Kapitel 10.2

1400 Worte
Als Sera erwachte, lag sie auf etwas Weichem, war aber nicht zugedeckt. Zudem hörte sie, wie um sie herum gearbeitet wurde. Langsam schlug sie die Augen auf und sah sich um. Astarot war in ihrer Nähe und säuberte gerade den Boden des Wohnzimmers, was hieß, dass sie auf dem Sofa liegen musste. Benommen richtete sie sich auf. „Himmel ...", murmelte sie und rieb sich den Kopf. „Schon wieder?" Damit meinte sie sich selbst, denn es war lächerlich, dass sie wegen einem Tropfen Blut in Ohnmacht gefallen war. „Gut, dass Sie wieder wach sind. Die Schäden sind schlimmer, als ich angenommen habe. Sie können hier erst einmal nicht mehr wohnen", erklärte er. „Das Gebäude muss renoviert werden. Einige Rohre sind gebrochen." Entsetzt starrte Sera ihn an. „Was? Wo soll ich dann wohnen?", fragte sie keuchend. Der Tag konnte nicht noch schlimmer werden. „Sie können erst einmal bei mir wohnen", meinte er und stellte die Schaufel zur Seite. Sera schluckte. So würde sie kein Geld bezahlen müssen, das war klar. Aber sollte sie wirklich für einige Zeit mit ihrem Chef leben? Sie war sich nicht sicher, doch ihr Kopf nickte automatisch, ohne, dass sie etwas sagte. Was blieb ihr auch anderes übrig, jetzt, nachdem sie kein Geld mehr hatte? „Ich danke Ihnen", flüsterte Sera irgendwie gerührt, denn es war ein selbstloses Angebot von Astarot. „Dann sollten wir jetzt los. Ich werde mich darum kümmern, dass das Haus wieder hergerichtet wird", versicherte er. Mühsam stand Sera auf und wankte auf ihn zu. Das fehlende Essen, der Schock und das Blut hatten Auswirkungen. „Es tut mir leid, dass ich Ihnen so viele Umstände mache", murmelte sie mit einem Blick auf das Chaos, das dank Astarot ein bisschen besser aussah. „Schon in Ordnung", winkte Astarot ab und legte einen Arm um sie. „Lass uns erst einmal essen gehen." Sera nickte niedergeschlagen und verließ daraufhin die beschädigte Wohnung. Wie lange sie hier nicht leben konnte, wusste sie nicht. Doch Astarot hatte gesagt, dass es mehr Schäden gab als befürchtet. Als sie bei Astarots Wohnung ankamen, wusste sie nicht genau, was sie erwartet hatte. Es war ein Penthous mit Pool und einem wunderschönen Blick über Los Angeles. Alles war in hellen Farben gehalten und viel Licht fiel durch die vielen Glasflächen. Elegant und modern, genau wie Astarot selbst. Wenn Sera ehrlich war, gab es keine bessere Wohnung, die zu ihm gepasst hätte. Ehrfurchtsvoll bestaunte sie die Einrichtung. Vor allem von der geräumigen Wohnküche war sie begeistert. Die Kücheninsel, die ebenso als Bar genutzt werden konnte, war groß genug, um eine ganze Familie hier kochen zu lassen. „Sie haben es sehr schön hier", gestand Sera und stellte ihre kleine Tasche, die sie in aller Eile gepackt hatte, ab. Dazu gesellte sich ihre Laptoptasche. „Danke", meinte er und deutete auf das Sofa. „Wollen Sie Essen bestellen?", fragte er, schien aber auch nichts dagegen zu haben, zu kochen. Anstatt sich zu setzen, blieb Sera stehen und sah sich weiter um. Dabei erwiderte sie, dass sie eigentlich gerne selbst kochte, anstatt Essen zu gehen oder etwas zu bestellen. Einfach, weil sie es mochte und nicht unbedingt auf Fast Food stand. „Mein Kühlschrank ist gefüllt", erklärte Astarot. „Mögen Sie Ente a la orange?", wollte er wissen und es klang, als hätte er das geplant. „Sehr. Hauptsache, etwas zum Essen", murmelte Sera, denn ihre letzte Mahlzeit war mehr als vierundzwanzig Stunden her. Deshalb war sie noch blasser. „Dann werde ich sie jetzt fertig machen", erklärte er und öffnete den Ofen. Darin war die Ente bereits vorbereitet. Erstaunt hob Sera eine Augenbraue. „Haben Sie Besuch erwartet?", fragte sie unsicher. Warum sonst würde Astarot eine Ente bereits im Ofen haben? Das klang sehr merkwürdig. „Nein, ich esse über das Wochenende immer etwas Größeres, das ich mir dann aufwärme", erklärte er und begann die restlichen Dinge vorzubereiten. So hatte Sera ihren Chef nicht eingeschätzt. „Warten Sie, ich helfe Ihnen", sagte sie hastig und stand auf, um zu ihm hinüberzugehen. Nur herumsitzen mochte sie nicht, auch wenn sie sich nach Schlaf sehnte. „Irgendwie muss ich mich doch erkenntlich zeigen." Astarot lachte. „Das müssen Sie nicht", versicherte er. „Wir machen Reis dazu, das geht schnell." Fragend legte Sera ihren Kopf schief. „Dann lassen Sie mich wenigstens den Tisch decken?", fragte Sera voller Tatendrang. Irgendetwas wollte sie wenigstens beisteuern. Astarot deutete auf einen Schrank. „Darin finden Sie Teller und Besteck." Während er kochte, deckte Sera den Tisch. Auch die Gläser fand sie und wollte dann wissen, was er trinken wollte. Neugierig war sie in gewisser Weise, was er alles da hatte. Nur gehörte es sich nicht, in fremde Kühlschränke zu sehen. Astarot deutete auf ein Regal, wo nicht nur Wein, auch Säfte gelagert wurden. „Bedienen Sie sich." Da sie auf nüchternem Magen keinen Alkohol trinken würde, entschied sich Sera für Wasser. Zwar passte ein Weißwein viel besser, aber sie würde nichts riskieren. „Was möchten Sie trinken?", stellte sie erneut die Frage. „Traubensaft", meinte Astarot und zuerst dachte sie an Wein, bis sie die Flasche mit Traubensaft entdeckte. Das war Wein am nächsten und ließ Sera grinsen. „Sie können ruhig Wein trinken", bemerkte sie. Ihr Chef sollte keine Rücksicht auf sie nehmen. Schließlich war er hier zuhause und sie Gast. „Ich trinke am Wochenende eher selten", winkte er ab und Sera bemerkte, dass ein sehr angenehmer Duft den Raum erfüllte. Nach Orangensoße und Ente. Ihr Chef schaffte es tatsächlich, sie immer wieder zu überraschen. Sera leckte sich die Lippen und schloss die Augen. Sie war so hungrig. Astarot, der in der Küche wie ein erfahrener Koch stand, wirkte irgendwie surreal. Tatsächlich hatte Sera geglaubt, dass er sich bedienen lassen würde. Doch Astarot war, wie es aussah, ein bodenständiger Mann geblieben. Das beeindruckte Sera wirklich. Schließlich servierte er das Essen, das sehr lecker aussah und fabelhaft duftete. Sera lief das Wasser im Mund zusammen. Am liebsten würde sie sich darauf stürzen, doch sie beherrschte sich und wartete, bis Astarot Platz genommen hatte. „Vielen dank. Guten Appetit", wünschte sie ihm und kostete die Ente. Sie war vorzüglich und brachte Sera zum Lächeln. „Bei weitem besser als im Restaurant", behauptete sie. „Das glaube ich nicht", meinte er und nahm ebenfalls ein Stück. „Aber schön, dass es Ihnen schmeckt." Allerdings behauptete Sera steif und fest, dass seine Version um Längen besser schmeckte. Zumindest ihr. Und das sagte sie nicht, um sich einzuschleimen. „Dann waren Sie vielleicht noch nicht in guten Restaurants. Aber es freut mich sehr, dass es Ihnen schmeckt", meinte Astarot schmunzelnd und nahm einen Schluck Saft. „Möglich", erwiderte sie schulterzuckend. „Aber ich bin auch keine Frau, die ständig in einem Restaurant essen geht. Zuhause schmeckt es, meistens, noch am besten und es ist wesentlich kostengünstiger." „Das stimmt wohl", stimmte Astarot ihr mit einem Schmunzeln zu und widmete sich wieder seinem Essen. So gut das Essen auch war, irgendwie fühlte Sera sich nicht ganz so wohl. Was einfach daran lag, in der Wohnung von Astarot zu sein. Gewiss, sie schätzte seine Hilfsbereitschaft sehr. Trotzdem war es für sie ungewohnt, dass ihr so viel entgegen gekommen wurde. Nach dem Essen stand Sera auf und räumte wie selbstverständlich den Tisch ab. „Wo darf ich in der Nacht schlafen?", fragte sie, während sie das Geschirr in die Spülmaschine stellte. „Im Gästezimmer", meinte er. „Ich habe mehrere. Sie dürfen sich also gern eines aussuchen." Anstatt das zu tun, stimmte sie dem Erstbesten einfach zu. Jetzt, nachdem ihr Magen gesättigt war, sehnte Sera sich nach einer ausgiebigen, heißen Dusche und das Bett. Dabei war es erst Nachmittag. Astarot zeigte ihr seine Wohnung, bevor er sie in ihr Zimmer brachte. „Können wir Zeiten ausmachen, in denen Sie das Bad benutzen und wann ich? Ich bin gerne ungestört und möchte keine unangenehmen Situationen heraufbeschwören", meinte Sera, bevor er sie allein ließ. „Man kann es abschließen", meinte Astarot nüchtern. Trotzdem war es Sera lieber, feste Zeiten zu haben. Das Abschließen war lediglich ein Zusatz. Astarot willigte ein. Da er sowieso immer sehr zeitig zur Arbeit aufbrach, würde er am Morgen zuerst ins Bad gehen. Sie kam später als er. Damit war sie einverstanden. Sie machten Zeiten auch für abends aus, sodass alles geregelt laufen würde. Sera war vorsichtiger geworden und wollte nicht wieder eine schlechte Erfahrung machen. 
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