Kapitel 3: Häuslicher Streit

653 Words
Rosenduft erfüllte den engen Blumenladen, doch Anna bemerkte kein Parfüm. Es war etwas Kälteres, ein schwacher metallischer Geruch, wie Blut unter Kupfer. Sie hielt inne, die Fingerspitzen über einem frisch geschnittenen Stängel. Ihr Blick wanderte über die stille Straße hinter dem staubigen Fenster, die Muskeln unter der weichen Schürze angespannt. Anna, das Flüstern in ihrem Inneren war eher eine Warnung. Das Kribbeln in ihrem Nacken war nicht nur Paranoia, es war präzise, ​​chirurgisch. Sie schluckte schwer und zwang sich zu einem Lächeln, während sie die Blumen arrangierte, als wäre die Welt draußen harmlos. Alexander saß allein in seinem düsteren Büro, die Akte vor sich aufgeschlagen. Das Foto auf dem Tisch fing den Schein einer einzelnen Schreibtischlampe ein. Anna hatte sich auf einer Gala mitten im Drehen ertappt, ihr Kleid wirbelte wie Rauch. Er musterte ihre Augen, suchte nach etwas, das er nicht benennen konnte, während ihre Finger einen ängstlichen Rhythmus klopften. Die Erinnerung an ihre letzten Worte hallte wider: „Sie wissen, dass du wach bist.“ Auf seinem Handy summte eine Nachricht unbekannter Herkunft. Eine kryptische Wortfolge: „Söldner-Alias ​​kompromittiert. Operationsakte gelöscht. Tod bestätigt.“ Er biss die Zähne zusammen. Irgendwo da draußen schrieben Mächte ihre Geschichte um, löschten ihre Existenz aus. Zurück im Blumenladen stockte Anna der Atem, als ein plötzliches Flackern draußen von hereinbrechender Dunkelheit verschluckt wurde. Die Straßenlaterne auf der anderen Straßenseite blinkte leise, bevor Stille einkehrte. Der Stromausfall war fast zu perfekt, zu genau zum richtigen Zeitpunkt. Ihre Hand streifte einen Rosenstiel, dessen Blütenblätter weich, aber seltsam spröde waren. Sie roch wieder kein Parfüm, keine erdige Note. Nur den kalten, metallischen Geruch, den sie zuvor gerochen hatte. Ein leises, aber unverkennbares Klicken durchschnitt die Stille. Kein Glas. Keine Schritte. Das kalte, mechanische Geräusch der Sicherung eines Gewehrs. Alexanders Handy leuchtete wieder auf. Er sah nicht hin, aber er wusste, was es bedeutete. Er stand auf und ging zum Fenster, das auf die Straße hinausging, in der Anna wohnte. Die verdunkelten Straßenlaternen waren eine unnatürliche Leere. In seinen Gedanken raste der Scharfschütze. Zu kalkuliert, um zufällig zu sein. Er schnappte sich seine Pistole, jeder Muskel angespannt, jeder Instinkt schrie Gefahr. Anna duckte sich mit hämmerndem Herzen hinter den Tresen. Die Fenster des Blumenladens schimmerten im zerbrochenen Licht der Straßenlaterne, Glassplitter glitzerten wie eine Warnung. Ihre Finger schlossen sich um eine schwere Metallvase – eine improvisierte Waffe, aber besser als bloße Hände. Draußen Schritte. Langsam. Kalkuliert. Ein Schatten bewegte sich vor der dunklen Fassade. Alexander stockte der Atem. Er ging zur Tür, schloss sie leise hinter sich ab und duckte sich dann, um durch das Milchglas zu spähen. Sein Blick erfasste die Silhouette direkt hinter dem Fenster, zu still, zu präzise. Er fluchte leise. Anna hatte keine Ahnung, wie nahe sie dem Abgrund war. Drinnen atmete Anna scharf und schnell. Ihre Muskeln spannten sich an, alle Sinne waren auf Hochtouren. Vergangenheit und Gegenwart prallten aufeinander – Kriegsgebiete und Blütenblätter verschwammen zu einem drängenden, erschreckenden Moment. Ihr Handy summte. Eine Nachricht von Clara. Anna zögerte, ihre Finger zitterten. Auf dem Bildschirm erschien ein Foto. Anna, die Tänzerin, mitten im Drehen, dasselbe Bild, das Alexander studiert hatte. Die Bildunterschrift war erschreckend: „Offizielle Aufzeichnungen bestätigen: Anna Rivers ist tot.“ Alexander spürte, wie die Wände näher kamen. Sein Ohrhörer knisterte, eine Stimme flüsterte eindringlich: „Scharfschütze bestätigt. Bergung unmöglich. Bleiben Sie unten.“ Sein Blick huschte in die Schatten hinter dem Schaufenster, dann zurück zur Tür, dann zu dem Handy in seiner Hand, einer noch offenen Akte, die Worte „Söldner-Alias“ mit roter Tinte unterstrichen. Anna drängte sich hinter den Tresen. Das metallische Klicken hallte wieder, diesmal näher. Die Luft war erfüllt von einer Stille, die so laut war, dass sie in ihren Ohren dröhnte. Anna, atme. Die Stimme war nicht Alexanders. Sie war kalt, fremd, aber vertraut. Eine letzte Warnung oder ein Versprechen. Ihr Blick huschte zur Tür. Und das Licht flackerte wieder an. Glas zersplitterte.
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