Kapitel 1
***Drake Kingston***
Ich schritt in vollendeter Formation mit meinen Männern durch die Straßen meiner Stadt. New York City. Die Stadt, die niemals schläft – und ich war ihr König. Nein, ihr Herrscher. Niemand wagte es, mir den Weg zu versperren. Ob Manhattan, Brooklyn, die Bronx oder Harlem – die Stadtteile spielten keine Rolle. Alles lief nach meinem Willen. Zwanzig Jahre. Zwanzig gnadenlose, strategische Jahre hatten mich unantastbar gemacht. Selbst die Cops zollten mir Respekt – wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand. Geld regierte eben nicht nur die Welt, sondern auch die Polizei, wenn man es richtig einzusetzen wusste. Und Geld? Davon hatte ich mehr, als ich jemals zählen konnte.
Doch die Gier? Die ließ nie nach. Neue Quellen, neue Geschäfte – immer am Puls der Macht. Drogenhandel? Ganz oben auf meiner Liste. Geldwäsche? Ein alter Hut, aber ertragreich. Menschenhandel? Ja, damit hatte ich experimentiert. Aber ehrlich gesagt, diese ewige Heulerei und Rumzickerei – nichts als Nervenkrieg. Ich mochte es lieber ruhig. Meine „Ware“ hatte zu schweigen. Die Damen in den Vierteln? Die waren für meinen persönlichen Spaß. Natürlich nur ausgewählte. Krankheiten? Kein Risiko wert. Trotzdem langweilten sie mich. Die meisten schmeckten wie billiger Wodka und klebten wie Kaugummi. Eine Spirale der Eintönigkeit.
An diesem brennend heißen Sommertag streifte ich mit meinen Jungs durch das East Village. Die Pubs und Bars hier – alles unter meiner Kontrolle. Die Sonne brannte gnadenlos, aber die dichte, schwarze Sonnenbrille auf meiner Nase ließ sie kalt. Mein weißes Leinenhemd flatterte leicht im Wind. Es stand oben offen – ein Hauch von Eleganz. Im Schaufenster einer Boutique musterte ich mich: Achtunddreißig Jahre und kein Anzeichen von Schwäche. Keine grauen Haare, nur ein paar Stirnfalten, weil mein Clan manchmal meinen Kopf strapazierte. Mein Stehvermögen? Unübertroffen. Achtzehnjähriger Körper, achtunddreißigjähriger Geist. Ein Mann, wie er im Buche stand.
„Kaffee“, brummte ich schließlich, als das Starbucks-Logo in Sichtweite kam. „Ich brauch 'nen Eiskalten. Und einen Bagel. Los, Jungs.“ Julian, mein engster Vertrauter, nickte. „Klar, Boss.“ Er war wie ich – furchtlos, kampferprobt, sechs Jahre Knast hatten ihn abgehärtet. Angst? Kannten wir nicht.
Drinnen wehte uns die kühle Luft der Klimaanlage entgegen, durchsetzt mit dem Duft von frischem Kaffee. Wir fanden einen freien Tisch in der Ecke. Ich ließ meinen Blick durch den Raum gleiten – wie immer. Probleme? Fehlanzeige. Noch. „Ich geh mal für ’nen Königstiger“, murmelte ich und schob mich in Richtung der Toiletten.
Und dann – BÄM! Aus dem Nichts traf mich ein Stoß. Mitten in meine empfindlichste Zone. Der Schmerz ließ mich zusammenzucken. „Boah! Geht’s noch, Blondchen?“ Ich hielt mich an der Wand fest, meine Hände schützend vor meinem besten Stück.
„Entschuldigung! Ich hab Sie nicht gesehen!“ Eine glockenhelle Stimme, irgendwo unter mir. Vor mir balancierte ein winziges Wesen Berge von Kaffeepaketen und Bechern. Ihr Gesicht war kaum zu erkennen, nur ein paar karamellbraune Augen blitzten hervor. Augen, die mich für einen Moment in die Knie zwangen – im metaphorischen Sinne. Verdammt. Dieses Blondchen war... wow. Honigblonde Haare, ein frecher hoher Zopf, und dieser Körper... zierlich, perfekt proportioniert.
„Es war keine Absicht, Sie zu entmannen“, sagte sie schließlich, während sie vorsichtig an mir vorbeiging. Dabei streifte ihr süßer, knackiger Hintern mein schmerzendes Glied. Instinktiv spannte sich mein Bauch an. Sie wusste, was sie tat, dieses kleine Luder.
„Dafür solltest du mir eigentlich etwas schulden“, raunte ich ihr nach.
Sie blieb stehen, drehte ihren Kopf leicht, eine spöttisch hochgezogene Augenbraue über ihrem Blick. „Ich schulde Ihnen etwas? Wofür?“
Ihr Ton war fast belustigt. Was fiel ihr ein mit mir so zu sprechen? Frechheit. „Dafür, dass mein bestes Stück jetzt ziemlich weh tut“, knurrte ich, meine Faust geballt.
„Ich habe mich schon zweimal entschuldigt“, erwiderte sie provokant. „Ich könnte Ihnen ein paar Eiswürfel bringen. Vielleicht hilft das?“ Ihr Lächeln war süß, aber der Unterton? Reine Herausforderung.
Mir blieb fast die Kinnlade offenstehen. Dieses Blondchen hatte Nerven. Nerven aus Stahl. Aber das Spiel hatte gerade erst begonnen.
Ich richtete mich langsam auf, ließ meine Hände sinken und sah ihr hinterher. Sie hatte sich wieder in Bewegung gesetzt, balancierte die Kaffeepakete und Becher durch den engen Gang hinter der Theke. Jede Bewegung von ihr war geschmeidig, fast schon provozierend lässig. Ihre Worte hallten noch in meinem Kopf nach – dieser süffisante Ton, der leichte Hauch von Spott. Sie hatte keine Ahnung, mit wem sie sich gerade angelegt hatte.
Ich grinste. Eine Mischung aus Amüsement und Frustration kroch in mir hoch. Dieses Mädchen, diese kleine, freche Barista – sie war anders. Nicht wie die anderen Frauen, die sich darum rissen, mir zu gefallen, die darauf warteten, dass ich sie bemerkte. Sie? Sie hatte keine Sekunde gezögert, mir Kontra zu geben.
Ich kehrte zu meinem Tisch zurück, setzte mich auf meinen Platz, aber mein Blick war immer noch auf sie gerichtet. Sie war jetzt hinter der Theke, stellte die Kaffeepakete ab, lachte leise mit einer Kollegin. Ihr Lachen? Glockenhell und einnehmend, als hätte sie keine Sorgen, als wäre sie vollkommen unantastbar. Mein Kiefer mahlte.
„Alles okay, Boss?“ Julian hatte meinen Blick bemerkt, wie er immer alles bemerkte.
„Ja“, murmelte ich. „Hab nur gerade eine kleine... Unterhaltung gehabt.“
„Mit wem?“ Er folgte meinem Blick. „Der Barista? Die ist doch kaum älter als zwanzig. Was war los?“
„Hat mir einen Schlag verpasst“, sagte ich trocken. „Mitten ins Zentrum meines Universums.“
Julian verzog keine Miene, aber ein winziges Zucken in seinem Mundwinkel verriet, dass er sich ein Lachen nur mühsam verkneifen konnte. „Soll ich mich drum kümmern?“
Ich hob eine Hand. „Nein. Ich kümmere mich selbst.“
„Klar, Boss.“
Julian und die anderen begannen, über irgendetwas Belangloses zu sprechen, doch ich hörte nicht hin. Mein Blick ruhte weiterhin auf ihr. Jetzt stand sie an der Kaffeemaschine, bereitete einen Latte Macchiato zu, der Dampf umhüllte sie wie ein Schleier. Ich konnte es nicht lassen. Meine Neugier – oder vielleicht war es etwas anderes – zog mich magisch zu ihr.
„Bin gleich zurück“, sagte ich und stand auf, bevor Julian protestieren konnte.
Ich schlenderte zur Theke, lehnte mich mit einer lässigen Bewegung an und wartete, bis sie mich bemerkte.