Himmelblaue Augen

1063 Words
Verwirrt drehte ich mich in die Richtung, in die alle schauten, und erkannte nun den Grund der Stille. Am oberen Rand der riesigen Treppe, welche aus dem Schloss führte, standen König Georg Alexander und sein Sohn, Prinz Maximilian der III. Augenblicklich standen alle auf und begannen zu klatschen, als die beiden die Treppe hinunter und durch die Menschenmenge zu ihren Plätzen gingen. Dabei schüttelten sie wichtigen Gästen die Hände und der Kronprinz nahm Unmengen an Geburtstagsglückwünschen entgegen. Auch an unserem Tisch kamen sie vorbei. Ich wich schnell ein paar Schritte zurück und versuchte nicht aufzufallen. Die ältere Dame stand schwerefällig auf und reichte dem Prinzen die Hand:,, Herzlichen Glückwunsch, Maximilian." Der Prinz setzte ein charmantes Lächeln auf, schüttelte ihre Hand und bedankte sich bei ihr. Als er weitergehen wollte, streiften seine himmelblauen Augen meine. Unbewusst hielt ich die Luft an. Er hatte sich verändert seit ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Er war größer, mindestens 1,85, und hatte breite muskulöse Schultern mit einer schlanken Taille. Alles in allem hatte er einfach einen super Körper. Muskulös, aber nicht zu muskulös. Schlank, aber nicht zu schlank. Seine Wangen und sein Kinn waren frisch rasiert und seine Haut sah einfach makellos aus. Dazu diese blauen Augen, die gerade Nase und die vollen Lippen. Seine schwarzen Haare waren perfekt gestylt. So dass es für diesen förmlichen Anlass angemessen war, aber doch etwas leicht rebellisches hatte. Mir konnte doch niemand erzählen, dass dieser Mann real war! Unsere Blicke blieben für ein paar Sekunden ineinander hängen, bevor er mir lächelnd zunickte und sich dann der nächsten Person zuwandte. Endlich wagte ich es wieder zu atmen. Notiz an mein Herz: Du kannst mit diesem Rumba oder was auch immer du da gerade in meiner Brust veranstaltest, aufhören. Eilig nahm ich die Bestellung der alten Dame entgegen und war froh, als ich wieder ins Schlossinnere verschwinden konnte. Als ich die Küche betrat, sah ich, wie sich alle anderen irgendwelche Teller schnappten und hinaus strömten. Ich gab schnell meine Bestellung ab, bevor ich versuchte Maria zu finden. Doch stattdessen erblickte ich Mrs Mischingen. Eilig ging ich auf sie zu, aber sie ließ mich erst gar nicht zu Wort kommen:,, Komm her Vici. Ich brauch dich kurz für eine größere Bestellung. Nimm du bitte diese zwei Teller und ich nehme die anderen drei und dann lass uns sofort gehen. Hopp, hopp!" Schnell nahm ich die zwei besagten Teller und eilte ihr hinterher. Im Gehen meinte sie plötzlich:,, Diese Gerichte sind für Tisch 53. Ich will, dass du mir jetzt genau zuhörst. Du wirst kein Wort sagen, verstanden? Einfach nur die ganze Zeit nett lächeln, die Teller abstellen und dann gehen." Ich nickte zur Bestätigung, obwohl ich nicht verstand was das ganze Drama sollte. ,,Also das Steak in deiner Rechten ist für den Mann mit der Halbglatze in dem grauen Anzug. Und der Seebarsch in deiner Linken ist für Prinz Maximilian. Also erlaub dir ja keinen Fehler, verstanden?" Ich konnte wieder nur nickten. Das erklärte das ganze Drama. Ich versuchte mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen und folgte ihr eilig. Wir gingen zügig durch die Reihen von Tischen und kamen dann schlussendlich bei Nummer 53 an. Ich versuchte niemanden speziell anzuschauen. Vor allem nicht den König oder den Prinzen. Ich stelle das Steak vor den Mann mit der Halbglatze ab und ging dann um den Tisch herum zum Prinzen. So elegant wie nur möglich ließ ich den Teller mit dem Seebarsch auf den Tisch gleiten. Beim Zurückziehen meiner Finger berührte ich unabsichtlich die Hand des Prinzen und schaute geschockt zu ihm. Dieser jedoch nahm nur seelenruhig seine Gabel in die Hand und begann zu essen, während er mich verschmitzt anlächelte. Eilig drehte ich mich um und ging zurück zum Schloss. Es war eindeutig nicht normal welche Auswirkungen er auf mich hatte. Ich sollte eigentlich auf keinen Mann so reagieren. Der restliche Abend verlief zum Glück ohne weitere Vorkommnisse. Ich bemerkte nur immer wieder, dass ich von Prinz Max angestarrt wurde. Ich hätte fast über meine eigenen Gedanken gelacht. Was würde der werte Herr wohl davon halten mit einem Spitznamen angesprochen zu werden? Ich wette, dass es noch nie zu dieser Situation gekommen war. Ob er wohl die meiste Zeit über mit Majestät angesprochen wurde? Irgendwie fand ich die Vorstellung absurd. Ich war nur ein Jahr jünger als Max, aber wenn mich jemand mit Majestät ansprechen würde, dann würde ich ihn einfach eiskalt auslachen. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als jemand mit einem Messer gegen ein Glas klopfte. Suchend sah ich mich um und entdeckte König Georg. Er stand bei seinem Platz und wartete geduldig bis alle still waren. Dann begann er, mit seiner tiefen, weichen Stimme zu reden:,, Ich würde gerne einen Toast aussprechen für meinen wundervollen Sohn. Du bist ein außerordentlich intelligenter Mensch, mit einem viel zu großen Herzen. Ich bin fest davon überzeugt, dass du eines Tages ein weiser und gerechter Herrscher sein wirst. Ich bin sehr stolz auf dich und ich wette deine Mutter wäre es auch. Auf dich!" Alle anwesend hoben ihre Gläser und prosteten dem Prinzen zu, während ich ihn einfach nur stumm musterte. Irgendwie wirkte er sehr angespannt. Als sein Blick plötzlich zu mir glitt, wandte ich mich schnell ab und kümmerte mich wieder um die Bestellungen. Die ganze Veranstaltung dauerte bis ca. 23 Uhr, bevor die ersten Gäste nachhause gingen. Jedoch musste ich dann noch mithelfen aufzuräumen und alles wieder in Ordnung zu bringen. Ins Taxi stieg ich ca. um ein Uhr. Im Auto sitzend legte ich erschöpft meinen Kopf gegen die Fensterscheibe und schloss meine Augen leicht. Auch noch jetzt verfolgten mich die himmelblauen Augen des Kronprinzen von England.
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