Kapitel 1 (Niemals würde sie)

1169 Words
„Findet sie!!!“ Die Stimme von Königin Margaret hallte durch den Hochzeitssaal, und sofort brach ein Tumult aus, als die Wachen eilig in alle Richtungen ausschwärmten, um die Prinzessin zu suchen. Heute sollte der Tag sein, an dem Prinzessin Zamira, die Tochter von König Desmond und Königin Margaret des Königreichs Havilla, König Alvarez vom Königreich Divaria heiraten würde. Ihre vermeintliche Hochzeit galt in den Augen der anderen als etwas Wundervolles, vermutlich weil die Ehe dem Königreich Havilla zugutekommen würde. Für Zamira jedoch war es das Lächerlichste, was sie je erlebt hatte. Die 23-jährige Prinzessin hatte von Anfang an gewusst, dass eines Tages die Zeit kommen würde, in der sie ihr Königreich retten müsste, und sie war begeistert gewesen, etwas Großes für ihr Volk zu tun. Doch sie hatte nicht geahnt, dass damit gemeint war, einen alten, tyrannischen König, nämlich König Alvarez, zu heiraten. Die Wachen durchsuchten das gesamte Hotel in dieser Nacht nach der Prinzessin, doch sie war nirgends zu finden. Es würde sicherlich eine schwierige Suche werden, denn das Hotel Alvarez war eines der größten und exotischsten Hotels des Landes, dessen Ausmaße mit der Größe einer Provinz vergleichbar waren. Mira rannte, so schnell ihre Beine sie tragen konnten, und drehte sich immer wieder um, um zu sehen, ob die Wachen, die sie verfolgten, näher kamen. Während sie durch die Flure des Hotels lief, bemerkte sie, dass alle Augen auf sie gerichtet waren. Wie konnten sie sie nicht anstarren, wo doch ihr Kleid deutlich zeigte, dass sie eine Braut war? Sie schlüpfte in eine Ecke, die zu den Damentoiletten führte, wo sie ihr weißes Hochzeitskleid und den Schmuck ablegte. Nun trug sie nur noch ein dünnes, trägerloses Satinkleid, das ihr bis zur Mitte der Oberschenkel reichte. „Und jetzt?“ fragte sich Mira, während sie überlegte, ob sie die Toilette in diesem Aufzug verlassen sollte. Sie hielt inne und schaute auf das Kleid, das auf dem Boden lag – ja, es gehörte ihr, und sie hatte es getragen, aber es fühlte sich nicht wie ihr Hochzeitskleid an. Erschöpft seufzte sie, bevor sie sich im Spiegel betrachtete. Zum ersten Mal in ihrem Leben erkannte sie die Frau im Spiegel nicht wieder. Ihr Gesicht war mit Make-up zugekleistert, und ihre braunen Augen waren fast unsichtbar, weil sie lange, künstliche Wimpern trug, die bei jedem Blinzeln wie Flügel schlugen. Sie schnaubte, stützte ihre Hände auf das Waschbecken und senkte den Kopf – sie konnte es einfach nicht glauben. Für einen kurzen Moment vergaß sie den Tumult draußen. Als Erstes entfernte Mira die falschen Wimpern und wusch ihr Gesicht mit Wasser, dann trocknete sie es mit einem Handtuch. Langsam ging sie zur Tür, öffnete sie vorsichtig, spähte hindurch und sah, dass die Wachen immer noch nach ihr suchten. Kaum war sie aus der Toilette getreten und begann wieder zu rennen, entdeckte sie einer der Wachen und alarmierte die anderen, die ihr sofort nachjagten. Als sie bemerkte, dass sie gesehen worden war, rannte sie, so schnell sie konnte, ohne zu wissen, wohin. Das Hotel war ihr viel zu groß – es gehörte schließlich Alvarez, also was gab es daran zu mögen? Sie mochte ihn nicht, und sie würde auch sein Hotel nicht mögen. In diesem Moment konnte sie sich nur auf ihren Instinkt verlassen, um zu überleben und ihren Verfolgern zu entkommen. Ihre Augen suchten hastig nach einem Hinweis, der sie an einen sicheren Ort führen könnte, und sie blickte auf und sah ein Schild mit der Aufschrift „EXECUTIVE SUITEN“ und einem Pfeil, der auf eine weitere Treppe zeigte. Ja, das war ihr Zeichen. Dort musste sie hin. Ohne Zeit zu verschwenden, rannte sie die Treppe hinauf, und zu ihrer Überraschung war kein einziger Mensch in den Fluren zu sehen. Ihre einzige Option war, irgendeine Tür zu öffnen, die sie fand. Mira wusste, dass jede Tür auf diesem prunkvollen Stockwerk zu einer Executive Suite führen würde, und egal, ob sie bewohnt war oder nicht, sie würde sie einfach öffnen und die Konsequenzen später tragen. Ihre weit aufgerissenen Augen suchten ständig nach ihren Verfolgern, während sie hektisch versuchte, die Türen zu öffnen. Jede Tür, die sie probierte, war schwer zu öffnen, was nur bedeuten konnte, dass sie verschlossen waren. Doch sie wollte nicht aufgeben. Sie versuchte weiter, die Türen zu öffnen, aber alle waren gleich. Sie wusste nicht, wohin sie sonst gehen sollte, und war kurz davor, in Tränen auszubrechen, als sie eine leicht geöffnete Tür entdeckte. Es war eine der Türen, die zu einer weiteren Executive Suite führte, und ohne zu zögern rannte sie darauf zu und trat ein. Der Raum war dunkel, ohne jegliche Lichtquelle. Sie konnte ihre Umgebung nicht erkennen, aber sie war bereit, dort zu bleiben, bis ihre Verfolger die Suche aufgaben. Während sie im Dunkeln über ihre nächsten Schritte nachdachte, hörte sie Stimmen von draußen. „Jemand hat gesehen, wie sie in diese Richtung gerannt ist“, sagte eine sich nähernde männliche Stimme von draußen, und Mira schloss die Tür leise. Dabei fiel ein schwaches Licht in den Raum. Es war kein besonders helles Licht, sondern kam von einer Wandlampe, aber es reichte aus, um zu erkennen, dass sie direkt vor einem Swimmingpool stand. Sie konnte nichts im Pool erkennen, da es immer noch dunkel war, aber sie sah das fließende Wasser, und es war eindeutig ein Swimmingpool. „Wir haben keine Wahl, wir müssen diese Türen öffnen. Wir müssen die Prinzessin finden“, sagte eine weitere Stimme von draußen, und Mira keuchte sofort vor Angst, als sie es hörte. Was sollte sie jetzt tun? Sie hatte keine Ahnung. Die einzige Option, die ihr blieb, war, in den Swimmingpool zu springen und unter Wasser zu bleiben – das war das Dümmste, was sie tun konnte. Doch als sie das Klappern von Türklinken hörte, wurde ihr klar, dass es ernst war. Ohne weiter nachzudenken, tauchte sie in den Pool und blieb unter Wasser. Die Tür zu dem Raum, in dem Mira sich befand, wurde bald geöffnet, und die Wachen spähten hinein. „Das ist nicht richtig. Wir können nicht einfach die Türen zu den Suiten der Leute öffnen. Dieser Ort scheint bereits bewohnt zu sein. Die Prinzessin ist nicht hier. Wir sollten gehen“, schlug einer der Wachen vor, und bald darauf verließen sie den Raum und schlossen die Tür hinter sich. Mira tauchte aus dem Wasser auf, um Luft zu holen, ihr Blick war auf die Tür gerichtet, und sie war erleichtert, als sie sah, dass sie weg waren. Sie seufzte erleichtert und wollte gerade aus dem Wasser steigen, als eine männliche Stimme aus dem Pool sprach. „Bleib genau da stehen.“ Seine tiefe, maskuline Stimme durchdrang ihre Haut, und sie erstarrte, als sie sie hörte. Ihre Augen weiteten sich, und ihr Körper begann zu zittern. Sie wusste nicht, ob es an dem kalten Wasser lag, das durch ihre Haut sickerte, oder an der Schärfe in der Stimme. Langsam drehte sie sich um, um zu sehen, wer zu ihr sprach, und dann sah sie, dass tatsächlich ein Mann mit ihr im Pool war.
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