1
CHLOE
Ich bin zurück. Zurück in der Höhle des Teufels.
Dieser Gedanke schießt mir durch meinen schmerzenden Kopf, als das Auto vor Nikolais hochmoderner Bergvilla zum Stehen kommt. Ein Mann und zwei Frauen in Krankenhauskleidung – vermutlich der von Nikolai erwähnte Arzt mit seinem Team – warten auf der Einfahrt mit einer Trage auf uns. Hinter ihnen steht Alina, Nikolais Schwester, und ihr schönes Gesicht ist blass und besorgt.
Ich nehme das alles nur am Rande wahr. Alle meine Sinne werden von dem Mann vereinnahmt, der mich besitzergreifend auf seinem Schoß hält.
Nikolai Molotow.
Der Teufel höchstpersönlich.
Seine kräftigen Arme sind um mich geschlungen und drücken mich an seinen großen Körper. Obwohl ich gerade gesehen habe, wie er zwei Männer getötet hat, kann ich nicht anders, als mich von seiner Berührung, seiner Wärme und seinem vertrauten Zedern- und Bergamotteduft trösten zu lassen. Sein Geschmack liegt mir immer noch auf der Zunge, meine Lippen pochen von seinem Kuss, und so sehr ich es auch leugnen möchte, ist Angst nicht das einzige Gefühl, das meine Magengrube bei dem Gedanken füllt, dass er mich gegen meinen Willen hier festhält.
»Nur noch ein paar Sekunden, zajchik«, murmelt er, streicht mein Haar zurück, und ein Schauder durchfährt mich, als meine Augen seinen tigerhellen begegnen.
Ich kann das Monster unter seiner schönen Fassade sehen. Jetzt ist es sonnenklar.
Pavel springt als Erster aus dem Auto und öffnet die Tür für uns. Ein Schwindel überkommt mich, als Nikolai aussteigt und mich an seine Brust drückt. Obwohl er vorsichtig ist, schickt die Bewegung einen Stich von ekelerregendem Schmerz durch meinen Arm, und die fernen Berggipfel drehen sich übelkeitserregend, während er mich sanft auf die Trage legt.
Ich kneife die Augen zu und konzentriere mich darauf, zu atmen und nicht ohnmächtig zu werden, während ich ins Haus gerollt werde. Nikolai ruft dem medizinischen Team Anweisungen zu, während er zu Alina und Lyudmila etwas auf Russisch sagt. Ich nehme an, dass er erklärt, was passiert ist, aber ich habe zu große Schmerzen, um mich darauf zu konzentrieren.
Ich bin noch nie zuvor angeschossen worden, und es ist wirklich nicht angenehm.
Als ich die Augen wieder öffne, bin ich in meinem Schlafzimmer, und der Arzt und sein Team wuseln um meine Bahre herum. Innerhalb von Sekunden wird eine Infusion an meinen linken Arm geklebt, und ich werde an mehrere Monitore angeschlossen. Ich habe keine Ahnung, woher all diese medizinischen Geräte kommen, aber mein Schlafzimmer scheint sich in ein Krankenhauszimmer verwandelt zu haben.
Der Arzt, der bereits einen Kittel und eine OP-Maske trägt, fragt mich, ob ich allergisch auf Latex oder Medikamente reagiere, während er sich ein Paar Handschuhe überstreift.
»Nein«, krächze ich heraus, und eine der Krankenschwestern befestigt einen Beutel mit Flüssigkeit am Infusionsständer. Sofort breitet sich eine angenehme Müdigkeit in mir aus, die meine Lider schwer werden lässt.
Das Letzte, was ich sehe, bevor die Welt verblasst, ist Nikolai, der in der Ecke des Raumes steht und seine goldenen Augen mit grimmiger Intensität auf mich gerichtet hat. Auf seinem Wangenknochen ist immer noch ein dunkler Fleck – das Blut des Mannes, den er gefoltert hat, um Antworten zu bekommen – aber mit der süßen Erleichterung der Narkose, die sich in meinen Adern ausbreitet, kann ich nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf meinen Lippen ausbreitet.
Ich werde dich beschützen, sagte er, und als die Dunkelheit mich einzuhüllen beginnt, glaube ich ihm.
Er wird mich vor jedem beschützen, außer vor sich selbst.