Kapitel 2-1

524 Words
2 Nora Während ich in Julians Umarmung sitze, fühle ich die vertraute Mischung aus Aufregung und Angst. Unsere Trennung hat ihn überhaupt nicht verändert. Er ist immer noch der gleiche Mann, der fast Jake getötet hatte und nicht zögerte, das Mädchen zu entführen, welches er wollte. Er ist auch der Mann, der fast gestorben ist, um mich zu retten. Jetzt, da ich weiß, was mit ihm passiert ist, kann ich die körperlichen Anzeichen seiner Qualen erkennen. Er ist schlanker als zuvor, und seine gebräunte Haut spannt leicht auf den scharfkantigen Wangenknochen. Auf seinem Ohr befindet sich eine ungleichmäßige rosafarbene Narbe, und sein dunkles Haar ist sehr kurz. Auf der linken Seite seines Schädels wachsen die Haare etwas unebenmäßig, so, als versteckten sie dort eine weitere Narbe. Trotz dieser kleinen Makel ist er immer noch der umwerfendste Mann, den ich jemals gesehen habe. Ich kann meinen Blick nicht von ihm abwenden. Er lebt. Julian lebt, und ich bin wieder bei ihm. Es fühlt sich immer noch so unwirklich an. Bis heute Morgen dachte ich, er sei tot. Ich war überzeugt davon gewesen, dass er bei der Explosion umgekommen war. Vier unendlich scheinende Monate lang hatte ich mich gezwungen, stark zu sein, mein Leben weiterzuleben und den Mann zu vergessen, der jetzt neben mir sitzt. Der Mann, der mir meine Freiheit gestohlen hat. Der Mann, den ich liebe. Ich hebe meine linke Hand und fahre zärtlich den Umriss seiner Lippen mit meinem Zeigefinger nach. Er hat den unglaublichsten Mund, den ich jemals gesehen habe – einen Mund zum Sündigen. Als ich ihn berühre, öffnen sich seine wundervollen Lippen, und er fängt meine Fingerspitze mit seinen scharfen, weißen Zähnen. Er beißt leicht hinein, bevor er den Finger in seinen Mund hineinsaugt. Eine Welle der Erregung rollt über mich hinweg, als seine nasse Zunge mit meinem Finger spielt. Meine inneren Muskeln ziehen sich zusammen, und ich spüre, dass meine Unterwäsche feucht wird. Ich bin für ihn so leicht zu haben. Ein Blick, eine Berührung – und ich begehre ihn. Mein Geschlecht fühlt sich geschwollen und etwas wund an, seit er mich vorhin genommen hat, aber mein Körper sehnt sich danach, sich erneut mit ihm zu vereinigen. Julian lebt, und er nimmt mich wieder einfach mit. Als mir diese Tatsache bewusst wird, ziehe ich meine Finger von seinen Lippen zurück. Plötzlich fühle ich eine leichte Kälte auf meiner Haut, und mein Verlangen lässt nach. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ich kann meine Meinung nicht mehr ändern. Julian hat erneut die Kontrolle über mein Leben übernommen, und diesmal habe ich mich sogar freiwillig in sein Spinnennetz begeben, mich seiner Gnade ausgesetzt. Natürlich hätte es auch nichts geändert, wenn ich nicht zugestimmt hätte, rufe ich mir in Erinnerung. Ich denke an die Spritze in Julians Tasche und weiß, dass das Ergebnis immer das Gleiche gewesen wäre. Bei Bewusstsein oder betäubt, in jedem Fall hätte ich ihn heute begleitet. Aus irgendeinem nicht ganz logischen Grund fühle ich mich mit diesem Wissen besser. Ich lege meinen Kopf zurück an Julians Schulter und entspanne mich. Es ist sinnlos, gegen das Schicksal zu kämpfen, und ich fange an, diese Tatsache zu akzeptieren.
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