Die meisten Schwierigkeiten bietet der Wirtsgarten mit seinen verschiedenen Ausgängen nach der Küche und anderen hinteren Räumlichkeiten. Auch in die Felder flüchten mehrere, die Ankündigung, daß geschossen wird, veranlaßt sie umzukehren.
Verlassen unter einem der Tische schnarcht ein Mann. Der Geheime selbst, der einen letzten Blick auf den Garten wirft, entdeckt Pavel, er weckt ihn mit dem Fuß.
Der Geheime: »Deine Waffe her!«
Pavel, sucht schlaftrunken am Boden, bietet dem Geheimen einen Zigarettenstummel an: »Mehr hab ich gerade nicht, der Herr muß abends wiederkommen.«
Der Geheime: »Du sollst dich untersuchen lassen.«
Pavel: »Ich bin nicht krank.« Er schielt auf seine Nase, sein Gesicht ist gutmütig verblödet.
Der Geheime sieht nach Beistand um, aber seine Mannschaft führt draußen dem strengen Herrn die Herde der Eingeborenen vor, man darf nicht stören. Den Geheimen drängen die Zeit und der Vorgang, ein Mann, der bisher als harmlos nicht erwiesen ist, liegt eingeklemmt zwischen den Tischbeinen. Der Kommissar entschließt sich, er kriecht unter, er macht an dem Mann die vorgeschriebenen Griffe, nur daß der Mann kitzlig ist.
Pavel lacht, bis er stöhnt, er wirft die Arme um den neuen Freund, er verlangt zu wissen: »Wie heißen der gnädige Herr Deutsche, daß ich mir einen so lustigen Herrn merke?«
Der Geheime muß seinen Namen angeben, damit er mit seiner Person nur loskommt: »Blumentopf.«
Pavel: »Das duftet. Daran kann man in Gedanken riechen.«
Der Geheime, steht endlich auf eigenen Füßen: »An dir, mein Junge, hoffe ich nie wieder zu riechen. Wer bist du eigentlich?«
Pavel, erstaunt, blöder als je: »Das haben Sie nicht gewußt? Ich bin doch der Dorftrottel.«
Der Geheime, stampft auf, er fühlt sich hereingefallen, er eilt von dannen, den Gegenstand seines soeben erlittenen Mißerfolges wird er gleich vergessen haben, wie noch jeden seiner Fehler.
Draußen zeigt der Protektor sich nunmehr in ganzer Größe der Bevölkerung, von dem ersten Erschrecken hat sich noch keiner erholt. Sie sind gehörig umstellt und bewacht, ein Schritt vorwärts wäre niemandem anzuraten, aber das Gesicht Heydrichs genügt, sie einzuschüchtern, wie vorher ein Mädchen, das gelacht hatte. Sie finden sein Gesicht furchtbar, während Heydrich findet, daß sie es ein für alle Male betrachten müssen, für ihre weitere Führung.
Mit stelzendem Gang umschreitet er den vorderen Teil seines Wagens, er trägt Sorge, daß er auf jeder Seite des Schauplatzes zur Geltung kommt. Wenn er sich den Frauen bei der Linde vorführt, lacht wahrhaftig keine mehr. Die Leute, deren Zuflucht die Tankstelle gewesen war, fassen den Gedanken an Sicherheit überhaupt nicht mehr beim Anblick des Protektors.
Der schwersten Prüfung indessen sind die Insassen des Wirtshauses ausgesetzt, die Laubengäste sowohl wie auch die alte Wirtin mit ihrem Personal.
Oberst Schalk sucht befehlsgemäß festzustellen, wer auf den motorisierten Soldaten den Hund gehetzt hat. Er kann es nicht, vor allem, weil er seine Fragen nur scheinbar mit Energie stellt, die innere Überzeugung fehlt. Der Protektor unterstützt ihn allerdings, wenn er sein Gesicht herwendet. Dann aber verstummen alle ganz.
Dem Geheimen genügt die kürzeste Beobachtung, um zu wissen, daß es ohne ihn nicht geht. Er beschließt auch hier wieder »sich einzuschalten«. In militärischer Haltung vor Oberst Schalk: »Herr Oberst gestatten, daß ich mich einschalte.«
Oberst Schalk: »Bedienen Sie sich!« Die Erlaubnis kommt etwas zu schnell, der Adjutant tritt eine verlorene Sache ab.
Der Geheime, in die gestaute Menge beim Wirtshaus, mit der Absicht, stimmlich Eindruck zu machen, aber er krakeelt nur: »Wem gehört der Hund? Wenn der Betreffende sich nicht meldet, wird er gleich mitgenommen.«
Verblüfftes Schweigen, obwohl die Leute denken, in einiger Entfernung sogar flüstern: »Mitnehmen wird er ihn, eh daß er ihn hat. Ein Künstler!« Bei der Linde wagt eine Frauenstimme hell aufzulachen, worauf auch in Richtung der Tankstelle und beim Wirtshaus mehrfach Äußerungen von Heiterkeit stattfinden. Sie werden alsbald unterdrückt, beklommene Gesichter bereuen den Fehltritt, aber fortan ist kein Zweifel, daß der Gestapokommissar nicht völlig ernst genommen wird.
Der Geheime hat die Eingebung, selbst mitzulächeln. Er will überdies scherzen: »Der Eigentümer des Hundes hat keinen Soldaten gebissen. Nun denn?«
Die alte Wirtin, erhebt die gerungenen Hände: »Gnädiger Herr! Ich bin eine biedere Wittib.«
Der Geheime wiederholt seinen Scherz: »Haben Sie den Soldaten gebissen?«
Der Hausknecht, anstatt der Wirtin: »Der Hund kommt allweil fressen, was sonst sein Herr frißt.«
Der Geheime: »Da haben wir’s. Wer ist der Herr?«
Der Hausknecht: »Mich hat die Frau erst gestern eingestellt.«
Gemurmel in der Bevölkerung: »Wahr ist es. Der Bursche kennt den Herrn überhaupt nicht, und den Hund ganz flüchtig.«
In dem Maß, wie sie ihre eigenen Äußerungen vernehmen, werden die Leute kühner.
Stimmen, kaum noch gedämpft: »Der Hund hat den Hintern von der Gans gern. In den Soldatenhintern beißt er aus Not, die Gans war noch nicht knusprig.«
Dies verträgt offenbar keine Nachsicht mehr. Der Witz der Tschechen ist ermutigt worden, weil die deutsche Behörde scherzhaft sein wollte. Der geheime Kommissar sieht seine Autorität bedroht. Schlimm genug. Oberst Schalk schüttelt entrüstet den Kopf, immerhin darf eine innere Belustigung bei ihm vermutet werden. Unvergleichlich gefährlicher läßt der Protektor sich an.
Nicht nur, daß er aufgehört hat zu stelzen, vielmehr hinter der Schulter des Kommissars aufpaßt, was noch erfolgt. Ausschließlich diesem, bis jetzt unglücklichen Beamten gilt im gegebenen Zeitpunkt sein furchtbares Gesicht. Der Kommissar, sonst an die Maske Heydrichs gewöhnt und abgestumpft gegen ihr Höchstmaß, möchte ihr hier nicht begegnen, er hütet sich, den Hals zu zucken. Er keift die Wirtin an, warum gerade sie, könnte er selbst nicht sagen.
Der Geheime: »Sie werde ich mitnehmen zum Verhör, biedere Wittib! Heraus da!«
Die Wirtin, unter ihrer Haustür, schwankt. Sie trifft Anstalten, als wollte sie dem Befehl gehorchen, aber die Umstehenden lassen sie nicht. Unter dem Vorwand, sie zu stützen, verbieten sie ihr jeden Platzwechsel. Aus allen den gewundenen Leibern hervor reckt sie als klassische Zeugin ihrer Unschuld die kurzen Arme. Eine erstaunliche Geläufigkeit der Zunge ist ihr plötzlich zuteil geworden.
Die Wirtin: »Der Herr vom Hund ist ein so alter Gast, unser ältester, aus den Zeiten meines seligen Mannes. Aus Pietät, nichts wie fromme Sitte, bekommt der Hund die Portion, was sein Herr übrigläßt.« Das Gesicht nach oben, weint sie laut.
Eine hilfreiche Magd, die sie stützt: »Der läßt viel übrig.«
Ein hilfreicher Mann: »Der frißt fast nichts mehr.«
Der nächste: »Weil er gestorben ist.«
Noch einer: »Schon lang bevor die Deutschen uns befreit haben.«
Wieder einer, diesmal aus der ferneren Umgebung: »Ein geschickter Mensch war er, hat nicht abgewartet, bis daß er befreit wird.«
Einer von der Tankstelle: »Hatte, hör ich, im voraus seinen Hund auf den Mann dressiert.«
Ein anderer, weiter rückwärts: »Auf den Soldaten.«
Hinter der Linde kreischt eine Frau: »Für einen Herrn Protektor hat er ihn scharfgemacht!«
Eine zweite Frau, kreischt: »Wenn ein Herr Protektor uns jemals die Ehre erwiese!«
Eine große Stille tritt ein, die Rufer sind, vor sich selbst erschrocken, untergetaucht.
Jemand spricht in die Stille, eher leise, aber durchdrungen von einer weisen Milde: »Nicht glauben, Euer Gnaden! Sind blöde Tschechen.«
Woher kam dies? Jaroslav Ondracek befürchtet, daß es sein Sohn war.
Was immer Heydrich glaubt oder bezweifelt, er hat sich hinter seinen Wagen zurückgezogen. Hier decken ihn der zweite Wagen und eine motorisierte Mannschaft.
Oberst Schalk gibt vor, er habe seinen Chef zu dem Rückzug genötigt: »Exzellenz besitzen nicht das Recht, Ihre hohe Person dem Feind als Ziel zu bieten, noch dazu bei der Untüchtigkeit des Kommissars Blumentopf.«
Heydrich: »Nicht gerechnet Ihre eigene Untüchtigkeit, Oberst Schalk. Ich sehe die Sabotage von Seiten eines gewöhnlichen Dorfes, wie heißt es überhaupt, nicht mehr lange an.«
Gleichwohl folgen beide Herren gespannt dem Vorgehen des Kommissars. Er läßt seine Beamten überall in den Haufen greifen, nach den Urhebern der aufrührerischen Äußerungen. Jedesmal stoßen sie auf einen Betrunkenen, einen Heiseren oder ein halbes Kind. Die Nachbarn, ja, auch die wachthabenden SS-Männer bezeugen regelmäßig: der war es nicht.
Der Geheime, unter den Blicken des Protektors, entschlossen, den eigenen Ruf zu retten: »Dann sage ich glatt, er war es doch. Fesseln! Mitnehmen!«
Dies wiederholt sich oft, zuletzt haben die Soldaten wohl dreißig Leute an der Wirtshausmauer zusammengetrieben, diese sollen alle vereint fünf, sechs aufrührerische Bemerkungen gemacht haben. Die verdächtigen Frauen sind abgerechnet, ihre planwidrige Flucht ins Tal hat sie dem Zugriff entzogen.
Der Geheime: »Gemeindevorsteher!« Er verlangt auf gut Glück einen derartigen Funktionär, nach den bisherigen Erfahrungen wird keiner dasein.
Der Gemeindevorsteher: »Haben nur zu befehlen.« Der ältere Mann ist fügsam, er grüßt militärisch. Der Kommissar sieht in ihm den passenden Gegenstand seiner Strenge.
Der Geheime, so scharf er kann: »Sofort ein Lastauto!«
Der Gemeindevorsteher, betrachtet ihn sinnend, nicht ohne Ehrfurcht.
Der Geheime: »Verstanden? Gefangenentransport, Sie sind mir verantwortlich.«
Der Gemeindevorsteher: »Herr, es ist schon lange, daß wir kein Lastauto mehr haben, und hätten wir’s, wäre kein Benzin da, die Tankstelle hat zugemacht.« Bei der Tankstelle fallen ihm die dort versteckten Bierfässer ein. »Bier bekommen wir auch nicht, weil es nicht transportiert werden könnte, wenn es welches gäbe.«
Der Geheime: »Wenn Ihre Tante Räder hätte, war sie ’n Omnibus. Herr! Hab ich Sie gebeten, mir Schwanke aus Ihrem Leben zu erzählen? In zwei Minuten fährt das Lastauto an, oder –.«
Der Gemeindevorsteher greift an seine Mütze, er stellt jedes beliebige Oder anheim.
Der Geheime, faßt den Mann beim Knopf. Vertraulich: »Oder ich ließe Sie kurzweg niederschlagen. Einzig und allein die persönliche Anwesenheit Seiner Exzellenz des Herrn Protektors bewahrt Sie davor.«
Der Gemeindevorsteher, bekundet seinen Respekt vor der hohen Anwesenheit: »Da kann man leider nichts machen.«
Der Protektor selbst, der dort hinten unmöglich gehört hat, in demselben Augenblick befiehlt er: »Niederschlagen!«
Es ist sein erstes Wort, und ist eine erstaunliche Stimme, von so metallischer Härte, daß man erwartet, sie müßte zurückgeworfen werden, wo sie anprallt, sie müßte nachklappen, und tatsächlich klappt sie nach. »Niederschlagen!« Das Wort ertönt noch einmal, etwas hohl, aus unbestimmter Entfernung, aber es ist die Stimme, sie hat zweimal geschlagen.
Alles horcht auf, die Gefangenen, die Bewachten und ihre Wächter, sie wenden die Hälse, sie suchen, aber ungläubig, denn der zweite Anschlag kann überall gefallen sein, von einem Dach, sogar aus einer Wolke.
Der Geheime, schon gewöhnt, sich mit dem Gemeindevorsteher zu beraten, fragt ihn: »Sie haben jemanden im Verdacht, wer es ist?«
Der Gemeindevorsteher, vertraulich: »Einen Gemeindebullen haben wir immer noch, der ist imstand und dort unten auf seiner Wiese brüllt er, wenn es am wenigsten gestattet wäre.«
Der Geheime begegnet auf seiner Umschau nur einem einzigen Blick, und der schielt, was die Begegnung ungewiß macht. Schon wieder der Dorftrottel! Der Geheime gibt unwillig diesen Standort auf, infolge neuer, beunruhigender Umstände unterläßt er es, den Gemeindevorsteher niederzuschlagen.
Der Protektor selbst ist nur beschäftigt zu lauschen. Sein Oberst Schalk lauscht mit ihm.
Heydrich, bemerkt zum ersten Mal die kleinen blonden Kinder, wie sie, mit Augen voll Neugier, sich bei den Händen halten oder aufeinander hocken, die kleinsten im Nacken der etwas größeren. Ihm kommt ein Gedanke: Die Kinder als Geiseln wegführen! Er bewundert seine Geistesgegenwart. Geiseln wirken immer günstig auf das Verhalten der Bevölkerung, Kinder noch günstiger. Dabei wird sich zeigen, ob auch dieses Wort zweimal fällt, ob sogar bei diesem Wort seine Stimme nachklappt!
Heydrich, metallener Befehlston: »Die Kinder als Geiseln wegführen!«
Seine Stimme, seine eigene, wiederholt in der Art wie vorher: »Die Kinder als Geiseln wegführen!«
Heydrich und Oberst Schalk sehen sich an.
Heydrich: »Was war das?«
Oberst Schalk: »Ein Echo, melde Eurer Exzellenz gehorsamst.«
Heydrich: »Meine –« er betont: »Meine Stimme?«
Oberst Schalk: »Das Echo hält unbedingt auf Ähnlichkeit.«
Heydrich: »Nicht bei mir. Ich verbitte mir das.«
Der Geheime, ist zur Stelle: »Befehlen Exzellenz, daß ich die Leute, jeden einzeln, Stimmübungen machen lasse?«
Heydrich: »Danke. Damit Sie mich hier noch eine Stunde unnütz aufhalten. Herr Blumentopf, Sie können nur durch auffallenden Eifer meine Ungnade von sich abwenden.« Zugleich hat er noch einen Einfall: »Rufen Sie Heil Hitler! Wer nicht mitruft, wird niedergeschlagen.«
Der Geheime ruft in die versammelte Menge: »Heil Hitler!«
Die Antwort betäubt die Ohren, nach der Stärke des Geschreies kann kein einziger sich enthalten haben.
Heydrich, lauscht: »Meine Stimme war nicht dabei.«
Oberst Schalk: »Zu Befehl. Exzellenz hatten nicht gerufen.«
Heydrich: »Sie bestehen auf Ihrem Echo, das nur mich allein nachmacht. Mir mißfällt dieses Dorf, wie heißt es.«
Der Geheime greift endlich durch. Da ohnedies alle Heil Hitler gerufen haben, fragt er nicht erst, er läßt die SS-Männer zusammen mit der motorisierten Mannschaft jeden achten Eingeborenen niederschlagen. Die SS strecken ihre Erwählten gewissenhaft hin, die jungen Soldaten haben Gesichter zwischen Wut und Lachen, ihre Schläge sind selten nachhaltig.
Heydrich, betrachtet den Vorgang, er murmelt: »Mir ist ganz so, als wäre unser Besuch kein Erfolg gewesen. Jedenfalls habe ich genug von diesem –.« Laut, für Oberst Schalk: »Wie heißt das Dorf?«
Oberst Schalk: »Lidice.«
Heydrich, im Begriff seinen Wagen zu besteigen, erhebt drohend die Stimme: »Lidice sieht mich nicht so bald wieder.«
Seine Stimme noch einmal: »Lidice sieht mich bald wieder.«
Heydrich, fährt zurück, er war nicht mehr vorbereitet. Er wird ganz leise: »Ihr Echo, Oberst Schalk. Es kann Worte weglassen.«
Oberst Schalk, sorgenvoll: »Hier scheint wirklich eine Untersuchung geboten.« Er winkt den Geheimen herbei.
Heydrich: »Ich will nichts wissen. Meine Befehle, Geiseln betreffend, sind aufgehoben. Nur fort! Hier gibt es Geheimnisse, die mir kein Glück bringen.«
Oberst Schalk und der Geheime tauschen einen Blick, er bedeutet: dies läßt man gut sein. Unsere großen Herren sind abergläubisch.
Heydrich sitzt schon, Oberst Schalk steigt zu ihm ein und befiehlt abzufahren, sobald es geht. Im Weg sind die Soldaten, mit den Niedergeschlagenen, die sie beiseite tragen, aber die Niedergeschlagenen erschweren es ihnen nach Möglichkeit, alle wollen schwer getroffen sein, sie seufzen erbärmlich. Die längsten Seufzer enden mit einem innigen Heil Hitler!
Der Protektor ist abgefahren, die Tankstelle, zugleich das Dorf, liegen hinter ihm, als der Geheime, sein Wagen, seine motorisierte Truppe nur erst aufbrechen. Der Geheime hat Eile nachzukommen, von der Bevölkerung und ihrem Treiben nimmt er keine Kenntnis mehr.
Der Wagen des Geheimen und seiner Mitarbeiter erreicht nun auch die Tankstelle. Um die Ecke, wo vom Wirtshaus nichts mehr sichtbar ist, schwingt ein Mann den Arm – kein vertrauenerweckender Mann, aber er grüßt mit Heil Hitler und will eine wichtige Meldung machen.
Der Geheime, bei verlangsamter Fahrt: »Was gibt es? Schnell!«
Der Mann, läuft nebenher, schwingt immer den Arm, seine Blicke lechzen: »Gnädiger Herr! Ich bin ein Spion, ich weiß, wo sie ihr Bier versteckt haben.«
Der Geheime, durchaus nicht bei Laune: »Dann geh und sauf es!« Auf seinen Wink bekommt der Mann einen Schlag auf den Kopf, er taumelt und bleibt endgültig zurück.
Der Mann, wirft dem Wagen eine Faust nach: »Ihr Gesindel, das soll euch gereuen. Der Eger Franticek bin ich, daß ihr’s wißt! So ein braver Spion gegen die Tschechen, der alte Herr Protektor kennt mich – telefonisch. Der neue verleugnet meine wichtige Person, aber gerade ihn krieg ich! Wird lang brauchen, wird in der Zeit ein Stündchen sein, bis daß ich den Faden anziehe, daran hängt ein Protektor, er fährt im Schwung zum Eger Franticek!«
Der Besessene tanzt für sich allein, hierauf telefoniert er in der Tankstelle – nach Prag, nach der Burg. Einem Hörer, den er für den Protektor Neurath selbst hält, berichtet der Spion, wieviel sein Nachfolger Heydrich hierorts fertiggebracht habe: einige niedergeschlagen, Kinder als Geiseln genommen, Empörung herausgefordert, Hohn erregt – und gefangen nicht einmal den Hund!
Die Bevölkerung zwischen Wirtshaus und Linde hat sich inzwischen nur unbedeutend verschoben. Auch die Niedergeschlagenen behalten vorsichtig ihren Platz am Boden, solange noch Gefahr ist. Der furchtbare Protektor und sein blutiger Polizist könnten allenfalls umkehren.
Ein schwer Getroffener sagt dem Arzt, der ihn behandelt: »Glück hab ich gehabt! Nehmen wir, nur spaßeshalber, an, sie hätten das Bier gefunden, schön möchten wir ausschauen.«
Der Barbier, der zusieht: »Wo sie auf Bier so scharf sind.«
Der Schneider: »Auf Geiseln noch mehr, haben aber keine bekommen.«
Ein Bergarbeiter: »Den Hund auch nicht.«
Ein anderer: »Den Herrn vom Hund schon gar nicht. Aber wir haben ihn pflichtgemäß angezeigt.«
Doktor Holar, hat an mehreren Niedergeschlagenen seine Arbeit beendet, er steht auf: »So sorgt man sich um das Bier, nachher ist es vielmehr ein Hund, und der ist es auch nicht.«
Der dritte Bergarbeiter: »Sondern das Echo.«
Der vierte: »Das Echo war noch niemals da, gerad heute muß es sich hören lassen.«
Der fünfte: »Einmal kommt sogar das schlagende Wetter.«
Doktor Holar: »Jeden Morgen fahrt ihr ein und denkt an das schlagende Wetter. Zum Schluß werd ich gerufen, weil einer den Fuß verstaucht hat.«
Er geht weiter.
Der schwer Getroffene: »Mit den Deutschen ist es nicht viel.«
Einer, der seufzt: »Weil sie fürs erste nur dich getroffen haben.«
Doktor Holar, sucht vergebens Pavel Ondracek, endlich wendet er sich an den Gemeindevorsteher: »Noch sind einige zu verbinden. Der junge Mann könnte mir helfen, hat mehr als das gelernt.«
Der Gemeindevorsteher, sagt dem Doktor etwas ins Ohr.
Doktor Holar, erstaunt: »Das lernt er nicht auf der Universität. Sind Sie sicher, daß er es war?«
Der Gemeindevorsteher: »Das Echo war kein anderer als er. Sehen Sie nur hin!«
Tatsache ist, daß Pavel von den Seinen gedeckt und den Blicken entzogen wird. Sein Vater Jaroslav und Lyda, seine Braut, reden leis und dringend auf ihn ein.
Jaroslav: »Wie konntest du plötzlich eine fremde Stimme machen? Noch dazu diese!«
Pavel: »Hab ich sie wirklich getroffen?«
Lyda: »Ja. Aber es blieb doch deine. Von der Linde her hab ich sie erkannt.«
Pavel: »Nur du, oder noch andere? Wenn Lyda allein mich heraushört, bin ich gut, sonst muß ich besser werden.«
Jaroslav: »Sei überzeugt, daß viele es wissen. Sie halten gegen die Deutschen zusammen und schweigen.«
Lyda: »Pavel, ich bitt und beschwöre dich, fang dir mit den Deutschen nichts an!«
Jaroslav, fährt im Satz fort: »Wären sie nicht so gute Tschechen, sie könnten noch mehr erzählen als vom Echo.«
Lyda: »Was denn?«
Pavel, versucht sich zu besinnen: »Ja, was?«
Jaroslav: »Gehört hat man, und vielleicht –.«
Lyda: »Gesehen? Ich sah nichts.«
Jaroslav: »Weil ich früh genug vor ihn hintrat und mein Rücken breit ist. Keine Furcht, die Feinde sind diesmal darum betrogen.«
Lyda: »Aber was war es? Sprich, Vater!«
Pavel: »Laß, ich machte ein wenig den Blöden, Dummheit entwaffnet.«
Jaroslav: »Was du Furchtbares tatest, sag ich – nicht hier. Bei der Tankstelle ist niemand.«
Sie gehen in Richtung der Tankstelle.
Lyda: »Pavel! Was tatest du?«
Pavel: »Darauf bin ich neugierig.«