Kapitel 2-2

754 Words
Nach der Zeremonie sehe ich ihn nicht mehr und bin erleichtert. Leah fährt uns zu Jakes Haus. Sie und Jennie unterhalten sich die ganze Zeit, da sie so aufgeregt sind, mit der Schule fertig zu sein und einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Normalerweise würde ich mich ihrer Unterhaltung anschließen, aber ich bin zu durcheinander davon, Julian gesehen zu haben. Also sitze ich einfach schweigend da. Aus irgendeinem Grund hatte ich Leah nichts von dem Treffen im Club erzählt. Ich sagte ihr damals einfach, ich hätte Kopfschmerzen und wolle nach Hause fahren. Ich weiß nicht, warum ich mit Leah nicht über Julian reden kann. Ich habe kein Problem damit, alles über Jake bei ihr loszuwerden. Vielleicht ist es einfach zu schwierig für mich, ihr zu beschreiben, welche Gefühle Julian in mir weckt. Sie würde nicht verstehen, warum er mir Angst macht. Ich verstehe es ja selbst nicht richtig. Die Party in Jakes Haus ist schon in vollem Gange, als wir ankommen. Ich bin immer noch entschlossen, mit ihm zu reden, aber ich bin zu aufgewühlt, Julian erneut gesehen zu haben. Ich beschließe, etwas flüssigen Mut vertragen zu können. Ich verlasse die Mädels, gehe zu dem Fass und schenke mir einen Becher Bowle ein. Als ich daran rieche, bin ich mir sicher, dass sie Alkohol enthält, und trinke den ganzen Becher auf einmal. Fast augenblicklich werde ich benebelt. Wie ich in den letzten Jahren herausgefunden habe, vertrage ich nahezu keinen Alkohol. Ein Getränk ist schon fast meine Grenze. Ich sehe, wie Jake in die Küche geht, und folge ihm. Er macht sauber, schmeißt übriggebliebene Becher und dreckige Papierteller weg. »Möchtest du ein wenig Hilfe dabei?«, frage ich. Er lächelt, und an den äußeren Winkeln seiner braunen Augen bilden sich Fältchen. »Na klar, danke. Das wäre großartig.« Sein mit sonnengebleichten Strähnen durchzogenes Haar ist ein wenig länger und fällt über die Stirn, was ihn besonders niedlich macht. Ich schmelze innerlich dahin. Er ist so hübsch. Nicht auf die beunruhigende Art Julians, sondern auf eine schöne Weise. Jake ist groß und muskulös, aber nicht besonders riesig für einen Quarterback. Nicht riesig genug, um Football an der Uni zu spielen; das hat mir zumindest Jennie einmal erzählt. Ich helfe ihm aufzuräumen, fege einige Chipskrümel von der Theke und wische die Bowle auf, die auf den Boden gespritzt war. Die ganze Zeit über schlägt mein Herz vor Aufregung ganz schnell. »Nora, stimmt’s?«, meint Jake und schaut mich an. Er kennt meinen Namen! Ich grinse ihn breit an. »Ja, das stimmt.« »Ich finde das wirklich großartig, dass du mir hilfst, Nora«, sagt er offen zu mir. »Ich schmeiße gerne Partys, aber das Aufräumen am nächsten Tag ist beschissen. Also versuche ich jetzt schon, ein bisschen was wegzumachen, bevor es zu schlimm wird.« Mein Grinsen wird noch breiter, und ich nicke. »Natürlich.« Das verstehe ich völlig. Ich liebe es, dass er so nett und nachdenklich zu sein scheint, viel mehr als nur ein Sportler. Wir beginnen, uns zu unterhalten. Er erzählt mir von seinen Plänen für das kommende Jahr. Im Gegensatz zu mir studiert er woanders. Ich sage ihm, dass ich plane, die nächsten zwei Jahre hierzubleiben, um Geld zu sparen. Danach würde ich gerne zu einer richtigen Uni wechseln. Er nickt zustimmend und meint, das sei clever. Er hatte auch darüber nachgedacht, etwas in dieser Art zu machen, aber dann hatte er das Glück, ein komplettes Stipendium für die Universität von Michigan zu bekommen. Ich lächle und gratuliere ihm. Innerlich hüpfe ich vor Freude auf und ab. Wir verstehen uns. Wir verstehen uns wirklich gut. Er mag mich, das merke ich. Warum hatte ich ihn nur nicht eher angesprochen? Wir reden etwa zwanzig Minuten lang, bevor jemand in die Küche kommt und Jake sucht. »Ach, Nora«, meint Jake, bevor er wieder zurück zur Party geht, »hast du morgen schon was vor?« Ich schüttele meinen Kopf und halte den Atem an. »Was hältst du davon, wenn wir ins Kino gehen?«, schlägt Jake vor. »Und davor vielleicht noch etwas in einem kleinen Fischrestaurant essen?« Ich grinse und nicke wie ein Idiot. Ich habe zu viel Angst, etwas Dummes zu sagen, also halte ich meinen Mund. »Klasse«, meint Jake und grinst zurück. »Ich komme dich um sechs abholen.« Er geht, um wieder der Gastgeber der Party zu sein, und ich suche die Mädchen. Wir bleiben noch ein paar Stunden, aber ich rede nicht mehr mit Jake. Er ist von seinen Sportlerfreunden umgeben, und ich möchte ihn nicht stören. Aber ab und an erwische ich ihn dabei, wie er in meine Richtung schaut und lächelt.
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