Unliebsame Vorboten 2/3

1358 Words
Das Klopfen an der Tür schleuderte mich wie als hätte man mir einen gewaltigen Schlag verpasst ans andere Ende des Bettes. Was war ich dabei zu sagen? Bin ich denn total bescheuert? Ich hätte beinahe alles kaputt gemacht. „Herein.“ Dort schwang eindeutig Erleichterung in deiner Stimme mit und der Kloß, der mich an sich von der Dummheit hätte abbringen sollen, schlug wie ein harter Stein in meinem Magen ein. Tsuki, du Idiot, du hättest beinahe alles kaputt gemacht. Taiyo will nur Freundschaft. Niemals würde er auch nur im Ansatz akzeptieren, dass du dich in ihn verguckt hast. Liebe? Das ist doch lächerlich. Ihr kennt euch erst zwei Wochen und du, Vollidiot, labberst schon so einen Stuss. Meine Hände krallten sich in meine Hose, um Halt zu finden, doch es gab keinen vor diesem Fall, der in meinem Inneren immer schneller wurde. Der Wunsch zu verschwinden wurde übermächtig, als ich die dunkle Stimme hörte, die den neuen Besucher gehörte: „Hey, Taiyo. Ich wollte nur sagen, dass-“ Ich hob meinen Blick, als der Satz stockte und begegnete Augen, die deinen so ähnlich waren, doch auch wieder gänzlich anders. Hellblau, aber dort war keine Wärme, sondern im ersten Moment Verwirrung, die dann von einer eisigen Schicht überzogen wurde. Sein durchtrainierter Körper schob sich nun gänzlich in den Raum und seine Präsenz erfüllte den gesamten Raum. Er war gut einen Kopf größer als ich, doch es fühlte sich an, als würde er mich um so viel mehr überragen. Dort war dieser dominante Duft nach Zedernholz und Zimt. Etwas, was ich nicht kannte, aber so viel Macht ausstrahlte, dass sich meine Kehle zuschnürte. Das braune Haar war auf Ohrlänge abgeschnitten und wurde schon von vereinzelten grauen Stellen durchzogen, die seine Autorität noch verstärkten und jedes Widerwort sofort in Keim erstickten. Der schwarze Anzug, der sich um seine Schultern spannte, machte die Situation nicht besser, als mir bewusst wurde, dass vor mir ein Mensch stand, der wusste, was er wollte und vor allem, wie er es bekam. Schließlich konnte ich seinem Blick nicht mehr standhalten und starrte auf den Teppich vor meinen Füßen. Akirai vibrierte in meinem Nacken hinter mir und ließ mich erneut trocken schlucken. Sie presste sich näher an mich und ich konnte ihr in Gedanken nur zustimmen. Wir sollten von hier verschwinden, dennoch war ich wie gelähmt. In der Hoffnung, dass er mich nicht sah, wenn ich mich nicht bewegte, atmete ich so flach wie möglich und versuchte mich so unsichtbar wie möglich zu machen, indem ich meinen Kopf einzog. „Taiyo! Wer ist das?“ Jedes Wort wurde mit Nachdruck ausgesprochen und füllte sich wie ein Peitschenhieb an, unter dem ich zusammen zuckte. Niemand! Ich bin niemand. Bitte ignorier mich. Ich bin gar nicht da. Geh weg. Sprich mit Taiyo. Aber bitte ... bitte hör auf, mich so anzusehen. „Das ist mein Klassenkamerad Tsuki“, stelltest du mich vor und ich schickte dir einen flehenden Blick, doch du warst gänzlich auf deinen Vater fixiert und nahmst mich gar nicht mehr wahr. Vielleicht hättest du mich dann erlöst oder gar erkannt, dass diese Situation eine ungute Wendung nahm. Ja, möglich wäre es sogar, dass dir das bewusst war und du es einfach ignoriert hattest. Egal, was es war, du halfst mir nicht aus dieser Situation zu entfliehen. Die Lederschuhe tauchten vor meinen Füßen auf und zogen meine Aufmerksamkeit auf sich, doch nicht allzu lange. Denn im nächsten Moment zwang man mich mit einem eisernen Kinngriff, meinen Kopf zu heben und erneut in diese eiskalten Augen zu sehen. Dort waren keine Flügel, nur eine alles verschlingende Kälte, die mir auch noch den letzten Atemzug aus den Lungen zog. „Tsuki und weiter?“ Alles sträubte sich in mir, ihm diese Antwort zu geben. Ich versuchte, seinem Blick auszuweichen, doch sein Griff wurde nur härter und sogar schmerzhaft, sodass ich das Winden unterließ und nur an ihm vorbeisah. Ein leichtes Keuchen konnte ich mir jedoch nicht verkneifen und das schien dein Startsignal zu sein, denn sofort warst du bei uns. „Vater! Lass ihn los! Bist du jetzt vollkommen wahnsinnig geworden?!“ Du legtest eine Hand auf den Arm deines Vaters und drücktest ihn herunter. Dadurch löste sich grummelnd der Griff, doch dein Vater verschwand nicht. Er blieb vor mir stehen und starrte weiter auf mich. Wie heiße Dolche bohrten sich seine Blicke in meinen Körper und ich begann leicht zu zittern. Weg! Wir müssen verschwinden! Nur noch weg! Und nie wieder zurückkommen. Akirai brummte wie zur Zustimmung in meinem Nacken und schleckte sogar kurz über meine Haut. Dennoch blieb ich und starrte weiter auf diese penibel gesäuberten Schuhe. Selbst die Hose hatte nur die Bügelfalte und war sonst glatt. Nicht einmal ein Katzenhaar war daran zu finden. „Wie lautet dein Nachname, Junge?“ Ein Teil der Wut schien verraucht, denn seine Stimme klang sanfter und ich wagte es, ihm kurz ins Gesicht zu sehen. Doch die Härte war nicht gänzlich gewichen und so wandte ich mich wieder lieber dem Teppich zu. „Kage. Mein Name ist Tsuki Kage.“ Die letzte Silbe war noch nicht gänzlich verklungen, als er mich brutal an meinem Arm packte und in Richtung Tür schleuderte. Die Krallen von Akirai kratzten schmerzhaft über meine Haut und sie quiekte kurz auf, als sie ebenfalls auf den Boden aufprallte. Meine Netzhandschuhe hatten mich vor Schürfverletzungen geschützt. Sofort rappelte ich mich leicht auf und kroch ein wenig zurück, bevor ich aufstand, um einen möglichen Angriff abzuwehren. Dein Vater hatte sich zu mir gewandt, doch du hingst schon an seinem Arm. „Raus! Verschwinde aus meinem Haus! Ich will dich hier nie wiedersehen!“ Seine Worte prasselten hart wie Steine auf mich ein, als sich seine Hände schon zu Fäusten ballten und nur deine Anwesenheit ihn wohl an Ort und Stelle hielt. „Vater! Was soll das?! Er hat dir doch nichts getan!“ Du wolltest mich verteidigen, doch diese unbändige Wut, die das sanfte Blau in einen tosenden Sturm verwandelte, zeigte mir deutlich, dass dieser Kampf hoffnungslos war. Ich schnalzte kurz und schon kam Akirai mit einem leisen Fiepen zu mir. Sie humpelte leicht und so nahm ich sie vorsichtig auf den Arm. Sofort kuschelte sie sich näher an mich und suchte Schutz bei mir. „Es tut mir leid“, flüsterte ich ihr eine Entschuldigung zu und strich kurz über ihren Rücken, bevor ich mit einem traurigen Lächeln zu dir sah. Wie töricht von mir zu glauben, dass wir eine Zukunft hatten. Wieso hatte ich es immer noch nicht gelernt? Diese Schule hatte kein Glück für mich. Wir hatten keine gemeinsame Zukunft. Du solltest das auch so schnell wie möglich verstehen. „Ich hatte sowieso gerade vor zu gehen. Du brauchst mich nicht zu begleiten. Ich finde den Weg.“ Du wolltest meine Worte nicht glauben, das sah ich in deinen Augen, die unter einer mir unbekannten Panik zu flackern begannen. Meine Sicht auf dich verschwamm langsam und ich blinzelte zweimal, um die Tränen zurückzudrängen, bevor ich mich dann schon umwandte. „Ja! Verschwinde und komm nie wieder hierher! Ich will dich nie wiedersehen! Haben wir uns da verstanden?“ Er wollte keine wirklich Antwort auf seine Frage, dennoch flüsterte ich für mich ein leises Ja, während ich weiter Halt im Fell von Akirai suchte und sie dabei leicht kraulte. „Vater! Hör auf damit! Tsuki ist mein Gast! Du kannst ihn nicht rauswerfen!“ Deine Wut richtete sich gegen deinen Vater, der jedoch nicht darauf reagierte, und dann waren dort deine Schritte hinter mir. „Tsuki! Warte! Nein, du wolltest nicht gehen! Bitte, bleib noch!“ Ein eisiger Schauer lief über meinen Rücken und war das Startsignal für mich. Mein Griff um Akirai wurde fester und ich drückte sie schützend an meine Brust, als aus meinem normalen Schritt ein Lauf ums Überleben wurde. Ich wollte nur noch hier verschwinden. Nicht mehr zurücksehen. Nie wieder umdrehen. Dieses Haus für immer verlassen, doch du setztest zur Verfolgung an. Wolltest mich nicht gehen lassen und ich stürmte weiter. Ignorierte dein Rufen hinter mehr und nahm es als Antrieb, um noch schneller zu werden. Denn wenn ich eines wirklich konnte, dann war es weglaufen.
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