Szene 12

1185 Words
Franziska versuchte die Worte zu verstehen und sah dann ruhig auf ihre Hand. Es klang wirklich nach sehr viel Stress, aber was sollte sie sonst tun? Sie wollte keinen Jungen zur Welt bringen. Solch ein Monster durfte in ihrem Leib nicht heranwachsen. Ohne es bewusst zu steuern, legte sie erneut ihre Hände auf ihren Bauch. Dieser Ort war nur für ein Mädchen bestimmt. „Wie viel ist denn die Differenz?“ Leider war es doch eine Frage des Geldes. Sie hatte zwar keine Geldnöte, aber sie konnte sich dennoch keine allzu großen Sprünge leisten und so hoffte sie, dass es nicht allzu teuer sein würde. „Die Differenz beträgt zweitausend, die sie, wie schon erwähnt, selbst tragen müssten.“ Franziska spürte, wie ihr sämtliche Farbe aus dem Gesicht wich. Sie hatte niemals mit so viel gerechnet. Das konnte sie nicht stemmen oder sie müsste noch monatelang darauf sparen. Wenn nicht sogar Jahre. Wieso zahlte die Regierung diese Methode nicht, wenn sie doch eigentlich keine Männer mehr haben wollte? Noch bevor sie die Frage im Kopf zu Ende formuliert hatte, sprach sie diese dann auch schon aus. „Weil wir immer noch Männer brauchen. Wir können sie nicht gänzlich ausmerzen. Daher ist der häufigste Weg, dass die Frauen mit der Insemination starten und sollte ein Junge dabei herauskommen, diesen an das Zuchthaus verkaufen. Denn für ein gutes Exemplar zahlen wir schon einmal im sechsstelligen Bereich. Sollte es Mittelfeld sein, bleibt der Betrag immer noch fünfstellig. Dann kann man sich die In Vitro meistens leisten. Es gibt auch Frauen, die es als Art Zusatzverdienst verwenden und die Mädchen dann zur Adoption freigeben für Frauen, die nicht durch Insemination schwanger werden können, aber sich eine In Vitro nicht leisten können.“ Die Ärztin blieb offen und ruhig. Sie sah die Frauen abwechselnd an und lächelte dann sogar ruhig. „Also, wie wollen sie verfahren oder wollen sie noch ein wenig darüber nachdenken? Ich kann ihnen gerne auch noch ein paar Broschüren mitgeben.“ Franziska wusste nicht, wie sie darauf antworten sollte und nahm die Unterlagen geistesabwesend entgegen. Was sollte sie tun? Sie wollte doch keinen Jungen bekommen, aber die In Vitro war so teuer. Auch Anna schwieg und hatte ihren Blick betrübt gesenkt, während sie auf die Zettel in ihrer Hand sah. Franziska wusste, dass auch ihre Freundin nicht so viel Geld übrig hatte und die einst so lockere Stimmung im Raum wurde düster und bedrückt. Was sollte sie jetzt tun? Klar, gab es eine Möglichkeit. Sie musste das Ganze nur zweimal machen. Das zweite Kind würde auf jeden Fall ein Mädchen werden. Denn sie war sich durchaus sicher, dass sie keine Ausschussware produzieren würde. Dennoch wollte sie das nicht. Alleine bei der Vorstellung, dass sie solch ein Wesen in sich heranwachsen lassen würde, wurde ihr schon fast schlecht. Auch Anna war ganz blass um die Nase und die Ärztin schien die Situation langsam richtig zu deuten. „Sie müssen sich jetzt nicht entscheiden. Es gibt auch Organisationen, die einen finanziell ein wenig unter die Arme greifen. Ihre Adressen stehen in einer der Broschüren. Aber jetzt mal etwas anderes: Haben sie sich denn schon einen passenden Erzeuger ausgesucht?“ Sie wollte die Unterhaltung auf ein positiveres Thema zurückbringen und Anna sprang auch sofort darauf an. „Oh ja, das haben wir. Ich würde die Nummer 78 bevorzugen. Seine unterschiedlichen Augenfarben haben mir es wirklich angetan.“ Sie lachte auf und die Ärztin gab kurz etwas in den Computer ein, bevor sie dann darauf reagierte: „Oh ja, dieser Erzeuger ist wirklich sehr schön. Wir haben nur drei oder vier Exemplare mit zwei Augenfarben. Leider wurde er erst vor kurzem gemolken. Es wird also noch ein paar Wochen dauern, bevor er wieder so weit wäre.“ „Wieso erst melken? Sind die Spermien nicht eingefroren?“ Franziska war verwirrt. Schließlich war das doch möglich, oder? Doch die Ärztin schüttelte den Kopf. „Nein, um ihre Qualität zu sichern, werden sie meistens sehr zeitnah zum Gebrauch gemolken, damit wir sie nur kurz lagern müssen. Wir hatten schon oft Probleme. Außerdem sparen wir uns so Lagerkapazitäten oder dass wir dann Sperma von schon toten Erzeugern haben. Das kam uns allen ein wenig makaber vor. Und damit eine gute Anzahl an Spermien vorhanden ist und es auch klappt, müssen wir die Erzeuger einige Zeit darauf vorbereiten. So in einem Monat wäre es wieder möglich. Soll ich ihn für sie reservieren? Sie müssen den Termin dann aber wirklich wahrnehmen. Auch können sie sagen, dass sie ihn zum Beispiel in zwei Zyklen oder so haben wollen. Dafür verlangen wir aber eine kleine Reservierungsgebühr von einem Hunderter. Wenn sie gleich die nächste Molkerei wollen, dann kostet sie das nichts.“ Franziska begann langsam der Kopf zu schwirren, doch dann wurde ihr etwas eiskalt bewusst. Ihr Liebling war ja auf der Flucht. Sie konnte ihn also gar nicht wählen! „Was ist mit der 56?! Sie ist doch flüchtig! Dann kann man ihn aktuell gar nicht als Erzeuger nehmen, oder?“ Franziska war leicht aufgestanden und sah die Ärztin geschockt an, wodurch diese sogar kurz zusammen zuckte, doch dann beschwichtigend lächelte. „Jein. Also, normalerweise geht das natürlich nicht mehr. Kein Erzeuger im Zuchthaus, dann existieren auch keine Spermien. Aber da er kurz nach dem Melken geflohen ist, haben wir sogar eine Ladung da. Die Frau, für die das Sperma ursprünglich gedacht war, wollte es dann nicht mehr. Sie wollte keinen Rebellen haben. Jetzt haben wir es noch im Lager, aber sind uns nicht sicher, was wir damit tun wollen. In zwei Tagen müssen wir es wegwerfen.“ „Dann gebt es mir!“ Franziska war es egal. Sie würde die Insemination machen. Schließlich hatte sie keine andere Wahl und außerdem wollte sie nur ihn. Kein anderer Erzeuger hatte sie angesprochen und auch die Ärztin wirkte überrascht, doch dann lächelte sie kurz. „So besessen sind die wenigsten von einem Erzeuger. Aber gut, wir nehmen Blut ab und schauen, ob es überhaupt Sinn macht und der Hauch einer Chance besteht.“ Sie wandte sich an das Telefon auf dem Tisch und drückte einen Knopf: „Frau Terrin, bitte kommen sie hier her, um der Patientin Frau Bee Blut abzunehmen.“ Es kam eine Bestätigung zurück und dann wandte sie sich wieder zu Franziska: „Wir werden ihnen jetzt Blut abnehmen und es heute im Laufe des Tages auswerten. Wahrscheinlich werden sie heute noch hören, ob wir sie damit schwängern können oder nicht. Sollte es positiv sein, dann kommen sie bitte zu unserer gewünschten Zeit zu uns in die Praxis. Normalerweise können wir das Alles besser abpassen, aber das hier ist eine Ausnahme und ich finde es gut, dass keine Ressource verschwendet wird.“ Franziskas Herz schlug ihr bis zum Hals. Was tat sie hier? Wenn alles klappte würde sie bald schwanger sein. Mit dem Kind des Flüchtlings. Von diesem Mann, der so wunderschön war. Sie wollte keinen anderen und so hoffte sie nun auch auf anderer Weise, dass er gefangen genommen wurde. Denn wenn es ein Junge werden sollte, dann brauchte sie sein Sperma noch einmal. Denn ein anderer Mann kam für sie nicht in Frage...
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