Kapitel 3

1330 Words
3 Razor blinzelte mehrere Male und versuchte einen klaren Blick zu bekommen. Er bewegte sich nicht, während er seinen Zustand einschätzte. Er konnte am ganzen Körper Verletzungen spüren. Er ignorierte das Pochen in dem Versuch herauszufinden, was kleinere Verletzungen und welche lebensgefährlich waren. Er fluchte leise, als er feststellte, dass er noch immer mit dem Gesicht nach unten im Cockpit hing. Lediglich der Sitzgurt hielt ihn. Zwischen ihm und dem Abgrund unter ihm gab es nichts, weil die Windschutzscheibe auf seiner Seite des Cockpits fehlte. Er hob langsam seine Hand, um das Blut wegzuwischen, dass seinen Blick immer wieder trübte. Direkt über dem rechten Auge hatte er eine tiefe Platzwunde. Seine Arme schienen unverletzt, aber als er, versuchte sein linkes Bein zu bewegen, wurde ihm vor Schmerz schwarz vor Augen. Razor holte tief Luft und senkte das Kinn zu seiner Brust, bis er sein Bein sehen konnte. Eine Metallstange ragte über 15 Zentimeter aus seinem Oberschenkel. Er drehte den Kopf und sah zum Piloten. Der Mann hing leblos in seinem Gurt, ein dickes Metallstück in seiner Brust. »Hey, lebt da drinnen noch jemand?«, rief eine leise Stimme hinter ihm. »Oh Gott!« Razor wandte seinen Kopf so weit wie möglich, aber er konnte aus seiner Position nicht sehen, wer gerufen hatte. Er konnte es nur fühlen. Eine Hitze gemischt mit Schmerz durchfuhr ihn. Frustriert schloss er die Augen und legte seine Hände um das Metall in seinem Bein. Er holte tief Luft, um sich auf den Schmerz vorzubereiten, der beim Entfernen unvermeidlich war. Er riss die Augen auf, als sich schlanke Finger um sein Handgelenk legten. »Warte«, flüsterte die heisere Stimme neben seinem Ohr. »Lass mich erst sicherstellen, dass keine Arterie verletzt wurde. Falls doch, bist du tot, ehe ich dich in Sicherheit bringen kann.« Razor drehte seinen Kopf und atmete den süßen Geruch von Wildblumen ein. Ein leises Stöhnen entfuhr ihm, ehe er es verhindern konnte. Die Hitze in ihm loderte wieder so heftig auf, dass er die Augen schließen musste, um das Schwindelgefühl loszuwerden. »Ich bin so oder so tot«, murmelte er, als das Metall um sie herum knarrte und sich wieder bewegte. »Nicht, wenn es nach mir geht”, antwortete die Stimme mit einer Spur Heiterkeit. »Jetzt halt still. Ich werde um dich herumgreifen und einen Gurt um dich legen, damit ich dich aus dem Sitzgurt lösen kann. Ist dein anderes Bein ok?« Razor riss die Augen auf und atmete zischend aus, als die schönsten mandelförmigen braunen Augen ihn nur wenige Zentimeter vor seinem Gesicht mit einer Mischung aus Humor und Furcht ansahen. Sein erster Gedanke war, dass es die Frau von dem Foto war, das er direkt vor dem Absturz angesehen hatte. Der zweite und irritierendere Gedanke war, dass sie sich in unmittelbarer Gefahr befand. »Lass mich«, befahl er mit einem tiefen Knurren. »Es ist zu gefährlich. Das alles hier kann jederzeit abstürzen. Raus hier. Ich befreie mich selbst, wenn ich kann.« * * * Kali ignorierte alles um sich herum, und konzentrierte sich darauf, was sie gerade tat. Zu viel Nachdenken würde dazu führen, dass sie genau das tat, was der Alien befahl. Verdammt, wenn sie gewusst hätte, dass in diesem Hubschrauber ein Alien war, hätte sie seinen Arsch dem Schicksal überlassen, anstatt ihren eigenen Hals zu riskieren, um ihn zu retten. Nein, das hättest du nicht, diskutierte ihr Engelchen mit ihrem Teufelchen. Du hättest trotzdem geholfen, weil du allen hilfst, die Hilfe benötigen. »Ja, und sieh, was es mir gebracht hat«, murmelte sie vor sich hin. »Was?«, wollte der Alien wissen, ehe er fluchte, weil der Hubschrauber sich wieder bewegte. »Verschwinde!« »Halt die Klappe!«, schnauzte sie zurück und wickelte schnell den langen Löschschlauch um seine Taille. »Du …« Razors Stimme verstummte, als der Hubschrauber sich plötzlich weiter nach unten bewegte. Dieses Mal sackte alles ein ganzes Stück tiefer. Ein großes Stück des Hecks brach ab und fiel in die Tiefe. Die Bewegung hatte Kali überrascht, als sie gerade versuchte eine bessere Position zu finden, um seinen Sitzgurt zu lösen. Sie schrie auf, als sie den Halt unter ihren Füßen verlor. Sie rutschte ab und wäre durch die fehlende Windschutzscheibe gefallen, wenn er sie nicht festgehalten hätte. Sie rutschte, bis sich seine Hand fest um ihr Handgelenk legte. Nun sah sie hinab und überlegte für einen Moment, ob sie so sterben würde. »Nein«, knurrte die Stimme. Kali sah in das Gesicht des Mannes, der ihr Leben in seiner Hand hielt. Sie sah auf seinen Oberschenkel und betrachtete die Stange, ehe sie entschied, dass keine wichtigen Arterien verletzt sein dürften, es sei denn sie unterschieden sich sehr, was den Körperbau betraf. Sie sah in sein Gesicht, er hatte Schweiß auf der Stirn und in seinen Augen spiegelten sich Schmerz, Entschlossenheit und Wut. »Nun, ich denke, die Stange hat deine Arterie verfehlte. Es wird trotzdem verdammt weh tun, wenn ich sie rausziehe«, antwortete sie grimmig. »Werd dabei bloß nicht ohnmächtig, verstanden? Du musst durchhalten, bis wir hier raus sind.« »Bist du verrückt, Frau?”, fragte er ungläubig mit seiner tiefen, vollen Stimme und starrte sie an, während sie an nur einer Hand über dem tödlichen Abgrund hing. »Du bringst dich dabei um!« »Nein, nicht heute Nacht«, antwortete Kali mit heiserer Stimme. »Aber … lass mich jetzt nicht los. Ich würde es hassen, mich geirrt zu haben.« Sie hob ihre Beine, fand wieder Halt und griff nach der Lehne seines Sitzes. Dadurch saß sie rittlings auf seinen Beinen und presste ihre Stirn an seine. Sie wusste, es würde ihm nicht gefallen, was sie als Nächstes vorhatte, aber es blieb ihnen keine Zeit, um es für ihn einfacher zu machen. In dem Moment, als er ihre Hand losließ, griff sie nach der Stange und zog sie so schnell es ging aus seinem Oberschenkel. »Es tut mir leid«, flüsterte sie und sah in seine Augen. »Es tut mir so leid.« Sie ließ die Stange durch die fehlende Frontscheibe fallen. Dann positionierte sie sich neu und griff in ihre Gesäßtasche nach ihrem Bandana, mit dem sie sich manchmal ihre Haare zurückhielt. Es war gerade lang genug, um diagonal gefaltet um seinen Oberschenkel zu reichen. Sie hasste es, ihm weh zu tun, aber ihr Instinkt sagte ihr, dass ihnen kaum Zeit blieb, wenn sie hier lebend herauskommen wollten. Er musste sich bewegen können, und dass wäre mit der Metallstange im Bein nicht gegangen. Nachdem sie das Tuch festgeknotet hatte, sah sie auf. Er hielt seinen Kopf an die Lehne gepresst, was nicht einfach war, wenn man bedachte, dass er nur an seinem Gurt hing. Sein Gesicht war blass und seine Lippen so fest zusammengepresst, dass sie fast weiß waren. Seine Augen schimmerten in einem dunklen Gold. Es war der Anblick von Schmerz, Wut und Erschöpfung in ihnen, der ihr zu Herzen ging. Sie kannte diese Gefühle nur zu gut. Sie griff nach oben und berührt seine Wange, ehe sie ihre Lippen leicht auf seine presste. Das war das Einzige, was ihr einfiel, um ihn zu ermutigen. Sie lehnte ihre Stirn wieder an seine, fasste nach unten und griff nach der Schnalle, die seinen Sitzgurt verschloss. »Bist du bereit?«, fragte sie sanft. »Ich helfe dir dich zu stabilisieren. Benutz dein unverletztes Bein, um dich am Armaturenbrett abzustützen. Ich bin dein linkes Bein. Versuch nicht zu viel Gewicht auf dein Eigenes zu legen. Wir wollen nicht, dass es nachgibt, wenn du es belastest. Die Bewegung könnte alles abstürzen lassen. Die Seitentür ist offen, mach dir also keine Sorgen zu fallen, wenn wir bei der Öffnung sind und der Kran nachgibt. Ich habe dich mit dem Schlauch gesichert und er wird dich halten. Lass dich nach unten abrollen. Die Fenster fehlen, und ich habe die Glasreste weggetreten, also bringt dich die Bewegung in Sicherheit.« »Was …«, begann er heiser, als sie die Schnalle öffnete und er griff nach ihr, als sie ihre Arme um ihn legte, um ihn zu stützen. »Was ist mit dir?« »Mach dir keine Sorgen um mich«, flüsterte Kali in sein Ohr. »Heute Nacht ist noch nicht meine Zeit zu sterben.«
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