Die Wärme der Kneipe drückte sich in mein Gesicht. Die Leute gröllten und tranken auf ihr Leben. Einige Tage waren vergangen in denen ich mich mit Jim regelmäßig traf, meistens in der Kneipe. Mein Herz war schwer wie Blei, ich musste mich bereits von ihm verabschieden, obwohl die Sonne gerade einmal im Zenit stand. Ich küsste seine Lippen zum Abschied.
,,Ich werde an dich denken.", murmelte er leise. Ich lächelte und trennte mich von ihm, um aus der Kneipe zu treten. Die Sonne schien mir ins Gesicht und ich kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. Ich drehte mich nach rechts, um zu meinem Pferd zu gehen, da sah ich ihn dort plötzlich stehen.
Ein ruhiger Riese, mit finsteren Blick. Er hatte die Daumen hinter seinen Gürtel gesteckt und stand breitbeinig auf der Straße, Clintch schien auf mich zu warten.
Ich legte die Stirn in Falten und lief auf ihn zu. Was wollte er? Als ich bei ihm ankam, hielt er mir plötzlich den Griff einer Pistole entgegen und sagte:,, Komm mit. Ich zeige dir etwas." Seine Stimme war ruhig, beinahe sanft. Ich starrte ihn verwirrt an, so kannte ich ihn gar nicht. Doch ich nahm die Pistole entgegen. Da drehte er sich um und ging zu seinem Schimmel, das abseits auf ihn wartete. Ich sprang ebenfalls auf meinen Hengst und ritt ihm hinterher. Er trabte aus der Stadt und lief eine Weile zurück Richtung Lager. Doch als wir an der Anhöhe ankamen bog er ab und ritt an dem Rand eines steilen Abgrundes entlang.
Gelber Sand wirbelte unter den Hufen unserer Pferde auf. Schließlich blieb Clintch vor zwei Felsen stehen. Sie standen nah beieinander und bildeten einen dünnen Schlitz in der Mitte, mit mehreren Stufen. Auf diesen Stufen waren alte Dosen aufgestellt, wie in einem Regal. Ich zog die Augenbrauen zusammen, das wollte er mir zeigen? Er stieg ab und ich tat es ihm gleich.
,,Schau gut her.", begann er schließlich, ,,Ich zeige dir wie du mit einer Waffe umzugehen hast." Er sah mich nicht an, sondern forderte mich nur, mit einer Handbewegung auf, ihm die Pistole wieder in die Hand zu legen. Ich tat wie mir geheißen und fragte mich, warum er das hier für mich tat.
Vor nicht allzu langer Zeit hatte er mich noch vor Wut geschlagen und nun sprach er mit windelweischer Stimme mit mir und wollte mir das Schießen beibringen. Er nahm die Waffe in die Hand und drehte die Mündung zum Boden, um die Pistole mit einem Magazin aufzufüllen. Ich sah ihm aufmerksam zu, ehe er die Pistole mit einem klicken wieder schloss.
,,So, nimm die Waffe in beide Hände, der Rückstoß kann stark sein.", erklärte er mir, stellte mich vor die Dosen und drückte mir die Pistole in beide Hände. Dann stellte er sich hinter mich und legte seine Hände auf meine, um mir zu verdeutlichen wo ich sie ablegen sollte.
,, Hier drückst du ab und eine Patrone wird aus dem Lauf geschossen kommen. Versuche einer der Dosen zu treffen." Clintch hob meine Hände und mit ihnen, die Waffe nach oben, bis sie auf einen der unteren Dosen gerichtet war.
Mein Herzschlag verschnellerte sich. Mein Puls stieg an. Ich war Clintch noch nie so nahe und es machte mich nervös. Für den ersten Schuss zielte er für mich und er drückte den Abzug. Der Rückstoß stieß mich beinahe um, doch Clintch's mächtiger Körper hielt mich auf. Ich lief rot an.
,,Den nächsten Schuß machst du.", befahl er mir und nahm seine großen Hände von meinen. Ich zielte, wie auch er zuvor gezielt hatte und drückte ab. Wieder schlug der Rückstoß mich beinahe um, doch Clintch hielt mich fest. Zu meiner Enttäuschung hatte ich nur den Stein getroffen, anstatt die Dose.
,,Du brauchst Übung, mehr nicht.", brummte er verständnisvoll und plötzlich erwärmte sich mein roter Muskel, auf eine merkwürdige Art und Weise. Ich war nicht nur enttäuscht das ich die Dose nicht getroffen hatte, ich war auch enttäuscht das Clintch sich vor mir zurückgezogen hatte. Plötzlich hatte ich seine Nähe gespürt, eine Nähe die ich noch nie bei ihm gespürt hatte. Es war aufregend, seine großen Hände auf meinen, es war aufregend sein Gesicht so nah an meinem zu spüren. Seine raue Wange an meiner, seinen warmen, ruhigen Atem.
Doch nun stand er nur noch hinter mir und beobachtete mich wie ich meine Schüße tat und gab hin und wieder sein Kommentar dazu. Ich erschrak vor mir selbst, als ich die Enttäuschung in mir spürte, das er nicht mehr nah in meiner Nähe war. Ich hatte geglaubt ich würde ihn hassen. Ich hatte geglaubt ich würde Jim lieben. Doch war mein Hass gegen Clintch nicht einfach nur der Frust? Der Frust, weil er so abweisend mir gegenüber war? Hatte ich durch Jim gehofft, Clintch ersetzen zu können? Ich konnte meinen Gefühlen nicht mehr trauen.
Was ging da in mir vor?