„Liebe Bürgerinnen, leider ist heute ein Erzeuger frei gekommen. Er stellt eine Gefahr für jede Frau da. Darum bitten wir Sie, dass Sie jeden nackten Mann oder seltsam verhaltende Frau bei uns melden. Wir werden versuchen den Flüchtigen so schnell wie möglich zu finden, damit die Straßen wieder sicher sind.“
Diese Botschaft wurde auf allen Sendern ausgestrahlt. Zusammen mit einem Foto des Flüchtigen. Seine blauen Augen wirkten trostlos und gebrochen, während das kurze, schwarze Haar sein Gesicht umrandete. Wie alle Erzeuger war er dürr. Sie konnte das Bild nicht mehr sehen und die Nachrichten nicht mehr hören. Immer wenn eine scheinbare Gefahr auftauchte, dann fielen alle interessanten Sendungen aus. Nur lästig.
„Jetzt wissen wir es doch“, stöhnte ihre Freundin Becky auf der Couch neben ihr. Auch die zweite Freundin namens Anna verdrehte genervt die Augen, bevor sie noch einen Schluck aus ihrer Tasse nahm, um sie dann zurück auf den Couchtisch zu stellen. „Ja, man kann es mit der Berichterstattung auch übertreiben. Bestimmt hat es jetzt jeder mitbekommen. Sie sollen froh sein, dass man sie überhaupt am Leben lässt und ihnen etwas zum Essen gibt. So schlimm kann es dort nicht sein. Schließlich müssen sie sich um nichts kümmern.“
Kurzerhand schaltete die Gastgeberin den Fernseher aus und legte die Bedienung auf den Tisch, bevor sie ebenfalls nach ihrer Tasse griff und daran nippte. Der Kaffee war mittlerweile trinkbar und die kleinen Süßspeisen lockten nur gegessen zu werden. Sie wollte sich mit ihren Freundinnen einen schönen Nachmittag machen. Kaffee trinken, Kuchen essen, ihre Lieblingsserie schauen und vielleicht ein wenig über das Leben reden, doch jetzt war dort dieser Flüchtling.
„Jetzt kann man sich ja gar nicht auf die Straße trauen. Bestimmt vergewaltigt er einen gleich. Ich hoffe, dass er bald wieder dort ist, wo er hingehört. Am Besten sollten sie ihn erschießen. Bestimmt wird er es noch einmal versuchen. Schließlich hat es ja geklappt. Außerdem würde das ein Statement an die anderen setzen. Sie haben hier nichts zu suchen. Gar nichts“, meldete sie sich zu Wort und die Freundin neben ihr lächelte sie zustimmend an. „Ja, da hast du Recht, Franziska. Abknallen sollten sie das Schwein, bevor er irgendwas anstellt. Jemand der seinen Platz nicht kennt, hat auch nicht verdient zu leben.“
Alleine bei dem Gedanken, dass ein unkastrierter Mann dort draußen herum lief, bekam Franziska einen eisigen Schauer. Sie verstand nicht, warum man diese Bestien nicht besser bewachte. Denn wenn man schon nicht auf sie verzichten konnte, dann sollte man wenigstens schauen, dass sie keinen Schaden anrichten konnten.
„Sie werden ihn bestimmt finden. Das haben sie ja bis jetzt immer. Auch wenn es nicht sehr oft vorkommt, das einer ausbricht. Außerdem ist er viel zu schön, um erschossen zu werden, Becky.“ Die Brünette lehnte sich in dem Sessel zurück und sah auf ihre beiden Freundinnen, die sich gerade ein wenig in Rage redeten.
„Jetzt sei mal ehrlich, Anna, würdest du von solch einen Rebellen ein Kind wollen? Was wenn das auch aufmüpfig und unkontrollierbar wird? Nein, die bringen nur Schwierigkeiten. Egal, wie schön sie sind.“ Becky verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust und Franziska versuchte zu verstehen, was gerade in dem Kopf ihrer Freundin vorging.
Klar, der Kerl war ein Rebell, weil er ausgebrochen war, dennoch konnte man nicht von der Hand weisen, dass er schön zum Ansehen war. Seine Konturen waren ideal und die Kombination aus Augen und Haaren zog jeden in den Bann.
„Ich kann es mir vorstellen“, sprach sie ihre Gedanken aus und ihre Freundinnen sahen sie überrascht an. „Du denkst an Kinder? Dazu ist es doch noch zu früh oder hast du deine Einladung schon erhalten?“ Becky sah sie überrascht an und Franziska merkte, wie sich Trotz in ihrem Inneren rührte.
„Wieso sollte ich zu jung sein? Ich bin 27 Jahre und die Einladung liegt schon seit drei Jahren auf meinen Tisch, aber bis jetzt war ich mir selber noch nicht so sicher, aber wenn ich diesen Erzeuger sehe, dann könnte ich mir das wirklich vorstellen.“
„Du spinnst doch! Aktuell gehst du doch noch viel zu gern auf Partys. Das Kind würde dabei doch nur stören!“ Becky ließ nicht nach. „Außerdem haben sie bestimmt noch besseres Material dort als diesen Freak, der seinen Platz nicht kennt.“
„Ja, Partys werden mit der Zeit langweilig. Ich denke schon länger über einen neuen Sinn in meinem Leben nach und spüre immer mehr das Verlangen, dass ich etwas auf der Welt zurücklassen möchte. Ein Kind wäre ideal dafür.“
„Nicht ernsthaft, Franziska!“
„Jetzt lass sie doch, Becky. Ich finde die Idee schön und habe auch schon öfters darüber nachgedacht mich schwängern zu lassen. Vielleicht sollten wir wirklich einen neuen Weg beschreiten und gemeinsam zu Müttern werden. Das wäre doch total toll, wenn wir hier zusammen wären und unsere Kinder auf dem Boden sitzen und spielen.“
„Du auch noch, Anna?! Seid ihr jetzt alle übergeschnappt?! Nein, ich will kein Kind. Nicht von ihm oder irgendeinem anderen. Wir haben doch immer so viel Spaß. Warum wollt ihr das jetzt wegwerfen? Das ist doch totaler Schwachsinn.“
„Das Leben verändert sich, Becky. Du musst dich entscheiden, ob du mitmachst oder nicht.“
„Da hat Anna Recht. Also, gehst du diesen Weg mit uns gemeinsam?“
Entsetzt sah Becky zwischen den beiden Frauen hin und her. Franziska versuchte zu verstehen, was in ihrer Freundin vorging, doch aus dem Flackern ihrer Augen konnte sie keinen Schluss ziehen.
Plötzlich schnellte sie nach vorne und stellte ihre Tasse energisch ab, bevor sie sich schwungvoll erhob. „Wenn ihr Zwei das so seht, dann werden sich unsere Wege hier trennen. Viel Spaß beim Kinderaufziehen. Aber ohne mich.“ Sie schnaubte und eilte davon.
Franziska zuckte zusammen, als die Tür mit lautem Knall ins Schloss fiel und sie dann mit Anna alleine war. Eine leichte Schwere legte sich über ihre Seele, doch dann spürte sie schon die Hand von ihrer Freundin auf der Schulter. Ihre Blicke trafen sich und sie wurde angelächelt. „Sie kriegt sich schon wieder ein. Becky kann nicht ohne uns. Also, keine Sorge, wir werden sie bestimmt schnell wiedersehen.“
Franziska nickte lachend. „Oh ja, da hast du wohl Recht. Wir werden sie bestimmt wieder sehen. Ich hoffe nur, dass sie dem Flüchtigen nicht begegnet. Nicht, dass er ihr noch etwas antut. Sie hätte noch ein wenig bleiben sollen.“
„Es war ihre Entscheidung. Wir haben sie nicht rausgeworfen. Komm, trinken wir unseren Kaffee bevor er kalt wird.“ Anna nahm einen Schluck von ihrer Tasse, bevor sie von dem Keks abbiss und auch Franziska ihr es gleich tat.
Ja, Becky würde zurückkommen. Sie war immer mal wieder aufbrausend, aber im Herzen eine gute Frau. Bestimmt kam sie zurück und dann würden sie alle gemeinsam Mütter werden. Franziska freute sich schon darauf ihr Kind in den Armen zu halten. Die Tage würde sie sich mal schlau machen, wie das Ganze denn ablief, denn sie konnte es plötzlich kaum erwarten schwanger zu werden.
Ihr Kind mit so schönen blauen Augen, wie dieser Erzeuger auf den Bild. Ja, sie wusste jetzt schon, dass sie ihn nehmen würde. Er und niemand anderes kam als Erzeuger für ihre Kinder in Frage. Auch wenn er flüchtig war. Sein Material war ja da. Also sprach nichts dagegen, oder? Er war für sie perfekt. So unsagbar perfekt...