Long terrible night

1613 Worte
7. Kapitel „Kommen sie doch kurz raus?", schlug die ältere zierliche Frau vor. In ihrer Hand hielt sie einen Verbandkasten. Ich schloss die Tür leise und vorsichtig hinter mir.  „Hat er sie geschlagen? Sie können mir das ruhig sagen. Ich werde Ihnen helfen", fragte mich die Frau geschockt. Ein freundliches Lächeln stahl sich auf meine Lippen. „Nein, das war nur ein Missgeschick", antwortete ich locker. „Sind sie sich da sicher?", fragte die Frau noch immer geschockt. Ich nickte lächelnd. „Wenn etwas passieren sollte, finden sie hier überall Hilfe", meinte die Frau und lächelte mich an. Sie gab mir ein paar Pflaster in die Hand.
„Dankeschön, aber das war wirklich nur ein dummes Missgeschick von mir. Der Prinz hat absolut gar nichts damit zu tun", antwortete ich ehrlich.  „Schönen Tag noch", verabschiedete ich mich möglichst freundlich und schloss die Tür hinter mir. Laut seufzte ich aus. Harvey sah mich fragend an. „Die Frau dachte, du hättest mich geschlagen", meinte ich kopfschüttelnd. „Das hast du aber nicht bestätigt?", fragte er geschockt. „Was denkst du denn?", ich verdrehte die Augen. „Das frage ich dich", antwortete er etwas angespannt. Ich lief schließlich zum Spiegel im Badezimmer. Mit einem feuchten Tuch tupfte ich das Blut ab. Die Wange war etwas geschwollen. Hoffentlich sah ich bald nicht aus, wie ein Hamster. Danach klebte ich das Pflaster drauf. Man sah es eigentlich kaum. Das musste wahre Magie sein. „Sexy", Harvey stand in der Tür und grinste breit. Ich zog die Augenbraue hoch. Das meinte er doch jetzt nicht wirklich ernst?
„Halt die Klappe", meinte ich nur und lief dann auch schon an ihm vorbei. Im Vorbeigehen schnappte ich mir meine Bürste. Mit dieser saß ich nun auf dem Sessel und kämmte mir die Haare, während ich aus dem Fenster blickte. 
„Wie lange haben wir noch?", fragte ich neugierig. „10 Minuten", antwortete Harvey locker, was ich vorhin niemals erwartet hätte. „Müssen wir irgendetwas vorbereiten?", fragte ich ihn etwas nervös.
„Für Essen ist gesorgt", antwortete er ernst.
„Stichwort: Beziehung", erinnerte ich ihn belustigt. „Ach ja. Also nein", er nickte. Also nickte ich ebenfalls. Schließlich saßen wir wieder in einem silber Mercedes und fuhren zur Universität. Es musste eine Universität für reiche Menschen sein, denn sonst würde niemals jemand aus der königlichen Familie erscheinen. Wahrscheinlich eine solch bedeutende Universität, wie die Brown oder Havard. Vor dem Eingang des modernen Gebäudes wurde ein roter Teppich ausgerollt. Die Presse stand am Rand mit ihren riesigen Kameras und ich würde gleich mit geschwollener Wange und Pflaster hinaus treten. Gute Voraussetzungen würde ich sagen! Die Lösung wäre es das Hotel anzuklagen. Wie kommen die auch auf die Idee die Betten so spitz anfertigen zu lassen? Unmöglich! Dann war es soweit. Harvey stieg vor mir aus. Nervös biss ich die Zähne zusammen und strich das Kleid glatt. Grace, ganz ruhig! Das wird dein Auftritt. Mehr oder weniger. Harvey reichte mir seine Hand und half mir aus dem Wagen. Mit einem freundlichen Lächeln stand ich nun auf dem roten Teppich.  „Folge mir einfach", flüsterte mir Harvey in mein Ohr und sein Atem streifte meinen Hals, was bei mir eine Gänsehaut verursachte.  Harvey ging auf keine der Fragen von der Presse ein. Das war mir deutlich lieber.
Doch kurz bevor wir das Unigebäude betraten, ließ mich eine Frage hellhörig werden. „Sind sie wirklich schon ein Frauenschläger?", fragte ein Mann spöttisch. Wie hatten die von meinem Missgeschick mitbekommen? Sah ich so schrecklich aus? Als wir drinnen waren, atmete ich erleichtert aus. Ein älterer Mann mit weißen Haaren begrüßte uns.
„Guten Abend Harvey und mit wie lautet der Name der schönen Begleitung?", fragte der Mann lächelnd. „Freundin", gab Harvey noch leise dazu. „Mein Name ist Grace Fryer. Dürfte ich auch ihren Namen erfahren?", fragte ich freundlich zurück. „Alfred van Deevan", antwortete er lächelnd. „Kommen sie aus der Niederlande?", fragte ich interessiert. Er nickte stolz. Ich lächelte breit. „Schönen Abend", verabschiedete sich Mr van Deevan schließlich und begrüßte die nächsten Menschen, die bereits wartend hinter uns standen. Eine Kellnerin kam mit einem Tablet zu uns. Harvey nahm das Glas Champagner oder den Sekt (Ich kannte mich da nicht so gut aus) an, doch ich zögerte und nahm ihr ein Glas Orangensaft vom Tablet. Die Kellnerin quittierte meine Reaktion mit einem Schmunzeln.  Dann lief sie auch schon weiter. Bevor ich auch nur weiter nachdenken konnte, kamen eine ältere Frau mit grauen Haare und wahrscheinlich ihr Mann (ebenfalls graue Haare) zu uns. Ich konnte sie vom Charakter her noch nicht beurteilen. „Hallo", die Frau reichte zuerst mir ihre zerbrechlich wirkende Hand. Mein Lächeln wurde größer und freundlicher. „Guten Abend", erwiderte ich höflich. Der Mann reichte mir ebenfalls seine Hand. 
„Du bist also Gracie Fryer", der Mann lächelte mich an. „Die bin ich, aber nennen sie mich bitte Grace", antwortete ich höflich. „Selbstverständlich", die Frau sah mich warm an und strich sich über ihr violettes Kleid. „Und welche Pläne hast du für die Zukunft?", fragte mich die Frau, die uns gar nicht ihren Namen verraten hatte. Nun ging es also auf die Zukunft aus. Professionell bleiben, Grace! „Ich würde gerne journalistisch tätig werden. Außerdem möchte ich gerne unterschiedlichste Länder bereisen", antwortete ich ehrlich und lächelte. „Dann wünsche ich ihnen viel Glück dabei", der Mann lächelte uns an und verabschiedete sich anschließend mit seiner Frau erst einmal von uns. Als sie verschwunden waren, näherte sich Harvey meinem Ohr. Ich begann nervös zu zittern. „Das wusste ich gar nicht", flüsterte er leise. Ich ging etwas auf Abstand und sah ihm in seine grünen Augen. Er hatte schöne Augen. „Harvey, du kennst mich nicht", antwortete ich daraufhin leise, sodass auch wirklich nur er meine Worte hören konnte. Harvey sah etwas beschämt aus. Vielleicht täuschte ich mich da aber auch nur, denn im nächsten Moment war der gewohnt arrogante Ausdruck wieder zurück und er erwiderte nichts. Der restliche Abend verlief eigentlich recht langweilig. Ich lernte die unterschiedlichsten wichtigen Menschen kennen. Von Schauspieler über Politiker. Alles und jeder war dabei.  Als wir die Veranstaltung verließen, war ich unglaublich müde. Mir fielen schon fast die Augen zu. Es war eine große Herausforderung die Augen im Auto offen zu halten, als wir dann vor dem Hotel standen, ließ ich erst einmal einen hoffnungsvollen Seufzer von mir.  Schnell sprang ich noch vor Harvey aus dem Auto und atmete die kalte Abendluft ein. Das Kleid war definitiv zu kalt, trotz der Tatsache, dass wir Juni hatten. Im Hotel lief dann Harvey voraus. Ich war gerade zu müde, um sein Verhalten einzuordnen, weshalb ich ihm einfach gähnend folgte. Mit der Karte öffnete er die Suite und betrat sie auch sogleich vor mir. Schnell schnappte ich mir meinen Schlafanzug aus dem Koffer. (Ja, ich war stolze Schlafanzugträgerin.) Mit diesem in der Hand sprintete ich ins Bad, wo ich sogleich das Kleid auszog und in den gemütlichen Schlafanzug rein sprang. Danach putzte ich mir noch die Zähne, bevor ich das Bad auch schon wieder mit dem Kleid in der Hand verließ. Das Kleid verstaute ich schnell im Koffer. Nun stand ich vor dem Bett und dachte nach. Ich musste nun wirklich auf dem Boden schlafen, obwohl ich doch so müde war. Aber lieber schlief ich auf dem Boden. Mit sinkender Laune (wenn das überhaupt noch möglich war), schnappte ich mir ein Kissen und eine Decke. Vielleicht könnte ich das Sofa auch ausprobieren. Nebenbei bemerkt, es war ungefähr 1.30m lang. Ich legte mich also auf das Sofa und kam mir vor, wie in einem Kleinkindbett. Naja, eine Nacht würde ich darauf schon überleben. Dachte ich. Tatsächlich schlief auch recht schnell ein. Um kurz nach 4 Uhr nachts wachte ich dann allerdings auf, da ich vom Sofa auf den Boden gefallen war. Definitiv keine schöne Angelegenheit. Dennoch legte ich mich wieder auf das Sofa. Mein Blick fiel zu Harvey, diesem Anti-Gentleman. Er lag im gemütlichen Bett. Dieser... Ich versuchte ihn aus meinen Gedanken zu verdrängen, um zu schlafen. Nach einer halben Stunde Schlaf wachte ich um halb 5 wieder auf. Ich lag wieder auf dem Boden. Genervt legte ich mich wieder auf die Couch, um zu schlafen. So ziemlich genau eine halbe Stunde später, also um 5 Uhr, lag ich erneut auf dem Boden. Also stand ich auf. Nun musste ich kreativ werden. Ich sah mich um. Hier war nichts, worauf ich schlafen könnte. Im Bett wäre ja noch genügend Platz, aber NEIN! Eine Idee kam mir dann aber doch noch. Harvey konnte glücklich sein, dass er auf einer gemütlichen Matratze liegen durfte. Die Decke konnte er mir ja ruhig überlassen. Schnell brachte ich schon einmal meine Decke und das Kissen in das Badezimmer. Ich breitete die Decke in der Badewanne aus und legte das Kissen auch schon einmal an die richtige Stelle. Mit leisen Tapsen schlich ich mich zum Bett. Ich hielt den Atem an, damit er auch ja nicht aufwachte. Schließlich war ich auch schon am Bett angekommen. Harvey schlief seelenruhig und hatte sein Gesicht im Kissen versteckt. Zum Glück hielt er die Bettdecke nicht fest. Anschließend zog ich ihm die Bettdecke ganz vorsichtig runter. Mein Herz schlug schneller. Jetzt durfte er einfach nicht aufwachen. Was wäre allerdings, wenn...? Ich nahm noch einen Atemzug und hielt die Luft dann wieder an. Nun zog ich das letzte Stücke von ihm und hatte die Bettdecke vollständig in der Hand. Leise, aber schnell lief ich zurück ins Badezimmer. In diesem legte ich mich in die Badewanne und deckte mich dann mit der warmen Decke von Harvey zu. Jetzt konnte ich endlich schlafen.  Ich schloss die Augen und war sogleich in einer ganz anderen Welt.
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