Kapital Fünf
»Geht es dir gut?«, fragt der heiße Fremde, dessen himmelblaue Augen mir in die Seele blicken.
»Ja.« Mit brennendem Gesicht ziehe ich den ersten Handschuh mit meinen Zähnen aus, dann benutze ich die freie Hand, um den anderen Handschuh auszuziehen. Wie ferngesteuert beginne ich, den Rest des Anzugs zu öffnen – bis ich mich daran erinnere, dass ich darunter komplett nackt bin.
»Willst du eine Minute?«, fragt er und hält seinen Blick demonstrativ auf mein Gesicht gerichtet und nicht nach unten – als ob er etwas ignorieren würde.
Ich schaue nach unten.
Oh bloody hell!
Meine rechte Brustwarze ist zu sehen.
Ich habe das reißende Geräusch eines sich öffnenden Klettverschlusses von vorhin komplett vergessen.
»Dreh dich bitte um!«, rufe ich und mache so schnell auf dem Absatz kehrt, so dass es ein Wunder ist, dass ich nicht das Wenige zerstöre, was in diesem Büro noch intakt ist.
»Erledigt«, sagt er.
Ich schaue über meine Schulter. Er steht mit dem Rücken zu mir. Der Hintern in seiner Jeans erinnert an den, den ich für ihn in der VR ausgesucht habe.
Moment einmal. Was tue ich da?
Ich ziehe den Anzug aus und steige auf Zehenspitzen über den zerbrochenen Monitor und die Tastaturteile, während ich meine verstreuten Klamotten vom Boden aufhebe.
Meine Hände zittern, als ich die Sachen anziehe, und meine Haut ist abwechselnd zu heiß und zu kalt.
Bloody hell, bloody hell, bloody hell.
Das ist schlimm. So, so schlimm.
Erst als ich vollständig angezogen bin, kann ich das Geschehene komplett verarbeiten – und während ich das tue, möchte ich im Boden versinken. Vielleicht den ganzen Weg bis zur Lobby.
Meine Wangen fühlen sich an wie die Oberfläche der Sonne, als ich murmele: »Du kannst dich jetzt wieder umdrehen.«
»In Ordnung.« Er dreht sich zurück und mustert mich von oben bis unten. »Also, wer bist du?«
Die Worte kommen zu schnell aus meinem Mund. »Holly Hyman, zu Ihren Diensten.«
Verflixt. Warum habe ich das gerade gesagt?
Er runzelt die Stirn, was sein Gesicht bizarrerweise noch sexyer aussehen lässt. »Der CTO?«
»Schuldig im Sinne der Anklage.« Oh Mann. Warum habe ich das gerade gesagt? Ich versuche verzweifelt, meinen Fehler auszubügeln. »Und du bist …?«
»Alex.« Er streckt seine große, maskuline Hand aus. »Alex Chortsky.«
Mein Kiefer schlägt auf den Boden.
Chortsky.
Der Besitzer der Morpheus Group.
Der Teufel persönlich.