Roxie und Logan schienen ziemlich in Ordnung zu sein. Beide waren etwas... Crazy. Aber das machte mir nichts aus.
Wir verglichen unsere Stundenpläne und fanden heraus, dass die beiden in meiner Paralellklasse waren und wir hatten sogar einige Unterrichtstunden zusammen.
„Sag mal, müsst ihr in Sozialkunde auch dieses 4 monatige Kennenlern-Projekt machen?", fragte mich Roxie plötzlich auf dem Weg zu Englisch, das wir zusammen hatten.
„Ja müssen wir", brummte ich.
„Ich muss es mit Logan machen. Und du?"
„Seid ihr zwei eigentlich ein Paar?", stellte ich eine Gegenfrage.
Roxie blieb aprubt stehen und sah mich geschockt an.
„Ernste Frage?"
Ich nickte.
Sie fing an zu lachen und dann schüttelte sie sich am ganzen Körper.
„Meine Güte, nein! Wir sind beste Freunde seit dem Kindergarten!", schrie sie schon fast.
„Tut mir leid!", nuschelte ich,„Ich dachte nur, weil er dich so angesehen hat."
„Pff. Wie soll er mich denn angesehen haben? Wie seine beste Freundin natürlich! Und mit wem musst du jetzt dieses Projekt machen?", wechselte sie das Thema.
„Mit Ethan Black", antwortete ich knapp und Roxie blieb ein weiteres Mal stehen. Wenn das so weiterging, dann kamen wir nie in Englisch an.
„Sagtest du gerade ohne Witz: Ethan Black?!", fragte sie schon fast hysterisch.
„Ja?"
„Jetzt, meine Süsse, bist du total am Arsch! Du hast Tessa, die Schulbitch und Cheerleaderkapitänin, und Ethan Black, der Badboy der Schule, an der Backe. Ich wünsche dir viel Spass beim Versuch zu überleben in diesem Chaos!"
„Ich danke dir, neue Freundin", spottete ich ironisch und lief nun etwas schneller in Richtung Klassenraum.
Als wir endlich ankamen, waren wir klar zu spät und klopften an die Türe. Roxie ging sofort nach hinten an ihren Platz und ich blieb unschlüssig vorne stehen. Dann sagte ich einfach:„Ich bin die Neue."
„Weiss ich. Stell dich bitte kurz vor", sagte mein Englischlehrer.
„Ich bin Natalia Ocean und bin neu hier. Ich bin in den Ferien hierhergezogen", sagte ich brav.
„Gut. Setzen Sie sich doch auf einen freien Platz."
Auf einen 'freien Platz' setzen war gut. Im Raum gab es gerade mal einen einzigen noch freien Platz neben einem blonden Typen. Meiner Meinung nach, war das einer von Ethans 'Badboy-Mitgliedern'. Denn er sah weder schlecht noch freundlich aus.
Ich ging langsam auf ihn zu und wollte mich auf den Stuhl neben ihm setzen.
Doch da war plötzlich kein Stuhl mehr.
Ich landete überhaupt nicht lady-like auf dem Boden und funkelte den Typen wütend an. Dieser lachte mich jedoch nur aus. Genau wie die ganze Klasse, die in gröhlendes Gelächter fiel. Roxie sprang von ihrem Platz auf, um mir zu Hilfe zu kommen und half mir wieder auf.
Miesgelaunt packte ich den leeren Stuhl, der sich nun einen Meter von meinem Hintern entfernt war und hielt ihn fest, bis ich sicher darauf sass.
„Haben Sie es wirklich nötig die Aufmerksamkeit Iherer Mitschüler noch mehr auf sich zu lenken, Miss Ocean?", fragte mich mein Lehrer genervt.
„Tut mir schrecklich leid! Es gehört nunmal zu meinen Hobbys mich neben den Stuhl zu setzten. Ich komme einfach nicht dagegen an", antwortete ich mit ironischem Unterton, der nicht zu überhören sein konnte.
„Ich wäre Ihnen sehr verbunden ihr Verlangen zu zügeln." Mit dieser Aussage sorgte er für noch brüllenderes Gelächter meiner Mitschüler und sogar ich musste über seine Wortwahl schmunzeln.
Der Unterricht begann und ich würdigte meinem Pultnachbar keines Blickes.
Als ich endlich die Hälfte dieser Doppellektion hinter mir hatte, fauchte mich der blonde Typ neben mir an:„Was fällt dir eigentlich ein, mich zu ignorieren?!"
„Bitte, was?"
„Du solltest mich begaffen, wie alle anderen Weiber das hier auch tun!"
„Was läuften den bei dir Berg ab?!"
Ich rutschte mit meinem Stuhl so weit von ihm ab, wie überhaupt möglich und ignorierte seine zornigen Blick gekonnt.
Das war wohl die High School.
Als die Doppelstunde vorbei war sprang der Typ neben mir auf und eilte aus der Tür, so wie es Ethan zwei Stunden vorher auch gemacht hatte.
Roxie gesellte sich gleich darauf zu mir und sagte verträumt, als sie merkte, wie ich ihm nachstarrte:„Das ist Jacob. Er gehört zu den Badboys und ist nach Ethan der heisseste Typ hier. Naja. Nicht mehr. Jetzt ist der heisseste Typ nach Ethan Aiden Ocean, dann folgt Dylan Ocean. Er ist als so bei den Mädchen jetzt auf Platz vier und darauf ist er überhaupt nicht gut zu sprechen. Deshalb ist er manchmal zu unserem Geschlecht etwas muffig drauf."
„Ach was du nicht sagst!", sagte ich nun völlig bei der Sache. Wie konnten meine Brüder in so kurzer zeit gleich Badboy Nummer zwei und drei werden?
Wir liefen zusammen in Richtung Cafeteria, da wir jetzt Mittagspause hatten. Logan gesellte sich auf halbem Weg zu uns und nach einem kurzen Gruss bohrte ich bei Roxie weiter nach:„Und wer folgt Jacob? Ich meine wer ist auf Nummer fünf? Und wie viele gibt es überhaupt von denen?"
Meine neue Freundin war sofort Feuer und Flamme. Anscheinend fand sie dieses Thema ausserordentlich interessant.
„Auf Platz fünf sind die beiden Zwillinge Mike und Mason Ocean. Ist ja klar, dass sie sich den Rang teilen. Schliesslich sehen sie genau gleich aus. Seit den Sommerferien gibt es jetzt acht Badboys und vorher waren es nur vier. Die Ocean-Brüder sind schon etwas vor den Sommerferien hergezogen und urplötzlich sah man sie, wenn man sie sah, nur bei Ethan und seinen Jungs", erzählte sie begeistert.
„Und weisst du, was das allerkrasseste ist?", mischte sich Logan mit ein.
Ich schüttelte den Kopf.
„Sie alle spielen Football und sind dazu noch die besten Spieler des ganzen Teams! Ich versteh das einfach nicht!"
Bildete ich mir das nur ein oder fing er beim letzten Satz an zu schmollen?
„Du musst ihn entschuldigen. Er ist selbst auch im Football-Team und hat hart dafür gearbeitet einer der Lieblinge des Coaches zu sein", enschultige Roxie.
„Ich war einer seiner Lieblinge! Dann sind diese Ocean-Schönlinge gekommen!", rief Logan aufgebracht.
Roxie lachte:„Sei doch nicht so!"
Wir betraten die Cafeteria und stellten uns ohne grosse umschweife bei der Essensausgabe an.
Ich hatte viele Filme über High School Cafeterien gesehen, in denen es immer nur eine fiese Köchin und pampe-änliches Essen gab. Auch an der Schule in Phoenix war das so. Aber hier war das anders. Des Essen sah köstlich aus und die Köchin war wahnsinnig freundlich. Wahrscheinlich, weil die Schüler auch freundlich zu ihr waren.
Zusammen liefen wir drei durch die Tischgänge. Wir liefen an dem Tisch der Super-Beliebten vorbei, an dem meine Brüder sassen und ich lächelte ihnen zu. Diese strahlten zurück und winkten sogar kurz. Tessa sass dierekt auf Ethans Schoss und sah zwischen mir und den Jungs etwas verwirrt hin und her. Dann verfinsterste sich ihr Ausdruck noch mehr, als er schon war, als sie mich entdeckte. Wir liefen weiter und liessen uns an einem Tisch nieder, an dem schon einige Jugendliche sassen.
Logan und Roxie stellten sie mir alle vor, doch nach fünf Sekunden hatte ich schon wieder alle Namen vergessen. Ich versuchte gar nicht mir alle zu merken. Ausserdem merkte ich, dass ich ein ganz anderes Probelm hatte als Namen. Dieses Problem stand gerade mit zwei weiteren - aber kleineren - Problemen vom Tisch der Super-Beliebten auf und kam in ihren 15 Zentimetern High Heels auf uns zu stolziert. Ich rammte Logen neben mir meinen Ellbogen in die Seite und Roxie kickte ich unter dem Tisch gegen ihr Schienbein.
„Aua! Gehts noch?!", fuhr sie mich an, aber ich zeigte mit einem kleinen Kopfnicken nur in Richtung Tessa, die unseren Tisch schon fast erreichte hatte.
Auch einige andere Mitschüler hatten gemerkt, dass sich vermutlich gleich wieder ein grösseres Schauspiel ereignen würde. Denn eine schauten schaulustig zu uns herüber und andere flüchteten von ihren Tischen, um bloss nicht in Tessas Sichtfeld zu kommen. So auch einige von Roxies und Logans Freunden, denn wir waren plötzlich die einzigen an unserem Tisch. Wann waren die denn alle weggegangen? Gerade eben waren wir doch noch zu acht oder so. Meine beiden Freunde schienen auch gerne flüchten zu wollen, aber genau das war es was Tessa wollte. Und diesen Wunsch werde ich ihr nicht erfüllen. Ich hatte genug High School Filme gesehen, um auf diese Situation vorbereitet zu sein. Also widmete ich mich gelangweilt meinem Essen und mampfte es genüslich. Manomann war das lecker! Ich hatte mein Problem schon wieder vergessen und es fiel mir erst wieder ein, als es sich neben mir äusserst verärgert räusperte. Ich schaute noch oben und fragte mit vollem Mund:„Kann isch dia helfe'?" Dabei spuckte ich einige Krümel auf die teuer aussehende Bluse der Tussi. Was für eine Verschwendung von gutem Essen!
Tessa sah mich angeekelt an und fragte dann im spöttischen Tonfall und laut genug, dass es in der ganzen Cafeteria zu hören war, die mitlerweile muckmäuschenstill geworden war:„Du hast den Kindergarten also nicht gefunden?"
Ich schluckte herunter und nahm mir schön Zeit, bevor ich antwortete:„Doch doch! War sehr schön da! Aber sie haben gesagt, ich sei viel zu begabt dafür und könnte ihn ohne grosse Umschweife überspringen."
Dann machte ich noch eine Andeutung auf das puppenähnliche Auftereten der Schulschlampten:„Die freundliche Kindergärnterin hat mir auch gesagt, ich solle doch einigen Jungs hier noch erklären, dass sie nicht mehr mit Barbies spielen sollten. Das würde ihrem Selbstbewusstsein auch nicht mehr weiterhelfen."
Ich hörte einige unterdrückte Lacher, die nach einem Blick von Tessa zum Schweigen gebracht wurden. Nur Logan und Roxie konnten sich vor lachen nicht mehr so richtig auf ihren Stühlen halten. Wahrscheinlich auch, weil sie die verwirrten Gesichter von Tessas Begleiterinnen sahen. Die armen Mädchen hatten es tatsächlich nicht verstanden. Die konnten einem wirklich leidtun! Auch ich musste schmunzeln, bis Tessa wütend ihre Hände auf die Tischplatte knallte ich ich erschrocken zusammen zuckte. Mist!
Sie beugte sich zu mir runter und drohte:„Hör mir mal gut zu, du kleines Miststück! Ich lass hier niemanden auf meiner Nase herum tanzen. Und schon gar nicht von so einer mit Schneekette im Mund und einem Nasenfahrrad im Geischt."
Jetzt wurde auch ich wütend. Niemand beleidigte meine Nerdbrille und schon gar nicht meine Schneekette, ich meinte meine Zahnspange! Ich stand langsam auf und näherte mich ihrem Gesicht. Ich war immer noch um einiges kleiner als sie, aber das war mir ziemlich egal.
„Jetzt hörst du mir mal zu, Schätzchen. Ich tanz leibend gerne und deshalb tanze ich dir auf der Nase herum wann ich will, wie ich will und wo ich will. Kapiert? Du machst mir überhaupt keine angst."
„DAS werden wir ja dann noch sehen!", sagte Tessa und ich meinte etwas Unsicherheit in ihrer Stimme mitschwingen zu hören. Sie sah sich kurz um, dann fasste sie mit ihren ekligen langen Fingernägeln mitten in meine super leckere Lasangne und pappte es mir ans Dekolté. Einiges rutschte mir in den Ausschnitt und ich versuchte die Hitze, die von dem Essen ausging zu ignorieren. Mit einem kleinen Blick an Tessa vorbei sah ich, wie meine Brüder von ihrem Sitzplatz aufsprangen. Ich sah sie warnend an und schüttelte leicht den Kopf. Dann wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder zu Tessa, dann zu meinen Dekolté und lachte:„Und du fragst MICH, ob ich den Kindergarten nicht gefunden habe? Geh dort besser noch einmal vorbei. Ich glaube nämlich, die hast den Part mit 'mit Essen spielt man nicht' verpasst."
Ich drückte mich an ihr vorbei, um mich auf der Toillette sauber zu machen. Roxie und Logan folgten mir sofort und schon liess ich die grosse Schulbitch ein zweites Mal an einem Tag verdattert und rot vor Wut stehen.
Nati, du machst dir das Leben hier noch zur Hölle!