1. Kapitel
Das Raumschiff Lenticularis Teil 1
Lautlos glitt die Lenticularis durch das All. Unendlich scheinende Dunkelheit umgab das Raumschiff, sie war nur hin und wieder unterbrochen von ein paar hellen Punkten, die man Sterne nannte. Ungleichmäßig waren sie im All verteilt, als hätte sie jemand wahllos an ihren Platz geschleudert. Durch diese dunkle Unendlichkeit war die Lenticularis unterwegs. Kein Laut, keine Luft, die Leere umgab sie und doch war da noch mehr: Planeten, Quasare, Meteoriten und irgendwo auch Leben.
An Bord des Raumschiffes war es nicht so still, denn dort ging es gewöhnlich sehr hektisch zu. Über hundert Wissenschaftler, Mechaniker, Computerfachkräfte, Botschafter, Gelehrte und andere Fachkräfte eilten durch die Flure, plauderten in den Räumen, forschten in den Laboren oder gingen anderen Tätigkeiten nach, wenn sie nicht gerade Pause oder Feierabend hatten. So wie beispielsweise ihr Kapitän, Carol Thunderstorm. Die dachte im Moment nicht an ihre Arbeit. Denn sie räkelte sich behaglich auf einer Sonnenliege. Dieses Refugium fernab des Trubels stand nicht irgendwo, sondern in einem der Entspannungsräume, besser gesagt in jenem Raum, in dem sich auch ein großes Schwimmecken befand, nebst mehreren kleinen Whirlpools. Es gab Liegestühle, Palmen in Kübeln, ein Wellenbecken, eine Salzgrotte, diverse Saunen und anderes mehr, das dem Müßiggang diente. Auch ein Wellnesscenter. In Extraräumen standen selbstverständlich Umkleidekabinen und Duschen bereit. Doch die brauchte Carol heute nicht. Sie lag trocken und zufrieden auf ihrer Liege und sonnte sich unter einer großen Tageslichtlampe, sie hatte ihre Sonnenbrille auf der Nase und ihren violetten Bikini angelegt. Leise Musik war zu hören, ansonsten umgab sie himmlische Stille. Sie war nämlich mutterseelenallein – Jedenfalls beinahe. Die Mannschaft arbeitete und wer nicht schaffte, der vertrieb sich die Freizeit offenbar anderswo. Frau Thunderstorm murmelte irgendetwas leise vor sich hin. Wie kommt es, dass sich nie jemand von der Crew erfrischt, wenn ich hier entspanne? Spricht sich das immer wie ein Lauffeuer herum und keiner traut sich dann mehr hierher? Sie wunderte sich im Stillen. Andererseits konnte sie niemand in ihrer Ruhe stören. Etwas Gesellschaft wäre bisweilen aber auch nett gewesen. Aber selbst als Kapitän konnte man wohl nicht alles haben, wonach es einem beliebte.
Carol überlegte weiter, Hat die Crew vielleicht Angst vor mir? Oder zu großen Respekt?
„Das ist doch seltsam“, sagte sie bei sich. Dann setzte sie sich auf und nahm die Sonnenbrille von der Nase. Sie schielte nach rechts. Dort stand jemand. Es war ihr Leibwächter Balthasar Chan. Er war groß, weit über zwei Meter hoch und gebaut wie ein Schrank, ein Kreuz hatte er wie ein Stier und die schwarz gefärbten Augen hinter der klobigen Sonnenbrille fielen ihm gerade zu. Seine Haut war grasgrün, sein Haar hellblond und eine tiefe Narbe lief über sein rechtes Auge. Ein abgebrochener unterer Schneidezahn verstärkte sein grobschlächtiges Aussehen noch mehr und passte wunderbar zu seinem klobigen Kopf samt eckigem Kinn, genauso wie die breite flache Nase und die spitzen großen Ohren.
Carol Thunderstorm schielte noch immer, doch davon wachte Balthasar auch nicht auf. Sie räusperte sich. Nichts. Gleich fängt er auch noch an zu schnarchen, oder wie? Was für ein lausiger Leibwächter!
„He!“, rief sie ihm zu, er zuckte zusammen. Frau Kapitän schnaubte und ihr Leibwächter schluckte trocken.
„Tschuldigung“, war alles, was er herausbekam.
„Hmpf!“, schnaubte daraufhin Carol. Einen Moment lang herrschte nun eisige Stille. Dann räusperte sie sich. „Blondie“, begann sie und er zuckte zusammen. So nannten ihn zwar immer seine Kumpel, aber Frau Kapitän nannte ihn nur so, wenn sie ziemlich angesäuert war, auch wenn sie sich das anderweitig nicht anmerken ließ.
„Ja?“, fragte er mit großer Unsicherheit in der Stimme.
Sie räusperte sich wieder. „Sag, mein großer, starker Leibwächter und sei ehrlich…“ Balthasar schluckte und nickte. „Bin ich jemand, vor dem man Angst haben muss?“
Er stutzte. Nicht, dass er die Frage nicht verstanden hätte, er wusste nur nicht, was er darauf antworten sollte. Angestrengt überlegte er. Okay, Carol lässt sich nichts befehlen, setzt immer ihren Kopf durch. Sie ist jemand, der nie verliert, sondern immer nur gewinnt und alles durchsetzen kann. Sie verdreht jedem den Kopf, um ihn dann eiskalt im Regen stehen zu lassen. Aber bösartig ist sie nicht. Ist sie schlecht? Oder Angst einflößend vielleicht? Nicht unbedingt.
„Nein“, antwortete er daher.
„Gut“, murmelte sie und sah auf ihre meeresblau lackierten Fingernägel. Um sich dem Planeten Belix anzupassen, hatte ihre Haut einen leichten Blauschimmer, genau wie beim Rest ihres Volkes. Ihre Haare, die sie zum Pferdeschwanz gebunden trug, waren hellgrün. Goldene Ringe trug sie an ihren Ohren und auf der Stirn ein rotes Tattoo in Form eines Blitzes.
Ein Gähnen war zu hören, es kam vom Haustier des Kapitäns. Dieses besaß den Körper einer Katze, die Färbung eines Fuchses und dazu den Namen Minna oder kurz Min. Ihre Beine steckten in schwarzen „Fellsocken“, ihre großen Augen waren gelbrot und ihr Schwanz extraordinär buschig. Min gähnte, reckte und streckte sich und trottete dann los, genau auf den Leibwächter ihrer Herrin zu. Dieser wich ehrfurchtsvoll einen Schritt zurück. Kein männliches Mitglied der Crew wagte es, dieses Tier anzufassen, da es sehr verwöhnt und empfindlich war, außerdem hatte Min eine schrecklich laute, schrille Stimme, mit der sie nach ihrer Herrin rief, wenn der Kratzbürste etwas nicht passte. Min schielte zu dem Anzug tragenden Schrank mit dem blonden Schopf empor. Der Kapitän erhob sich derweil, sie hatte genug relaxt. Leibwächter Balthasar Chan trat noch einen Schritt zurück und damit einen Schritt zu viel. Denn mit lautem Klatschen landete er nun im großen Schwimmbecken. Prustend tauchte er wieder auf. Min nahm keine Notiz von ihm, sondern stolzierte davon, hinaus aus dem Raum. Der Kapitän folgte ihr alsbald, während sich ihr Leibwächter prustend aus dem Wasserbecken wuchtete und irgendetwas vor sich hinmurmelte. Nein, vor dem Kapitän braucht man keine Angst zu haben, aber vor ihrem Haustier schon, diesem Teufel im Katzenpelz!
Kapitän Thunderstorm hatte sich längst umgezogen und war nun auf dem Weg ins Cockpit. Sie wollte nach dem Rechten sehen und ihr Haustier Min folgte ihr auf Schritt und Tritt. Wenn dieses Pelzknäuel nicht gerade Flausen, Unsinn oder Streiche im Kopf hatte, dann war es eigentlich ein liebes Tier. Außerdem ärgerte sie auch nur die männlichen Crewmitglieder, die weibliche Besatzung war ihr entweder egal oder sie ließ sich von ihnen kraulen und mit ein paar Leckereien aus der Bordküche versorgen. Ihre Abneigung gegen das männliche Geschlecht beruhte wohl auf den schlechten Erfahrungen ihres Frauchens. Carol war nämlich schon von mehreren Kerlen einfach sitzen gelassen worden und das, obwohl sie immer geglaubt hatte, gerade diesen Schürzenjägern vertrauen zu können. Ja, Min’s Frauchen war arm dran. Drum hatte sich Fräulein Thunderstorm auch geschworen, niemals wieder einem Mann auch nur den kleinen Finger zu reichen. Diese Casanovas waren ihrer Meinung nach doch alle gleich. Erst versprachen sie ihrer Holden den Himmel auf Erden, dann wollen sie immer nur das eine – vor allem Geld – und dann ließen sie ein gebrochenes Herz zurück. Meistens wegen einer anderen Frau, die nicht unbedingt schöner war, sondern reicher oder andere Vorzüge besaß. Carol kannte dieses Spiel zur Genüge und ihr treues Haustier Min hatte alles live und in Farbe miterlebt. Daher traute auch sie keinem Mann mehr über den Weg, nur Kater waren davon ausgenommen. Die waren vielleicht auch nicht treu, aber dafür konnten sie so schön schnurren.
Ganz in Gedanken schritt Frau Kapitän weiter den g**g entlang, bis sie und Min endlich vor der Tür standen, die ins Cockpit führte. Diese öffnete sich auch automatisch und beide traten ein. Viele Personen waren hier geschäftig bei der Arbeit, nur die wenigsten kannte Carol persönlich – das waren ihre engsten Mitarbeiter und Freunde. Dazu zählten ein Mechaniker, eine Computerfachfrau, eine Ärztin und ein Gelehrter. Die anderen wechselten häutig die Position im Raumschiff oder sie kannte sie aus anderen Gründen nur oberflächlich. Zu ihrer Schande wusste sie von vielen nicht einmal den Namen, zum Glück stand dieser auf einem Schildchen, das die Crewmitglieder an ihre Kleidung heften mussten. Hier gab es so etwas wie eine Dienstkleidung eigentlich nur in Ausnahmefällen. Vorschrift aber war eben dieses Namensschild und dass man sich ein Abziehbild auf die Kleidung bügeln musste. Auf diesem war eine vereinfacht dargestellte Spiralnebelgalaxie zu sehen unter dieser stand: Raumschiff Lenticularis, Beauftragte der Völkerverständigung. Ja, sie sollten sich mit den verschiedensten Völkern verständigen, Frieden mit ihnen schließen, sie dazu bringen, in den schon erwähnten Bund einzutreten, um gemeinsam stark zu sein, falls eines Tages Feinde auf den Plan traten. Denn schließlich waren nicht alle Völker friedlich. Es gab einige, die wie Piraten lebten und alles eroberten oder sich unter den Nagel rissen, was sie kriegen konnten. Auch existierten sehr kriegerische Völker und Rassen, denen man nachsagte, regelrecht bösartig zu sein und niemand wusste, was dort draußen, in den Tiefen des Raumes, noch alles lebte. Da war es besser, vorbereitet und auf alles gefasst zu sein.
„Oh!“, rief eine Stimme, als der Kapitän hereinkam, sich auf ihren Ehrensessel setzte und Min auf ihren Schoß sprang. „Frau Kapitän!“ Es war Frau Laura Meri gewesen, die gesprochen hatte. Laura war eine Computerfachfrau und auch zur Kommunikation ausgebildet. Sie sprach mehrere Dutzend Sprachen fließend und schwatzte schier ununterbrochen. „Hallo!“, begrüßte sie den Kapitän fröhlich. „Wie geht es Ihnen?“
Carol nickte, denn ihr ging es recht gut. Min schnurrte leise. Laura Meri, die Computerfachfrau, lächelte und wandte sich wieder ihren Bildschirmen zu. Im Moment wollte weder ein Raumschiff noch ein Raumhafen, oder irgendwer sonst Kontakt aufnehmen. Andere Fachkräfte hatten mehr zu tun, sie überwachten an Bildschirmen die Tätigkeit des Raumschiffs, den Antrieb, forschten nach Unregelmäßigkeiten oder planten den Verlauf des Fluges. Sie waren alle zusammen schon einige Zeit unterwegs, hatten schon mehrere Planeten besichtigt und bereits drei neue Völker dafür gewonnen, in den Bund der geeinten Planetensysteme und Völker einzutreten.
An Bord gab es immer etwas zu tun, auch für die Frau Kapitän und diese überlegte nun, womit sie den Tag beginnen sollte, während ihr ein Mannschaftsmitglied berichtete, dass alles an Bord normal verlief, das aber fünfzehn Leute heute zu spät zur Schicht gekommen waren, von denen sich in der Zwischenzeit vier hatten krankschreiben lassen, das zwölf Crewmitglieder heute Urlaub beantragt hatten, dass keine Meteoriten in den Nähe waren, dass sie sich im Zeitplan befanden, mit Kurs auf den nächsten Planeten, mit dessen Volk sie Kontakt aufnehmen sollten. Außerdem wurde sie darüber ins Bild gesetzt, dass der Magier, Mr. Albert Weisenstein vorausgesagt hatte, dass der Versuch, dieses Volk zu integrieren, zu 98% von Erfolg gekrönt sein würde und dass auch im Maschinenraum alles wieder in geregelten Parametern arbeitete. Darauf folgte noch eine lange Kolonne von Informationen, Zahlen und Statistiken. Der Kadet gab sich alle Mühe und es war nun einmal sein Job, dies alles dem Kapitän zu erzählen. Ob sie nun zuhörte oder nur gelangweilt mit den Augen rollte.
Heute merkte Carol nicht einmal, dass der Bericht sehr durcheinander gewürfelt klang. Sie hörte eh nur mit halbem Ohr zu. Endlich war der Vortrag beendet und der Mann kehrte an seinen Platz zurück. Frau Kapitän gähnte innerlich. Min zierte sich nicht und tat es lautstark. So, das hatte auch einmal gesagt werden müssen!
Carol überlegte und wandte sich an die Computerfachfrau Laura Meri, die auch von vielen Supercomputer genannt wurde. Sie war nicht nur dazu da, Gespräche mit anderen Raumschiffen zu führen, sondern auch Crewmitglieder auszurufen und sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie zum Dienst erscheinen sollten. Kapitän Thunderstorm räusperte sich.
„Die Angelegenheit mit dem Maschinenraum möchte ich noch einmal vertiefen. Gestern gab es dort Probleme. Ich brauche einen Fachmann, der genau Bescheid weiß. Einen Insider. Also den Obermechaniker. Laura, bitte hole mir das Karlchen her.“ Frau Laura Meri lächelte und strich sich die blonden Haare aus dem weißen Gesicht, sie wusste schon, wer gemeint war. So nannte der Kapitän diesen Mechaniker immer.
„Aye, Frau Kapitän!“, rief sie überschwänglich und schon tönte ihre schöne Stimme aus allen Lautsprechern im Schiff und schickte nach dem Mechaniker Karl Grünbart. Keiner konnte genau sagen, wo er im Moment steckte. Der Maschinenraum meldete jedenfalls, dass er dort nicht war. Laura und der Kapitän konnten sich schon denken, wo er sich aufhielt. An seinem Lieblingsplatz. Dessen ungeachtet hatte er vernommen, dass man nach ihm verlangte und so tauchte er kurze Zeit später im Cockpit auf.
Min mauzte leise und ließ sich von ihrem Frauchen hinter den Ohren kraulen. Die Aufregung im Cockpit hatte sich etwas gelegt. Die große, gertenschlanke Laura mit den wahnsinnig langen Haaren und der markanten Topflappenmütze kicherte leise. Der Kapitän sah zu ihr. Lacht sie vielleicht darüber, dass ich den Mechaniker nicht Karl, sondern Karlchen nenne? Nun ja, ich habe natürlich meine Gründe. Meiner Meinung nach ist der Name Karl für diesen Mechaniker viel zu groß. Karlchen passte viel besser, was sich wieder einmal zeigte, als die Tür aufging Herr Grünbart auftauchte. Laura prustete schon wieder und kniff die Lider ihrer schwarzen, mangelförmige Alienaugen zusammen. Der Mechaniker nahm keine Notiz von ihr, Laura war nun einmal eine Frohnatur, daran hatten sich alle längst gewöhnt.
„Hallo, Karlch…chrch ha ha! Karl!“, prustete sie und wandte sich dann wieder ihren Computerbildschirmen zu.
„Hallo, Laura“, kam es von Karl zurück. Hier an Bord durfte man sich Siezen, mit Nachnamen, mit Kurznamen oder Vornamen anreden, ganz wie man wollte. Nur den Kapitän nannte fast jeder Frau Kapitän und siezte sie. Manchen entfleuchte sogar ein „Sir! Äh! Ma‘am!“. Das war wohl immer so, wenn man das höchste Amt bekleidete. Ganz oben war es immer einsam.
Karl grinste so breit wie dämlich. Sein Nachname passte wie die Faust aufs Auge. Er hieß nicht nur Grünbart, er hatte auch einen und dazu noch zwei kleine Hörner auf dem Kopf. Außerdem besaß er nicht nur einen Pferdeschwanz, sondern auch noch einen Löwenschwanz mit einer grünen Quaste und er war stattliche 1,20m hoch. Alle anderen an Bord waren sicher einen halben Meter höher, vereinzelte wie des Kapitäns Bodyguard, sogar einen ganzen Meter. Nur weitere Pane an Bord waren ähnlich kurz geraten. Daher nannte Frau Kapitän ihn Karlchen. Das passte am besten zu diesem Mechaniker. Karl Grünbart grinste noch immer und seine Nasenlöcher zuckten dabei.
„Guten Morgen, Frau Kapitän“, grüßte er artig und sie nickte. Dann fielen Carol die beiden Kartons auf, die der Obermechaniker unter dem Arm trug. Sie ähnelten Pizzakartons – und erstaunlicher Wiese waren es auch welche. Natürlich waren die Kartons nicht leer.
Sein Kapitän runzelte die Stirn. „Du warst in der Kantine, nicht wahr?“
Das Karlchen nickte schuldbewusst. „Ja, und dort bin ich beim Essen gestört worden, doch zum Glück kann man die Speisen ja mitnehmen.“
Frau Thunderstorm ächzte leise. Das ist doch immer das Gleiche mit ihm! Wie kann man nur so viel essen, obwohl man so klein ist? Wo bleibt all das Essen? Es versackt bei ihm wie Licht in einem schwarzen Loch!
Karl entschuldigte sich wie immer damit, noch wachsen zu wollen. „Die Frage ist nur, in die Höhe oder in die Breite?“, riss er den üblichen Kalauer. Doch erstaunlicherweise platzte er nicht aus allen Nähten. Er war einer der Glücklichen, die essen konnten, bis zum Umfallen und trotzdem nicht zunahmen.
Min schnupperte, hier roch es aber gut! Sie sprang vom Schoß ihres Frauchens und schnüffelte an den Kartons unter Karls Arm. Er bemerkte es nicht, da er mit seinem Kapitän beschäftigt war, die ihm gerade erklärte, warum sie ihn herbestellt hatte.
„So weit ich weiß, gab es gestern ein nicht unerhebliches Problem im Maschinenraum, einen Fehler mit dem Antrieb. Daher kamen wir nicht so schnell voran, wie gewollt. Dennoch liegen wir im Zeitplan. Ich möchte wissen, ob der Fehler inzwischen behoben ist.“
Karl nickte und grinste noch immer. „Aber klar, alles ist wieder in bester Ordnung. Ist doch mein Job, die Kiste flott zu machen. Alles wieder im grünen Bereich. Der Antrieb funktioniert wunderbar, ganz wie er soll. Kommen Sie, Frau Kapitän, ich zeige es Ihnen!“
Sie überlegte und er strich sich über den Ziegenbart und stellte seine spitzen Dingoohren auf wie ein Kojote auf der Pirsch.
„Na gut“, willigte Carol schließlich ein, sie hatte im Moment eh nicht viel zu tun, warum also nicht. Karl griente und wollte sich umdrehen, da bemerkte er, das Min, dieses schlaue Biest es geschafft hatte, einen der Kartons an der Seite aufzureißen. Die Pizza lag nun am Boden und Min machte sich mit Heißhunger darüber her. Laura sah gerade von ihrem Bildschirm auf, lachte sofort laut los und schlug ihre langen dünnen Finger vor ihrem Gesicht zusammen. Min störte das nicht, sie fraß mit wachsender Begeisterung weiter. Karl murmelte irgendetwas in seinen Bart und sein orangefarbenes Gesicht verfärbte sich leicht rötlich, danach warf er den kaputten Karton in einen Müllschlucker. Der zweite Karton folgte sogleich, die Pizza hatte er aber vorher herausgenommen, sie gefaltet wie eine Calzone und sich so schnell in den Rachen gestopft, wie er konnte. Dieses Katzenbiest im Fuchspelz sollte nicht auch noch die zweite unschuldige Pizza verschlingen.