Die Hochzeit ohne Bräutigam

1234 Words
Annas Sichtweise Nein. Ich schüttelte verzweifelt den Kopf. Ich konnte nicht glauben, was gerade passierte. „Das kannst du mir nicht antun!“, schrie ich mit brüchiger Stimme, während ich meinen Vater ungläubig anstarrte. „Dad, früher war das nicht so! "Was ist schiefgelaufen?“ Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als ich mich meiner Mutter zuwandte und in ihrem tränen überströmten Gesicht nach einer Antwort, nach etwas Mitleid suchte. „Mom ... bitte.“ Mein Vater wandte sich mir zu, sein Blick war hart und kalt – wie der eines Fremden, den ich nicht mehr wiedererkannte. „Betrachte es einfach als deine Schuld“, sagte er ruhig. „Die Schuld, die du uns seit deiner Kindheit schuldest, seit wir dich großgezogen, ernährt und dir ein Zuhause gegeben haben ... "das Essen, das Haus, die Kreditkarten, die ich dir gegeben habe.“ Mein Mund stand offen. Schuld? „Was?“, flüsterte ich und starrte ihn geschockt an. Meine Mutter sah mich mit leeren Augen an. Es war, als wären ihr die Tränen ausgegangen. Ich starrte zwischen den beiden hin und her, mein Kopf schwirrte. Zweifel kamen in mir auf. War Jasmine wirklich so krank? Irgendetwas daran fühlte sich an... falsch an. So falsch. Tränen liefen mir über das Gesicht, als die nächsten Worte meines Vaters wie Donner einschlugen. „Jetzt mach dich fertig. "Die Hochzeit ist in zwei Tagen.“ Ich erstarrte. „Zwei Tage?“ Meine Stimme brach. „Zwei verdammte Tage?! "Du erwartest von mir, dass ich in zwei Tagen einen Mann heirate, den ich nicht einmal kenne?“ „Pass auf, was du sagst, Anna!“, brüllte mein Vater mit einer Stimme, die so scharf war, dass mein Herz einen Sprung machte. Ich stolperte rückwärts, schüttelte den Kopf, und meine Tränen verschleierten mir die Sicht. „Warum? Warum? "Warum tust du mich das an?“, schrie ich und hielt meinen Kopf fest, als könnte das den Albtraum davon abhalten, mich ganz zu verschlingen. Meine Mutter streckte die Hand aus, um mich zu trösten, aber ich stieß sie weg, denn ihre Berührung brannte wie Verrat. Dann rannte ich mit zitternden Beinen nach oben und schlug die Tür hinter mir zu. Ich drückte meinen Rücken gegen die Holztür, keuchte, und meine Brust hob und senkte sich. Mein Zimmer – meine kleine Welt – fühlte sich jetzt kleiner an, als würde es mich einengen. Ich starrte auf die vertrauten Dinge – die Bücher, die Zeichnungen, den winzigen Raum, der all meine Träume beherbergte. Und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, dass alles zusammenbrach. Die ersten Jahre unseres Lebens waren wunderschön gewesen. Wir lebten in einer sehr großen Villa – voller Licht, voller Lachen. Aber letztes Jahr änderte sich alles. Papa sagte, es liege an „Geschäftseinbußen“. Damals stellte ich keine Fragen. Vielleicht hätte ich das tun sollen. Jetzt ergab alles einen Sinn. Die Schulden. Die Kälte. Die plötzliche Veränderung. Und jetzt zahlte ich den Preis dafür. Mein Vater hatte eine riesige Schuld – und ich war die Rückzahlung. Verkauft an einen Mann, den ich noch nie gesehen hatte. Nicht irgendein Mann. Einen Mafiaboss. Ich habe Geschichten über ihn gehört – gefährlich, verkrüppelt, gnadenlos und mächtig. Und jetzt sollte ich seine Frau werden. Ich fiel auf mein Bett, vergrub mein Gesicht im Kissen und schluchzte heftig. Ich weinte, bis meine Augen brannten, bis mein Hals schmerzte, bis keine Tränen mehr übrig waren. Ich weiß nicht, wann ich schließlich in einen unruhigen Schlaf fiel. --- Zwei Tage später ... Ich saß schweigend vor einem hohen Spiegel, umgeben von unbekannten Gesichtern. Mein Spiegelbild sah aus wie das einer anderen Person – blass, mit eingefallenen Augen, leblos. Die Dienstmädchen arbeiteten um mich herum, frisierten meine Haare, puderten meine Wangen und richteten die Spitze meines Hochzeitskleides. Ihre Stimmen waren leise und vorsichtig. „Ich habe gehört, dass sie das Mädchen ist, das an den siebten jungen Herrn der Santi verkauft wurde“, flüsterte eine von ihnen. Am Morgen war mein Vater hereingekommen, um mich zu warnen, da die Familie Santi einige ihrer Dienstmädchen geschickt hatte, um mich für die Hochzeit vorzubereiten. „Sie ist so schön“, sagte eine andere leise und kämmte mir die Haare. Ich antwortete nicht. Ich konnte nicht. Ich fühlte mich wie ein Geist, gefangen im Körper einer anderen Person. Das Hochzeitskleid war wunderschön – ein Meisterwerk aus Seide und Spitze. Es war alles, wovon ich einst geträumt hatte ... außer dem Glück. Das war nicht meine Traumhochzeit. Es gab keine Blumen, keine Musik, keine Liebe. Nur Pflicht. Nur Angst. Ich habe vor Tagen aufgehört zu essen. Mein Körper fühlte sich schwach an, aber das war mir egal. Mein Spiegelbild sah zerbrechlich aus, wie eine Puppe, die für das Spiel eines anderen angezogen worden war. Ein Mann betrat den Raum – groß, mit einer Narbe im Gesicht. Die Dienstmädchen verneigten sich sofort. Seine Augen musterten mich von Kopf bis Fuß mit einem schwachen, beunruhigenden Lächeln. „Es ist fast soweit“, sagte er knapp. „Die Hochzeit beginnt bald. Dann drehte er sich um und ging. Ich schluckte schwer. Meine Finger zitterten leicht, als ich mir selbst zu flüsterte: „Das ist nur der Anfang, Anna. "Alles wird gut.“ Aber selbst als ich das sagte, zitterte meine Stimme. Sie führten mich aus dem Zimmer hinaus, einen langen Flur entlang. Draußen wartete ein schnittiges, schwarzes Auto – poliert, elegant und kalt. Mein Vater stand daneben und grinste stolz, als hätte er gerade etwas Großartiges erreicht. Mein Magen verkrampfte sich. Wie konnte er lächeln, während ich mich fühlte, als würde ich sterben? Während wir zur Kirche fuhren, starrte ich aus dem Fenster und sah zu, wie die Welt an mir vorbeirauschte. Bei jedem Atemzug schmerzte meine Brust. So sterben also Träume, dachte ich bitter. Als wir ankamen, erstarrte ich. Es war eine katholische Kirche, still und leer. Die Luft im Inneren war kalt, ein schwacher Weihrauchgeruch lag in der Luft. Es waren keine Gäste da. Keine Musik. Nur ein paar Leibwächter standen schweigend und wachsam in der Nähe der Türen. Und der Priester am Altar ... zitterte. Es gab keinen Bräutigam. Mein Vater führte mich trotzdem zum Altar, seinen Arm fest um meinen gelegt. Wir standen da ... und warteten. Minuten vergingen. Dann eine Stunde. Dann zwei. Der Bräutigam kam nicht. Schließlich kam einer der Wachen auf uns zu, sein Gesicht ausdruckslos. „Der Chef wird nicht kommen. Die Hochzeit kann ohne ihn stattfinden.“ Ein hohles Lachen entrang sich mir. Ich klang wie eine Verrückte. „Perfekt“, flüsterte ich, Tränen stiegen mir in die Augen. „Eine perfekte Hochzeit.“ Kein Bräutigam. Keine Gäste. Keine Liebe. Nur ein Vertrag. Die Zeremonie verlief wie eine Beerdigung. Meine Gelübde waren Worte, an die ich mich nicht erinnern konnte. Meine Eltern – oder vielleicht sollte ich eher Adoptiveltern sagen – sahen schweigend zu, ihre Gesichter ausdruckslos. Als es vorbei war, führten mich die Wachen nach draußen zu demselben schwarzen Auto, das am Straßenrand wartete. Ich drehte mich ein letztes Mal um und starrte auf die Kirche, auf die Menschen, die mich betrogen hatten, auf die Asche dessen, was einmal mein Leben gewesen war. Dann stieg ich in das Auto – und fuhr direkt zur Villa des Mannes, der sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, seiner eigenen Hochzeit beizuwohnen. Eine Mafia-Höhle. Mein neues Zuhause. Und ich flüsterte leise: „Willkommen in der Hölle, Anna.“
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