In die neue Welt
Ich beobachtete die schwache Gestalt meiner Mutter, wie sie erschöpft im Bett lag, zu müde von der Arbeit, die sie Tag und Nacht geleistet hatte, ihr Körper hielt nicht mehr durch, ihre Augen waren von jahrelanger harter Arbeit gezeichnet.
Sie ist eine fleißige, menschliche Frau, gefangen in dieser Werwolf Welt und leidend, um zu überleben und sich um mich zu kümmern, und das alles nur wegen mir.
Wegen mir musste sie im Rudelhaus arbeiten, die Fliesen schrubben, bis sie glänzten, anstatt entspannt in ihrem Büro zu sitzen und Dokumente und Kriminalfälle durchzugehen.
Sie war von Schweiß durchnässt, weil sie Tag und Nacht unermüdlich arbeitete, anstatt im Wohnzimmer zu sitzen und die kühle Luft eines klimatisierten Raums zu genießen.
Anstatt das Leben zu leben, für das sie so hart gearbeitet hatte, reinigte sie jede Ecke des gesamten Rudelhauses allein, obwohl es die Arbeit von zehn Werwolf Omegas war, die ihre Arbeit auf sie abwälzten und sie auslachten, weil sie alles allein erledigte.
Die Frau, die einst so hart gearbeitet hatte, um durch ihre Bemühungen einen guten Lebensstandard für uns zu erreichen, arbeitete nun wie eine Maschine und trieb sich selbst bis zur Erschöpfung.
Sie sieht nicht mehr so aus wie früher, bevor wir hierherkamen. Ihre Stirn ist von Sorgenfalten gezeichnet, ihre großen waldgrünen Augen wirken leer und müde, ihre Gliedmaßen sind viel zu dünn, eindeutig untergewichtig für ihr Alter und ihre Größe. Aber trotz alledem sieht sie immer noch jung für ihr Alter aus und ist so schön wie eh und je, nur zu erschöpft und ausgelaugt.
Sie lächelte mich warm an, aber das hielt das Schuldgefühl in mir nicht auf.
Der Gedanke, dass sie alles verloren hat und ich der alleinige Grund dafür bin, frisst mich auf. Ihre müden Augen quälen mich Tag und Nacht und lassen mich wünschen, es wäre nie geschehen.
Ich wünschte, ich hätte ihre Hand nie losgelassen und wäre nicht von ihr weggerannt. Wenn dieser Tag nicht passiert wäre, wäre sie nicht hier und erschöpft über ihre Jahre hinaus.
Wenn es diesen Tag nicht gegeben hätte, wären wir niemals in dieses Rudel gekommen und hätten so gelitten.
Das Weißmond Rudel.
Für andere ist es der Himmel, ein Rudel, das von einem gerechten Alpha und einer Luna in Wohlstand geführt wird. Für jeden Werwolf ist es ein Traum, Teil dieses Rudels zu sein. Ich habe viele davon träumen hören, und ich kann verstehen, warum.
Der Alpha und die Luna behandeln jeden mit Höflichkeit und Gleichheit und regieren ihr Rudel fair und gerecht, aber auch ihre Herrschaft kennt zwei Ausnahmen, und das sind niemand anderes als meine Mutter und ich.
Dieser Ort hat uns auf so viele Arten Unrecht getan und das bloße Überleben beinahe unmöglich gemacht, und ich bin der einzige Grund, warum meine Mutter in diese Lage geraten ist.
Dieser Tag, dieser eine Tag, wird für immer in meinem Gedächtnis bleiben und mir Albträume bereiten, während mich die Schuld verzehrt.
(Zehn Jahre zuvor)
Ich war damals acht Jahre alt, mein Leben war zwar nicht perfekt, aber dennoch schön.
Es waren nur meine Mutter und ich, soweit ich weiß. Ich habe meinen Vater nie gesehen oder von ihm gehört, und meine Mutter hat ihn mir gegenüber nie erwähnt. Wenn sie es doch einmal tat, sprach sie nur Gutes über ihn, um mir kein negatives Bild von einem Vater zu vermitteln.
Auch wenn ihre Worte mir nur ein Bild davon gaben, wer er war, wollte sie, dass es ein gutes war.
Trotz des fehlenden Vaterfigurs in meinem Leben war meine Familie immer vollständig, weil meine Mutter bei mir war.
Sie wurde mit mir schwanger, als sie erst 19 Jahre alt war, und sie erzählte mir immer, wie sie meinen Vater in einer Bar traf. Es war Liebe auf den ersten Blick, und sie konnte ihn nie vergessen.
Meine Eltern , zumindest meine Mutter , verliebten sich in dem Moment, als sie sich trafen, und ihre Liebe zu ihm war nie erloschen, obwohl er sie all die Jahre verlassen hatte.
Er verließ meine Mutter und mich in dem Moment, als ich geboren wurde, aber sie hegte nie Groll gegen ihn. Sie vergaß ihn nie und ließ keinen anderen Mann in ihr Leben. Sie entschied sich, ihr Leben nur mit seinen Erinnerungen zu leben, und sie betrachtete mich als das Geschenk ihrer Liebe und schätzte mich über alles.
Sie musste die Schule abbrechen, weil sie mit mir schwanger war, und da sie keine Eltern oder jemanden hatte, der sich um sie kümmerte, baute sie alles selbst auf.
Mit dem Geld, das sie ihr Leben lang gespart hatte, kaufte sie einen Wohnwagen, um mir ein Dach über dem Kopf zu bieten. Sie arbeitete in zwei Schichten, während sie gleichzeitig weiter studierte, sie arbeitete in Zyklen, 18 Stunden am Tag, und kümmerte sich in der Zwischenzeit um mich. Sie gab alles, um mir eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
Und sie hat es geschafft: Sie schloss die Schule trotz vieler Schwierigkeiten ab, studierte Jura und wurde Anwältin. Sie führte viele Fälle und eroberte in kürzester Zeit ihren Platz in der Gesellschaft.
Als alleinerziehende Mutter in jungen Jahren wurde ihr Charakter ständig in Frage gestellt, ihre Einkommensquelle wurde angezweifelt, und sie wurde an jeder Ecke beleidigt, aber meine Mutter kümmerte sich nie um sie oder ihre Worte. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt mir, und sie gab alles, was sie konnte, und strebte für uns.
Sie brachte alle, die auf uns herabgesehen hatten, dazu, unsere Entwicklung zu bestaunen.
Sie kaufte ein großes Haus für uns beide, unser Paradies, um mich wie eine Prinzessin zu behandeln.
„Du bist mein Glücksbringer“, sagte sie immer und küsste mich auf die Stirn, als wäre ich es gewesen, die sie zu dem gemacht hatte, was sie heute ist, obwohl es ganz allein ihr Verdienst war.
Meine Mutter ist die einzige Seelenverwandte meines Lebens, meine Welt und mein Ein und Alles, alles, was ich je gekannt habe, und wir bauten unsere Welt innerhalb der Mauern unseres Zuhauses.
Und genau deshalb ist der Schmerz über das, was ich ihr angetan habe, so unerträglich.
Es war mein achter Geburtstag, und meine Mutter versuchte, mir eine Geburtstagsüberraschung zu bereiten, indem sie mich zu einem Picknickplatz mitnahm. Ihr Freund Brent, der als ihr Assistent arbeitete, war derjenige, der uns zu dem Ort fuhr.
Es lag zwischen den Bergen, und ich genoss die Fahrt, spürte den Wind, der mir ins Gesicht wehte, während das Fenster heruntergelassen war.
Das Picknick war großartig, Mama und Brent schenkten mir Geschenke und eine riesige Torte, und wir verbrachten den Tag zusammen.
Obwohl Brent neu war, liebte ich es, mit ihm zu spielen, und ich fand seine Streiche und Scherze, mit denen er Mama ärgerte, toll. Sie schimpfte zwar immer mit ihm, dass er einen schlechten Einfluss habe, aber dennoch liebte sie ihn wie ihren jüngeren Bruder.
Wir genossen den Tag, beobachteten den Sonnenuntergang und den Mond, der majestätisch in die Mitte des dunklen Himmels aufstieg und leuchtete.
Mama und Brent packten die Sachen zusammen, um zu gehen, aber ich wollte nicht, da ich die kühle Luft der Berge liebte. Brent warnte mich vor wilden Tieren, die hier im Wald herumliefen.
Doch ich war zu verspielt, um zuzuhören, und weigerte mich zu gehen. Ich riss meine Hand aus Mamas Griff und rannte lachend in den Wald, während sie beide versuchten, mich zu fangen.
Ich rannte so schnell ich konnte, liebte das Gefühl des Rennens, während sie meinen Namen riefen. Mit meinen kleinen Beinen sprang ich über einen Baumstamm und wich den Blättern aus, die mir im Weg standen, aber für Erwachsene musste es schwer sein, so wie ich durch den Wald zu rennen.
Ich hörte nicht auf zu rennen, bis mein Bein an einer Baumwurzel hängenblieb und ich in eine Lichtung stolperte.
Der Mond stand hell über meinem Kopf und tauchte die Lichtung in ein sanftes Leuchten.
Ich war so vom Mond fasziniert, als Mama mich schließlich einholte. Sie fiel neben mir auf die Knie und atmete schwer vom Laufen. Sie zog mich an sich, ihr Brustkorb hob und senkte sich schnell, während sie heftig atmete.
Ihre harten Augen wandten sich mir zu und zeigten mir deutlich, wie wütend sie war. Ich wusste, dass es später Ärger geben würde, aber es war mein Geburtstag, sie würde mich doch nicht bestrafen, oder?
Sie begann mit einer Predigt, schimpfte so wütend mit mir, dass Tränen über mein Gesicht liefen, doch das hielt sie nicht auf.
Sie schrie weiter, bis ein lautes Knurren uns beide zusammenzucken ließ. Sie unterbrach ihre Schimpftirade und suchte nach der Quelle des Geräuschs.
Wir schauten uns alarmiert um, als plötzlich ein riesiger brauner Wolf aus dem Nichts auf die Lichtung sprang.
Er sah nicht aus wie ein gewöhnlicher Wolf, denn er war so groß wie meine Mutter, und sein Gesicht war voller Blut und entstellter Züge. Sabber tropfte aus seinem Maul, das uns wütend anknurrte.
Instinktiv zog Mama mich hinter sich, um mich vor seinen grausamen Augen zu schützen.
Selbst in meinem Alter wusste ich, dass es keine Möglichkeit gab, vor so etwas zu entkommen. Es würde uns beide in einem Hieb zerreißen, aber meine Mutter würde es nicht zulassen, dass es mich berührt, ohne zuerst an ihr vorbeizukommen.
Der Wolf knurrte uns an und machte einen schleichenden Schritt auf uns zu, um uns zu umkreisen. Er beugte seine Hinterbeine, um sich auf uns zu stürzen, als ein riesiger grauer Wolf, noch größer als der braune, von hinten kam und den braunen Wolf zu Boden riss. Die beiden kämpften miteinander.
Mama drehte sich um und umarmte mich, um mir die Sicht auf den Kampf zu versperren, aber ich sah trotzdem alles über ihre Schulter hinweg.
Der graue Wolf gewann, als er dem braunen Wolf mit einem ekelerregenden Knirschen in den Hals biss. Er knurrte so laut, dass es die Luft durchdrang. Mama versuchte, meine Ohren zu verschließen, damit ich es nicht hörte, aber ich hörte es dennoch.
Ich sah voller Entsetzen zu, wie der tote Körper des braunen Wolfs begann, immer kleiner zu werden, bis er sich vollständig in einen Menschen verwandelte. Obwohl Mama versuchte, mich davon abzuhalten, es zu sehen, sah sie in ihrem Schock alles mit an.
Wir starrten entsetzt auf den Mann, der einst ein Wolf war und nun regungslos und nackt auf dem Boden lag.
Der graue Wolf riss seinen Körper in Stücke, bis ich nicht mehr still sein konnte und ein Schrei über meine Lippen kam angesichts des Schreckens, der sich vor mir abspielte.
Mama versuchte, meinen Mund zu schließen, aber es war bereits zu spät, denn der graue Wolf hatte uns bemerkt.
Er blickte abwechselnd zu uns und den zerrissenen Überresten des Wolfsmannes und erkannte eindeutig, dass wir alles gesehen hatten.
Er schnaubte, bevor er in die Büsche verschwand, während wir beide wie erstarrt auf der Stelle saßen.
Ein widerliches Knirschen von brechenden Knochen kam aus den Büschen, bevor ein Mann mit dunklem Haar hervorkam.
Er seufzte und kam auf uns zu.
Er sagte nichts, sondern sah uns nur mit einem unbeschreiblichen Blick an, seine Augen bohrten sich in uns, aber Mama schirmte mich mit ihrem Körper ab.
„Es tut mir leid, dass ihr das sehen musstet“, sprach er zum ersten Mal, aber das beruhigte unsere rasenden Herzen nicht.
„Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber ihr könnt hier nicht mehr bleiben. Ihr habt etwas gesehen, das ihr nicht hättet sehen dürfen, und nach unseren Gesetzen seid ihr durch das Beobachten zu einer Bedrohung für ein Geheimnis geworden, das die Ordnung der Natur stören kann“, sagte er, und Mama versteifte sich.
„Ich kann euch zwei Möglichkeiten anbieten, aber bitte wählt weise“, sagte er.
„Erstens, ihr beide kommt mit mir in unsere Welt, wo ihr bei unserem Volk sein werdet, damit ihr unser Geheimnis nicht verraten könnt. Zweitens, ihr gebt mir euren Bluteid, dass ihr kein Wort darüber verlieren werdet, und lasst eure Tochter bei mir, da sie zu jung für einen Bluteid ist“, sagte er, doch Mama drückte mich fest an sich.
„Ich verspreche, wir werden niemandem ein Wort davon erzählen, bitte lasst uns gehen“, flehte Mama und hielt mich fest.
Er seufzte, und es war ihm deutlich anzusehen, dass ihm das auch nicht gefiel, er aber keine andere Wahl hatte.
„Es tut mir leid, aber ich kann hier nichts tun, entweder das oder ich töte euch beide“, sagte er, seine Stimme hart und autoritär, als wollte er keine weitere Zeit damit verschwenden. Er ließ keinen Raum für Diskussionen oder Bitten.
Mama umarmte mich fest. „Ich habe Angst, Mama“, weinte ich in ihren Armen. Ich spürte, wie erschüttert sie war, aber sie hielt dennoch ein warmes Lächeln auf ihrem Gesicht, während sie mir versicherte, dass sie immer bei mir sein würde.
Ohne andere Wahl entschied sie sich, mit ihm in die neue Welt zu gehen, denn das war der einzige Weg, mich bei sich zu behalten, der einzige Weg, mich zu schützen.