Chapter 1
DIE SKLAVIN
DES MAHDI
Ein Erotik und SM Roman aus dem alten Orient
IMPRESSUM
Isabel de Agony
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ABBEYVILLE MANOR, Februar 1882
„Das kannst du aber so was von vergessen, dass du mich hier zurücklassen kannst. Nimm dir das von der Backe, Christopher. Natürlich komme ich mit in den Orient.“
Mein Bruder grinst mich an. Natürlich kennt er mich. Wenn ich mal wieder einen meiner temperamentvollen Wutausbrüche habe. Unterdessen nippt Lady Claire de Abbeyville etwas pikiert an ihrem Fünf Uhr Tee. Ja, meine werte Frau Mama lässt sich von ihren Zeremonien auf keinen Fall abhalten. Da kann die Welt untergehen. Ihr Ton bleibt ganz sachlich und ruhig.
„Julie. Ich bitte dich. Contenance....“
Ich wirble herum und funkle meine Mutter wütend an. Zurückhaltung.... Wenn sie sich wenigstens ihre französischen Fremdwörter sparen würde, von denen sie glaubt, dass sie heutzutage besonders schick seien.
„Nein Mutter. Ich beruhige mich nicht. Ich bin erwachsen und es wird Zeit, dass ich mal etwas Aufregendes erlebe. Diese langweiligen Fuchsjagden sind einfach nur schrecklich und die Pferderennen in Ascot sind so etwas von öde. Vor allem, weil ich ja weiß, dass du mich da nur mit hin schleifst, um mir da einen Mann auszusuchen.“
„Ja Kind.... Du bist jetzt schon zweiundzwanzig und immer noch hast du es geschafft, einen jeden ernsthaften Bewerber erfolgreich abzuwimmeln.“
„Weil ich keinen von diesen Lackaffen in Betracht ziehe, die vermutlich doppelt oder dreimal so alt sind wie ich. Nur weil sie dir als angemessene Partie erscheinen, heißt das noch lange nicht, dass sie auch mir gefallen.“
Auf der Stirn meiner Mutter erscheint eine kleine Zornesfalte. Das ist immer ein Warnsignal. Soll heißen, dass ich nun sehr nahe an einer Grenze stehe, die ich nicht überschreiten sollte. Denn wenn es um meinen Zukünftigen geht, da versteht meine Mutter keinen Spaß. Ich solle mir doch meine Jungfräulichkeit für den Richtigen bewahren. Oh je.... Wenn sie wüsste. Da ist sie ja um Jahre zu spät dran. Der Jagdpächter war ja so süß. Da konnte ich einfach nicht widerstehen. Und auch der Reitlehrer hatte es mir schon mal angetan. Und der Gärtner? Ich kann es einfach nicht lassen. Ich mag junge und knackige Kerle mit vielen Muskeln und keine schmalbrüstigen Muttersöhnchen. Schließlich will ich auch bei der Liebe meinen Spaß haben. Denn vor mir sitzt meine Mutter als abschreckendes Beispiel, wie ich es eben nicht haben will in meinen Leben. Sie wurde von ihrem Vater verheiratet. Sie war damals siebzehn Jahre alt gewesen und er war schon sechsundvierzig. Liebe? Ziemlich Fehlanzeige. Oder gar Leidenschaft? Reden wir nicht davon..... Ihre einzige Aufgabe war es, möglichst schnell für Nachwuchs zu sorgen. Das haben die beiden immerhin hinbekommen. Meinen fünf Jahre älteren Bruder Christopher und dann eben mich. Als ich vierzehn Jahre alt war, da hatte mein Vater einen Schlaganfall und ist kurz darauf verstorben. Seitdem macht Mutter auf trauernde Witwe. Und diese Karte versteht sie immer wieder mit Bravour auszuspielen. Zumindest immer dann, wenn sie einen Hochzeiter für mich sucht. Aber so ganz kann sie doch nicht tun, was sie will. Denn im Gegensatz zu vielen anderen jungen Frauen bin ich finanziell unabhängig. Denn mein Vater hat seinen Besitz nicht komplett seiner Ehefrau überlassen. Vielleicht, weil er spürte, dass die Beziehung doch nicht so innig war? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall gehört mir ein Viertel, Christopher ein weiteres Viertel und meiner Mutter die übrige Hälfte. Und dieser Erbteil ist stattlich genug, um mir jederzeit ein mehr als angemessenes Auskommen zu ermöglichen. Mutter durfte meinen und Christophers Anteil zwar bis zu unserer Volljährigkeit verwalten, aber nun haben wir selber das Sagen. Aber bei dieser Diskussion trete ich zunächst mal den Rückzug an. Heute kann ich diesen Krieg nicht gewinnen.
„Bitte verzeih Mutter.. Aber ich bitte dich zu bedenken, dass es heutzutage in unserer modernen Zeit für eine englische Lady durchaus nicht mehr ausgeschlossen ist, auf eine Reise zu gehen. Zumal ja mein eigener Bruder, wenn du so willst, als Anstandswauwau mit dabei ist.“
Sie blickt mich durchdringend an.
„Junge Lady, wir werden das Thema später weiter erörtern. Lass es gut sein für heute.“
Doch nun mischt sie überraschenderweise mein Bruder ein. Ist doch sonst gar nicht so seine Art. Er sieht vieles lockerer. Auch er ist noch nicht unter der Haube, aber bei ihm sieht das meine verehrte Frau Mama bei weitem nicht so eng. Schließlich ist er ein Mann und als solcher soll er sich in den bestimmten Etablissements bei den leichten Mädchen die Hörner abstoßen. Die Welt ist eben ungerecht.
„Werte Frau Mama..... Ich fürchte, es ist so, dass wir dies doch heute noch ein wenig weiter diskutieren müssen. Denn für nächste Woche hat sich die Royal Society of London angekündigt. Sie haben einen äußerst interessanten Vorschlag für mich.“
Ich korrigiere ihn.
„Für uns, Christopher. Für uns.“
Er funkelt mich an. Soll jetzt vermutlich heißen, ich solle jetzt endlich meine vorlaute Schnauze halten, denn sonst würde ich alles verderben. Ist er denn auf meiner Seite? Weiß der Henker. Den Kerl werde ich mir heute Abend noch schnappen. Ich muss darüber Klarheit haben. Dann fährt er fort.
„Sir Stephen höchstpersönlich gibt sich die Ehre, bei uns nächste Woche zu dinieren.“
Meine Mutter zuckt förmlich zusammen. Sir Stephen, Earl of Grantwick and Duke of Dorsetshire. Der Mann gehört zum allerhöchsten Adel. Geht im Buckingham Palast ein und aus. Zumindest erzählt man sich das. Bei solchen Leuten erstarrt meine Mutter in Ehrfurcht. Ich finde, Respekt ist durchaus in Ordnung. Mehr aber nicht. Schließlich ist das auch nur ein Mann. Und als solcher zunächst mal ein Zielobjekt, wenn es darum geht, meine Interessen durchzusetzen. Ich frage nochmal nach.
„Ist das wirklich wahr? Sir Stephen?“
Christopher nickt. Den kenne sogar ich. Er ist Direktor des British Museums und als solcher auch Vorsitzender des Orientausschusses. Ständig ist er auf der Suche nach Neuerwerbungen und nun hat er Christopher einen Floh ins Ohr gesetzt. Denn er organisiert beständig auch neue Ausgrabungen und um genau das geht es auch hier.
„Nun gut mein Sohn. Erzähle......“
Christopher räuspert sich. Wirft mir noch einmal einen warnenden Blick zu. Oh ja.... Ist ja gut. Ich habe es verstanden.
„Nun.... Es geht um eine Expedition ins Heilige Land. Und das eigentliche Ziel ist Jerusalem. Die Ställe des Salomo.“
Mein Puls beginnt höher zu schlagen. Verdammt.... Ich darf mir das einfach nicht entgehen lassen. Ich habe natürlich von den Ausgrabungen von Charles Warren bei Jericho im Jahr 1868 gehört. Das ist ja alles so spannend und geheimnisvoll. Ich muss da mit. Koste es, was es wolle.... Mein Gott. Jerusalem. Das Wort allein zergeht mir schon auf der Zunge. Der Zauber des Orients. Moscheen. Die hohen Minarette. Die goldene Kuppel des Felsendoms. Die Klagemauer. Die verwinkelten Gassen der Altstadt. Der große Basar. Die Gerüche und die Geräusche. Ich war noch nie da, aber ich habe die Reiseberichte der Orientgesellschaft geradezu verschlungen. Ich bilde mir ein, durch meine Lektüre quasi eine Expertin zu sein. Die müssen mich einfach mitnehmen. Denen bleibt doch gar nichts anderes übrig. Und überhaupt. Wie ist denn überhaupt Christopher qualifiziert? Na ja.... Eigentlich gar nicht. Er ist halt ein Mann. Sonst nichts. Ich habe das ja heute schon mal festgestellt. Die Welt ist einfach ungerecht. Und während ich nur mehr mit einem Ohr Christophers Bericht lausche, schwadroniert dieser von der kommenden Expedition. Die Teilnehmer würden gerade zusammengestellt und ein Schiff wäre auch schon gechartert. Am Abend stelle ich Christopher noch einmal zur Rede, so wie ich es mir vorgenommen habe. Allerdings teilt er mir recht emotionslos mit, dass die Zusammensetzung der Expeditionsteilnehmer in den Händen Sir Stephens läge. Er könne also nichts für mich tun. Irgendwie dachte ich mir das schon, dass er mich wieder hängen lässt. Ich muss mir also selber helfen. Ich werde darum kämpfen und zwar mit allen Mitteln einer schönen Frau. Ich werde es ihnen allen schon zeigen.
Sir Stephen..... Er ist schon angekommen. Er wurde auch schon von meinem Bruder und meiner Mutter begrüßt. Natürlich haben sie auch auf mich gewartet. Doch ich habe mich rar gemacht. Ich will meinen Auftritt für mich allein. Ich habe Erkundigungen eingezogen. Was für ein Mensch Sir Stephen ist. Und ich bin überaus zufrieden, mit dem was ich erfahren habe. Seit vier Jahren ist er verwitwet. Seine um einiges jüngere Frau starb mit seinem Kind im Kindbett. Seitdem hört man zwar immer wieder von Affären, aber es gibt keine feste Liaison. Das kommt mir entgegen. Es gibt also weder eine eifersüchtige Geliebte noch eine Ehefrau. Ich habe mein Gewand mit äußerster Sorgfalt ausgesucht. In der Taille unheimlich eng geschnitten, dafür mit einer Hebe, die meine ohnehin schon nicht gerade kleinen Brüste noch mehr zur Geltung bringt. Nackte Schultern. Ein Ausschnitt, soweit es gerade noch schicklich ist. Ein langer Rock, der mir bis zu den Waden reicht. Und ich habe auf jegliche Unterwäsche verzichtet. Denn heute werde ich alles wagen. Entweder lässt er sich von meinem Charme überzeugen. Oder von meiner geballten und wenn es sein muss nackten Weiblichkeit. Es klopft an der Türe.
„Ja bitte.......“
Unsere Bedienstete Lucille steckt den Kopf herein.
„Die gnädige Frau lässt fragen, wann Ihr euch die Ehre geben werdet.“
„Richte ihr bitte aus, dass ich gleich soweit sein werde.“
Nur noch ein wenig zappeln lassen. Ich stehe auf. Drehe mich noch einmal vor dem Spiegel. Alles ist perfekt. Jede Haarlocke sitzt. Ich ziehe das Kleid noch ein wenig nach unten. Noch ein wenig mehr Haut zeigen. Ja..... Ich bin die Verführung selbst. Das wird hinhauen. Ich lächle. Probe die verschiedensten Posen. Breites Lächeln? Huldvolles Lächeln.... Augenzwinkern..... Und so weiter. Dann öffne ich die Tür. Schreite wie eine Königin den Gang zur großen Freitreppe hinab. Und dann bleibe ich oben stehen. Schaue nach unten. Da sitzen sie bereits. Mama am Kopfende der Tafel. Christopher links. Sir Stephen rechts. Und er ist der erste, der mich sieht. Er steht auf..... Huldvoll lächle ich ihn an. Und dann gehe ich gaaaanz langsam die Stufen hinab. Er eilt mir entgegen. Seine Augen verschlingen mich förmlich. Ja... Auch das habe ich gehört. Er soll, was die Weiblichkeit betrifft, kein Kostverächter sein. Am Treppenabsatz begegnen wir uns. Ich reiche ihm die Hand zum Handkuss. Er gefällt mir durchaus. Er ist groß gewachsen, schlank und muskulös, trägt die Uniform der königlichen Dragoner. Vom Alter könnte er mein Vater sein. Mindestens. Aber das spielt heute keine Rolle. Er ist mein Schlüssel zum Orient. Ich lächle ihn an, während sein Blick geradezu in meinem tiefen Ausschnitt versinkt. Ich bemerke das durchaus. So ist das auch beabsichtigt. Ich drücke mein Kreuz durch. Recke ihm meinen Busen noch mehr entgegen. Er verbeugt sich vor mir. Eben ein richtiger Gentleman. So einer würde einer Frau die ganze Welt zu Füßen legen. Aber eine Fahrkarte in den Orient würde mir heute schon reichen. Ich bin ja bescheiden.
Der Eindruck, den ich auf Sir Stephen mache, lässt auch während des Dinners nicht nach. Es fällt ihm sichtlich schwer, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, als auf meinen so offensichtlich zur Schau gestellten Busen. Als schließlich der letzte Gang abgetragen wird, da rufe ich aus.
„Das war überaus lecker. Aber ich bin so gesättigt. Ich würde gerne ein paar Schritte im Park spazieren gehen. Werte Frau Mama.... Habt ihr Lust, mich zu begleiten?“
Doch sie winkt ab.
„Christopher, wie sieht es mit dir aus?“
Er schaut kurz auf.
„Ich möchte lieber noch die Unterlagen zu unserer Expedition studieren, die Sir Stephen mitgebracht hat.“
„Nun.... Dann muss ich wohl alleine gehen.“
Sir Stephen steht auf.
„Lady Julie.... Wenn ihr erlaubt, dann würde ich euch gerne begleiten.“
Ich lächle ihn an. Huldvoll natürlich.... Das läuft ja genauso wie geplant. Auf meine Familie kann ich mich verlassen. Es war mir klar, dass weder Mama noch Christopher irgendeine große Lust verspüren, mich nach draußen zu begleiten. Und in dem guten Sir Stephen brennt längst ein Feuer, das ich nun noch ein wenig mehr anfachen muss. Ich reiche ihm meinen Arm und er hakt mich unter. Dann verabschieden wir uns für den Augenblick. Wir steigen die Treppe der Terrasse in den Park hinunter.