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Zweieinhalb Jahre zuvor - Erde:
»Die Frau ist hier entlang gegangen«, sagte Dagger und erhob sich von der Stelle, wo er neben einem ausgebrannten Auto gehockt hatte. Sie befanden sich in einer engen Gasse, nur wenige Blocks von dem Lagerhaus entfernt, in dem Hunter gefangen gehalten worden war. Jetzt waren sie auf der Suche nach der Menschenfrau, die ihn dort befreit hatte. »Bist du sicher, dass es keine weitere Falle ist, Hunter?«
»Das ist keine Falle«, antwortete Hunter knapp und sah sich frustriert um. »Ich muss sie finden … heute Nacht.«
Dagger zuckte mit den Schultern und sah zu einer weiteren schattenhaften Gestalt, die näherkam und Hunter eine Hand auf die Schulter legte. Von den Dreien war Saber der gelassenste und optimistischste. Dagger wandte sich ab, um der Blutspur der Menschenfrau zu folgen.
Insgeheim dachte er, dass es ein großer Fehler war, dass sein Freund die Frau suchte. Die meisten Menschen, die er in den letzten vier Jahren getroffen hatte, hatten ihn nicht gerade beeindruckt. Natürlich hatten die Menschen, mit denen sie bisher zu tun gehabt hatten, normalerweise auch versucht, ihn, Saber und Hunter zu töten.
Es gab natürlich auch ein paar anständige Menschen und er hatte Respekt vor der schwierigen Aufgabe des menschlichen Militärs, die eigene Bevölkerung zu kontrollieren. Nichtsdestotrotz hielt er es für besser, so weit wie möglich Abstand zu den Menschen zu halten, vor allem, da ihr Einsatz auf der Erde fast zu Ende war.
»Wir werden sie finden«, versprach Saber, bevor er den dunklen Himmel betrachtete. »Warum mussten wir in einer Region landen, in der es ständig am Pissen ist?«
Dagger lachte kurz auf. »Weil du es lustig gefunden hast, Jag mit dieser menschlichen Krankenschwester zu verkuppeln, die dich zusammennähen wollte, als du vor sechs Monaten während unserer Mission verwundet wurdest, Saber. Du hättest es besser wissen sollen, als deinen Kommandanten zu verärgern«, gab er zurück. »Hier ist noch mehr Blut. Wir müssen deine vermisste Kriegerin finden, solange wir noch dem Geruch ihres Blutes folgen können, Hunter, oder wir müssen es auf die harte Tour tun. Ich hab keinen Bock darauf in jedes Loch zu kriechen, in dem sie sich verstecken könnte.«
»Woher sollte ich wissen, dass sie bösartig war? Sie war eine Heilerin! Sollten Heiler nicht sanftmütig sein?«, brummte Saber und verteilte überall Wassertropfen, als er den Kopf schüttelte. »Ich glaube immer noch nicht, dass wir diese Bestrafung verdient haben. Ich habe gehört, dass ein Ort namens Hawaii schön sein soll.«
»Tja, du wirst es nie herausfinden«, sagte Dagger und suchte wieder auf dem Boden nach der schwachen Spur. »Ich kann es kaum erwarten, diesen Planeten zu verlassen. Unser Einsatz ist bald zu Ende und ich bin bereit für einen Klimawechsel.«
»Was wirst du dann tun?«, fragte Hunter abgelenkt. Er hielt inne und runzelte die Stirn, als er den schwachen Abdruck einer blutigen Hand an der Seite des Backsteingebäudes sah. Er berührte ihn und hob seine Finger an die Nase. »Das ist von ihr.«
Dagger zuckte die Achseln. Er hatte keine Ahnung, was er tun würde, wenn er seinen Dienst in wenigen Monaten quittierte. Er könnte in die gleiche Abteilung eintreten, der sein älterer Bruder Trig zugeteilt worden war, oder er suchte sich etwas anderes. Es gab nicht viel, das ihn auf Rathon hielt. Er hatte dort zwar ein Haus, aber in den vergangenen zehn Jahren hatte er nicht mehr als ein Dutzend Nächte darin verbracht.
Hunter würde seine Ämter auf Rathon wieder aufnehmen. Aber vielleicht würde Saber sich ihm anschließen. Immerhin hatten die drei in den letzten zehn Jahren ein tolles Team gebildet. Wenn Hunter nicht mehr dabei war und sie ihren Dienst beendet hatten, konnten er und Saber die Galaxie erforschen. Es gab ein neues Sternensystem, das der Allianz beigetreten war, und er hätte nichts dagegen, zu sehen wie es war.
Er hätte auch nichts gegen echte weibliche Gesellschaft, wenn er wieder zu Hause angekommen war. Es war vier Jahre her, seit er zum letzten Mal mit einer Frau zusammen gewesen war, die im Schlafzimmer mit ihm mithalten konnte. Die Menschenfrauen waren ganz nett, aber die beiden, mit denen er zusammen gewesen war, hatten wenig getan, um sein Blut in Wallung zu bringen. Er hatte schon begonnen zu glauben, dass das wohl niemals passieren würde.
»Ich werde mich vermutlich Trig anschließen«, antwortete Dagger mit einem Achselzucken und runzelte die Stirn, weil er keine weiteren Spuren mehr entdecken konnte. »Saber, siehst du was?«
»Nein, ihre Spur ist schon wieder verschwunden«, stieß Saber frustriert aus und ging langsam im Kreis, um die Trümmer der Gebäude um sie herum zu betrachten. »Sie muss wieder zurückgegangen sein. Das hat sie wirklich drauf.«
»Nein«, murmelte Hunter und betrachtete ein eingestürztes Gebäude auf der anderen Straßenseite. »Sie ist hier. Ich kann es spüren.«
»Ja, aber wo hier?«, fragte Dagger und fuhr sich mit der Hand durch sein langes weißes Haar. »Sie kann sich zwischen all diesen Trümmern versteckt haben.«
Er sah Hunter hinterher, der die Straße überquerte und sich dann niederkniete, um etwas am Boden zu betrachten. Dagger folgte ihm und als er näherkam, bemerkte auch er den leichten Fußabdruck im Dreck.
Er hätte fast eine Warnung gerufen, als Hunter plötzlich in einer schmalen Öffnung zwischen zwei großen Platten verschwand. Als Hunter nicht wiederauftauchte, warf Dagger einen Blick auf Saber und zuckte die Achseln. Er trat in die dunkle Nische und sah, dass es tatsächlich nach unten ging. Hunters Gestalt war in der Dunkelheit gerade so zu erkennen.
Er zog den Kopf ein, trat auf die dicke Betonplatte und rutschte hinunter, bis er neben seinem Freund stand. Einen Moment später stand Saber neben ihm und schüttelte erstaunt den Kopf. In den geschlossenen Räumen konnte man das Blut der Frau vermischt mit anderen Gerüchen riechen. Er musste zugeben, dass Hunters Frau schlau war.
Er nickte, als Hunter seine Hand hob, bevor er ihnen signalisierte, dass es noch mehr Menschen in der Umgebung gab. Er hörte ein leises Gemurmel und bemerkte das schwache Flackern und den Geruch eines Feuers. Er bewegte sich leise und flankierte Hunters linke Seite, als sie sich der Gruppe näherten.