Kapitel 2

2819 Words
2 »Wie heißt diese Stadt?«, fragte Razor den menschlichen Piloten an seiner Seite, während er auf die dunklen Ruinen hinabsah. Cutter, seine rechte Hand, hatte ihm zwar einen Bericht geschickt, aber ein anderes Problem hatte auf dem Weg von Mexiko hierher seine ganze Aufmerksamkeit gefordert. Er war heute erst angekommen und hatte sich sofort mit einem anderen Ratsmitglied der Allianz treffen müssen. Er war wütend gewesen, als er festgestellt hatte, dass in früheren Berichten unzählige Informationen gelöscht worden waren. Wenn es nach Razor ging, hatte Badrick, das usoleische Ratsmitglied, das offiziell für dieses Sternensystem verantwortlich war, eine Menge Fragen zu beantworten. Badrick konnte sich glücklich schätzen, dass er noch lebte, nachdem Razor festgestellt hatte, wie viele gefälschte Berichte der Bastard in den vergangenen sechs Jahren an die trivatorischen Generäle und den Rat geschickt hatte. Badricks Einmischung, zusammen mit seiner Unfähigkeit, war ein nicht unwesentlicher Faktor dafür, dass die Situation auf der Erde so schlimm war. Leider waren die meisten Beweise nur Indizien, so dass er Badrick nicht sofort absetzen konnte. Außerdem war Badrick sehr gut darin, die Schuld an seinen Entscheidungen anderen in die Schuhe zu schieben. Es war mühsam, aber Razor arbeitete daran, die Lügen des usoleischen Ratsmitgliedes aufzudecken. »Chicago«, antwortete der Pilot über das Headset. »Oberst Baker hat den Befehl über dieses Gebiet. Es gibt zwei Rebellengruppierungen, die um die Vorherrschaft kämpfen. In den letzten Monaten haben die Kämpfe zugenommen und die Stadt wurde in Nord und Süd aufgeteilt. Die Bewohner haben aus Trümmern eine riesige Mauer gebaut, die mich an die Chinesische Mauer erinnert. Wir nennen sie deshalb die Chicagoer Mauer«, scherzte der Pilot. Razor antwortete nicht. Er konnte die sechs Meter hohe und 9 Meter breite Mauer, welche die Stadt teilte, ohne Probleme erkennen. An einzelnen Stellen ragten die geisterhaften Umrisse von Baukränen wie Wächter über die Mauer. Razor sah kleine Lichtpunkte, vermutlich kleine Lagerfeuer, die in der Dunkelheit leuchteten. Er überlegte, wie lange es dauern würde die Stadt zu vernichten, wenn sich die gegnerischen Seiten weigern sollten die Waffen niederzulegen. »Wie weit ist es noch bis zur Basis?”, fragte Razor. »Ungefähr fünfundvierzig Minuten”, antwortete der Pilot. Razor schwieg. Er hätte lieber seinen eigenen Transporter benutzt, aber außerhalb der Stadt hatte es ein paar verletzte Trivatorkrieger gegeben, die dringend evakuiert werden mussten. Daher hatte Razor seinem eigenen Piloten befohlen, bei der Evakuierung zu helfen und der befehlshabende Offizier der Menschen hatte Razor stattdessen sein eigenes Transportmittel angeboten, damit dieser zu seinem Treffen mit Oberst Baker kam. Eine Reise, die eigentlich nur ein paar Minuten dauern sollte, dauerte jetzt schon über eine Stunde. Razor strich mit seinem Finger über das Tablet, um endlich den Bericht zu lesen, den er von Cutter erhalten hatte. Ein Bild Chicagos, das vor dem Eintreffen der Trivatoren entstanden war, zeigte eine ziemlich moderne Stadt, wenn man einmal den Entwicklungsstand dieser Spezies berücksichtigte. Razor überflog die Fakten. Zwei Männer, Colbert Allen und Destin Parks, kontrollierten das Gebiet. Es gab Informationen, wonach die beiden Männer befreundet gewesen waren, ehe sich ihre Wege getrennt hatten. Allen kontrollierte den südlichen Teil der Stadt, Parks den nördlichen. In den letzten sechs Monaten hatten die Kämpfe zugenommen. Razor berührte das Display, um weitere Bilder zu betrachten. Mehrere Fotos, die aus großer Entfernung mit einer hochauflösenden Kamera aufgenommen worden waren, zeigten verschiedene Menschengruppen. Ganz oben war Colbert Allen gekennzeichnet. Er war ein großer, schlanker Mann mit kurzen blonden Haaren und kalten blauen Augen. Er stand inmitten einer Gruppe Männer, die Razor an ungebildete Minenarbeiter oder die Piraten erinnerten, denen er während seiner Zeit als Kommandeur eines Kriegsschiffs begegnet war. Sein Bauchgefühl sagte ihm, dass sich dieser Mann nicht so ohne weiteres davon überzeugen lassen würde, seine Waffen niederzulegen. Razors Blick fiel auf das nächste Bild. Ein dunkelhaariger Mann, der kleiner gewachsen war als Allen, wurde von einigen Männern umringt, die ihm aufmerksam zuhörten. Destin Parks war das genaue Gegenteil von Allen, nicht nur farblich, sondern auch was seine Wirkung betraf. Razor erkannte Besorgnis, Intelligenz und noch etwas – er vergrößerte das Bild, um das Gesicht des Mannes genauer zu betrachten. Dann hob er überrascht eine Augenbraue – Trauer. Wenn er etwas vermuten müsste, würde er sagen, dass der Mann traurig war. Razors Stirnrunzeln vertiefte sich, als das schattenhafte Gesicht einer Gestalt, die zu Parks Linken stand, plötzlich seine Aufmerksamkeit erregte. Wenn er das Bild nicht vergrößert hätte, hätte er die Person im Schatten übersehen. Er berührte das Display erneut, um das Gesicht des Menschen zu vergrößern. Ein Schock durchfuhr ihn, als er die zarten Züge einer Frau erkannte. Sie hatte ein rundes Gesicht, das von kurzen dunklen Haaren eingerahmt wurde. Er verkniff sich ein frustriertes Knurren. Sie stand zu sehr im Schatten, als dass man die Farbe ausmachen könnte. Es war entweder dunkelbraun oder schwarz wie sein Eigenes. Ihr Blick ruhte auf Parks. Etwas sagte ihm, dass ihre Augen wahrscheinlich die gleiche Farbe hatten wie ihre Haare. Sie hatte eine kleine, schmale Nase, die ihm überraschenderweise gefiel. Ihre Lippen waren zu einer schmalen Linie zusammengepresst, und es war eindeutig, dass ihr das, was Parks gerade sagte, nicht gefiel. Razor konnte nicht erkennen, wie sie sonst aussah, da sie von Parks und seiner Gruppe verdeckt wurde. Er konzentrierte sich wieder auf ihre Augen. Dieses Mal konnte er sein frustriertes Knurren nicht unterdrücken. Er sah ganz klar die Angst und Sorge. »Was?«, fragte der Pilot, ehe er über eine Warnmeldung fluchte. »Fuck! Diese Mistkerle haben auf uns geschossen. Gut festhalten.« Razors Blick fiel auf das primitive Display. Die Spur einer Flugabwehrrakete zog sich über die schwach beleuchtete Anzeige. Er kalkulierte die Zeit bis zum Einschlag, während er gleichzeitig eine Warnung rief, als er in der Dunkelheit die Umrisse eines Krans erkannte. Der Pilot war, um dem Geschoss zu entkommen, nach links ausgewichen und hatte an Höhe verloren. Er versuchte ihre Flugroute zu korrigieren, aber Razor wusste, dass der Hubschrauber nicht schnell genug reagieren konnte. »Bereitmachen für den Einschlag«, knurrte er, als der Hubschrauber auf das Hindernis traf. Der kreischende Klang von Metall auf Metall hallte laut durch den Hubschrauber. Razor fasste nach der Strebe neben seinem Kopf, als der Hubschrauber herumgeworfen wurde und dann begann abzustürzen. Während er durch die Frontscheibe sah, wie sie auf den Boden zurasten ignorierte Razor das Gefühl der Übelkeit. Sein Körper machte einen Ruck nach vorne, als das Heck des Hubschraubers sich in den Kabeln des Krans verfing. Der Gurt hielt ihn auf dem Sitz, aber er hing mit dem Gesicht nach unten. Für einen kleinen Moment glaubte Razor, dass er den Absturz tatsächlich unbeschadet überstanden hatte. Doch dann traf das Geschoss den Kran, an dem sie hingen. Die Explosion erschütterte das Metall und ließ kleine tödliche Fragmente hinabregnen. Heiße Scherben schnitten durch die dünne Metallhaut des Hubschraubers. Razor fluchte, als der Ausleger des Krans unter dem Gewicht und der Hitze nachgab und sie weiter in die Tiefe stürzten. Der Hubschrauber hing immer noch an den Kabeln und schwang auf ein Hochhaus zu. Dunkelheit umfing Razor, als er mit seinem Kopf gegen die Strebe schlug, an der er sich gerade noch festgehalten hatte. * * * Kali atmete tief ein und sog die kalte Nachtluft in ihre Lungen. Sie hatte ihre Hände auf die Oberschenkel gestützt und holte mehrfach tief Luft, ehe sie sich aufrichtete und hinauf zu den Sternen sah. Sie war heute in der Nähe des Stadtzentrums und genoss es, den engen Räumen ihres aktuellen Hauptquartieres entkommen zu sein. Sie war gerne draußen. Schon als Kind hatte sie am liebsten im Freien gespielt. Heute Nacht hatte Kali das Dach des Harrison Hotel Electric Garage erklommen, und um noch höher zu gelangen, ging sie zu den Überresten der Leuchtschrift, die immer noch über die Stadt hinausragten. Mit zweiundzwanzig Etagen war es zwar nicht das höchste noch stehende Gebäude, aber fast. Manchmal kletterte Kali auf den Kran, der auf dem Dach stand, aber heute war es dafür zu windig. Wie ein Affe kletterte Kali an dem Metallgerüst, an dem die Buchstaben befestigt waren, empor. Sie hatte in den letzten Jahren viel Erfahrung darin gesammelt. Sie hörte nicht auf zu klettern, ehe sie oben auf dem ‘H‘ war. Die meisten Buchstaben waren heruntergefallen, aber dieser eine ragte stolz in den tiefschwarzen Nachthimmel. Die Fläche war groß genug, dass Kali in einer ruhigen Nacht darauf stehen und ihre Arme gen Himmel strecken konnte. Wenn sie ihre Augen schloss und eine sanfte Brise wehte, konnte sie sich vorstellen zu fliegen. Heute war es zu gefährlich, um dort zu stehen. Stattdessen gab sie sich damit zufrieden, auf dem Rand zu sitzen und über die Stadt zu blicken, die sie ihre Heimat nannte. »Ich frage mich, wie sie in der Zukunft aussehen wird«, murmelte sie, während sie auf die geisterhaften Überreste sah. »Wenn Destin die Stadt zurückgewonnen hat, werden wir sie zu einem besseren Ort wiederaufbauen.« Kali wollte nicht zugeben, dass sie tief in ihrem Herzen befürchtete, dass dies vielleicht nie geschehen würde. Wenn Colbert …, wenn Colbert damit Erfolg hatte, ihren Bruder Destin zu töten und die nördliche Hälfte der Stadt zu kontrollieren, würde ihr Wunsch nie war werden, das wusste sie. Sie senkte den Kopf und dachte an den Jungen, mit dem sie und Destin als Kinder befreundet gewesen waren, und der sie auf grausamste Weise betrogen hatte. »Warum?«, flüsterte sie, während sie mit den Fingern über die Narben an ihrem Handgelenk fuhr. »Wie hatte er das tun können? Wie konnte er uns so etwas antun? Unseren eigenen Leuten?« Sie schüttelte den Kopf und blinzelte die Tränen der Wut weg. Es war jetzt schon fast zwei Jahre her, dass Colbert ihnen in den Rücken gefallen war. Destin hatte ihr zunächst nicht geglaubt, als sie ihre Sorgen über Colberts zunehmend unberechenbares Verhalten mit ihm geteilt hatte. Destin hatte vermutet, es lag an dem ganzen Stress. Destin hatte oft zu ihr gesagt, dass es nicht einfach war, in all der Zerstörung und unsicheren Zukunft eine neue Welt aufzubauen, und dass die Menschen unterschiedlich damit umgingen. Destin hatte die Chance genutzt. Er war entschlossen sein Wissen als Ingenieur, dass er sich angeeignet hatte, ehe die Welt verrückt geworden war, zu nutzen, um eine Stadt aufzubauen, wie jene aus den Science-Fiction-Filmen im Kino, in die sie sich früher gemeinsam reingeschlichen hatten. Colbert … Colbert sah die Möglichkeit, mit Gewalt zu herrschen und er wollte Destin an seiner Seite. Für Colbert war es die Chance, vom Straßenkind zu einem absoluten Herrscher zu werden. Dabei stand ihm nur eine Person im Weg. Eine Person, die seine Schwäche kannte. Eine Person, die wusste, was er im Inneren war, und was er sich neben Macht am meisten wünschte. Destin war beinahe gestorben, weil Kali gezögert hatte, es laut auszusprechen. Sie hatte immer gewusst, dass Colbert ihren Bruder liebte. Als sie jünger gewesen war, dachte sie, er würde Destin so lieben wie sie, wie einen Bruder. Mit sechzehn hatte sie Colbert dabei erwischt, wie er Destin mit einem Hunger angesehen hatte, der nichts mit Geschwisterliebe zu tun hatte. Colbert war achtzehn gewesen und der Anführer der gefährlichsten Gang im Viertel; Destin war damals schon zwanzig gewesen. Es hatte Colbert nicht gefallen, dass Kali und Destin einen anderen Weg eingeschlagen hatten, und Kali wusste, dass Colbert ihr dafür die Schuld gab. Destin wollte seine Schwester nicht in Gefahr bringen, und dass hatte er Colbert auch gesagt. Kali und Destin, hatten andere Träume, denen sie folgen wollten. Dass Colbert von Destin besessen war, war ihrem Bruder verborgen geblieben, aber nachdem Kali an jenem Tag den Hunger in seinen Augen gesehen hatte, begann sie Colbert insgeheim genauer zu beobachten. Vor zwei Jahren hatte sie Colbert dabei erwischt, wie er Destin hinterherspionierte, als dieser gerade mit einer Frau zusammen war, die erst vor kurzem zu ihnen gestoßen war. Kali hatte ihrem Bruder schließlich von ihrer Vermutung erzählt. Zwei Tage nach ihrem Stelldichein mit Destin war die Frau tot. Maria, hatte sich das Genick gebrochen, als sie angeblich während einer Patrouille mit Colbert und Johnson, Colberts rechter Hand, abgestürzt war. Colbert schwor, dass er versucht hatte Maria zu retten, aber Kali war misstrauisch und bat Doc, Maria zu obduzieren. Doc erklärte, dass die Flecken an Marias Hals darauf hinwiesen, dass sie erwürgt worden war und weitere Verletzungen und Blut unter ihren Fingernägeln belegten, dass sie gegen ihren Angreifer gekämpft hatte. Colbert hatte gelauscht, als Kali Destin von der Autopsie berichtet hatte. Zunächst hatte Colbert alles geleugnet und behauptete seine Verletzungen an Armen und Gesicht wären entstanden, als er versucht hatte Maria zu retten. Als Kali die Beweise von Doc präsentierte und nach einer Blutprobe fragte, um es mit dem Blut unter Marias Fingernägeln zu vergleichen, drehte Colbert vor Eifersucht und Wut durch. Das Messer, mit dem er auf das Herz ihres Bruders gezielt hatte, hatte sich tief in ihr Handgelenk geschnitten, als sie sich beschützend vor Destin geworfen hatte. Jason und Tim hatten auf Destins Hilferuf reagiert und Colbert überwältigt, aber sein Verrat reichte tiefer als sie vermutet hatten. Colberts Anhänger hatten ihm zur Flucht aus dem provisorischen Gefängnis verholfen. Mehrere gute Männer waren in dieser Nacht gestorben. Männer mit Familien. Alles nur, weil Destin Colberts Liebe nicht erwidert hatte und sich weigerte, mit ihm gemeinsam über Chicago zu herrschen. »In was für einer kaputten Welt leben wir?«, murmelte sie, als sie sich zurücklehnte und wieder in den Nachthimmel sah. »Warum können die Menschen nicht lernen, miteinander zu leben.« Als sie sah, dass jemand aus dem Südteil der Stadt ein Flugabwehrgeschoss abfeuerte, holte Kali erschrocken Luft. Ihr Blick verfolgte die Flugbahn durch den Nachthimmel. Der Wind wehte ihren leisen Aufschrei fort, als sie das Ziel erkannte. Ein tieffliegender Hubschrauber, der nach links auswich und nun in ihre Richtung flog. Kali beobachtete den Hubschrauber und es dauerte einen Moment bis sie realisierte, dass er direkt auf sie zuflog. Sie rollte sich nach hinten und ließ sich von ihrem Aussichtspunkt fallen. So schnell es ging, kletterte und rutschte sie das Metallgerüst hinab. Sie war fast unten angekommen, als das Geräusch des Hubschraubers lauter wurde und sie sich umdrehte. Sie fluchte heiser und ihre Augen weiteten sich vor Schreck, als sie die Umrisse von zwei Männern im Cockpit erkannte. Während der Pilot versuchte auszuweichen, schien die Zeit stillzustehen. Es war offensichtlich, dass er den Kran, der wie eine gierige Hand in den Himmel ragte, nicht gesehen hatte. Kali sprang das letzte Stück, als der Heckrotor sich in den dicken Metallseilen des Kranes verfing. Das schreckliche Geräusch von kreischendem Metall übertönte den Wind. Kali kam auf dem Boden auf und krabbelte weiter, bis sie unter dem Metallbogen einer Belüftungsanlage auf dem Dach in Sicherheit war. Ein weiteres Geräusch vermischte sich mit dem des abstürzenden Hubschraubers. Das Pfeifen des Flugabwehrgeschosses endete in einer ohrenbetäubenden Explosion. Kali rollte sich zusammen und bedeckte ihren Kopf mit den Händen, während brennende Teile und heißes Metall auf sie herabregneten. Die Angst drohte sie zu verschlingen, als ein Teil eines Rotorblattes abriss und mehrere große Teile durch die Luft flogen. Ein fast zwei Meter langes Stück durchbohrte den Metallschacht nur wenige Zentimeter über ihrem Kopf. Sie keuchte, während das Geräusch von quietschendem Metall und das Prasseln und Knacken von Feuer die Luft erfüllte. Kali hob vorsichtig den Kopf und betrachtete die Zerstörung. Sie war überrascht, dass sie noch lebte, und kam auf Händen und Knien langsam aus ihrem Versteck gekrochen. Sie kniete in dem Schutt auf dem Dach und betrachtete voller Entsetzen die Zerstörung. Der Kran, der schon vor der Alieninvasion auf dem Dach gewesen war, um ein paar Buchstaben auszutauschen, war nun total verbogen, als wäre er aus Pappmaché, anstatt aus Stahl. Das ‚H’ war in zwei Teile zerbrochen und ein Teil hatte mindestens drei Meter der Dachmauer mit sich gerissen. Lange Stahlkabel hingen wie die Reste eines Spinnennetzes hinab und schwangen im Wind. Überall sprühten Funken und brannten kleine Feuer, so dass Kali in der Dunkelheit die Umrisse des Hubschraubers ausmachen konnte. Sie näherte sich langsam dem Rand des Daches. Nie im Leben hatte jemand diesen Absturz überlebt. Der Heckausleger war zerstört und der Heckrotor fehlte vollständig. Kali sah sich um und glaubte ihn im Nachbargebäude zu erkennen. Sie kletterte über den Schutt, strich sich mit zitternder Hand die Haare hinter die Ohren und sah über den Rand des Gebäudes, um zu sehen, ob der Rest des Hubschraubers auf die Erde gestürzt war. Sie schnappte erstaunt nach Luft als sie sah, dass er nur zwei Etagen weiter unten hing. Ihr Blick folgte den Stahlkabeln, die ihn hielten. Sie zuckte zurück als der Kran unter dem Gewicht des Hubschraubers weiter nachgab. Sie krabbelte ein Stück rückwärts über zerbrochene Steine und Schutt, ehe sie sich umdrehte und zu der Ecke mit der Feuertreppe ging. Obwohl sie bezweifelte, dass die beiden Männer noch lebten, musste sie nachsehen. Wenn die Männer verletzt waren, musste sie helfen. Eins ist sicher, dachte sie, als sie über den Rand und die Metallleiter hinabkletterte. Wenn diese Männer den Absturz überlebt haben, muss ich ihnen helfen aus dem Hubschrauber zu kommen, weil der Kran mit Sicherheit nicht mehr lange halten wird.
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