KAPITEL ZWEI

930 Worte
LUNAS PERSPEKTIVE „Mach ihn fertig!“ – Eine Stimme in meinem Kopf riss mich zurück in die Realität, während ich ruckartig aufschreckte und schwer atmete. Vor mir kämpften zwei kräftige Wölfe in Menschengestalt im Untergrund-Ring, während die Menge sie anfeuerte. „Hilfe!“ Einer der Kämpfer knurrte, die Kiefermuskeln angespannt, und starrte seinen Gegner mit so viel Hass an, dass ihm fast eine Ader zu platzen schien. Sie prallten aufeinander, ballten die Fäuste und schlugen erbarmungslos zu. Nach wenigen Sekunden sank einer der Männer auf die Knie. Seine Stirn legte sich in Falten, Tränen traten ihm in die Augen, und ich erkannte, dass er langsam den Atem verlor – der andere hatte ihn am Hals gepackt. Doch plötzlich ließ man ihn los. Eine einzelne Träne lief über seine Wange, während er sich keuchend an die Brust griff. Verloren in den Gedanken an das Grauen, Wölfe dabei zu beobachten, wie sie sich gegenseitig zugrunde richteten, stieß ich plötzlich mit einer Gestalt zusammen. Ich stolperte und fiel inmitten der lärmenden Menge, die größtenteils aus Alphas bestand, zu Boden. „Pass doch auf, Arschloch!“ knurrte der Mann, in den ich hineingerannt war, und funkelte mich wütend an. „Was macht eine Dame wie du überhaupt hier? Lass mich raten … verkaufst du etwa deine Brüste?“ höhnte er, und das Gelächter der Männer um uns herum brach laut heraus. Meine Wangen liefen rot vor Scham. Nervös schluckte ich, legte eine Hand an mein Gesicht und fragte mich, warum ich überhaupt hier war. Ich versuchte, den verdammten Wolf vor mir zu ignorieren, doch er packte mich am Arm und zog mich näher an seine Brust, während er mir grinsend ins Gesicht starrte. „Lass sie los!“ – Eine vertraute Stimme, an die ich mich über die Jahre gewöhnt hatte, ertönte hinter mir. Ich drehte mich um und sah, dass Garett mich gerade gerettet hatte – ein rauer Beta, Sicherheitschef und Mitarbeiter desselben Rudelunternehmens wie ich. Zum Glück war Garett ein hochrangiger Offizieller des Steinmond-Rudels, was bedeutete, dass ich gerade eben beschützt worden war. Ich hingegen war nur die Hüterin der Alpha-Primeswelpen. „Du hast verdammt viel Glück, Mädchen!“ fauchte der Mann von vorhin, bevor er davonstürmte. Ich strich mein Kleid glatt und wandte mich zu Garett um, der mich mit grimmigem Blick musterte – offensichtlich fragte er sich, was ein Mädchen meines Rangs hier überhaupt zu suchen hatte. „Kann ich mit dir in den Hauptsaal gehen?“ platzte ich heraus, wohlwissend, dass dies vermutlich meine einzige Gelegenheit war, ihn einmal direkt anzusprechen. „Mir egal“, erwiderte er kalt und wandte sich ab, ohne sich darum zu kümmern, ob ich ihm folgte oder nicht. „Mach ihn fertig!“ brüllte eine laute Stimme von der Tribüne, und die anderen Wölfe jubelten. Ganz klar – dies war kein Ort für eine unverpaarte Omega wie mich. Meine Augen weiteten sich, als ich sah, wie brutal die Kämpfer wurden. Sie schlugen gnadenlos aufeinander ein, bis einer von beiden kaum noch auf den Beinen stehen konnte. Und dennoch spürte ich, wie die Angst in mir langsam nachließ. Zu meiner eigenen Überraschung fand ich die Kämpfe zunehmend faszinierend – beinahe spannend – statt nur erschreckend wie früher. Der Jubel der Menge hallte ohrenbetäubend durch den Raum und riss mich wieder zurück ins Hier und Jetzt. Ich streckte mich, um zu sehen, was sie so in Ekstase versetzte, und drängte mich durch die schwitzenden Körper der Wolfsmänner, um einen besseren Blick zu erhaschen. Als ich näherkam, spürte ich eine unverkennbare Präsenz. Wer auch immer es war – seine Aura war stark, forderte Respekt und zog alle Aufmerksamkeit auf sich. Mein eigener Wolf wurde unruhig und angespannt. Sein Duft war überwältigend – dominant, furchteinflößend, unverkennbar der eines reinen Alphas. Und doch … wirkte er auf seltsame Weise vertraut. Kurz darauf begann der Kampf zwischen diesem geheimnisvollen Kämpfer und seinem Gegner. Schon nach wenigen Sekunden lag der Gegner blutig am Boden. Der Alpha schlug mit solcher Wucht, dass der Geruch von Blut und Schweiß den Raum erfüllte – und ich sah, dass er nicht aufhören würde, bis das Blut floss. Unruhig trat ich einen Schritt nach vorne und schlug mit der Faust gegen das Gitter des Käfigs. Das Geräusch war so laut, dass der Kämpfer in der Bewegung erstarrte und den Kopf ruckartig zu mir wandte. In diesem Moment trafen sich unsere Blicke. Mein Mund wurde trocken, als ich in diese stählernen, braunen Augen blickte – und plötzlich erkannte, wer er war. Kieran Stone … meine alte Schwärmerei. Der frühere Alpha Prime, der eigentlich verbannt worden war – in die nördlichen Territorien, weil er die Rudelhierarchie herausgefordert hatte. „Verdammt!“ murmelte ich und wich einen Schritt zurück. Verlegen und schockiert strich ich mir eine Haarsträhne hinters Ohr, doch nun waren alle Augen auf mich gerichtet. „Was macht sie hier?“ schrie jemand aus der Menge. Sofort brach ein Chor aus Rufen los: „Schafft sie raus!“ „Sicherheit!“ „Sicherheit!“ Noch bevor ich verstand, was passierte, packte mich eine Hand am Arm und zog mich in die tobende Menge. Kieran war verschwunden. „Wie kannst du es wagen, uns zu stören?“ brüllten die Wölfe. „Verschwinde!“ Mit roten Wangen stolperte ich durch die Gänge in Richtung Ausgang, in der Hoffnung, endlich aus diesen unterirdischen Räumen fliehen zu können. Ich war so in meiner Flucht vertieft, dass ich die Gestalt vor mir nicht bemerkte – und ehe ich mich bremsen konnte, prallte ich mit voller Wucht gegen den Mann. „Scheiße!“ flüsterte ich, während ich versuchte, mein Gleichgewicht wiederzufinden.
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