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Marcus
Ich umfasse den Rand des Tisches und beobachte, wie die kleine Rothaarige aus dem Restaurant stürmt, während ihr kurvenreicher Arsch von Seite zu Seite schwankt. Auch in diesem formlosen Wollmantel ist ihre kleine, üppige Gestalt unverwechselbar feminin … und eigenartig sexy. Ich habe kurvenreiche Frauen noch nie besonders gern gemocht, aber in dem Moment, als Emma auf mich zukam, drehten meine Hormone auf, und mein Schwanz wurde steinhart.
Wenn ich keinen Anzug getragen hätte, wäre es geradezu peinlich gewesen.
Meine ganzen gesellschaftlich praktischen Überlegungen verließen mich, sobald ich sie sah. Mit ihren wilden roten Locken und dem Sinn für den Stil der Heilsarmee war Emma so anders als die Bilder in meinem Kopf – und trotzdem so eigenartig anziehend, dass ich ihr direkt gesagt hatte, dass sie nicht das war, was ich erwartet hatte. Sobald die Worte meinen Mund verließen, wollte ich sie zurücknehmen, aber es war zu spät. Ihre hellgrauen Augen verengten sich, ihr Rosenknospenmund spannte sich an, und ihr wie Feuer leuchtendes Haar schien sich aufzublähen, als jede Locke vor Entrüstung zitterte. Dann erwiderte sie, dass ich anders aussehe als meine Bilder, und dann eskalierte die Situation. Ich erinnere mich nicht, wann ich das letzte Mal unhöflich zu einer Frau war, aber bei Emma war es, als wäre ich zu einem Höhlenmensch geworden.
Ich befahl ihr beinahe, sich zu mir zu setzen, und ging sogar so weit, meine Größe zu nutzen, um sie einzuschüchtern, damit sie meinem Befehl folgte.
Warum hat Victoria sie zu mir geschickt? Vorausgesetzt, sie hat es überhaupt getan. Jetzt, da mir nicht mehr das ganze Blut in die Leiste fließt, erscheint mir das Verhalten der Rothaarigen extrem seltsam. Ihre Anschuldigungen und das Geschwafel über Katzen ergeben keinen Sinn … es sei denn, es gab eine Art Missverständnis.
Scheiße.
Ich rutsche von der Bank, um der Frau zu folgen, aber bevor ich zwei Schritte machen kann, tritt eine große, elegante Brünette in meinen Weg. »Hi, Marcus«, sagt sie mit einem kühlen, anmutigen Lächeln. »Ich bin Emmeline Sommers. Tut mir leid, dass ich zu spät bin.«
Noch bevor sie ihren Namen sagt, weiß ich, wer sie ist – und ich weiß, dass ich es so richtig vermasselt habe.
Das ist die Frau, von der Victoria gesprochen hat, diejenige, deren Datei ich nicht herunterladen konnte, bevor ich zu einem Notfall-Meeting mit meinen Portfoliomanagern gerufen wurde. Victoria hat mir heute Nachmittag Emmelines Fotos und Biografie geschickt, und wegen des Meetings und der U-Bahn, um den Berufsverkehr zu vermeiden, bin ich völlig unvorbereitet im Café aufgetaucht – etwas, was ich normalerweise nie tun würde. Ich dachte, dass es nicht schlimm wäre – ich würde Emmeline gegenüber einfach gestehen, dass ich unvorbereitet bin, und wir würden Spaß dabei haben, uns einfach so kennenzulernen – aber ich hatte nicht mit einer Frau gerechnet, die ähnlich hieß und durch einen bizarren Zufall auch wegen eines Blind Dates mit einem Kerl, der so hieß wie ich, ins Café gekommen sein musste. Wie hoch waren die verdammten Chancen dafür?
Ich starre die Brünette vor mir an und kann nicht glauben, dass ich Emma mit ihr verwechselt habe. Keine zwei Frauen könnten unterschiedlicher sein. Emmeline ist Prinzessin Diana, Jackie Kennedy und Gisele, alle zu einem atemberaubenden Paket zusammengeschnürt. Ich kann sie mir leicht in den gesellschaftlichen Funktionen und auf allen politischen Ereignissen vorstellen, die immer mehr zu meinem Leben gehören. Sie wüsste, welche Gabel sie benutzen sollte und wie man mit Senatoren und Kellnern Smalltalk hält, während Emma … Nun, ich kann sehen, wie sie auf meinem Schwanz hüpft, und das war’s auch schon.
Ich verdränge die pornografischen Bilder aus meinem Kopf und lächele die große Brünette an. »Kein Problem«, sage ich und strecke meine Hand aus, um die ihre zu schütteln. »Ich bin erst vor ein paar Minuten hier angekommen. Es ist mir ein Vergnügen, dich kennenzulernen.«
Emmelines Finger sind lang und schlank, und ihre Haut fühlt sich kühl und trocken an. »Gleichfalls«, sagt sie und drückt meine Hand mit genau der richtigen Intensität, bevor sie ihren Arm anmutig sinken lässt. »Danke, dass du den ganzen Weg hierher gekommen bist, um mich zu treffen. Meine Schwester studiert am Brooklyn Conservatory of Music, also bleibe ich bis zu meinem Flug morgen früh in ihrer Nähe.«
»Natürlich. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, dich mit mir zu treffen«, sage ich, während wir uns an den Tisch setzen.
In den nächsten Minuten unterhalten wir uns und lernen uns kennen. Ich sage nichts über die Verwechslung mit Emma – ich will nicht, dass Emmeline denkt, dass ich ein totaler Idiot bin – aber ich erkläre ihr, dass ich keine Gelegenheit hatte, in ihre Akte zu schauen, die Victoria mir geschickt hat. Wie ich gehofft hatte, nickt Emmeline meine Entschuldigung ab und sagt, dass es genauso gut ist, dass wir uns ohne vorgefasste Meinungen kennenlernen können. Es ist jedoch offensichtlich, dass sie die Akte über mich durchgegangen ist. Sie weiß alles über mich, von meinem Wharton MBA bis zu meiner jetzigen Rolle als Leiter eines der erfolgreichsten Hedgefonds in New York City.
Nachdem wir unsere Bestellung beim Kellner aufgegeben haben, erfahre ich, dass Emmeline einunddreißig Jahre alt und Absolventin der Harvard Law ist. In den letzten drei Jahren leitete sie eine gemeinnützige Stiftung, die Rechtsberatung für misshandelte Frauen und Kinder anbietet. Sie ist leidenschaftlich an ihrer Arbeit interessiert und verbringt über achtzig Stunden pro Woche mit der Stiftung; es ist nicht nur ein Hobby für sie, obwohl ihre Familie wohlhabend genug ist, dass sie absolut alles hätte tun können, was ihre Karriere betrifft.
»Mein Ururgroßvater hat schon damals ein Vermögen an Eisenbahnen verdient«, sagt sie lächelnd. »Und meine Familie hat es irgendwie geschafft, es in den eineinhalb Jahrhunderten zu erhalten und zu vermehren. Also ja, ich bin eines dieser Treuhandfonds-Babys.« Ihr Lächeln hat einen selbstironischen Charme, der die aristokratischen Linien ihres Gesichts weicher macht – und ich merke, dass ich sie wirklich mag.
Emmeline ist die Richtige, die Frau, auf die ich gehofft habe, seit ich mich entschieden habe, einen weiteren Erfolgsfaktor ins Auge zu fassen: die ultimative Trophäenfrau.
Während der Kellner unser Essen bringt, reden wir über alles, vom Weltgeschehen bis hin zur jüngsten Volatilität des Marktes, und ich finde, dass Emmelines Ansichten eng mit meinen eigenen übereinstimmen. Sie ist sachkundig und wohlüberlegt in ihren Meinungen, und ihre juristische Ausbildung zeigt sich in ihren durchdachten Ansichten zu den meisten Themen. Ich höre ihr gerne zu, und sie scheint sich auch für das zu interessieren, was ich zu sagen habe.
Es schadet auch nicht, dass sie hübsch anzusehen ist, auf eine gepflegte, reinrassige Art und Weise. Ihr langärmeliges Pullover-Kleid ist stilvoll, ohne trendy zu sein, ihre Accessoires sind teuer, aber dezent, und ihr glattes dunkles Haar passt mit dem schmeichelhaften, stufigen Schnitt perfekt zu ihrem ovalen Gesicht.
Sie ist eine auffallend attraktive Frau, aber als ich die anmutige Art und Weise beobachte, wie sie ihre Gabel hält, dämmert es mir plötzlich, dass ich mich nicht zu ihr hingezogen fühle. Ich mag ihr Aussehen, aber es ist die gleiche Art der Wertschätzung, die ich für ein visuell ansprechendes Kunstwerk oder eine Skulptur haben könnte – ein rein intellektuelles Vergnügen, das das genaue Gegenteil von meinem Bauchgefühl für die Rothaarige ist.
Nein. Stopp. Bevor mein Kopf weiter in diese Richtung denkt, unterdrücke ich alle Gedanken an Emma. Emmeline ist die Frau, die ich schon immer wollte, und ich kann es nicht versauen, indem ich dem Drängen meines plötzlich widerspenstigen Schwanzes folge.
Eine Weile gelingt es mir, mich ausschließlich auf Emmeline zu konzentrieren. Sie ist eine gute Gesprächspartnerin, und während wir essen, tauschen wir lustige Geschichten über Schule und Arbeit aus. Ich erzähle ihr von dem Händler in meinem Fonds, der orangefarbene Turnschuhe als Glücksbringer trägt, und sie erzählt mir von der Vorliebe ihrer Schwester, langhaarige Hipster-Jungs zu daten. Nach der Hälfte der Mahlzeit muss ich mich entschuldigen, um einen wichtigen Anruf von der Arbeit entgegenzunehmen, und sie zuckt nicht einmal mit der Wimper. Sie sieht auch nicht im Geringsten davon gestört aus, als ich nach der Rückkehr an den Tisch ein paar dringende E-Mails rausschicken muss. Es ist offensichtlich, dass sie die Anforderungen eines Hochdruckjobs wie meinem versteht. Dennoch entschuldige ich mich, aber sie lacht darüber und erklärt, dass ihr Vater, der hochrangiger Wirtschaftsanwalt ist, in ihrer Kindheit kein einziges Abendessen ohne eine Unterbrechung durch die Arbeit geschafft hat. Wir unterhalten uns eine Weile über ihre Familie – in der alle so erfolgreich sind wie sie –, und dann kommen wir zu ernsteren Themen zurück, wie dem politischen Klima und den Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Als wir gerade über den neuen Bürgermeister sprechen – den Emmeline persönlich kennt –, wirft sie einen Blick auf die Ecke der Bank und sagt: »Oh, sieh mal. Jemand hat ein Telefon hier vergessen.«
Mein Puls springt mit einer unerklärlichen Aufregung. »Ein Telefon?«
Emmeline nickt und hält ein Smartphone in einem pinken Gehäuse hoch. »Ich habe es in der Ecke der Bank gefunden. Ich werde es schnell unserem Kellner geben …« Sie bewegt sich, um von ihrem Platz zu rutschen, aber bevor sie aufstehen kann, greife ich hinüber und schnappe mir das Telefon aus ihrer Hand.
»Nicht nötig.« Ich zwinge mich, eine ruhige Stimme zu behalten, während ich das Gerät einstecke. »Ich weiß, wem das gehört. Hier saß vor uns eine Frau, der es aus der Tasche gefallen sein muss. Ich werde dafür sorgen, dass sie es zurückbekommt.«
»Das wirst du?« Ein Stirnrunzeln überzieht Emmelines glatte Stirn. Sie ist verwirrt von meinem Verhalten, und sie ist nicht die Einzige.
»Meine Assistentin wird sich darum kümmern«, lüge ich. »Sie ist gut in solchen Dingen.« Der letzte Teil stimmt – Lynette ist sehr einfallsreich –, aber ich werde sie auf keinen Fall mit hineinziehen.
Ich möchte dieses Telefon persönlich zurückgeben. Nein, ich muss es zurückgeben. Der Drang ist praktisch ein Zwang. Ich muss die Rothaarige wiedersehen – wenn auch nur, um zu bestätigen, dass meine wahnsinnige Anziehungskraft auf sie Einbildung war und sie nicht annähernd so anziehend ist, wie sich mein Schwanz erinnert.
»Okay, wenn du dir sicher bist …« Emmeline schaut mich immer noch an, als hätte ich den Verstand verloren, also schenke ich ihr mein einnehmendstes Lächeln und bringe das Gespräch zurück auf den Bürgermeister. Mein Puls hämmert vor Erwartung bei dem Gedanken, Emma aufzuspüren, aber ich werde die Sache mit Emmeline nicht vermasseln.
Sobald ich dieses Telefon zurückbringe, wird mir Emma aus dem Kopf gehen, und ich kann mich auf das konzentrieren, was ich wirklich will: eine Frau, die ein genauso großer Erfolg sein wird wie die Milliarden auf meinem Bankkonto.