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1008 Words
Es tut mir Leid, Henry. Heute kann ich nicht zur Arbeit kommen. Kann nicht in deine warmen Augen sehen, dein Lachen hören. Zusehen, wie du Kunden berätst, dir dabei durch die Haare fährst. Ich habe dich jetzt schon vermisst. Jedoch muss ich mich um diese Kollektion für nächste Woche kümmern und muss nun ein ganzes Thema ändern und die Show irgendwie retten. Dave zuliebe. Denn mein Dad wird ihm die Schuld dafür geben. Das wissen wir beide. Während mein Bruder mir versprochen hat, sich um den Spion zu kümmern, zeichne und skizze ich Entwürfe herum. Jedoch ganz zufrieden bin ich mit meinen Werken nicht. Und das meine Gedanken um dich kreisen, vereinfacht mir die Sache nicht. Du hast kein Twitter und ich habe weder ein f*******:-Profil, noch deine Nummer. Also kann ich dich auch nicht erreichen. Erst wenn ich ein paar Entwürfe bis heute Abend geschafft habe, könnte ich vielleicht bei dir vorbeischauen. Aber von Weitem natürlich. Kann ja nicht, wie eine Stalkerin einfach bei dir klingeln. Überall in meiner Wohnung liegen Blätter, Entwürfe, Kataloge herum. Normalerweise bin ich ein ordentlicher Mensch, jedoch ist heute ein Ausnahmefall. In der Spüle meiner kleinen Küche liegt noch das Besteck meines Frühstücks und ich habe gar nicht gemerkt, wie ich während des Arbeitens durch meine Wohnung marschiert bin, mal auf der hellen Couch, mal auf meinem Bett im Schlafzimmer Platz genommen habe, um zu zeichnen. Dieses Chaos stellt ganz klar meine Gedanken da. Wie soll ich versuchen die Modenshow zu retten, während meine Gedanken bei dir sind, Henry? Sogar die Skizzen und Gesichter meiner Puppen haben angefangen dir zu ähneln. Ein Handyklingeln unterbricht meine Gedanken an dich. Dave. Nachdem wir gestern noch zusammen überlegt haben, wie der Feind unsere Aufzeichnungen ausfindig machen konnte und was wir ändern sollten, bin ich nach Hause, in meine eigene Wohnung gefahren. Seit heute Morgen ist dies glaube ich, der achte Anruf. "Hey." "Sag mir, dass es gut läuft", jammert Dave sofort in den Hörer. Ich seufze laut. "Bin dabei, Chef." "Ok, sorry, dass ich nerve, aber ich kriege hier die Krise. Wer zum Teufel nochmal macht so eine Scheiße? Wir sind immer nett zu unseren Mitarbeitern. Sie arbeiten jahrelang bei uns. Warum sollten plötzlich unsere Stylisten oder SchneiderInnen die Seite wechseln?" "Die Kopien der Aufzeichnungen waren doch in deinem Büro. Vielleicht ist jemand reingekommen, hat sie gefunden-" "Ohne meine Erlaubnis geht keiner in mein Büro, glaub mir. Zuletzt waren Violet und ich drinnen und davor kam dieser Olsford zur Bewerbung." "Henry Olsford?", frage ich sofort und ich höre, wie er irgendwelche Schubladen öffnet. "Genau, wie ist der Typ so? War eben kurz im Geschäft. Der Mann ist fleißig und talentiert. Er kennt sich mit Stoffen aus und er hat mehr Kunden bedient als Steve. Hast du nicht gestern mit ihm zusammen gearbeitet? Was denkst du?" "Also, als ich sah, wie er arbeitet, wusste ich warum du ihn eingestellt hast", lüge ich, um seine Laune zu heben. Und er lacht. "Aber sicher. Naja, ich leg dann mal auf und stör dich nicht. Sicher, dass du nicht im Holding vorbeisehen möchtest? Vielleicht fällt dir im Büro mehr ein?" "Dave, du weißt, dass mich diese Wände dort einengen. Ich brauche Ruhe, Freiheit, um meiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Aber ich habe vor mich später mit Valery zu treffen. Sie hat wohl auch ein paar neue Ideen zu Papier gebracht." "Okay, gut, ich vertraue euch. Ihr kriegt das zusammen, wie immer perfekt hin. Wenn ihr Hilfe braucht, ruft an." Und damit verabschiedet Dave sich und ich muss wieder an dich denken, Henry. Dave ist auch hingerissen von deiner Arbeit. Was ist, wenn auch andere weibliche Kunden dich hinreißend finden? Ich sollte eigentlich nicht hier sein, sondern im Geschäft. In deiner Nähe. Um dich zu beschützen, darling. Ich mache mein Apple-Macbook auf, nur um das Foto am Lagerfeuer auf deinem f*******:-Profil zu öffnen. Wie schön du in die Kamera lachst. Ich erinnere mich an gestern. Wie sich unsere Hände berührt haben. Deine Lippen sich meinen genähert haben. Wie ich deinen warmen Atem auf meinen Lippen gespürt habe. Und dein Duft..ich schließe meine Augen. Lehne mich in meinen cremefarbigen weichen Sessel zurück. Ich brauche dich jetzt. Ansonsten liefere ich Dave leere Blätter morgen. Ich greife nach dem Herzförmigen Kissen, welches mir Jack damals geschenkt hatte, nehme es zwischen meine glatt rasierten Beine. Meine Hand wandert zu meiner Mitte, ich fange an mich zu berühren, während ich an dich denke. Wie du mich berührst. Deine Hände über meinen Körper wandern, zur meiner Mitte fahren und du weißt, wie du mich zu berühren hast. Ich stöhne, fühle deine Lippen auf meinen, deine Zunge in meinem Mund. Du verschnellerst deine Handlung, benutzt deine Finger und beißt mir in meine Unterlippe. Und dann komme ich endlich zur Erlösung. Schweratmend setzte ich mich auf und blicke auf dein Foto. Wenn du nur wüsstest, wie sehr ich dich begehre. Nachdem ich mich beruhigt habe, gehe ich duschen, öffne das Fenster, um meinen Muschiduft aus der Wohnung zu vertreiben. Mit einem Handtuch auf dem Kopf, bestelle ich mir einen Thunfischsalat von dem neueröffneten italienischen Restaurant in der Nähe und rufe Valery an. Sie nimmt nach dem zweiten Läuten ab. "Hallo?" Ich runzele meine Stirn. Der Lärm im Hintergrund hört sich nicht so an, als wäre sie im Büro. "Hey, ich dachte, du kommst vorbei und wir arbeiten zusammen. Lust auf eine Pizza?" "Klar, ich bin gleich bei dir. Oh, mein Gott, Nora! Ich habe kurz im Geschäft in der Fifth Avenue vorbeigeschaut und hier ist ein neuer Mitarbeiter und verdammt, er ist so heiß! Und so charmant!" Ich glaube mir wird schlecht. Sie hat Henry gesehen. Meinen Henry. Und findet ihn heiß. Will ihn mir wegnehmen. Ihn für sich haben. "Nora?" "Sorry, war in Gedanken versunken." "Ich weiß, Liebes, du hast eine große Last auf dir. Henry muss warten. Ich komme schnell vorbei, bestell mir eine Diät-Pizza, ja?" Sie legt auf und ich reiße mir das Handtuch vom Kopf. Ich möchte ihr keine scheiß Diät-Pizza bestellen. Und sie möchte auch keine Pizza essen. Sich möchte ihren Tod.
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