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Sara
Ich wache mit der überwältigenden Erkenntnis auf, dass ich verheiratet bin.
Verheiratet mit Peter Garin, alias Peter Sokolov.
Mit dem Mann, der meinen ersten Ehemann, George Cobakis, getötet hat, nachdem er in mein Haus eingebrochen war und mich gefoltert hatte.
Mein Stalker.
Mein Entführer.
Die Liebe meines Lebens.
Mein Verstand wandert zum gestrigen Abend, und Hitze breitet sich in meinem ganzen Körper aus – eine Mischung aus Verlegenheit und Erregung. Er hat mich gestern bestraft. Mich dafür bestraft, dass ich ihn fast am Altar stehen gelassen hätte.
Er hat mich brutal genommen und mich dabei gezwungen, alles zuzugeben.
Ich musste gestehen, dass ich ihn liebe – alles an ihm, einschließlich seiner dunklen Seiten.
Dass ich diese Dunkelheit brauche … sie am eigenen Leib spüren muss, damit ich die Scham- und Schuldgefühle darüber überwinden kann, zu wissen, dass ich mich in ein Monster verliebt habe.
Ich öffne die Augen und starre an die weiße Decke. Wir sind noch in meiner kleinen Wohnung, aber ich schätze, dass wir bald umziehen werden. Und dann? Kinder? Spaziergänge im Park und Abendessen mit meinen Eltern?
Bin ich wirklich dabei, ein Leben mit dem Mann aufzubauen, der gedroht hat, alle auf unserer Hochzeit zu töten, wenn ich nicht auftauche?
Er muss gerade Frühstück machen, weil ich köstliche Düfte aus der Küche riechen kann. Sie sind süß und gleichzeitig vollmundig, und mein Magen knurrt, als ich aufstehe und wegen meiner schmerzenden Sehnen im Knie zusammenzucke.
Wenn wir häufiger in exotischen Positionen ficken wollen, sollte ich vielleicht mit Yoga anfangen.
Ich schüttele den Kopf bei diesem Gedanken, gehe duschen, putze mir die Zähne, und als ich mit einem Bademantel bekleidet herauskomme, höre ich Peters tiefe, leise Stimme mit dem schwachen Akzent, als er mich ruft.
Oder genauer gesagt ruft er sein »Ptichka«.
»Ich bin hier«, sage ich, als ich in die Küche komme, wo mich unglaublich starke Arme hochheben und ich so intensiv geküsst werde, dass mir die Luft wegbleibt.
»Ja, das bist du«, murmelt mein Mann, als er mich endlich wieder auf die Beine stellt. »Du bist hier, und du wirst nirgendwo hingehen.« Seine großen Hände ruhen besitzergreifend auf meiner Taille, und seine grauen Augen schimmern wie Silber in seinem mit Bartstoppeln bedeckten Gesicht. Er hat sich bereits ein T-Shirt und eine Jeans angezogen, scheint sich aber noch nicht rasiert zu haben, denn diese Stoppeln sehen so einladend rau und kratzig aus, dass ich mich frage, wie es wäre, wenn sie über meine Haut fahren würden.
Ohne nachzudenken, lege ich meine Hand an seinen gemeißelten Kiefer. Er ist genauso kratzig, wie ich es mir vorgestellt habe, und ich grinse, als er seine Augen schließt und sein Gesicht an meiner Handfläche reibt, wie ein großer Kater, der sein Revier markiert.
»Es ist Sonntag«, sage ich ihm und senke meine Hand, als er seine Augen öffnet. »Also ja, ich gehe nirgendwo hin. Was gibt es zum Frühstück?«
Er grinst, tritt zurück und lässt mich los. »Ricotta-Pfannkuchen. Hast du Hunger?«
»Ich könnte definitiv etwas essen«, gebe ich zu und beobachte, wie seine metallischen Augen vor Freude aufleuchten.
Ich setze mich hin, während er die Teller für uns beide holt und sie auf den Tisch stellt. Obwohl er erst letzten Dienstag zu mir zurückgekommen ist, fühlt er sich in meiner kleinen Küche schon wie zu Hause, und seine Bewegungen sind so geschmeidig und sicher, als ob er schon seit Monaten hier wohnt.
Während ich ihn beobachte, bekomme ich wieder das beunruhigende Gefühl, dass ein gefährliches Raubtier in meine kleine Wohnung eingedrungen ist. Teilweise liegt das an seiner Größe – er ist mindestens einen Kopf größer als ich, seine Schultern sind unglaublich breit, und sein Körper eines Elitesoldaten ist voller harter Muskeln. Aber es ist auch etwas an ihm, etwas mehr als die Tattoos, die seinen linken Arm schmücken, oder die schwache Narbe, die seine Augenbraue teilt.
Es ist etwas Eigenes, eine Art von Rücksichtslosigkeit, die es gibt, selbst wenn er lächelt.
»Wie fühlst du dich, Ptichka?«, fragt er, als er sich zu mir setzt, und ich schaue auf meinen Teller, weil ich weiß, weswegen er sich Sorgen macht.
»Gut.« Ich will nicht an gestern denken, darüber, wie der Besuch von Agent Ryson mich buchstäblich krank gemacht hat. Ich war wegen der Hochzeit bereits nervös gewesen, aber erst als mir der FBI-Beamte Peters Verbrechen um die Ohren gehauen hat, musste ich mich übergeben und habe Peter fast sitzenlassen.
»Keine Beschwerden wegen gestern Nacht?«, wird er deutlicher, und ich schaue mit erhitztem Gesicht zu ihm auf, als ich verstehe, dass er sich auf unser Sexualleben bezieht.
»Nein.« Meine Stimme ist erstickt. »Es geht mir gut.«
»Gut«, murmelt er mit einem heißen und dunklen Blick, und ich verstecke meine immer stärker werdende Röte, indem ich nach einem Ricotta-Pfannkuchen greife.
»Hier, mein Liebling.« Er legt mir fachmännisch zwei Pfannkuchen auf den Teller und schiebt eine Flasche Ahornsirup in meine Richtung. »Möchtest du noch etwas anderes? Vielleicht etwas Obst?«
»Gerne«, sage ich und schaue ihm dabei zu, wie er zum Kühlschrank geht, um Beeren herauszunehmen und zu waschen.
Mein häuslicher Attentäter. Wird so unser gemeinsames Leben sein?
»Was willst du heute machen?«, frage ich, als er zum Tisch zurückkehrt, und er zuckt mit den Achseln, während sich ein Lächeln auf seinen gemeißelten Lippen ausbreitet.
»Was du möchtest, Ptichka. Ich dachte, wir könnten vielleicht rausgehen und den schönen Tag genießen.«
»Also … ein Spaziergang im Park? Wirklich?«
Er runzelt die Stirn. »Warum nicht?«
»Nichts. Meinetwegen gerne.« Ich konzentriere mich auf meine Pfannkuchen, damit ich nicht hysterisch kichere.
Er würde es nicht verstehen.