Kapitel 2: Wie mein neues Leben begann

3457 Words
Wir fanden uns in einer völligen Leere wieder, in der nur wir und durcheinander wirblende Luft existierten. Es war, als würde die Zeit stillstehen. Wie wir da ratlos und einsam in der Finsternis hingen, die irgendwie doch nicht finster war. Die stürmischen Luftmassen, die uns trugen schienen in schillernden Farben zu glühen und streichelten kühl über unsre Haut. Das Gefühl war keineswegs unangenehm. Nur etwas fremdartig vielleicht. Gerade als ich den ersten Schock überwunden zu haben glaubte und Eliah ansah, dass er etwas sagen wollte, tat sich unter unseren Füßen ein weiterer klaffender Riss auf. Es war als hätte man eine Plastiktüte mit einem Goldfisch geöffnet, um den Fisch ins Aquarium zu entlassen. Mit gewaltiger Macht strebte der Wind dem Ausgang zu und wir wurden in eine dunkle Nacht hinausgespien. Ich schrie wie am Spieß, während ich hilflos mit den Armen in der Luft ruderte, als könnte ich so den unausweichlichen Fall etwas abbremsen. Die Luft war schon lange aus meinen Lungen gepresst worden, so dass ich nur noch lautlos schrie, als ich mit einem schmerzhaften Bauchplatscher im Wasser landete, der mir die Tränen in die Augen trieb. Eliah fiel irgendwo meterweit entfernt von mir ins Wasser. Ich hörte nur noch ein leises Platschen, dann hatte die fremde Nacht ihn schon verschluckt. Obwohl ich schon einmal einen heftigen Bauchplatscher vom Drei – Meter –Brett gelandet hatte, war ich in keiner Weise auf das vorbereitet, was mich nun erwartete. Der Aufprall presste mir mit schrecklicher Gewalt die Luft aus den Lungen und lediglich die Panik, die mich erfasste, verhinderte, dass ich einfach das Bewusstsein verlor, als die völlig außer Kontrolle geratenen Wassermassen mich verschlangen. In einem eisigen Strudel schmutzigen, aufgeschäumten Wassers wurde ich immer weiter heruntergezogen. Die Panik machte mich halb blind. Ich wusste schon längst nicht mehr, wo oben und unten war. Obwohl tief in meinem Unterbewusstsein gleich hundert Alarmglocken auf einmal anfingen wie verrückt zu klingeln, paddelte ich mit Händen und Füßen einfach drauf los in der verzweifelten Hoffnung, die Wasseroberfläche zu erreichen, bevor meine Sinne endgültig schwinden, und mein Mund sich unweigerlich zu meinem letzten Atemzug öffnen würde. Ich hatte mehr Glück als Verstand, denn in genau der letzten Sekunde, tauchte mein Kopf über der Wasseroberfläche auf und meine Lunge füllte sich augenblicklich mit dem kostbarsten Gut, das die Erde zu bieten hatte : Luft. Doch das durcheinanderwirbelnde Wasser ließ mir nicht einmal genügend Zeit, um den rettenden Atemzug zu Ende zu bringen, sondern wirbelte mich sofort wieder unter Wasser. Diesmal jedoch versuchte ich einen zumindest halbwegs klaren Kopf zu behalten und zusammen mit meinem Überlebensinstinkt half mir dies, erneut für ein paar kostbare Sekunden über Wasser zu bleiben. Dabei entdeckte ich nur wenige Meter entfernt von mir einen mächtigen Ast, der scheinbar von den über die Ufer getretenen Wassermassen mitgeschwemmt worden war. Mit letzter Kraft schaffte ich es, noch einige Sekunden länger über Wasser zu bleiben, bis mich der Fluss nahe genug an den Ast herangetrieben hatte, dass ich mich mit Mühe und Not daran festhalten konnte. Keuchend ließ ich mich vom Fluss weitertreiben. Mein Kopf drehte sich immer noch und mein Magen drohte sich zu entleeren, doch ich zwang mich dazu, den ganzen Alkohol, bei mir zu behalten. In Kotze wollte ich nun wirklich nicht schwimmen! Dieser Gedanke war zwar lächerlich, doch ich konnte mir in diesem Augenblick absolut nichts widerlicheres vorstellen. Ich sah in den Himmel hinauf, wo ein unglaubliches Gewitter tobte. Wahrscheinlich hatte ich bis jetzt unheimliches Glück gehabt, noch nicht von einem der unzähligen Blitze getroffen worden zu sein, die unablässig vom Himmel zuckten. Längs an den Ufern des außer Rand und Band geratenen Flusses erstreckte sich ein undurchdringliches Dickicht. Ich wusste gar nicht, dass in unserer Nähe ein Fluss ist. Das war mein letzter Gedanke, bevor mich ein mitgerissener Stein am Kopf traf und mir das Bewusstsein raubte. Als ich erwachte lag ich auf einem harten Lager. Etwas kitzelte mich an der Nase. Mein erster Gedanke war, dass alles nur ein Traum gewesen ist. Wenn ich meine Hand ausstreckte, würde ich meinen Freund berühren, der meinte, mich auf besonders romantische Art und Weise wecken zu müssen und mich mit einer Feder kitzelte. Doch als ich die Augen aufschlug, erschrak ich bis ins Mark. Dieser Raum war nicht mein Zimmer! Und das Bett, auf dem ich lag, war gar kein Bett, sondern nur ein erbärmliches Lager aus Stroh. Bittere Galle stieg meine Kehle empor, doch ich schluckte sie tapfer wieder hinunter. Wem immer diese Hütte gehörte, ich würde ihm nicht dadurch danken, dass er mir das Leben gerettet hat, indem ich ihm die Bude vollkotzte. Benommen setzte ich mich auf und sah mich aufmerksam in der Hütte um. Sie war sehr spartanisch eingerichtet. Nicht mal einen Kühlschrank oder einen Fernseher konnte ich entdecken. Mein pieksendes - und ohne verwöhnt klingen zu wollen - verdammt ungemütliches, hartes Lager, bestand lediglich aus einem hölzernen Bettgestell und einem rauhen Sack, der mit Stroh vollgestopft war und als Matratze diente. Der Raum war bis auf einen Tisch mit zwei altmodischen Holzstühlen, einer Kommode, die randvoll war mit seltsamen Töpfchen und Tiegelchen und voll behangen mit seltsamen Kräutern; und einer weiteren Schlafstelle, völlig leer. Der Raum hatte nur eine Tür, die augenscheinlich ins Freie führen musste, da auf der selben Seite der Hütte ein kleines Fenster war, durch das strahlender Sonnenschein in den kleinen Raum fiel. Übrigens die einzige Lichtquelle, bis auf eine dicke schlichte, weiße Kerze auf dem Tisch. Wo war hier bloß die Toilette? Hoffentlich gab es hier nicht bloß so ein ekelhaftes Plumsklo, wie mein Großvater noch eines im Garten stehen hatte, mit dem netten Herzchen auf der Tür! Das Licht, welches durch das einzelne winzige Fenster in den Raum fiel, schaffte es gerade mal ein schummriges Halbdunkel zu schaffen. Durch die Ritzen zwischen den grob behauhenen Holzbalken drangen fahle Lichtstreifen, kühle Luft und Feuchtigkeit in die schäbige Hütte ein. Wer auch immer dieses Häuschen benutzte, konnte nicht viel Wert auf Gemütlichkeit legen. Die Möglichkeit, dass jemand diese Unterkunft gar auf Dauer bewohnen könnte, und sei es nur als Ferienhaus, zog ich gar nicht erst in Betracht. Ich seufzte und stand schwankend von dem seltsamen Lager auf. Taumelnd lief ich auf die Tür zu, wobei ich beinahe über eine große Axt gestolpert wäre, die lässig am Türrahmen lehnte. Ein Schwindel erfasste mich und ich stieß die Holztür mit letzter Kraft auf, ehe ich würgend ins Gebüsch rannte, um meinen Magen endlich zu entleeren. Heraus kam jedoch nur bitterer Magensaft und ich fühlte mich hinterher keineswegs besser, sondern eher gesagt, hundeelend. Bleich und völlig am Ende meiner Kräfte, drehte ich mich um und wäre gestürzt, hätte mich ein unbekannter Retter nicht in letzter Sekunde aufgefangen und zum Bett zurückgetragen. Erschöpft lag ich nun auf dem Rücken und starrte mit leerem Blick auf einen merkwürdig gekleideten Mann, der seine besten Jahre wohl schon eine Weile hinter sich hatte. Ich schätzte ihn auf Mitte sechzig. Graue Haare hingen ihm wirr und verfilzt - fast wie Dratlocks - in das von tiefen Falten durchzogene Gesicht. Der Mann lächelte kurz auf mich herunter, dann hob er plötzlich die sehnigen, schlanken Hände und machte sich an dem Regal mit den vielen Kräutern zu schaffen. Er brauchte nicht einmal eine Minute, um die richtigen Zutaten herauszusuchen, dann verschwand er mit einem Lächeln nach draußen. Zuerst versuchte ich aufzustehen, um ihm zu folgen. Ich hatte so viele Fragen! Doch ich musste mich wohl noch gedulden, denn bei meinem kläglichen Versuch aufzustehen, zitterten meine Beine so sehr, dass ich mich ganz schnell wieder auf die sichere Bettkante setzte. Erst jetzt bemerkte ich den dicken Verband, der um meinen Kopf gewickelt war. Als ich mühsam meinen Hinterkopf betastete, durchzuckte mich ein heißer Schmerz. Keuchend zog ich die Hand weg und entdeckte rotes Blut, das an meinen Fingerspitzen hängengeblieben war. Mir schwindelte. Plötzlich war es wieder Nacht und ein großer Stein raubte mir mit ungeheurer Macht das Bewusstsein. Erneut erfasste mich eine beinahe unbezwingbare Welle der Übelkeit. Keuchend und würgend richtete ich mich kerzengerade auf. Als die Welle vorüber war, fiel ich erschöpft auf die Matratze zurück. Die ganze Welt schien sich um mich zu drehen, während ich vor lauter Erschöpfung in einen tiefen Schlaf fiel. Als ich nach einigen Stunden aus meinem Schlaf erwachte, war ich noch immer allein in der Hütte, doch von draußen konnte ich leise Stimmen vernehmen. Neben meinem Lager stand eine kleine hölzerne Schüssel mit einer Art Suppe darin, in der neben einigen Kräutern zwei hässliche Klumpen Fleisch schwammen. Das Gebräu roch scheußlich und es widerte mich an, dennoch griff ich zögernd nach dem klobigen hölzernen Löffel. Wenn die Suppe noch warm gewesen wäre, hätte sie vielleicht gar nicht so übel geschmeckt. So jedoch war sie genauso scheußlich, wie es ihr Anblick versprach. Ich würgte schon wieder, zwang jedoch auch noch zwei weitere Löffel der kräftigenden Speise herunter, ehe die Tür der Hütte geöffnet wurde und ein junger Mann in dem hellen Rechteck aus Licht auftauchte. Ich konnte nicht anders, als ihn anzustarren. Sprachlos spürte ich wie mein Kiefer leicht nach unten klappte. Der Blick seiner blauen Augen hielt mich gefangen. „Vater. Komm! Wie es aussieht ist unsere Patientin aufgewacht.“ Schelmisch grinsend trat er auf mich zu. „Und schmeckt die Suppe?“ Er verzog das Gesicht. „Wahrscheinlich nicht. Mein Vater braut dauernd so ungenießbares Zeug zusammen.“ „Das ändert aber nichts an der Wirkung. Du solltest das wirklich essen, danach wirst du dich schon viel besser fühlen. Ganz bestimmt. Wenn du willst, kann Solus dir die Suppe auch gerne noch mal warm machen.“ Ich nickte leicht verwirrt. Gleich darauf war der junge Mann mit meiner Suppe nach draußen verschwunden. Der ältere Mann musterte mich schmunzelnd und ließ sich mit einem leisen Seufzen auf einem Stuhl nieder, den er sich mit einer Hand herbeizog. „Na wie geht es dir? Du hast ja gestern ganz schön was abbekommen, was? Du hattest Glück, dass mein Sohn dich entdeckt und aus dem Fluss gefischt hat. Sonst wärst du wohl jetzt nicht mehr unter uns.“ Sein Blick wurde ernst. Seine braunen Augen taxierten mich aufmerksam. Er schien noch etwas fragen zu wollen. Doch er hielt sich noch zurück. „Danke.“, ich erschrak über das jämmerliche Krächzen, das einmal meine Stimme gewesen war. „Ich danke Ihnen. Ihnen beiden.“ Es strengte unheimlich an zu sprechen. Nun lächelte der Fremde wieder freundlich auf mich herab. „Das ist schon in Ordnung. Was hätten wir denn sonst tun sollen. Dich einfach dort draußen sterben lassen? Wir sind schließlich keine Monster.“ Ich rang mir ein Lächeln ab und entschloss mich die Frage zu stellen, die mir wie keine andere auf der Seele brannte. „Ich ... .“, zögernd brach ich ab, aber der Mann lächelte mir ermutigend zu. Also fuhr ich fort. „Ich war nicht alleine. Ich ... Bei mir war noch jemand. Mein Freund. Er, ... Das Unwetter hat uns voneinander getrennt und ...“, ich blickte hoffnungsvoll zu ihm auf. „Habt ihr vielleicht auch ihn gefunden? Geht es ihm gut. Bitte, dass ist sehr wichtig für mich!“ In den verständnisvollen Blick des Fremden, mischte sich ein leises Erkennen. Ich schöpfte neue Hoffnung. „Lebt er? Geht es ihm gut? Wo ist er? Ich muss sofort zu ihm! Bitte bringen Sie mich zu ihm!“ „Scht... . Langsam. Ich will dir keine falschen Hoffungen machen, es ist immerhin möglich, dass es sich nur um einen Zufall handelt.“ „Sie wissen, wo mein Freund ist?! Bitte so sagen Sie schon! Ich bin um jeden noch so kleinen Hinweis dankbar!“, am liebsten hätte ich den Mann gepackt und geschüttelt, um die Informationen einfach aus ihm herauszuschütteln, wie reife Früchte vom Baum. Aber selbstverständlich beschränkte ich mich lediglich auf ein - wie ich hoffte - aufmerksames Lächeln. Der Mann seufzte. „Na schön, dann will ich mal nicht so sein. Solus hat mir erzählt, dass bei den Elfen im Walddorf - etwa einen halben Tagesmarsch entfernt von hier - heute Nacht ein junger Mann angespült wurde. Mein Sohn hatte es allerdings eilig, weil ich ihn gebeten hatte, schnellstmöglich mit den Kräutern wiederzukehren, die mir Zeros, der Älteste der Elfen, versprochen hatte. Bei Feuchtigkeit spüre ich in letzter Zeit immer so ein Ziehen im Rücken und das Gewitter letzte Nacht erwischte uns so unvorbereitet... . Aber was rede ich denn, ich will dich ja nicht langweilen!“ Der alte Mann lächelte gequält. „Auf jeden Fall sollte Solus sich beeilen und hat so quasi nur noch im Vorbeigehen mitbekommen, dass jemand gefunden worden ist...“ „Dein Glück, dass ich es so eilig hatte, sonst wäre ich nie rechtzeitig wieder so weit stromabwärts gewesen, um dich aus dem Fluss zu fischen!“, Solus grinste galant und balancierte vorsichtig meine heiße Suppe in den schlanken Händen. Behutsam stellte er sie neben dem Bett ab, doch ich bat ihn höflich, mir an den Tisch zu helfen, um dort zu essen. Schweigend sahen die beiden Männer mir beim Essen zu. Als die Schale leer war, stand Solus wortlos auf und brachte mir eine neue, die ich ebenso gierig verschlang wie die erste. Am Ende fühlte ich mich wesentlich besser. Ich hatte nur noch einen Gedanken: Ich wollte zu diesen Elfen – Wo bin ich hier nur hineingeraten? – und Eliah in die Arme schließen. Ihn pflegen, falls ihm schlecht ging, Und dann einen Weg nach Hause finden. Irgendwas würde uns schon einfallen... . Nachdem ich fertig war, begann das Gespräch, das sich während seinem Verlauf immer mehr zu einem Verhör entpuppen sollte. „Ich heiße Matthias und das ist mein Ziehsohn, Solus.“ Ich lächelte dankbar zu dem großen drahtigen Mann auf, der an der gegenüberliegenden Wand lehnte. „Mein Name ist Callida.“, ich grinste etwas verhalten. „Meine Mutter hatte schon immer einen Hang zum Spirtualismus. Vor allem der Buddhismus hatte es ihr immer angetan.“, ich lächelte fast entschuldigend. Sonst musste ich mir immer einen Haufen dummer Sprüche anhören, wenn ich mich irgenwo vorstellte. Doch Matthias und Solus sahen mich nur verständlislos an. „Du heißt also Callida. Und wo kommst du her? Dieses Land muss weit weg sein, denn ich habe noch nirgends jemanden gesehen, der so gekleidet war wie du.“, fragte Matthias, indem er meine Wort einfach ignorierte. Wenn ich mich nicht irrte, so war sein Blick gerade allerdings um einige Grade kälter geworden. Ich schluckte. Wenn ich nur wüsste, was genau geschehen war. Ich konnte mich zwar noch an dieses seltsame Loch erinnern und an den Sturm. Und dann war ich schon im Fluss. Irgendwo anders. Ich überlegte kurz, ob ich vielleicht irgendwo in Afrika oder Südamerika gelandet war, in einer Ecke, in welche die Zivilisation noch keinen Einzug genommen hatte. Doch der Wald um uns herum hatte gar nicht nach einem Urwald ausgesehen. USA, Kanada? Asien? Nein ausgeschlossen. Erstens sahen die beiden, nicht gerade wie Asiaten aus. Und Zweitens waren in den Vereinigten Staaten und Kanada, doch schließlich fast alle Teile des Landes zivilisiert, oder? Zumindest würde meine Kleidung keine besondere Aufmerksamkeit erregen. Ich schluckte erneut, als es mir wie Schuppen von den Augen fiel. Na klar. Die beiden waren verrückt. Mich fröstelte, obwohl mir siedend heißer Schweiß über den Rücken lief. Natürlich! Die beiden kleideten sich, als wären sie einer längst vergangenen Zeit entsprungen. Sie lebten alleine in einer kleinen Holzhütte mitten im Wald, faselten etwas von Elfen und und... . Die beiden mussten einfach verrückt sein! Oder war ich es? Hatte ich mir etwa alles nur eingebildet? Hatte ich vielleicht eine Alkoholvergiftung zugezogen und fantasierte irgendeinen Quatsch vor mich hin? Oh mein Gott. Panische Angst erfüllte mich. „Wo bin ich!“, entfuhr es mir. Meine Stimme überschlug sich fast vor Panik. „Hey, hey, was ist denn los mit dir? Was macht dir so eine Angst?“ Irrte ich mich oder war da wirklich ein irres Glitzern in Matthias Augen? Mein Gott ich wusste ja nicht einmal, ob er wirklich Matthias hieß! Solus stand mit überkreuzten Armen an der Wand und sah verwirrt auf mich herunter. Er stand direkt neben der Tür, als fürchte er eine Flucht meinerseits, die er unbedingt verhindern wollte. Mit überkreuzten Armen und vorgereckter Brust sah er aus wie ein Möchtegern-Türsteher. „Was wollt ihr von mir?“, ich begann zu schluchzen. „Und was habt ihr mit Eliah gemacht?! Verdammt! Ich will zu ihm! Sofort!“ Ich sprang verzweifelt auf und rannte zur Tür. Direkt in die ausgebreiteten Arme von Solus, der mich mit sanfter Gewalt wieder zurück auf meinen Stuhl beförderte. „Was ist bloß los mit dir? Wir haben dir das Leben gerettet! Glaubst du etwa wir würden dir etwas tun? Wie verblödet kann ein Mensch überhaupt sein.“ Solus war sichtbar in Rage geraten, doch Matthias hob beschwichtigend die Hand. „Nicht Solus. Du erschreckst sie ja noch mehr.“, an mich gewandt fuhr er fort. „Und nun zu dir: Hab doch keine Angst. Wir wollen doch nur helfen. Wenn du willst kannst du jederzeit gehen, doch glaube mir, es wäre einfacher für dich, wenn du dir von uns helfen lassen würdest.“ Bei diesen Worten bedachte er seinen Sohn mit einem mahnenden Blick. „Wenn du willst begleiten wir dich auch zu dem Dorf, in dem sich dein Freund befindet, der dir offenbar sehr viel mehr bedeutet als ein einfacher Freund.“ , er lächelte mir aufmunternd zu. Ich blickte Matthias aus tränenverschleierten Augen an. „Bin ... bin ich verrückt? Oder tot? Bin ich vielleicht schon im Himmel?“ Ich war vollkommen durcheinander und fühlte mich völlig hilflos. „W ... Was?“ Solus und Matthias schienen ihren Ohren nicht zu trauen. „Ob du im Himmel bist? Aber das ist doch wohl offensichtlich! Du hast festen Boden unter den Füßen oder nicht? Aber ob du verrückt bist, vermag ich dir leider nicht zu sagen. Hör zu, erzähl uns einfach einmal deine Geschichte. So verrückt wird sie schon nicht sein. Und wenn doch ... Nun ich habe in meinem Leben genügend verrückte Sachen erlebt, als dass mich deine Geschichte noch erschüttern könnte.“, versuchte Matthias mir mein Geheimnis mit schmeichelnder Stimme zu entlocken. Am Ende wren sie beide dennoch sichtlich erschüttert. Matthias saß mir nun mit einem unsicheren, gequälten Lächeln gegenüber, während Solus Augen einen Punkt irgendwo hinter meinem Rücken fixierterten, als fürchte er, meinem Blick zu begegnen. Es herrschte peinliches Schweigen. Schließlich erhob sich der Alte mit einem Ruck. „Kannst du laufen?“ „Ich ... ich denke schon. Aber –„ „Gut, dann komm mit. Wir gehen ins Dorf und solltest du schlapp machen, wird Solus dich tragen. Ich glaube, wir sollten deine Geschichte Zeros vortragen. Er ist jedenfalls der Einzige, den ich kenne, der sich möglicherweise einen Reim darauf machen kann.“ Matthias warf sich einen Köcher mit Pfeilen über die Schulter, der draußen an der Wand stand und nahm auch den dazugehörigen Bogen mit. Sein Sohn tat es ihm gleich. Kurz darauf waren wir im dichten Gestrüpp des Waldes verschwunden. Lautlos folgten wir einem scheinbar nicht vorhandenen Pfad immer weiter in den Wald hinein, bis wir schließlich auf einen etwa wagenbreiten Weg gelangten, der sich in mehreren Windungen durch den dunklen Wald zog. Durch die Bäume hindurch war die Sonne kaum noch zu erkennen, woraus ich schloss, dass ich wohl fast den ganzen Tag verschlafen hatte. Ich war unheimlich aufgeregt. In ein paar Stunden würde ich wieder bei meinem Schatz sein. Doch ich war noch kein Stück schlauer als vorher. Aber scheinbar hielt mich zumindest Matthias doch nicht ganz für verrückt. Und wenn dass nur eine Masche von den beiden war, um mich noch tiefer in den Wald zu locken um dort ganz unaussprechliche Dinge mit mir zu machen? Oder lag ich eigentlich gerade in einem sterilen Krankenhauszimmer, möglicherweise schon auf der psychiatrischen Station und träumte mir das alles nur zusammen? Aber vielleicht hatte das Unwetter ja tatsächlich irgendein Loch in unserer Wirklichkeiten gerissen und ... . Ach was denke ich denn da! Das ist doch alles völlig unmöglich! Nur wenn es tatsächlich Elfen gibt, dann .... Aber eigentlich glaube ich eher, dass das alles ja nur ein äußerst aufregender Traum ist! Wahrscheinlich liege ich im Krankenhaus im Koma. Ich muss ja noch nicht einem verrückt sein. Vielleicht war da ja wirklich ein Sturm. Und vielleicht habe ich dabei wirklich etwas an den Schädel bekommen, das mich vollkommen ausgeknoggt hat. Nun der Himmel scheint diese Welt hier jedenfalls wirklich nicht zu sein. So stelle ich mir ein Leben nach dem Tode ja nun auch nicht vor. Obwohl ich ja schon immer mal etwas Spannendes erleben wollte... Vielleicht, ist dieses Abenteuer ja meine Belohnung für all die guten Taten, die ich schon vollbracht habe... ..
Free reading for new users
Scan code to download app
Facebookexpand_more
  • author-avatar
    Writer
  • chap_listContents
  • likeADD