LUNAS SICHT
Ein angenehmer Schauer lief mir den Rücken hinunter, als ich spürte, wie sich eine Hand um meine Taille legte und mich überraschend an seine Brust zog. Unsere wilden Herzen schlugen gegeneinander.
Zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass ich in die Arme von niemand anderem gezogen wurde, als von der einen Person, die ich nie wieder zu sehen erwartet hatte.
Kieran…
Ein kleines Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, während er mich anstarrte. Sein Blick verweilte länger auf mir, als er sollte, und verursachte ein seltsames, kribbelndes Gefühl auf meiner Haut, während ich zurückstarrte.
„Na, na, na, wer hätte gedacht, dass ich jemals die Chance bekomme, wieder über dich zu stolpern!“, sagte Kieran.
Sein minziger Duft stieg mir in die Nase und ich atmete ein, als würde ich ihn brauchen, als wäre er eine Droge. Sein Duft war berauschend.
So berauschend, dass, als er sich näher beugte, mein tiefer Atem in meiner Kehle stecken blieb. Alles, was es brauchte, war die sanfte Berührung seines Fingers gegen meinen, und meine Welt brach zusammen.
Er legte seine Hände auf meine Schultern, strich mit seinem Daumen über meine Wange. Ich hob eine Braue und seufzte durch die Nase, während ich versuchte, mich seinem Griff zu entziehen. Hitze kroch mir den Hals hinauf.
Kieran schien die Spannung bemerkt zu haben, die ich verspürte, und rückte mir näher als gewöhnlich.
„Ich muss sagen, du siehst ziemlich anders aus, Luna!“, bemerkte er.
Ich erschauerte bei meinem Namen, meine Augen schlossen sich, als Momente der Lust meine Knochen erschütterten und Gänsehaut meine Haut bedeckte.
„Lass mich los, Kieran.“
„B-bitte“, stammelte ich.
Seine Augen schlossen sich kurz, und sein Kopf kippte ein paar Grad nach hinten. Als sie sich wieder öffneten, waren sie pechschwarz, und ich wusste sofort, dass sein Wolf an die Oberfläche gekommen war.
Die Augen der meisten Wölfe ähnelten der menschlichen Farbe. Aber seine waren rein schwarz; wild wie nur möglich. Er grinste mich an und zog mich dann zu sich, sodass ich mit meinem Körper hart gegen seine Brust stieß und sein Duft mir erneut in die Nase drang.
Aus Angst senkte ich meinen Blick, versuchte mich wie immer unauffällig zu machen. Ich wusste, dass ich jetzt auf dünnem Eis lief, da sein Wolf zum Vorschein gekommen war.
„Du scheinst vergessen zu haben, dass du mir tatsächlich etwas schuldest, und du und ich wissen, dass Schulden in der Rudelwelt auf so viele Arten eingetrieben werden können“, murmelte Kieran, während seine Lippen mein Ohr streiften.
Sein Arm hob sich zu meinem Gesicht, und ich zuckte zurück, schloss mit einem Wimmern die Augen. Doch er schlug mich nicht, wie ich erwartet hatte. Stattdessen glitten seine Finger von meiner Schläfe über meine Wange. Mein Körper erstarrte bei dieser sanften Berührung. Unsicher, wie ich reagieren sollte.
Ich hörte ihn tief einatmen, seine Hand fiel von meinem Gesicht. „Du kommst mit mir!“
Meine Augen rissen sich überrascht auf, und bevor ich reagieren konnte, packte er mich bei der Hand und zerrte mich zur Einfahrt, wo er mich auf den Beifahrersitz seines Wagens stieß.
Ohne zu zögern fuhr er los, wie ein wilder Wolf, schnell und rücksichtslos. Der Bildschirm meines Handys leuchtete auf, während ich gedankenverloren darauf starrte und mich fragte, wie ich vor ein paar Minuten noch in einem unterirdischen Kampfring war und nun im Auto von Kieran saß.
„Das wirst du nicht brauchen!“, sagte er überraschend, griff nach meinem Handy und warf es aus dem Fenster. Ich starrte geschockt hinaus, unfähig zu begreifen, warum er das getan hatte.
„Warum würdest du so etwas tun?“, fauchte ich, doch tief in mir konnte ich nicht leugnen, dass ich etwas fühlte. Etwas Intensives, Rohes und Gefährliches, das meine Omega-Natur zugleich fürchtete und begehrte.
„Halte still!“, rief er, und Sekunden später hielt er vor einem neutralen Rudel-Diner.
Ich sprang sofort aus dem Auto, immer noch in Angst, was er wohl vorhatte. Aber zu meiner Überraschung schlug er vor, dass wir uns an der Grenzterritorium-Gaststätte setzten, um schnell über fettiges Essen zu reden.
Ohne Zögern stimmte ich zu und setzte mich neben ihn. Ich starrte in die Dunkelheit, etwas verwirrt darüber, wie ich mich in einem Augenblick mit Kieran verstrickt hatte.
Gerade da fasste ich den Mut, die eine Frage zu stellen, die mich seit Monaten quälte.
„Warum wurdest du verbannt?“, fragte ich schließlich. Und wie erwartet bekam ich keine Antwort. Aber es war offensichtlich, dass seine Rückkehr kein Zufall war. Ganz klar hatte jemand Mächtiges im Ältestenrat die Fäden gezogen, um ihn zurückzuholen und das Gleichgewicht in der Rudelhierarchie wiederherzustellen.
Ich bemerkte nicht, wie glücklich ich ihn anstarrte. Ignorierte die Tatsache, dass er mich offenbar nicht allzu sehr mochte. Mein Gehirn fühlte sich benebelt an, während ich ihn schweigend ansah, und in diesem flüchtigen Moment wandte er sich mir zu.
Etwas winselte in meinem Kopf, brachte mich zum Erstarren, als ich versuchte, mich von ihm zu entfernen. Doch je mehr ich es versuchte, desto schwerer wurde es, ihm zu widerstehen.
Ich konnte nicht klar denken. Da war eine weibliche Stimme in meinem Kopf, und es war nicht meine. Dieses Mal war sie deutlich.
„Ich will dich!“
„Scheiße“, murmelte ich und bemerkte nicht einmal, dass ich es laut gesagt hatte.
Als ich wieder zu Kieran blickte, sah ich, dass ein flirtendes Lächeln sein Gesicht zierte, während er sich mir näherte. Sein Blick lag jetzt auf meinen Lippen.
„Was ist los, Prinzessin, kannst du das alles nicht ertragen?“, neckte er und strich mit einer Hand über mein Gesicht, als wollte er mich küssen.
„Das habe ich nicht gesagt!“, fuhr ich zurück. Doch kaum hatte ich es gesagt, brach sein Lachen durch die Luft und brachte meinen Wolf in meinem Kopf zum Aufwühlen.
„Das werden wir ja sehen!“, erwiderte er mit einem Grinsen, seine Augen immer noch auf meine Lippen geheftet.
Gerade als er sich vorbeugte, griff ich nach seinem Autoschlüssel, sprang ohne zu zögern auf die Füße und rannte zu seinem Wagen. Ich wusste, dass ich weg musste.
„Luna!“, hörte ich ihn hinter mir rufen.