Geschockt sehe ich ihn an.
Diese Antwort war direkt und mehr als verständlich und ich kann nicht leugnen, dass mich das schon verletzt hat?
Eigentlich sollte es mir ja egal sein, aber ich wollte doch nur nett sein und mich bedanken.
Ich meine, jeder lernt sich mal einfach so kennen und wird Freunde. Vielleicht könnten wir doch auch Freunde sein?
Er hat mich gerettet und irgendwie fühle ich mich so, als wäre ich ihm etwas schuldig.
Aus einem mir unerklärlichen Grund, will ich nicht so schnell aufgeben. Dennoch wie soll man eine Konversation starten, wenn der Gegenüber ständig abblockt?
"Okay, ehmm..vielleicht sieht man sich ja..die Tage oder so.., ich meine wir-"
"Jetzt hör mal gut zu."
Er schmeißt die Zigarette weg und macht einen Schritt auf mich zu, weswegen er noch größer und bedrohlicher wirkt, als sonst.
Ich fühle mich ganz klein und hilflos.
"Erstens, ich habe dir geholfen, weil ich f*****g nochmal in der Nähe war und sonst aus keinem anderen Grund. Zweitens sei einfach froh, dass ich dir deinen kleinen Hintern gerettet habe und hör auf mich f*****g nochmal zu nerven und drittens diese f*****g Scheiße ist niemals passiert und es wird auch nie wieder vorkommen", zischt er mich an und bei jedem Wort werde ich immer kleiner.
"Verstanden?"
Ich nicke nur, unfähig etwas zu sagen. Sein Gesicht ist mir so nahe und sein warmer Atem prallt auf mich ab.
Ich fühle mich, wie benebelt.
Er entfernt sich wieder und läuft einfach, unter den Blicken der anderen Leute, die Straße entlang und dreht sich nicht nocheinmal um, während ich ihm sprachlos hinterhersehe.
Na das war ja mehr als deutlich, dass er mich nie wieder sehen will.
Doch warum?
Vielleicht hat er ja eine Freundin?
Aber irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen.
"Mady!"
Ich drehe mich um und erblicke eine aufgebrachte Chloe.
"Was zum Teufel machst du da?! Und warum redest du mit einem Psycho von Kiffer?!"
"Hey, er ist kein Psycho."
Erst als Chloe ihre Augenbrauen hebt, wird mir bewusst, was ich gerade gesagt habe.
"Kennst du ihn etwa?"
Ich schüttele meinen Kopf.
Ja, ich kenne ihn nicht und nehme ihn trotzdem in Schutz.
Ok.
Ganz sicher. Bei mir funktioniert irgendetwas nicht mehr richtig.
"Wie auch immer", Chloe verdreht die Augen, bevor sie mich am Arm packt und mit sich zieht.
"Wir haben nicht mehr viel Zeit bis zur Party!"
_
"Wir sehen toll aus!"
Chloe klatscht in ihre Hände, während ich in meine Ballerinas schlüpfe. Ich lächele ihr zu und will ihr nicht die Laune verderben.
Ich würde immernoch gerne zu Hause bleiben und einen Film ansehen, doch was tut man nicht alles für seine Freundin.
Daher wurde ich auch in ein dunkelblaues, enanliegendes Kleid gesteckt, was Glitzersteine und Nieten an den Schultern hat, und meine Haare wurden gelockt.
"Na dann, lass uns gehen!"
Als wir am Wohnzimmer vorbeimarschieren, hält uns mein Dad auf.
"Vergisst nicht, abzuhauen, wenn ich wegen irgendwelchen Idioten dahin muss, ansonsten muss ich euch auch zur Wache mitnehmen."
Ich verdrehe die Augen und gemeinsam gehen wir aus dem Haus und steigen in Dewon's Wagen. Natürlich Chloe vorne und ich hinten, was mir nur Recht ist.
Blake wohnt nicht weit entfernt, weswegen wir schnell da sind. Schon vom Weiten hört man die Musik und ein paar Leute mit singen oder einfach nur dumm herumschreien.
Als wir das Haus betreten, denke ich, dass ich gleich an Atemnot sterbe. Es ist kaum Sauerstoff vorhanden und man riecht nur den Alkohol, den Schweiß, dank den Leuten, die halbnackt angezogen sind und ihre Körper aneinander reiben, und den Geruch von Kokain.
Wir gehen in die Küche, um uns auch ein paar Shots und Vodka zu nehmen. Chloe greift richtig zu und scheint jetzt schon leicht angesoffen, weswegen ich nur die Augen verdrehe.
Ichh habe zwar auch getrunken, doch ich will noch bei Sinnen sein und mich nicht peinlich aufführen und später mit jemanden in die Kiste steigen.
"Schnapp dir heute mal einen!", schreit Chloe über die Musik hinweg und entschuldigend sieht sie mich an, bevor sie Dewson folgt, der mir zu zwinkert.
Idiot.
Als ob ich mir jetzt einen Vollbetrunkenen schnappe, der sich morgen nicht mal mehr an meinen Namen erinnern kann.
Ich wippe im Takt zur Musik mit und trinke von dem Coktail in meiner Hand. Meinen Blick lasse ich über die Menschenmenge werfen, doch sehe kein bekanntes Gesicht.
Seufzend kämpfe ich mich bis zum Wohnzimmer durch und lasse mich auf die Couch fallen.
Die neben mir spielen Flaschendrehen und ich schaue ihnen etwas zu. Zwar werde ich auch gefragt, aber irgendwie habe ich keine l**t meine Zunge in andere Hälse zu stecken.
Ich spiele mit dem Strohhalm meines Coktails und ich glaube, jeder würde mit einem Blick erkennen, dass ich mich total langweile.
Also stelle ich den Coktail auf den Tisch und suche meinen Manteln an den Türhängern. Ich schreibe noch Chloe, dass ich nach Hause gehe und verlasse das Haus.
Die kühle Abendluft beruhigt mich sofort und ich will so schnell wie möglich hier weg.
"Mady!"
Ich drehe mich um, um zu sehen, wie Dewson auf mich zukommt.
"Warum verschwindest du?"
"Ich habe einfach keine l**t mehr."
Ich zucke mit den Schultern.
"Komm, ich fahr dich."
Er macht eine Handbewegung in Richtung seines Wagens, doch ich schüttele meinen Kopf.
"Du hast getrunken, Dewson."
"Na und?"
Und aus dem soll mal ein Polizist werden.
Ich verdrehe die Augen.
"Ich will lieber laufen. Wo ist übrigens Chloe?"
Auf jeden Fall ist mir das Laufen lieber, als mit ihm nach einer Party in einem Auto zu stecken.
"Noch drinnen. Mady-"
"Nein, es ist ok. Ich will laufen, frische Luft tut gut. Fahr lieber Chloe nach Hause."
Ich sehe zwar an seinem Gesichtsausdruck, dass er nicht so ganz damit einverstanden ist, doch er nickt und geht wieder hinein.
Zu unserem Haus ist es nicht sehr weit, doch trotzdem dauert es ungefähr eine halbe Stunde zu Fuß.
Ich laufe den Pfad neben dem Wald entlang, da er kürzer ist, als der Weg durch die Straßen.
Ich schaue mich um und laufe vorsichtig weiter. Eigentlich liebe ich den Wald. Am Tag leuchtet er in einem wunderschönen Grün und früher ging ich oft mit meinem Dad in ihn hinein und erforschten die Insekten und Schmetterlinge.
Heutzutage laufe ich selbst durch den Wald, wenn ich meine Ruhe oder einfach nur mal etwas alleine sein will.
Mir fällt auf, dass ich seit Beginn meiner Ferien nicht ein einziges Mal hierhin gekommen bin. Und am Liebsten wäre ich das auch jetzt nicht, da die Bäume und Büsche in der Nacht einfach nur angsteinflößend aussehen.
Es ist dunkel und still und mich plagt die Angst, dass jeden Moment irgendjemand hinter den Bäumen hervorspringt und mich umbringt.
Ich werde sterben!
Warum musste ich auch Dewson's Einladung abschlagen?!
Ich muss einfach an etwas anderes denken. Ich nehme mein Handy aus meiner Tasche und benutze es als Taschenlampe.
Stell dir vor, du bist auf der Straße, Mady!
Doch durch einem Geräusch wie ein Schrei einer Krähe, die in den Bäumen herumfliegt, erschrecke ich mich so sehr und lasse mein Handy aus meiner Hand fallen und dieser Gedanke verfliegt schnell.
"Shit..", murmele ich leise und taste in der Dunkelheit nach meinem Handy. Als ich es aufhebe, wische ich erstmal den Dreck weg, bevor ich bemerke, dass es kaputt ist.
Großartig.
Warum musste ich mich auch für diesen Weg entscheiden?!
Leise summend, um mich auch wenn nur ein kleines bisschen abzulenken, gehe ich weiter, schaue aber immer ängstlich um mich.
Plötzlich sehe ich einen roten Punkt an einem Baum, der sich bewegt. Sofort ergreift mich die Panik.
Was ist das? Ist das ein Tier!?
Twilight kommt mir in die Gedanken und dieses unangenehme Gefühl in meinem Bauch lässt mich gleich in Ohnmacht fallen.
Moment.
Müsste es dann nicht zwei Augen haben?
Ich kämpfe mit mir selber, doch meine Neugier ist zu stark. Ich meine, wenn es ein Monster oder ein menschenfressendes Tier ist, werde ich so oder so sterben. Doch vorher will ich wissen, was mich umgebracht hat.
So leise wie möglich taste ich mich Schritt für Schritt voran und komme diesem roten Punkt immer näher. Je näher ich komme, wird mir klar, dass es sich um einen Menschen handelt, der am Baum sitzt und wahrscheinlich eine raucht.
Vielleicht ist es wieder irgendso ein Psycho und Vergewaltiger!
Ich will mich gerade wieder umdrehen, um so schnell wie möglichst wieder umzukehren, als ich eine Spinne, an der Baumrinde, genau neben meinem Finger erblicke und ein Schrei entweicht meinem Mund.
Ich schlage so sehr um mich, dass ich über eine Wurzel falle und direkt vor den Füßen des Unbekannten lande, der wohl, dank dem Lärm, den ich verursacht habe, aufgestanden ist.
Er schaltet die Taschenlampe seines Handys an und das erste, was ich sehe, sind braune Boots, bis ich immer weiter hoch blicke und mich missbilligend musternde Augen sehe.
Grüne Augen.
Sofort rappele ich mich wieder auf und klopfe den Dreck von meinen Klamotten. Auf einer komischen Art bin ich beruhigt, dass es dieser Fremde ist, obwohl er über mein Anwesen nicht sehr erfreut scheint und das auch mit seiner Ausstrahlung zeigt.
"Was zur Hölle willst du hier?"
Ich schlucke und sehe ihn einfach nur an. Irgendwie kann ich unter seinem durchdringenden Blick keine Worte finden und werde nervös.
"I-ich wollte nach Hause, i-ich-"
"Ich glaube nicht, dass der Wald hier dein Zuhause ist."
"N-nein, ich komme von-"
"Einer Party. Du müffelst."
Uninteressiert setzt er sich wieder an seinen Platz und scheint irgendetwas mit seinem Handy zu machen, weswegen ich, dank dem Licht, fasziniert seine Wangenkochen, Gesichtszüge und seine Lippen studieren kann.
Irgendwie ist mir das peinlich, dass er daraufhin deutet, dass ich wie eine Kneipe rieche.
Ich hoffe, er denkt jetzt nichts falsches, aber jedes Mädchen geht auf Parties und außerdem bin ich nüchtern.
"Was wird das?"
Sofort blicke ich auf und halte bei meinem Vorhaben inne.
"Ich wollte mich nur neben dich setzen?"
Es klingt, dank seinem Blick eher wie eine Frage.
"Auf keinen Fall. Such dir einen anderen Platz oder jemand anderen, dem du auf den Sack gehen kannst."
Ich seufze und erhebe mich wieder. Irgendwie tut es schon weh, was er da sagt, aber eigentlich hat er ja schon Recht.
Er kennt mich gar nicht.
Trorzdem könnte man das auf eine nettere Art und Weise sagen. Ich glaube das Wort nett existiert in seinem Wortschatz gar nicht.
Jemand anderes würde wahrscheinlich wiede umkehren und zurückgehen, aber dann wäre ich wieder alleine in der Dunkelheit.
Auch wenn er mir mehr als genug zeigt, dass er mich nicht hier haben will, kann ich gerade nicht anders, als zu bleiben. Irgendwie fühle ich mich in seiner Nähe sicher.
Obwohl er ja ein Messer bei sich hat.
Daher kann ich mir meine Handlung selbst nicht erklären, wie ich auf den gegenübberstehenden Baum gehe und mich hinsetze. Die Knie an mich gezogen und total in meinen Mantel umhüllt, lehne ich mich zurück und beobachte diesen jungen Mann vor mir, so gut, wie ich es eben in der Dunkelheit kann. Das einzige Licht ist seine Handy Kamera.
Er sitzt dort, das Bein angewinkelt und schaut hoch zu den Sternen. Wenn man ihn von hier aussieht, würde man niemals auch nur daran denken, dass er so grob und einschüchternd ist.
Ich frage mich echt, wie sein Leben wohl aussieht.
Man hört nur ab und zu ein Rascheln oder Tiergeräusche aus den Büschen, ansonsten ist es still.
"Warum bist du überhaupt hier?"
Ich unterbreche die Stille, doch bekomme keine Antwort zurück.
Als erstes denke ich ja, dass er mir doch antwortet, doch als er nach ein paar Minuten in seiner Jackentasche herumwühlt, um wahrscheinlich eine Zigarette herauszuholen, weiß ich, dass er mir bewusst nicht antwortet.
Ich habe eigentlich noch so viele Fragen, doch ich weiß, dass er mir keine beantworten wird. Und wenn, nur gemein und verachtend.
Ich beobachte ihn, wie er raucht.
"Rauchen ist schädlich", platzt es aus mir heraus, bevor ich es aufhalten kann.
"Interessiert mich nicht."
Da hat er geredet!
Ein Wunder!
Auch wenn es wieder gemein war. Nachdem keiner mehr etwas sagt, bemerke ich, wie ich mich am Baum ganz kleingemacht habe und langsam ins Land der Träume abdrifte. Ich kann meine Augen kaum aufhalten und bemerke nicht mal die braunen Boots vor mir.
Erst als ich höre, was er sagt, öffne ich schlagartig meine Augen.
"Steh auf, ich fahre dich."