Chapter2

1056 Worte
Sandros POV Sie war verdammt schön… Das erste Mal, dass ich Mirabella De Luca persönlich sah, war heute Abend beim Joggen. Natürlich war es nicht das erste Mal, dass ich sie sah. Matteo hatte mir während unserer Verhandlungen Fotos gezeigt, Hochglanzfotos seiner Tochter, die so posierten, dass ihre Schönheit und Anmut hervorgehoben wurden. Eine sorgfältig zusammengestellte Sammlung, die mich verführen sollte. Aber Fotos lügen oft, und ich war kein Mann, der Dinge für bare Münze nahm. Deshalb war ich hier und beobachtete sie aus dem Schatten, versteckt hinter den getönten Scheiben meines Autos. Ich wollte sie so sehen, wie sie wirklich war: unbewacht, ungeschliffen und ohne zu wissen, wer sie beobachtete. Sie war wunderschön, das muss man ihr lassen. Selbst aus der Ferne war es unmöglich, sie nicht zu bemerken. Langes braunes Haar, das meine Blicke bei jeder Bewegung fesselte, zarte Gesichtszüge und eine natürliche Eleganz, die sie von den Frauen unterschied, die sich mir normalerweise an den Hals warfen. Aber es war nicht nur ihre Schönheit, die meine Aufmerksamkeit fesselte. Da war noch etwas anderes, etwas, das schwerer zu definieren war. Sie runzelte plötzlich die Stirn und sah sich um, als spürte sie meinen Blick. Als sie niemanden sah, zuckte sie mit den Schultern. Sie machte sich auf den Weg zum Joggen. Und mir wurde klar, dass dies keine Frau war, die jeden Tag faulenzte und shoppte. Sie war jemand, der sich selbst herausforderte, jemand, der auf seine Weise um die Kontrolle kämpfte. Es war fast schade, daran zu denken, was sie erwartete. Eine solche Frau würde sich nicht an jemanden wie mich binden wollen. Ich fragte mich, ob ihr Vater ihr die Neuigkeit überbracht hatte, denn sie sah nicht so aus, als hätte man ihr gesagt, dass sie mich heiraten würde. „Sie sieht nicht aus wie eine behütete Prinzessin“, murmelte Ricardo vom Platz neben mir, und seine Stimme holte mich in die Gegenwart zurück. Ich antwortete ihm nicht sofort. Er hatte nicht unrecht, zumindest nicht so, wie er es meinte. Mirabella De Luca sieht nicht wie eine zerbrechliche Frau aus. Das Bild, das ihr Vater mir von ihr zeichnete, war nicht das, was ich sah. Ich erkenne eine Kämpferin, wenn ich eine sehe. Die Leute unterschätzten Stärke wie ihre, die Art, die nicht schreien musste, um gehört zu werden. „Aber hübsch“, fügte er grinsend hinzu. „Du hast Glück, dass Matteo dich nicht mit einer abscheulichen Person verheiraten wollte.“ Meine Augen verengten sich, und er hob gespielt kapitulierend die Hände. „Bleib ruhig, Chef. Ich sag’s ja nur.“ Ich wandte meinen Blick wieder Mirabella zu. Sie hatte ihr Tempo verlangsamt, ihre Hand streifte ihre Hüfte, als sie über die Schulter blickte. Spürte sie es? Spürte sie mich? Die meisten Leute würden es nicht bemerken, aber sie schien schlauer zu sein als die meisten anderen. Ein guter Instinkt, besonders in meiner Welt. Aber sie war nicht schlauer genug, um mich zu bemerken. Meine Mundwinkel verzogen sich zu einem kleinen, humorlosen Lächeln. Sie musste es lernen, wenn sie dieses Leben überleben wollte, und ich würde dafür sorgen, dass sie es tat. Ricardo brach das Schweigen erneut. „Glaubst du wirklich, sie wird in deine Welt passen?“ „Das wird sie müssen“, sagte ich schlicht. „Ob sie nun bereit ist oder nicht, sie wird sich ihr stellen.“ „Na gut“, sagte er kichernd, aber ich schloss mich ihm nicht an. Das war kein Spiel für mich. Die Verbindung mit Matteo war zu wichtig, und diese Ehe war der Grundstein dafür. Mirabella hatte sich dieses Leben vielleicht nicht ausgesucht, aber ich auch nicht, zumindest nicht am Anfang. Wir alle taten, was wir tun mussten, um zu überleben, und ihr würde es nicht anders ergehen. Ich tippte auf die Armlehne und signalisierte dem Fahrer, loszufahren. Sie war um eine Ecke gebogen und verschwunden, und meine Zeit der müßigen Beobachtung war vorbei. Als der Wagen losfuhr, lehnte sich Ricardo zurück und scrollte durch sein Handy. Im Vergleich zu mir war er entspannt. Ich war kein Mann, der sich entspannte, nicht einmal in solchen Momenten. Meine Gedanken wanderten bereits zur nächsten Aufgabe. Die Verlobungsfeier rückte immer näher, und jedes Detail musste perfekt sein. Nicht Mirabellas oder Matteos zuliebe, sondern mir zuliebe. Eine Ehe, selbst eine so kalkulierte wie diese, wäre ein Machtbeweis. Eine Frau in der Mafiawelt war nicht nur eine Partnerin, sie war ein Symbol. Aber Mirabella … sie war nicht wie die Frauen, mit denen ich normalerweise zu tun hatte. Ich hatte sie alle gesehen, die Opportunistinnen, die Intrigantinnen, diejenigen, die meinen Reichtum und meine Macht als Trophäe betrachteten. Sie kamen zu mir, in Seide gehüllt und mit einem falschen Lächeln, bereit wie keine andere, ihre Seele für ein Stück meines Imperiums zu verkaufen. Sie dachten, sobald wir miteinander schliefen, würden sie zur Königin ernannt, aber so verhielt ich mich nicht. Aber Mirabella? Sie war nicht freiwillig hier. Ich dachte an ihren Blick, wenn sie mich endlich treffen würde. War es Angst? Wut? Resignation? Ich hatte all das schon erlebt und fragte mich, hinter was sie sich verstecken würde. „Sie ist nicht, was ich erwartet habe“, gab ich laut zu und überraschte mich selbst. Ricardo warf mir einen Blick zu und hob eine Augenbraue. „Ist das gut oder schlecht?“ Ich antwortete nicht, und er drängte nicht. Als Matteo mir die Heirat vorgeschlagen hatte, hatte ich ohne zu zögern zugesagt. Die Vorteile waren zu groß, um sie zu ignorieren – seine Wege, seine Ressourcen, seine Verbindungen. Es war eine Partnerschaft, die in der Hölle geschlossen wurde, aber in der Hölle blühte ich auf. Trotzdem fragte ich mich, ob Mirabella mehr sein würde als nur eine weitere Schachfigur in diesem Spiel. Ich brauchte ihre Liebe nicht, und ich hatte ganz sicher nicht vor, sie zu lieben. Aber Respekt? Der war mir wichtig. Und ich fragte mich unweigerlich, ob sie ihn sich verdienen würde. Der Wagen hielt vor meinem Nachtclub, und ich stieg aus und richtete dabei meine Krawatte. Mein Imperium wartete, und ich war kein Mann, der Dinge dem Zufall überließ. Doch als ich hineinging, kreisten meine Gedanken um Mirabella. Ihr Leben gehörte nicht mehr ihr, und bald würde sie das verstehen. Die Frage war nicht, ob sie mit der Dunkelheit meiner Welt umgehen konnte, sondern ob sie sie überleben konnte.
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