Teufelsverschlinger 2

961 Words
„Oh ja, die Seele schmeckt köstlich.“ Azrael schleckt sich genüsslich über die Lippen, als er den letzten Rest des weißen Nebels in sich aufsaugt und der verkohlte Körper zu Asche zerfällt. „Das war Invisida. Ein eher niederer Dämon, doch wir jagen ihn schon sehr lange. Das hast du wirklich gut gemacht, Maldiel. Du wirst immer besser und ich bin mir sicher, sollten wir jetzt Asmodeus begegnen, dann werden wir ihn ohne Probleme besiegen können. Diabolus wird entzückt sein, wenn wir ihn diesen Störenfried endlich zurückbringen. Du willst gar nicht wissen, wie lange er schon hier auf der Erde herumstreunt.“ Er klatscht sich zufrieden in die Hände und pustet dann den grauen Staub hinfort. Mit sicheren, kleinen Schritten kommt er zu seinem Kameraden zurück und klettert an dessen Kleidung wieder auf die Schulter, die sein Lieblingsplatz ist. Maldiel nimmt die Worte an genauso wie das geringe Gewicht des Irrlichts auf seiner Haut. Er sehnt sich danach, Asmodeus in die Hölle zu schicken, doch bei den Gedanken an den anderen Dämon kribbeln seine Fingerspitzen und das Feuer in ihm wird unruhig und wärmer. „Gibt es weitere Verschlinger?“ Diese Frage begleitet ihn schon länger, aber bis eben hat er sich nie getraut, sie zu stellen. Jetzt huscht sie ihn wie ein leises Gebet über die Lippen. Eine schüchterne Hoffnung in seinem Herzen, die ihm zeigt, dass er diese Last nicht alleine stemmen muss. „Ähm, ja, den ein oder anderen. Aber niemand ist so gut wie du, Maldiel.“ Azrael spürt den Zweifel, der sich, wie Gift in dem Herzen des Jünglings, ausbreitet. „Diabolus ist stolz auf dich und wenn wir hier fertig sind, dann wird er ein gutes Wort für dich einlegen.“ „Ein gutes Wort? Bei wem denn?“ Diese Antwort irritiert ihn. An sich hat er immer geglaubt, dass er dann zu einem normalen, menschlichen Leben zurückkehrt, doch scheinbar ist dem nicht so. „Na, bei Gott natürlich. Damit du zurück in den Himmel kannst.“ Azrael lacht kurz auf, doch als die Verwirrung nicht aus dem Gesicht von Maldiel weicht, bleibt der Laut ihm im Halse stecken. „Du spürst es nicht? Oh, dann bist du doch noch nicht so weit, wie ich dachte.“ „Was spüre ich nicht?“ Er horcht in sich hinein, aber dort ist nur das leise Knistern des blauen Feuers, das ihn schon so lange begleitet und so viele Seelen mit sich nahm. Will er mich schon wieder für dumm verkaufen? Er weiß so viel und erzählt mir so wenig! Wer bin ich überhaupt für ihn? Nur der Idiot, der die Dämonen verbrennt, damit er sie fressen kann?! Wenn er mich nicht bald aufklärt, kann er sich einen anderen Depp dafür suchen! „Es ist kein Zufall, dass ich dich ausgesucht habe, Maldiel. Denn nur ganz bestimmte Seelen können das dämonische Feuer in sich aufnehmen.“ Azrael holt kurz Luft, um sich die nächsten Worte noch einmal gründlich zu überlegen, dabei bricht er sogar kurz den Blickkontakt ab. „Sondern nur gefallene Engel können Partner von uns Irrlichtern werden und wenn ein Engel genügend dämonische Seelen zurückgeschickt hat, dann verhandelt Diabolus mit Gott, dass er sie zurück in den Himmel steigen lässt. Du bist so ein gefallener Engel, Maldiel.“ Maldiel lacht auf. Das ist nicht sein Ernst?! Ich? Ein gefallener Engel? Das ist so lächerlich! Schämt er sich denn nicht für diese dreiste Lüge?! Was erhofft er sich davon?! Dass ich brav weiter für ihn Dämonen anzünde?! Glaubt er, dass ich ihm so treu zur Seite stehe und besser zu kontrollieren bin?! Das ist idiotisch! Die Worte kann ich ihm nicht glauben! Er lügt mich an! Nach allem, was wir schon durchgemacht haben, sagt er mir immer noch nicht die Wahrheit! Es gibt keine guten Dämonenseelen! Sie sind alle verlogen, hinterhältig und nur auf ihr eigenes Wohl aus! Ja, sie müssen alle brennen. Dort ist wieder das kühle Feuer in seiner Hand, das sich auf den Weg zu Azrael macht, doch dieses Mal stoppt es nicht, sondern greift nach dem kleinen Irrlicht, das panisch aufschreit: „Maldiel! Stopp! Hör auf! Nein! Verbrenn mich nicht! Ich bin alles, was du hast! Nur mit mir kommst du in den Himmel!“ Maldiel lacht trocken auf: „Ha, in den Himmel? Was will ich dort? Ich bin ein Teufelverschlinger. Im Himmel gibt es keine Teufel oder Dämonen. Aber hier schon. Ich, Idiot, habe sogar die ganze Zeit einen mit mir herum getragen. Nein, es gibt keine guten Dämonen. All ihre Seelen gehören zurück in Hölle.“ Er stoppt kurz, als die Kühle sich erneut ändert und ihn eine Erkenntnis ergreift, die zusammen mit dieser neuen Macht und der sanften Wärme, die er so nicht kennt, in seinem Herzen reift. „Nein, nicht in die Hölle. Sie gehören verbrannt. Zusammen mit ihren Körpern. Auf dass sie nie wieder zurückkehren können und all das Leid endgültig verschwinden wird. Ja, das ist mein Lebenssinn.“ Langsam erstirbt der gepeinigte Schrei von Azrael auf seiner Schulter, als das kleine Irrlicht gänzlich verkohlt zu Boden fällt. Mit einem einzigen Tritt zerbricht er zu Asche, die der Wind sofort mit sich nimmt und Maldiel spürt die Kraft in sich, die er sich schon immer gewünscht hat. Das Feuer um seine Hand ist nun grün und warm. Voller Versprechen und der Zuversicht diese Welt wirklich in einen besseren Ort zu verwandeln. In eine Existenz ohne Dämonen, die gute Menschen zu bösen Dingen verleiten und somit Leid und Schmerz unter ihnen verteilen. Ein Dasein, in dem seine Mutter ihn wieder in die Arme nimmt und ihm sagt, dass alles gut sei. Ja, alles wird wieder gut, denn sein Feuer verschlingt sämtliches Böses auf dieser Welt, auf dass es nie wieder zurückkehren wird. Nie wieder... Ende
Free reading for new users
Scan code to download app
Facebookexpand_more
  • author-avatar
    Writer
  • chap_listContents
  • likeADD