Kapital5

926 Worte
Kapitel 5 Gefährten-Angriff Ethans Sicht Nach der Nacht mit den Attentätern tauchten weitere Abtrünnige auf, und es gab nur einen Grund, warum sie alle gleichzeitig angriffen: Sie wollten meinen Halt unterbrechen und mich aus dem Gleichgewicht bringen. „Alpha, du musst dir etwas ansehen.“ Ryans Stimme knisterte durch das Funkgerät; sie war leise und angespannt. Ich fuhr gerade die Küstenstraße entlang, als der Anruf kam. Ich hatte die Patrouillen an der Südgrenze hinter mir gelassen. Der Seewind pfiff durch das halb geöffnete Fenster; er war scharf, salzig und vom Regen erfüllt. „Was ist los?“, fragte ich. „Eine Patrouille hat eine Leiche gefunden, die in der Nähe des Schattenklippen-Sektors an Land gespült wurde. Sieht schlimm aus.“ Ich runzelte die Stirn. „Abtrünniger?“ „Ich bin mir nicht sicher, riecht aber nach einem von uns. Du solltest kommen.“ „Bin unterwegs.“ Ich gab Gas, die Reifen knirschten auf dem nassen Feldweg. Es war nicht die erste Leiche, die in der Nähe unserer Grenzen angespült wurde, aber irgendetwas in Ryans Stimme sagte mir, dass diesmal etwas anders war. Als ich ankam, war die Dämmerung über dem Meer hereingebrochen. Patrouillenjeeps säumten die Küstenstraße, ihre Scheinwerfer durchschnitten den Nebel. Eine kleine Gruppe Wachen stand am Strandrand und flüsterte. Als ich aus meinem Truck stieg, herrschte Stille, und sie senkten sofort die Köpfe. „Alpha“, begrüßte Ryan mich und trat vor. „Dort drüben.“ Er deutete auf die Brandung. Der Körper einer Frau lag im nassen Sand, halb von Seetang bedeckt, Wellen umspülten ihre Beine. Ihre Kleidung war zerrissen, ihre Haut blass und voller Blutergüsse. Ich ging näher. „Wer hat sie gefunden?“ „Die Patrouille“, sagte Ryan. „Sie dachten, sie sei tot, aber … ich weiß nicht, Alpha, irgendetwas an ihrem Geruch.“ Ich hockte mich neben sie, und meine Stiefel sanken leicht in den durchnässten Sand. Ihr langes, dunkles Haar klebte ihr am Gesicht. Sie sah gebrochen aus, als hätte das Meer sie nach all der Zerstörung wieder ausgespuckt. „Sie gehört nicht zu uns“, murmelte ich. „Nein“, bestätigte Ryan. „Aber sie ist auch keine Einzelgängerin; ihr Geruch ist … anders.“ Ich wollte gerade aufstehen, als mich etwas traf. Es war ein unsichtbarer Zug, der mir fast den Atem raubte. Meine Brust schnürte sich zusammen, die Luft veränderte sich, scharf und elektrisierend. „Gefährte“, donnerte das Wort durch mich hindurch, bevor ich es zurückhalten konnte. Einen Moment lang rührte ich mich nicht, wehrte mich dagegen, verleugnete es, doch mein Wolf drängte vor, knurrte leise und gierig. Sie gehört zu uns. Ich streckte die Hand aus, bevor ich merkte, dass ich sie bewegt hatte, und streifte ihre Wange. In dem Moment, als meine Haut ihre berührte, durchfuhr mich eine Hitze, stark genug, um zu brennen. Ich zuckte zurück, mein Herz hämmerte. Ryan bemerkte es. „Alpha? Was ist los?“ „Nichts“, sagte ich schnell. „Sie ist … kalt.“ Ich beugte mich wieder hinunter und legte meine Finger an ihren Hals. Zuerst spürte ich nichts, keinen Puls, nur Haut, klamm und regungslos. Dann war da ein schwacher Herzschlag. Er war schwach, unregelmäßig, aber mein Wolf brüllte in mir. „Sie lebt“, sagte ich scharf. Ryan blinzelte. „Was? Das ist unmöglich. Sie war stundenlang im Wasser!“ „Sie lebt!“, zischte ich. „Holt sofort das Sanitätsteam und räumt die Gegend!“ Er sprang auf und brüllte Befehle. Die Wachen rannten auseinander, einige riefen über ihre Funkgeräte, andere rannten zu den Tragen. Ich fixierte ihr Gesicht. Sie atmete kaum, ihre Lippen zitterten, ihre Wimpern flatterten leicht. Blutergüsse zierten ihren Hals; er war d**k und violett, als hätte sie jemand erwürgt. Ich knirschte mit den Zähnen. Wer auch immer ihr das angetan hatte, hatte nicht nur versucht, sie zu töten, sondern dafür gesorgt, dass sie vor ihrem Tod leiden würde. Die Sanitäter trafen schnell ein; zwei Wölfe verwandelten sich zurück in Menschen und eilten mit Decken und Ausrüstung herbei. „Vorsicht!“, befahl ich. „Bewegt ihren Kopf nicht zu viel.“ Einer von ihnen kniete sich hin. „Alpha, sie ist in kritischem Zustand. Unterkühlung, wir müssen sie sofort zurückbringen.“ „Tut es!“, sagte ich. Sie wickelten sie in Decken und hievten sie auf die Trage. Ihr Kopf neigte sich leicht, als sie sie hochhoben, und ihr Gesicht wandte sich mir zu. Da sah ich ihre Augen. Sie öffneten sich nur einen Augenblick lang, ein schwaches Grau mit einem goldenen Ring. Sie sah mich direkt an, verloren und gebrochen. Ihre Lippen öffneten sich, und ein Flüstern entfuhr ihr. „Vater …“ Dann wurde sie wieder schlaff. „Bewegt euch!“, bellte ich. Die Sanitäter eilten zu den Wagen. Ich folgte ihnen dicht auf den Fersen, Ryan hielt Schritt. „Alpha, was glaubst du, ist mit ihr passiert?“, fragte er. „Sie wurde geschlagen“, sagte ich emotionslos. „Sie wurde ins Meer geworfen, um dort zu sterben. Wer auch immer es getan hat, wollte nicht, dass ihre Leiche gefunden wird.“ Ryan runzelte die Stirn. „Sollen wir den Rat informieren?“ „Nein.“ Ich stieg in den Truck. „Noch nicht. Niemand außerhalb des Schattenzahn-Rudels weiß von ihr, und das soll auch so bleiben.“ Er nickte. „Verstanden.“ Jedes Mal, wenn sie flach atmete, spürte ich denselben Drang in meiner Brust, der jetzt noch stärker war. Mein Wolf lief unruhig in mir auf und ab.
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