Szene 11

1251 Words
„Nehmt ruhig Platz.“ Die Rothaarige deutete auf die zwei Stühle, die mit einem dritten auf der anderen Seite, an einem Tisch mit Computer standen. Ansonsten befanden sich noch einige Schränke darin für Untersuchungs- und Verbandsmaterial, genauso wie ein gynäkologischer Stuhl und eine kleine Umkleide mit Vorhang. Franziska setzte sich neben Anna auf einen der Stühle und sah sich weiter im Raum um. Viele Bilder zum Thema Geburt, Schwangerschaft und neues Leben. Alles um sie herum wirkte so überwältigend. So berauschend und bald würde auch sie Teil dieser Welt sein. Etwas zur Gesellschaft beitragen und ihrer natürlichen Bestimmung nachgehen. „Weißt du, was wir sie fragen sollen?“, durchbrach Anna plötzlich die Stille und Franziska sah sie irritiert an, bevor sie dann den Kopf schüttelte. „Nein, darüber habe ich noch nicht nachgedacht. An sich würde ich gerne wissen, wie das ganze abläuft und was für Möglichkeiten es gibt. Denn ich bin ehrlich: Ich will keinen Jungen austragen. Man kann sie zwar an die Zuchthäuser verkaufen, aber ich möchte diese Strapazen nicht auf mich nehmen, wenn ich danach dann kein brauchbares Kind bekomme.“ „Das kannst du bestimmt verhindern und ja, ich stimme dir zu. So große Geldnot haben wir nicht und an sich will ich das Kind dann wirklich gerne behalten. Kastrationen sind teuer. Außerdem erst diese Schmach. Alle freuen sich auf das Kind und dann ist es nur ein dreckiger Junge. Ich kann die Menschen schon verstehen, die diese Monster in Mülltonnen entsorgen. Denn ich will mit sowas auch nicht in der Öffentlichkeit gesehen werden.“ Annas Gesicht verzog sich angewidert und Franziska konnte dieses Gefühl gut verstehen. Sie wollte eine Tochter in den Armen halten und nicht ein Kind für das Zuchthaus produzieren. Außerdem wenn es dann bestimmte Kriterien nicht erfüllte, würde sie es nicht einmal verkaufen können. Sie wollte danach schon ein Kind in den Armen halten, das sie auch behalten konnte. Ohne dass sie erst einmal auf eine Operation sparen musste. Sie wollte gerade etwas erwidern, als schon die Tür aufging und im nächsten Moment kam die Ärztin rein. Sie hatte braune, hochgesteckte Haare und eine zierliche Brille auf der Nase, während sie scheinbar die Fragebogen studierte. Erst als sie die Tür schloss, hob sie ihren Blick und lächelte die beiden Frauen freundlich an. „Guten Tag, Frau Bee?“ Sie sah die zwei fragend an und Franziska hob ihre Hand, um dann die der Ärztin zu schütteln. „Okay, dann müssen sie Frau Zumi sein. Mein Name ist Dr. Filling.“ Anna nickte nur und dann nahm die Ärztin schon auf der anderen Seite des Tisches Platz. Dort war sie wieder. Die Nervosität vor dieser großen Veränderung, die mit jeder Sekunde, die Franziska die Medizinerin ansah, näher rückte. Stück für Stück und sie sich wieder nicht mehr so sicher war, doch dann spürte sie die Hand von Anna und all ihre Bedenken waren wie ausgelöscht. „Also, was führt sie zu mir?“ Dr. Filling legte die Hände vor sich auf den Tisch und sah die beiden Frauen ruhig und offen an. Das Lächeln war immer noch auf ihren Lippen und Franziska spürte, wie sie sich langsam entspannte, dennoch war es Anna, die zuerst ihre Stimme wiederfand: „Wir sind hier, weil wir der Einladung nachkommen wollen. Mit der Zeit wünschen wir uns einen neuen Sinn im Leben und könnten uns vorstellen, dass wir ein Kind bekommen.“ „Ähm, ich muss das fragen, weil es manchmal schwer zu erkennen ist. Als Paar oder jede für sich?“ Man merkte, dass es der Ärztin ein wenig unangenehm war diese Frage zu stellen, doch als Franziska diese Unterstellung hörte, brach es fast blitzartig aus ihr heraus: „Jede für sich. Wir... wir sind kein Paar. Nur gute Freundinnen.“ „Okay, auch kein Problem. Wir haben viele Frauen, die erst einmal Kinder bekommen und erst im späteren Alter eine Partnerschaft eingehen. Das ist wirklich kein Problem. Wie viel wissen sie denn über den Ablauf der Schwängerung?“ Sie tippte etwas in den Computer und sah dann wieder zu Franziska und Anna. Diese tauschten kurz einen Blick aus, bevor sie dann synchron den Kopf schüttelten. Franziska hatte sich noch nie darüber informiert. Bis vor kurzem war dieses Thema auch völlig uninteressant gewesen. „Okay, wir haben zwei Methoden. Einmal, die etwas einfache oder somit angenehmere Möglichkeit der Insemination. Das bedeutet, dass wir Sperma von dem ausgesuchten Erzeuger in ihre Gebärmutter leiten, wenn der Eisprung unmittelbar bevorsteht. Dabei wird dann auch das Hymen zerstört, falls es intakt ist, wodurch es möglicherweise zu einer leichten Blutung kommen kann. Der Nachteil dieser Schwängerung ist jedoch, dass wir das Geschlecht vorher nicht bestimmen können. Sollte ein Fehler dabei herauskommen, hätten sie natürlich die Wahl, ob sie ihn als Eunuch aufziehen wollen, was die Lebenserwartung drastisch reduziert und die Kosten der Kastration müssen selber gezahlt werden oder sie können ihn, wenn er unseren Anforderungen entspricht, ans Zuchthaus verkaufen. Dabei würde er aber die ersten zwei Jahre noch bei ihnen wohnen. Sollte keine der beiden Optionen möglich sein, dann müssen sie den Fehler leider entsorgen. Dabei hilft ihnen die Regierung aber gerne.“ Die Ärztin machte eine kurze Pause und Franziska versuchte das gerade Gehörte zu verarbeiten. Sie hatte vorhin schon gesagt, dass sie auf keinen Fall ein Monster zur Welt bringen möchte. Daher auch wenn es sich wirklich als sehr stressfrei anhörte, kam diese Methode nicht für sie in Frage und Anna war schließlich so gut und sprach ihre Ablehnung aus: „Diese Art wollen wir nicht. Wir wollen auf das Risiko eine Bestie zu gebären verzichten. Wir wollen uns sicher sein, dass wir eine Tochter bekommen und das Kind dann auch ohne zusätzliche Kosten oder Lebenszeitverkürzung großziehen können.“ „Okay, dann gibt es noch die In Vitro. Dabei werden ihnen Eizellen entnommen und diese dann gezielt befruchtet. Wir können dabei dann das Geschlecht bestimmen und nur befruchtete Eizellen aus denen ein Mädchen entsteht, werden ihnen dann eingepflanzt. Jedoch ist diese Methode ein wenig teurer und die Differenz müssten sie selbst zahlen. Die Regierung übernimmt nur die Kosten für eine einfache Insemination. Es sind zwar schon Verfahren im Test, die eine großflächigere Aussortierung von den Spermien ermöglicht, doch leider sind die Ergebnisse noch nicht so, dass man diese auf die Allgemeinheit los lassen könnten. Es geschehen noch zu viele Fehler. Sollten sie aber kein Problem damit haben die Differenz zu tragen, dann würden wir ihnen Blut abnehmen, um ihre Hormonwerte zu bestimmen. Danach werden wir ihnen einen Behandlungsplan zusammen stellen und die nötigen Spritzen zur Verfügung stellen. Diese müssen sie noch nicht selbst zahlen. Die werden uns von den Apotheken als Spende meistens überlassen. Das Spritzen fangen sie wenige Tage nach dem Beginn ihrer Monatsblutung an. Dann müssen sie täglich vorbeikommen oder zumindest alle zwei Tage damit wir sehen können, wie sich ihre Eizellen entwickeln und wie ihr Hormonspiegel ist. Wenn genügend ausgereift sind, setzen wir die Eisprungspritze. Dann müssen sie zu uns in die Klinik kommen, wo wir ihnen unter Narkose die Eizellen entfernen. Danach warten sie ein paar Tage, in denen wir die Eizellen befruchten und dann die weiblichen ein wenig reifen lassen, bevor wir sie ihnen dann wieder einsetzen. Dabei werden meistens mehrere Eizellen verwendet, um die Erfolgschance zu erhöhen. Daher muss ich sie in diesem Fall auch darauf hinweisen, dass es zu einer Mehrlingsschwangerschaft kommen kann. Normalerweise verwenden wir bei Frauen in ihrem Alter nur zwei Stück. Auf ihren Wunsch können wir aber auch gerne drei einsetzen. Das müssen sie sich halt überlegen.“
Free reading for new users
Scan code to download app
Facebookexpand_more
  • author-avatar
    Writer
  • chap_listContents
  • likeADD