SIENNAS POV
Gelächter drang durch die Wände, noch bevor ich die Türklinke berührte. Zuerst dachte ich, es wäre nichts … vielleicht wieder die Nachbarn, betrunken von billigem Wodka und lautstarker Unsinn wie immer. Aber nein. Es war lauter, deutlicher. Es kam aus seinem Arbeitszimmer.
Ich blieb wie angewurzelt stehen, meine Hand hing in der Luft, als wäre der Türknauf plötzlich mit Stacheldraht bedeckt.
Dann hörte ich es … Lachen. Sein Lachen.
Meine Brust zog sich zusammen, und für einen Moment dachte ich, meine Ohren könnten lügen. Vielleicht war ich verrückt, dachte zu viel nach, war vielleicht paranoid.
Aber das war ich nicht.
Ich kannte sein Lachen besser als meinen eigenen Herzschlag.
Ich schluckte den Kloß in meinem Hals hinunter, schluckte das flaue Gefühl in meinem Magen hinunter und drehte die Türklinke. Die Tür öffnete sich quietschend, langsam und dramatisch, fast so, als wollte das Universum, dass ich jede verdammte Sekunde davon erleide.
Und dann sah ich sie.
Nigel. Mein Nigel. Der Mann, mit dem ich ein Leben aufzubauen glaubte.
Und meine beste Freundin … Piper.
Beide in den Bettlaken verheddert.
Für eine Sekunde bekam ich keine Luft. Meine Brust zog sich zusammen, als wäre die Luft aus dem Zimmer gesaugt worden. Es war, als würden mir meine Augen einen Streich spielen. Spoiler: Das taten sie nicht.
„Nigel …“ Meine Stimme brach. Dann wurde sie schärfer, wütender und lauter. „Nigel, was zum Teufel machst du da?! Du schläfst mit meiner besten Freundin!“
Ich wartete nicht auf eine Antwort. Ich konnte verdammt noch mal nicht. Meine Hand schloss sich fester um das Champagnerglas, das ich getragen hatte … denn natürlich hatte ich Champagner mitgebracht, um ihn zu feiern, um uns zu feiern. Wie verdammt ironisch.
Ich trank den Rest in einem wilden Zug aus. Die Bläschen brannten, doch die Wut brannte noch heißer.
Und bevor einer von beiden ein Wort sagen konnte, schleuderte ich das leere Glas gegen die Wand. Bumm … Es zerbrach wie mein Herz, die Scherben spritzten überall hin.
Nigel rappelte sich auf und zog die Laken höher, sein Gesicht war bleich vor Panik.
Piper hingegen wirkte überhaupt nicht panisch. Sie grinste, als hätte sie nur darauf gewartet, dass ich sie einfange. Als wäre das hier ein Spiel und ich wäre gerade erst ins letzte Level gekommen.
„Was zur Hölle, du verrückte Schlampe?“, blaffte sie und rutschte mit der selbstgefälligen Zuversicht einer Frau, die glaubte, gewonnen zu haben, vom Bett.
„Verrückte Schlampe?“, wiederholte ich und lachte … wenn man dieses zerbrochene Geräusch überhaupt als Lachen bezeichnen konnte. Meine Hand schnellte nach dem zweiten Champagnerglas, und bevor sie blinzeln konnte, leerte ich es über ihr perfektes blondes Haar. Die Flüssigkeit tropfte ihr übers Gesicht und durchnässte das Seidenhemd, das sie sich letzte Woche ungefragt von mir geliehen hatte.
„Du nennst mich die Verrückte? Du bist diejenige, die meinen Mann im Bett fickt, Piper!“
Sie zuckte nicht einmal zusammen. Sie hatte nicht einmal den Anstand, schuldbewusst zu gucken. Stattdessen schlug sie mir mit der Hand ins Gesicht und verpasste mir eine ohrenbetäubende Ohrfeige. Sie war so heftig, dass ich fast ein paar Schritte zurückwich und meine Hand vor mein Gesicht flog.
„Oh, ich bin verrückt?“, lachte ich. „Nein, du Schlampe. Verrückt ist, zu glauben, du könntest mir in den Rücken fallen und damit durchkommen. Verrückt ist, ins Bett meines Kumpels zu kriechen und mich Schlampe zu nennen.“
Ihr Grinsen wurde noch schärfer, bevor ihre Hände auf ihrer Hüfte ruhten.
„Reg dich nicht so auf“, sagte sie gedehnt, und ich konnte mir den scharfen Spott nicht verkneifen, der aus mir herausbrach.
„Ich ficke ihn nicht nur“, sagte sie langsam. „Ich bekomme sein Baby.“
Ich erstarrte augenblicklich. Was zum Teufel hatte sie da gerade gesagt? Nein … nein, das konnte nicht stimmen. Vielleicht spielten mir meine Ohren einen Streich, denn ich konnte sie unmöglich richtig verstanden haben. Der Raum drehte sich sofort, und meine Knie beugten sich.
„Ich bekomme sein …“ Meine Stimme brach.
Mein Blick schoss zu Nigel. Meinem Nigel. Doch in diesem Moment sah er überhaupt nicht wie der Mann aus, den ich kannte. Er wirkte kalt. Ein Fremder in seiner eigenen Haut.
„Baby? Wovon redet sie?“
Nigel begegnete mir endlich in die Augen … und Gott, es war schlimmer, als wenn er weggeschaut hätte. Seine Augen waren leer, bar alles dessen, was ich einmal kannte. Nichts lebte mehr dort … nur eine Leere, wo einst Liebe war.
Und dann …
„Es ist vorbei, Sienna.“
Ehrlich gesagt, diese Worte haben mich total fertiggemacht. Ich schwöre, einen kurzen Moment lang dachte ich, das wäre ein verrückter Streich … so als würde ein Kamerateam mit Konfetti und Geschenken „Erwischt!“ schreiend auf mich zuspringen. Aber, Eilmeldung: Es war nicht mein Geburtstag, kein Jahrestag und ganz sicher nicht der 1. April. Nein. Es war einfach … heute. Einfach der Tag, an dem ich mich in stürmischer Liebe zu meinem Verlobten ertränkt habe.
Pipers Lächeln wurde breiter, als sie zu ihm schlenderte und ihm einen selbstgefälligen Kuss auf die Wange gab, als würde sie den Bund fürs Leben schließen … oder besser gesagt die verdammte Realität.
„Es ist vorbei“, wiederholte er mit fester Stimme, als hätte es ihn nichts gekostet, mich in zwei Hälften zu brechen.
„Aber …“ Meine Worte klangen zittrig. „Wir wollten eine Familie gründen. Wir haben gerade einen Mietvertrag für ein Haus unterschrieben! Nigel, du hast gesagt …“
Er unterbrach mich lachend. Er hatte tatsächlich die Dreistigkeit, mich auszulachen.
„Du hast tatsächlich gedacht, das wäre ein Mietvertrag? Du bist so leichtgläubig, Sienna.“
Ich wusste, was ich tun sollte … Piper bekämpfen, Nigel verfluchen, wutentbrannt hinausstürmen, vielleicht sogar so laut schreien, dass die Wände erbebten. Aber stattdessen? Ich stand einfach nur da, rang nach Schweigen, Tränen brannten heiß in meinen Augen, und mein Atem war jetzt flach und unregelmäßig.
„Glaubst du, Nigel will eine Familie mit dir?“, warf Piper ein. „Er liebt dich nicht, Sienna. Hat er nie. Sag es ihr, Nigel. Sag ihr die Wahrheit.“
Ich riss den Kopf zu ihm herum. „Wovon redet sie?“
Seine Kiefer spannten sich an, und seine Augen tanzten … Boden, Wand, Fenster, praktisch überall hin, nur nicht zu mir. Als würde schon allein der bloße Anblick brennen. Hallo? Hatte ich mich plötzlich in Medusa verwandelt?
Piper grinste breiter, als genoss sie jeden Augenblick. „Komm schon, Baby. Halte dich nicht zurück. Sie verdient die Wahrheit.“
Nigels Schweigen schrie lauter als alle Worte.
„Was soll ich dir sagen?“, fragte ich und trat näher. Meine Stimme zitterte, aber klang immer noch grimmig. „Nigel. Sag es mir.“
Schließlich sah er mich kalt an, bevor er anfing.
„Ich habe dir Verhütungsmittel in die Vitamine getan.“
Die Worte trafen mich härter als Pipers Ohrfeige, und einen Moment lang verstand ich nicht.
„Was? Was hast du gerade gesagt?“
Er schluckte. „Ich wollte nicht … dein Baby. Ich wollte dieses Leben mit dir nicht.“
Die Tränen, gegen die ich angekämpft hatte, fielen heiß und unerbittlich.
„Du …“ Meine Stimme brach. „Du wusstest, wie viel mir Mutterschaft bedeutet. Du wusstest, dass ich mir jeden Monat die Schuld gab, weil es nicht geklappt hat. Und die ganze Zeit … die ganze verdammte Zeit hast du mich vergiftet?“
Er antwortete nicht. Er leugnete es nicht. Er zuckte nicht einmal zusammen.
Ich schüttelte den Kopf und wich zurück, während meine Hände zitterten. Nein … nein, das kann nicht sein.
„Wie konntest du mir das antun, Nigel? Nach allem, was ich für dich aufgegeben habe? Nach allem, was ich für dich getan habe?“
Die beiden Idioten vor mir standen einfach nur da, still, als hätten sie plötzlich gelernt, wie man sich benimmt.
Ich wollte, dass er den Kopf schüttelte, mir sagte, dass ich Unrecht hatte, lachte und mich an sich zog. Aber er stand einfach nur neben ihr und sagte nichts … sein Schweigen schnitt tiefer als alles, was er hätte sagen können.
Und dann lehnte sich Piper mit ihrem giftigen Grinsen an ihn, als wäre sie seine Trophäe. „Sieh es ein, Sienna. Er hat mich gewählt. Er hat uns gewählt. Und jetzt gebe ich ihm das Einzige, was du ihm nie geben konntest.“
Ihre manikürte Hand glitt zu ihrem Bauch ... und oh Mondgöttin ... der Anblick stach mir wie tausend Dolche durch die Brust.
Ich rang nach Luft, meine Brust zog sich immer mehr zusammen, als würden die Wände näher kommen. Mein Verstand schrie, mein Herz zerbrach, doch mein Mund brachte nur ein Flüstern zustande:
„Ich hasse euch beide.“
Niemand hielt mich auf, als ich hinausstolperte. Tränen blendeten mich, aber es war mir egal. Ich schaffte es den Flur entlang, die Treppe hinunter und aus dem Haus.
Ich sah mich nicht um.
Ich konnte nicht.
Als ich das Auto erreichte, holte ich mein Handy heraus und wählte ohne zu zögern die Nummer.
Das Telefon klingelte kaum einmal, als jemand antwortete.
„Dr. Phillip ...“, rief ich mit zittriger Stimme.
„Miss Monroe, geht es Ihnen gut?“
„Nein“, flüsterte ich mit brüchiger Stimme, aber stark genug, um zu sagen, was ich sagen wollte.
„Ich möchte einen Spender.“