei der Pyramiden und führt sie zum Tor. Als sie dort ankommt, steckt sie ihren Kopf und ihre Arme hinein, wodurch die Zombies das Tor vollständig verlassen können.
Rowan selbst verlässt es nicht, sondern bleibt mit nur einer Hälfte ihres Körpers in der Welt der Riesen.
Meine Hoffnung ist, dass sie auf diese Weise ein viel kleineres Ziel für alle Angreifer darstellt.
»Kumpel.« Ariel zerrt an der Rückseite von Felix’ Shirt. »Schaust du auf Rowans Hintern?«
Felix errötet und richtet seinen Blick von Rowans lederbekleidetem Hinterteil auf seine Schuhe. »Es ist nicht das, was du denkst. Ich habe nur …«
»Tu es nicht.« Ariel grinst. »Ich passe nur auf dich auf. Du weißt, wie eifersüchtig Maya wird. Du bist so nah dran, endlich deine Jungfräulichkeit zu verlieren, ich würde es bedauern, wenn du es jetzt vermasseln würdest.«
Unglaublicherweise wird Felix noch röter.
Ich unterdrücke ein Grinsen. Maya ist seine junge Freundin, und ich bin mir nicht sicher, ob es auf der Erde legal für sie wäre, das zu tun, was Ariel vorschlägt. Ich mache mir auch eine geistige Notiz, um meinen Mangel an realer Sexerfahrung für mich zu behalten – ich kann es nicht gebrauchen, dass Ariel mich auch als Jungfrau abstempelt.
Zumal ich es mit Valerian in der Nähe wahrscheinlich nicht mehr lange bleiben werde.
Plötzlich spannt sich Rowans Körper an.
Ich eile auf sie zu. »Rowan? Bist du verletzt?«
Valerian holt mich ein. »Ich glaube, es geht ihr gut.«
Tatsächlich streckt Rowan ihre Arme aus dem Tor, schnappt sich ein paar Zombiehände und zieht eine weitere Pyramide in das Plasma, wobei sie die ganze Zeit ihren Kopf in der Welt der Riesen behält.
Während alldem schaut Felix überallhin, außer auf Rowans Hintern.
Als alle Zombies hinübergegangen sind, erwarte ich, dass Rowan zu uns zurückkehrt, aber sie hält die Stellung, und ihre Muskeln sind straff angespannt, wie für einen Kampf.
Schließlich tritt sie ganz in das Tor, was unser Stichwort ist, ihr zu folgen.
Als wir auf der anderen Seite herauskommen, finden wir dort ein Massaker vor.
Neunzig Prozent von Rowans Zombies liegen in Einzelteilen auf dem Boden. Allerdings sind etwa ein Dutzend Riesen auch bewusstlos, und drei scheinen getötet worden zu sein, denn sie sind jetzt Zombies, die Rowans Befehlen gehorchen.
»Nachdem meine Helfer diesen hier erstickt hatten, übernahm ich ihn, wie du vorgeschlagen hattest.« Rowan deutet auf den größten Zombie-Riesen. »Dann ließ ich ihn seine Brüder verprügeln, und als ein paar Schläge aus Versehen tödlich waren, ließ ich die Leichen nicht verkommen.«
Ich werfe einen besorgten Blick auf Dylan.
Es ist eine Menge Gehirnmasse verstreut.
Zu meiner Erleichterung schaut sie sich nur ausdruckslos um. Wenn sie irgendwelche Gelüste hat, gibt sie ihnen nicht nach – ein gutes Zeichen.
Fabian hält die Nase in die Luft und nimmt Dylan in einen Feuerwehrmannsgriff. »Wir gehen besser, bevor noch mehr Riesen kommen.«
In der Ferne, in der Nähe von Hütten in der Größe von vierstöckigen Gebäuden, sind neue Gestalten – und sie kommen auf uns zu.
Ohne weitere Verzögerungen rennen wir zu unserem Zieltor.
Mit einem Gebrüll beginnen auch die Riesen, zu laufen, und holen uns schnell ein.
Ariel und Fabian, Letzterer mit Dylan über der Schulter, tauchen zuerst in das Tor ein, gefolgt von Rowan und ihren verbliebenen Zombies.
»Beeil dich!«, schreit Valerian und wirft mich fast ins Tor, als die hämmernden Schritte der Riesen den Boden um uns herum erschüttern.
Als ich auf der anderen Seite hinausfliege, stolpere ich und falle beinahe mit dem Gesicht voran, aber bevor ich über Valerians Schicksal in Panik geraten kann, fühle ich seine Hände auf meiner Taille, die mich halten.
»Geht es allen gut?«, fragt Ariel keuchend, während wir zum nächsten Tor rennen, und wir antworten alle bejahend, wagen es aber nicht, langsamer zu werden, falls die Riesen uns gefolgt sind.
Um uns herum ist eine grüne Savanne mit hüfthohem Gras – nicht sehr förderlich für einen Lauf, aber wir tun unser Bestes. Und das ist auch gut so, denn donnernde Geräusche erreichen unsere Ohren, und das Gras um uns herum vibriert, als der Boden bebt.
Sind uns die Riesen gefolgt?
Wie viele sind es?
»Mist«, keucht Felix. »Es sind wieder diese Mammuts.«
Oh, richtig. Auf dem Weg nach Nekronia wurden wir hier fast zertrampelt.
»Da!« Fabian zeigt zu unserer linken Seite.
Verdammter Mist. Die wilden Megakreaturen trampeln wieder einmal genau auf uns zu.
Kann Phobetor Tiere übernehmen – oder ist das einfach Pech? Oder kontrolliert er einen Menschen, der diese Tiere so erschreckt hat, dass sie auf uns zurennen?
Es bleibt keine Zeit, hierzubleiben und es herauszufinden.
Wir beschleunigen unser Tempo weiter, aber unser Zieltor ist zu weit weg.
»Rowan«, rufe ich, »verlangsame sie!«
Die Nekromantin ist schon dabei. Der größte Zombie-Riese trampelt nach vorne und pflanzt seine Füße fest zwischen uns und die Mammuts.
Die Herde stürmt auf ihn ein und wirbelt ihn in die Luft – aber diese Momente reichen uns, um in unser Zieltor zu springen.
Die nächste Welt sieht sicher aus, aber wir rasen trotzdem durch sie hindurch, falls die Verlorenen aus den Toren springen. Aber nichts greift uns an. Wir verlassen die Welt danach auch ohne Zwischenfälle, und dasselbe gilt für diejenige mit einem giftig aussehenden grünen Himmel.
»Kein Wunder, dass Nostradamus sich eingemischt hat«, sagt Ariel, als wir zum nächsten Tor kommen. »Phobetor – ich meine Collywobbles – scheint überall eine Bedrohung für alle zu sein.«
Itzel rückt sich ihre Zwergenmaske zurecht »Ich frage mich, was sein Endziel ist.«
»Mich zu töten, das ist sicher«, sage ich. Dann, als mir klar wird, dass ich ihnen nie von den Dingen erzählt habe, die Valerian und ich in seinen schwarzen Fenstern entdeckt haben, tue ich es, und vertusche nur die Teile von Soma, da alles, was mit diesem Ort zu tun hat, so streng geheim ist.
»Also ist Nostradamus zweimal in deinem Leben aufgetaucht«, sagt Ariel und runzelt die Stirn. »Das kann nichts Gutes heißen.«
Felix’ Monobraue tanzt auf seiner Stirn. »Da stimme ich zu. Was ich nicht verstehe, sind Collywobbles’ Handlungen. Auch wenn dich zu töten eines seiner Ziele ist, muss es noch mehr geben. Warum sollte man sonst so viele kontrollieren? Warum Icelus-Gruppen gründen?«
Valerian drückt meine Schulter. »Nach den Überlieferungen unseres Volkes ist es sein Endziel, dass jedes fühlende Wesen in einen Zustand ewiger Alpträume gerät. Dank der Aktivitäten von Icelus ist er stärker als je zuvor und näher an der Verwirklichung dieses Ziels.«
Wir grübeln alle darüber nach, bis wir zu einem blauen Tor kommen. Es führt uns in eine nicht enden wollende Wüste mit einem seltsam sternenlosen Nachthimmel und ohne Verlorene. Die danach ist eine graue Tundra – wieder selig leer.
Die nächste Welt ist heißer als ein Badehaus, mit Pterodaktylus-ähnlichen Vögeln, die über uns kreisen wie Geier über einem überfahrenen Tier. Als einer sich nach unten wagt, bringt Rowan einen der Zombie-Riesen dazu, ihn wie eine Fliege wegzuschlagen. Danach beschließt der Rest der Vögel, auf leichtere Beute zu warten.
»Nach der nächsten Welt werden wir auf Gomorrha sein«, sage ich zu Rowan. »Die Erde ist nur ein Tor von dort entfernt.«
Die Nekromantin wird munter und wirft Valerian einen besorgten Blick zu. Kein Zweifel, sie fragt sich, ob er sein Versprechen, ihre Staatsbürgerschaft auf der Erde zu bekommen, halten wird – besonders in Anbetracht von Dylans neuer Situation.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass er es tun wird, aber wenn er es nicht tut, werde ich mich für Rowan einsetzen.
Die Welt vor Gomorrha hat einen fluoreszierenden violetten Himmel mit rosafarbenen Zuckerwattewolken, einen Saturn-ähnlichen Ring und zwei Monde.
Rowan vergisst ihre Sorgen und streckt den Hals, um mit offenem Mund fasziniert in den Himmel zu starren.
Wir werden schneller, und unsere Schritte leichter, dank eines Unterschieds in der Schwerkraft.
»Ich glaube nicht, dass wir die Zombies nach Gomorrha bringen sollten«, sagt Valerian und wendet sich an Rowan. »Wir können dich dort generell nicht lange bleiben lassen und die wenige Zeit, die du dort verbringst, musst du deine Natur verborgen halten. Vampire haben ein viel größeres Gewicht auf Gomorrha als auf der Erde. Vielleicht töten sie dich erst und entschuldigen sich danach.«
Rowan schluckt hörbar, und ihre Zombies fallen leblos zu Boden.
Mir war nicht klar, dass Vampire so viel Einfluss auf Gomorrha haben, aber Valerian hat wahrscheinlich recht. Sie sind unsere Polizei und die Armee in einem.
Rowan hat mit der Erde definitiv die richtige Wahl getroffen.
Wir gehen durch das Tor.
Beim Anblick der Skyline von Gomorrha weiten sich Rowans Augen so sehr, dass es beinahe lustig aussieht.
Ich kann es ihr nicht verübeln. Sie ist cooler als alle Städte der Erde zusammen, und sicherlich größer als alles, was ich auf Nekronia gesehen habe.
Valerian führt uns von den Toren weg, stoppt dann in der Mitte des Dachs des Hochhausdrehkreuzes und beginnt, VR-Gesten in der Luft zu machen – wahrscheinlich, um die Angelegenheiten des Senats zu überprüfen und uns ein Auto zu besorgen.
Es sind nicht viele Leute da, aber etwas an der Peripherie erregt meine Aufmerksamkeit.
Mein Herz schlägt schneller, und ich drehe mich herum.
Fünf Menschen treten aus den Toren, die uns am nächsten sind.
Vertraute Menschen.
Vier von ihnen sind ehemalige Mitglieder unserer Nekronia-Delegation, und alle fünf gehören dem Rat von New York an.
Da ist Nina, eine schwarzhaarige Telekinetikerin mit Piercings im Gesicht. Kit, eine Gestaltwandlerin, die derzeit wie ihr Anime-Charakter aussieht. Chester, ein Wahrscheinlichkeitsmanipulator mit einem satyrartigen Gesicht. Colton, ein ziemlich winziger Riese. Und zu guter Letzt, und am wenigsten beliebt, Gertrude, eine Wundbrandüberträgerin, die mich ohne guten Grund abgrundtief hasst.
Felix und die anderen sehen sie auch, und zuerst lächeln sie.
Die lächelnden Gesichter verwandeln sich bei näherem Hinsehen schnell in gerunzelte Stirnen.
Alle außer Gertrude haben die feurigen Augen der Verlorenen.