PROLOG

600 Words
PROLOG Niemand sah ihn, als er die stille Straße des Wohngegend hinunterschlich. Es war ein Uhr morgens, und dies war die Art Nachbarschaft, in der die Leute zu respektabler Uhrzeit zu Bett gingen; in der eine wilde Nacht aus zu vielen Gläsern Wein während der Sendung The Bachelor bestand. Es war die Art Nachbarschaft, die er verabscheute. Hier bezahlten sie in den Verband der Grundstückseigentümer ein, der Hundekot wurde aufgesammelt und in kleine Tüten verfrachtet, damit sich die Nachbarn nicht ärgerten, und die Kinder nahmen garantiert nicht nur am Schulsport teil, sondern spielten auch in privaten Vereinen. Diese Welt war ihr Rückzugsgebiet; hier fühlten sie sich sicher. Klar, sie schlossen ihre Türen ab und stellten die Alarmanlagen an, aber ultimativ fühlten sie sich sicher. Das sollte sich nun ändern. Er überquerte einen bestimmten Rasen. Sicherlich würde sie jetzt zuhause sein. Ihr Mann war auf Geschäftsreise in Dallas. Er wusste, welches ihr Schlafzimmerfenster war. Und er wusste auch, dass die Alarmanlage an der Rückseite des Hauses bei Regen nicht richtig funktionierte. Er bewegte sich ein wenig und fühlte sich bestärkt durch das Messer, das an seinem Kreuz ruhte, zwischen dem Bündchen seiner Boxershorts und seiner Jeans. Er pirschte sich an der Hausseite entlang, öffnete dabei die Wasserflasche, die er bei sich trug, und hielt an, als er die Rückseite des Hauses erreichte. Da war das grünleuchtende Licht des kleinen Kastens der Alarmanlage. Er wusste, wenn er sich daran zu schaffen machte, würde der Alarm losgehen. Aber er wusste auch, dass sie im Regen nicht richtig funktionierte. Es hatte irgendetwas mit der Feuchtigkeit zu tun, obwohl dieses System angeblich hundertprozentig wasserdicht sein sollte. Daran dachte er, als er die Wasserflasche erhob und den Inhalt über den Kasten goss. Er beobachtete, wie das grüne Licht flackerte und immer schwächer wurde. Lächelnd betrat er den schmalen hinteren Garten. Er stieg die Treppe zur hinteren Veranda, die mit Fliegengitter eingefasst war, hinauf. Es war ein Leichtes, die Tür mit dem Messer aufzuhebeln; in der Stille der Nacht war fast kein Geräusch zu vernehmen. Er schritt auf den Korbstuhl in der Ecke zu, hob das Kissen an und griff mit seiner behandschuhten Hand nach dem dort versteckten Schlüssel, ging zur Hintertür, steckte den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn und trat ein. Im schmalen Flur, der zur Küche führte, brannte ein schwaches Licht. Er ging den Flur hinunter bis zu einer Treppe, und erklomm diese. Anspannung machte sich in ihm breit. Er spürte die Erregung – nicht sexueller Art, sondern so wie früher, wenn er mit der Achterbahn fuhr, als die Vorfreude, als er die höchste Steigung hinauffuhr, ihn erregte. Er umklammerte das Messer, das noch immer in seiner Hand lag, nachdem er damit die Tür aufgehebelt hatte. Oben am Treppenabsatz hielt er einen Augenblick inne, um den Moment zu genießen. Er atmete die Reinheit dieses Hauses der gehobenen Mittelklasse ein, und ihm wurde ein wenig übel. Es fühlte sich zu vertraut an, und doch fühlte er sich unbeteiligt. Er hasste es. Das Messer umklammernd betrat er das Schlafzimmer am Ende des Flurs. Da lag sie in ihrem Bett. Sie schlief auf der Seite, die Knie leicht angezogen. Sie trug ein T-Shirt und ein Paar Shorts, nichts allzu aufreizendes, jetzt, wo ihr Mann nicht da war. Er trat an ihr Bett und beobachtete eine Weile, wie sie schlief. Er dachte über das Leben nach. Wie zerbrechlich es war. Er erhob das Messer und stach auf eine fast entspannte Art und Weis zu, so als ob er einen Pinsel hielt oder eine Fliege verscheuchte. Sie schrie, aber nur für einen kurzen Moment – und dann stach er wieder zu. Und wieder.
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