Autorensicht
Fünf Jahre später
Das Flugzeug setzte zur Landung an, und Electras Gesicht erhellte sich mit einem warmen Lächeln, als sie auf ihr kostbares Kind, Little Gladys, blickte. Das kleine Mädchen war eine Miniaturausgabe ihrer Mutter, mit denselben markanten Zügen und wachen Augen. Der einzige Unterschied waren ihre leuchtend blauen Augen – das unverkennbare Erbe ihres Vaters.
„Komm, Liebling, lass uns gehen!“, rief Electra und streckte die Hand nach Gladys aus.
Doch Gladys verzog das Gesicht und protestierte mit ihrer kleinen Stimme: „Aua, Mama, das tut weh! Du weißt nicht, wie man mich vorsichtig anfasst, so wie meine Nanny es macht.“ Ein Hauch Tadel lag in ihrem Ton, und Electras Lächeln verblasste für einen Moment, bevor sie ihren Griff lockerte.
„Es tut mir leid, mein Schatz“, sagte Electra und kniete sich hin, um auf Augenhöhe mit Gladys zu sein. „Ich wollte dir nicht wehtun. Darf ich es noch mal versuchen, ja?“ Diesmal nahm sie Gladys' Hand sanft und mit mehr Vorsicht. Gladys nickte, ihre Augen glänzten versöhnlich, und gemeinsam verließen sie den Flughafen – ein Bild voller Liebe und Zärtlichkeit.
Während sie warteten, dass sie abgeholt wurden, wuchs Electras Unruhe. Wie würde ihre Mutter nach dem Streit vor Jahren reagieren? Doch als schließlich das Auto ihres Vaters vorfuhr, war sie überrascht, als ihre Mutter ausstieg – mit verschränkten Armen und ernstem Blick.
Electras Herz schlug schneller, als sie sich ihr näherte, Gladys an ihrer Seite. Sie spürte die angestaute Wut ihrer Mutter und ein Stechen von Schuld durchfuhr sie. Doch je näher sie kamen, desto mehr milderte sich der Ausdruck ihrer Mutter, bis ein sanftes Lächeln für Gladys über ihr Gesicht huschte.
„Komm her, mein Schatz“, sagte Mr. Scofield und öffnete die Arme für eine Umarmung. Electra zögerte, übermannt von widersprüchlichen Gefühlen. Doch die Aufmerksamkeit ihrer Mutter galt nun ganz Gladys, die sie neugierig ansah.
„Meine Enkelin ist ja wunderschön – ganz die Oma!“, schwärmte Mrs. Scofield, während sie sich zu Gladys hinunterbeugte. Gladys kicherte und schlang die Arme um den Hals ihrer Großmutter. „Und du bist wunderschön, Oma“, flüsterte sie bewundernd.
Mrs. Scofields Gesicht hellte sich auf, als sie Gladys in die Arme schloss und wiegte. Electra beobachtete die Szene und spürte Erleichterung. Vielleicht – nur vielleicht – war ihre Mutter bereit, den alten Streit ruhen zu lassen, wenigstens um Gladys’ willen.
Electras und der Blick ihrer Mutter trafen sich, und darin lag ein Funke von Vergebung. „Komm nach Hause und erklär mir, warum du dich geweigert hast, das Familienflugzeug zu nehmen und stattdessen mit einem Linienflug gekommen bist“, sagte Mrs. Scofield – bestimmt, aber ohne Schärfe.
Electra lächelte. Erleichterung und Dankbarkeit erfüllten sie. In diesem Moment wusste sie, dass der Groll der Vergangenheit überwunden war.
---
Szenewechsel – Knoxville
Knoxvilles Augen verengten sich, als sein Vater ohne anzuklopfen in sein Büro trat – mit ernster Miene. „Dad, was machst du hier?“, fragte er, ein Hauch von Ärger schwang in seiner Stimme mit.
Die Augen seines Vaters blitzten vor Frustration. „Warum sollte ich meinen eigenen Sohn nicht besuchen dürfen? Du bist mein Ältester, mein Erbe. Ich habe zwei Söhne, und keiner von euch scheint das Leben ernst zu nehmen. Dein Bruder jagt einem Mädchen hinterher, und du – du bist vor sechs Jahren fortgegangen, um eine Frau zu finden, und kamst ohne sie zurück. Ich habe dir eine passende Partie vorgestellt, doch du weigerst dich immer noch. Soll ich etwa sterben, ohne ein Enkelkind, das unser Erbe weiterführt?“
Knoxvilles Kiefer spannte sich an. Die Worte seines Vaters trafen ihn tief, doch er war noch nicht bereit für das Leben, das von ihm erwartet wurde. Die Erwartungen seines Vaters und das Gewicht des Familiennamens lagen schwer auf ihm. Er seufzte, rieb sich die Schläfen und begann ruhig: „Dad, ich–“
Doch Mr. Richardos Stimme erhob sich, das Gesicht gerötet vor Zorn. „Was? Jetzt wirst du auch noch laut, weil du mir nicht zuhörst?“, donnerte er. Seine Worte hallten durch das Büro.
Knoxville atmete tief durch, seine Stimme wurde weicher. „Es tut mir leid, Dad. Ich wollte nicht laut werden. Ich versuche nur, dir zu erklären, dass ich jemanden liebe. Aber ich brauche Zeit, um alles zu klären.“ Seine Worte waren ruhig, aber voller innerer Unruhe.
Sein Blick bat um Verständnis. „Bitte, Dad, hör mir einfach zu. Ich will keine Ehe erzwingen, die ich nicht will. Ich muss mit der Frau, die mir etwas bedeutet, reinen Tisch machen.“
Mr. Richardos Blick blieb hart, doch seine Stimme war etwas milder. „Ich gebe dir Zeit, Knoxville. Einen Monat. Wie du es schaffst, ist mir egal – aber du hast einen Monat. Sag mir nur eins: Warum hast du damals das Haus verlassen und dich als armer Schlucker ausgegeben, obwohl du wusstest, dass du niemanden mit nach Hause bringen würdest?“
Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ das Büro, ließ Knoxville nachdenklich und aufgewühlt zurück. Knoxville starrte auf sein Handy, dann wählte er eine Nummer. Die Verbindung wurde sofort angenommen.
„Noch immer keine Spur von ihr? Es sind schon fünf Jahre vergangen...“, fragte er, seine Stimme schwankte zwischen Sorge und Hoffnung.
„Noch nichts, Knoxville. Aber wir suchen weiter. Wir finden sie – ganz bestimmt.“
Knoxville schloss die Augen. Sein Kopf war voller Gedanken an Electra. Er hoffte, dass die Frist seines Vaters nicht ablief, bevor er sie wiedersehen würde.
„Nicht die geringste Spur“, sagte der Privatdetektiv.
„Bitte, gib alles, um sie zu finden. Ich brauche sie zurück“, flüsterte er und beendete das Gespräch.
Knoxvilles Augen blitzten vor Wut und Reue, als er sich an jene Nacht erinnerte – die Nacht, in der Electra ihn mit Helena erwischt hatte. Er erinnerte sich an den heftigen Streit, die scharfen Worte und wie er danach mit Helena aneinandergeraten war.
„Warum hast du gelogen und behauptet, ich sei dein Freund, bevor ich Electra kennengelernt habe?“, schrie er Helena an. „Warum hast du gesagt, wir wollten sie gemeinsam loswerden? Du weißt genau, dass du mich gezwungen hast, mit dir zu schlafen, und jetzt verdrehst du alles gegen mich?“
Seine Worte waren voller Bitterkeit. Er konnte kaum fassen, wie sehr sie ihn manipuliert hatte.
Helenas Stimme war kalt und giftig. „Warum tut es dir weh? Hast du sie nicht absichtlich verlassen? Du wolltest doch, dass sie dich hasst – damit sie die Wahrheit nicht erfährt. Damit sie nicht verletzt wird. Ich habe dir geholfen. Und ich habe dich nicht erpresst – ich habe dir nur gesagt: Wenn du willst, dass ich schweige, dann musst du mit mir schlafen. Es war das dritte Mal – und jetzt bin ich fertig mit dir, du Feigling!“
Die Worte trafen Knoxville wie ein Schlag. Endlich sah er das volle Ausmaß ihrer Manipulation. Er war blind gewesen vor Schuld – und sie hatte es ausgenutzt. Die Last seiner Fehler erdrückte ihn. Er fühlte sich, als würde er in Schuldgefühlen ertrinken.
Die Erinnerung an jene Nacht verfolgte ihn bis heute.