Kapitel 4

723 Worte
Kapitel 4 In der Lagerhalle Glücklicherweise hatte es inzwischen aufgehört zu regnen. Steve hatte die schlechte Angewohnheit, alles alleine in Ordnung bringen zu wollen, sodass sein Auto mit Klappverdeck an einem fernen Juniabend definitiv zum Cabriolet geworden ist. Er war der einzige, der an jenen kalten und regnerischen Tagen Ende Februar mit einem Sonnenschirm zwischen den Beinen eingeklemmt herumfuhr. Als Rechtfertigung dafür erklärte er mir wiederholt, dass ihn die Reparatur der automatischen Abdeckung mehrere Monatsgehälter gekostet hätte. Das Problem war nur, dass der Sonnenschirm bei erhöhter Geschwindigkeit jedesmal entweder umkippte oder gar davonflog…mit den Auslagen, die er für die Sonnenschirme aufbringen musste, hätte er sich einen neuen Wagen leisten können! «Verdammt, wir sind zu spät gekommen» bemerkte mein Freund, als er das Auto vor der Lagerhalle anhielt. Die Luft war frisch und hatte einen intensiv bitteren Geruch nach Erdöl. Vor dem Tor erwartete uns ein Mann, die Händen in den Taschen vergraben. Er trug einen schwarzen Mantel mit hochgeschlagenem Kragen und einen Hut mit breiter Krempe, die, vom Regen durchnässt, seitlich herunterfiel, sodass sein Gesicht praktisch vollständig verdeckt war. Steve stieg aus und lief ihm entgegen, ich folgte ihm. «Wo ist das Vögelchen?» fragte Steve den schwarz gekleideten Typen. «Schon hineingegangen» antwortete der Schwarze Mann. „Er konnte es kaum erwarten zu singen…aber ich habe dir angeraten alleine zu kommen!“ fügte er in ernstem Ton hinzu, indem er mit einem Kopfnicken auf mich hinwies. Sofort erkannte ich seine Stimme, es war die gleiche, die am Anrufbeantworter die Nachricht hinterlassen hatte, also war der Schwarze Mann wahrscheinlich unser Kollege. Steve schaute mich mit Stirnrunzeln und Achselzucken an, ich trippelte kleinlaut ins Auto zurück. Der Mann schob das schwere Schiebetor am Zugang zum Innenhof der Lagerhalle auf, und sobald sie eingetreten waren, schloss er es hastig wieder zu und ging in Richtung Hauptgebäude, gefolgt von Steve. Dieser Typ gefiel mir überhaupt nicht und diese Situation noch weniger. Wenn mein Freund einen Fehler hat, dann war es das zu große Vertrauen in sich selbst und manchmal auch in die anderen. Angesichts seines Berufes fand ich das äußerst merkwürdig. Auch ich hatte ein paar Fehler: erstens hasste ich es, beiseite geschoben zu werden, und zweitens vertraute ich, im Gegensatz zu Steve, praktisch niemandem. Sobald die Schritte auf dem Kies hinter dem Tor fern waren, hüpfte ich aus dem Wagen und begann am Rand des Palisadenzauns nach einem Spalt zu suchen, durch den ich sie beobachten konnte. Ich hatte den Rundgang um das Gebäude schon fast beendet und wollte eben gerade zum dritten Mal pinkeln (man kann ja nie wissen, ab und zu kommt es vor, dass man den gleichen Weg wieder zurückkehren muss), als die Stimmen plötzlich lauter wurden, ein Zeichen dafür, dass eine wilde Diskussion im Gange war. Aus Angst, dass Steve meine Hilfe benötigte, beschloss ich meinen Rundgang schnell zu beenden und nach einem anderen Eingang zu suchen. Leider verlief die kleine Straße am Rand der Lagerhalle in eine Sackgasse. Die Stimmen wurden immer lauter und erregter, nun sind sie gar in Schreie ausgeartet. Ich drehte leicht den Kopf und spitzte die Ohren, um besser zu verstehen was sie sagten. «Was ist los? Bist du etwa verrückt geworden, oder ist es vielleicht ein Witz? Was willst du mit dieser Pistole machen? Stecke sie ein, es könnte ein Schuss losgehen» meinte mein Freund besorgt. «Du musst mir sagen, wer die anderen Spione sind!» «Aber was willst du tun, willst du mich erschießen?» «Falls du mich dazu zwingst, werde ich es tun und wie, da kannst du sicher sein! Ich habe dir gesagt, dass du mir alle Namen sagen sollst, und außerdem solltest du aufhören, dich in Dinge einzumischen, die dich nichts angehen, hast du verstanden? Diese Angelegenheit ist viel zu groß für dich!» insistierte der Schwarze Mann. «Okay, okay, ich habe verstanden» antwortete mein Freund um Zeit zu gewinnen «ich werde dir alles sagen und dir die Dokumente liefern, die ich gesammelt habe. Jetzt steck aber die Pistole weg und lass uns rausgehen, denn wenn mein Kumpel sieht, dass du mich bedrohst, wird er aggressiv werden.» «Und du nennst diesen Köter Kumpel?» erwiderte der Schwarze Mann in abschätzigem Ton, was mich absolut rasend machte. «Also gut, mir ist es recht, aber zuerst musst du mich davon überzeugen, dass du die Lektion gelernt hast, und außerdem gibt es da noch einiges zu klären» meinte er abschließend.
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