Kapitel Vier

1032 Worte
KIERANS PERSPEKTIVE „Ernsthaft?“ brüllte ich, während ich die Auffahrt entlangrannte, dorthin, wo sie unterwegs war. Ich warf einen Blick auf meine Uhr und war genervt von Lunas alberner Aktion, mit den Schlüsseln meines Wagens davonzulaufen. Es kostete mich all meine Selbstbeherrschung, nicht in meinen Wolf zu wechseln und sie mir einfach in die Arme zu reißen. Sie ganz an mich zu ziehen und für mich zu beanspruchen. Ihr betörender Duft erfüllte die Luft, überwältigte meine Sinne. Langsam vernebelte er mein Urteil über sie, sodass ich alles über den verdammten Untergrundring und diese Nacht vergaß, sobald ich meinen Blick auf sie richtete. Ich hatte sie eben erst wiedergetroffen und war schon ein einziges Chaos. Es erschreckte mich bis zu einem gewissen Grad – aber zugleich erregte es mich auf eine unbeschreibliche Weise. „Du kannst doch hoffentlich mit einem Luxuswagen umgehen, oder?“ fragte ich, als ich sah, wie sie sich auf den Fahrersitz setzte. „Schon, und was würde es schon schaden, wenn ich ihn dabei zu Schrott fahre?“ neckte Luna und lehnte ihren Kopf zurück, während sie mich mit entschlossenem Blick ansah. „Das würde ich an deiner Stelle nicht tun!“ entgegnete ich. Sekunden später startete sie den Wagen und fuhr uns direkt ins ummauerte Rudelterritorium, wo die übrigen Anführer des Stone-Rudels lebten. Als wir am Tor ankamen, tobte das Chaos in mir, denn ich wusste, dass ich ohne eine beanspruchte Omega leicht von den Wachen herausgegriffen werden konnte. Doch mit Luna an meiner Seite passte sie perfekt in dieses Szenario. Wir bogen in eine einsame Straße ein und schlängelten uns durch den üppigen Wald, der uns umgab. Das Herrenhaus, auf das wir zusteuerten, lag weitab vom Trubel der Rudelquartiere. Luna hielt am ersten Kontrollpunkt, wo die Patrouillenwachen standen. Ohne zu zögern zog ich meine Alpha-Identifikationskarte hervor und legte sie direkt über Lunas Omega-Ausweis, sodass es ziemlich offensichtlich wirkte, als sei sie von mir beansprucht. Mit Lunas Fingerabdruck gescannt, glitt das schwarze Eisentor vor uns langsam auf und ließ uns durch. „Willkommen!“ sagte einer der Wächter, bemüht, seinen Blick von mir abzuwenden. Offenbar fühlte er sich von meiner Präsenz und Statur eingeschüchtert. Wir hielten vor dem Herrenhaus, das stärker gesichert war als das verdammte Weiße Haus, und parkten vor der Garage. Ich stieg aus, warf mir meine Lederjacke über die Schultern und fragte mich, warum sie uns ausgerechnet hierhergebracht hatte. „Luna“, rief eine vertraute Männerstimme von dem fünfzehn Fuß hohen Doppeltor, das sich im selben Moment aufgestoßen hatte, als wir aus dem Wagen stiegen. Als ich aufsah, erkannte ich sofort, wer es war. Liam, der Alpha Prime – und neben ihm Dylan, der sich überraschenderweise als Lunas Bruder entpuppte. Mein Wolf knurrte beim Anblick beider Männer, und ich wusste, dass ich hier auf Ärger stieß. „Was zum Teufel machst du hier?“ knurrte Dylan und trat wütend auf mich zu. „Verräter!“ fauchte ich zurück und ging ebenfalls ein paar Schritte nach vorn, bereit für alles, was er mir entgegenwarf. Doch gerade als wir aufeinanderprallten, stellte sich Luna überraschend zwischen uns und funkelte Dylan an. „Nicht hier draußen, Gentlemen“, sagte sie ruhig. „Du hast deine Freundin gehört, Kieran!“ spottete Dylan. Ich trat noch näher an ihn heran, die Fäuste geballt, bereit zuzuschlagen. „Genug!“ brüllte Liam von hinten, wodurch wir beide in unseren Bewegungen innehielten. „Kieran, Dylan, sofort in mein Büro!“ herrschte er uns an, und Sekunden später folgte ich ihm, wie er es befohlen hatte. „Warum bist du zurück?“ zischte Dylan, als wir uns setzten, doch ich ignorierte ihn. Ich hatte andere Gründe, hier zu sein. „Kieran, warum hast du deine Rückkehr aus der Verbannung nicht angekündigt?“ mischte sich Liam ein, die Brauen tief gefurcht, während er mich anstarrte. „Ich bin nicht hier, um zu kämpfen oder dich um den Posten des Alpha Prime herauszufordern. Aber was ich will, ist der Posten des Beta-Kommandanten, den Dylan derzeit innehat!“ platzte es aus mir heraus, während ich Dylan finster anstarrte. „Wie kannst du es wagen?“ fuhr Dylan auf. Doch ich sah ihn nur kalt an, ungerührt von seinen Worten. „Im Ernst, Dylan?“ „Wo wart ihr beide, als ich euch am meisten brauchte – verbannt in den Norden, ohne jede Spur von Hilfe?“ fuhr ich wütend fort. „Du hast das ganze Rudel im Stich gelassen, wir konnten nichts tun!“ fauchte Dylan. „Lügen!!!“ brüllte ich, mein Wolf zeichnete sich langsam ab. „Ich war da draußen, ganz allein in den nördlichen Gebieten, völlig auf mich gestellt!“ schrie ich. Danach erfüllte bedrückendes Schweigen den Raum; keiner von uns sagte noch ein Wort. „Was willst du?“ warf Liam ein paar Minuten später überraschend ein. Er fixierte mich von seinem Platz am anderen Ende des Zimmers aus, die Hände tief in den Hosentaschen. „Du weißt genau, was ich will!“ schoss ich zurück, ein gezwungenes Lächeln auf den Lippen. „Gut, du kannst haben, was du willst!“ gab Liam schließlich, sichtlich genervt, nach. „Aber zuerst werden wir es bei einer formellen Rudelratssitzung besprechen“, fügte er hinzu. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht bei seiner plötzlichen Zustimmung. Ich richtete den Kragen meines Hemdes, fühlte mich ein Stück weit erfüllt. Doch dann hallte ein lautes, klagendes Heulen durch die Luft. Mir wurde schlagartig bewusst, dass Liam nun Welpen im Obergeschoss hatte. „Wann wolltest du es mir sagen?“ fragte ich spöttisch und spielte damit auf Liams Nachwuchs an. Ich griff nach meiner Lederjacke, warf sie mir über die Schultern und grinste in Liams wütendes Gesicht. „Ich hätte es dir nie gesagt. Halte dich von meiner Blutlinie fern, oder du wirst es bereuen!“ knurrte Liam. Da ich wusste, dass ich Besseres zu tun hatte, erhob ich mich und steuerte auf die Tür zu. Ohne Dylan oder Liam eines weiteren Blickes zu würdigen, trat ich hinaus, mit einem breiten Grinsen im Gesicht – im Wissen, dass ich beiden mächtig unter die Haut gegangen war. Aber ich war mehr als froh, zurück im Territorium zu sein. Und ich wusste auch: Ich war hier, um zu bleiben…
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