Ich hatte den Job! Überglücklich hätte ich an Ort und Stelle anfangen können zu tanzen, aber ich hielt mich zurück.
Ehe ich eine Chance hatte noch weiter darüber nachzudenken, kam auch schon mein Frühstück. Genüsslich biss ich von meinem Toast ab und war mir plötzlich der Tatsache bewusst, dass ich mir einen Shoppingtag nun mehr als je zuvor verdient hatte.
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Zwei Tage später saß ich in einer engen schwarzen Hose und einer blutroten Bluse auf dem, mir nur allzu bekannten, mit Samt überzogenen Sessel und unterschrieb den letzten Zettel. Dann legte ich den Kugelschreiber zur Seite und lehnte mich zurück.
Lächelnd nahm Mrs Clingfort alle Zettel in die Hand und schlichtete sie schnell, bevor sie sie in eine Mappe legte:,, Wundervoll. Das wäre dann alles. Schlüssel und Ausweis gebe ich Ihnen gleich und dann sollte alles geregelt sein. Noch irgendwelche Fragen?"
Einen kurzen Moment lang dachte ich nach. Mrs Clingfort hatte mir eigentlich schon alles ausführlich erklärt. Sehr ausführlich. Wir saßen hier schon seit ca. zwei Stunden und das Gespräch wollte einfach kein Ende nehmen. Darum verneinte ich eilig ihre Frage und war umso glücklicher, als die ältere Dame aufstand und mir ihre Hand entgegenstrecke:,, Dann war das jetzt wohl alles. Wir sehen uns am Montag in einer Woche. Auf Wiedersehen, Miss Prinsloo."
Ich stand ebenfalls eilig auf und nahm ihre Hand:,, Schönen Tag noch."
Dann nahm ich alle Unterlagen und den Schlüssel, den ich von ihr bekommen hatte, und verließ eilig das Büro. Mittlerweile fand ich den Ausweg schon recht schnell und lief zügig zur U-Bahn. Während ich an der Haltestelle wartete, bekam ich eine Nachricht von Luke.
Luke/8.9/ Hey, schreib mir, wenn das Gespräch für den Job vorbei ist. Bin in der Stadt. Könnten irgendwo essen gehen.
Diese paar Sätze brachten mich zum Lächeln. Schnell tippte ich eine Antwort.
Victoria/8.9/ Steige jetzt gerade in die U-Bahn ein. Essen klingt super. Bin in 20 Minuten beim Kathis. Wie wär's?
Kathis war unser absoluter Lieblingspub in London. Wir hatten es einmal durch Zufall beim Feiern entdeckt. Schade war nur, dass es am anderen Ende von London lag und dass wir dadurch nur selten hinkamen. Plötzlich vibrierte mein Handy wieder.
Luke/8.9/ Bin in einer halben Stunde dort!
Lächelnd ließ ich mein Handy zurück in meine Tasche sinken.
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40 Minuten später stieg mir der köstliche Geruch von der großen Portion Fish&Chips vor mir in die Nase. Luke hatte genau dasselbe bestellt. Dazu tranken wir ein großes Bier. Genüsslich nahm ich den ersten Bissen. Der Fisch schmeckte hier einfach so, als hätte man ihn aus dem Meer gefischt, direkt in die Fritteuse geschmissen und dann sofort auf meinen Teller gelegt, nur damit ich ihn, keine fünf Minuten später, schon essen konnte.
Ich wurde aus dem Food Porn, welchen mein Gehirn gerade erfand, gerissen, als Luke ungeduldig meinte:,, So! Jetzt erzähl mir endlich, was dir die alte Dame alles erzählt hat! Musst du eine Schürzte tragen? Und Knicksen?!"
Luke konnte sich vor Lachen gar nicht mehr halten. ,,Nein, ich muss nicht knicksen! Jedoch habe ich wirklich eine Arbeitsuniform. Dabei handelt es sich ironischer Weise tatsächlich um eine kleine weiße Schürzte, die aber nur ums Becken gebunden wird. Dazu natürlich noch passende Handschuhe. Die dachten sich wohl, dass ich Mary Poppins noch nicht ähnlich genug sehe. Doch was ich darunter anziehe, darf ich selbst entscheiden. Es muss nur angemessen sein. Aber was kann man als Putzfrau schon falsch machen?"
,,Warte mal! Du arbeitest gar nicht als Küchengehilfe?"
Schwer seufzend nahm ich den nächsten Bissen. Dann antwortete ich: ,,Nein. Mrs Clingfort meinte, dass sie zurzeit dort niemanden suchen und dass eben die einzige Stelle, die sie mir anbieten kann, diese wäre. Aber ich bin damit auch sehr zufrieden. Job ist Job! Außerdem bekomme ich ein Zimmer im Palast, welches ich mir jedoch mit jemanden teilen muss und ein recht gutes Gehalt. Ich habe Sonntags und Mittwochs frei, muss aber dafür Samstags arbeiten. Mir werden im Palast spezielle Bereiche zugeteilt und ich muss halt dann dafür sorgen, dass sie jeden Tag auf Hochglanz sind. Kein besonders schwerer Job."
Interessiert musterte mich Luke:,, Und wann sollst du einziehen?"
Bedrückt sah ich auf meinen Teller:,, Diese Woche noch. Nächste Woche Montag beginne ich bereits zum Arbeite."
Nun verdüsterte sich Lukes Mine:,, Du wirst mir fehlen, Vici!"
Ich versuchte mich an einem Lächeln und antwortete:,, Hey, was schaust du denn so griesgrämig. Jetzt bin ich ja noch da und später werde ich auch nicht vom Erdboden verschluckt sein. Ich komme dich hin und wieder besuchen und dann gehen wir in die Stadt essen oder so. Das wird schon."
Nun lächelte auch Luke:,, Hauptsache ist, dass du glücklich bist. Ist das der Fall?"
,, Ja, das ist er. Ich bin im Moment glücklich."
Grinsend nahm Luke meine Hand und meinte:,, Dann freue ich mich für dich. Es wird sicher eine tolle neue Erfahrung für dich." Lächelnd drückte ich seine Hand und erwiderte:,, Das hoffe ich."
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Am Mittwoch war es dann endlich so weit. Mein ganzes Hab und Gut war in großen braunen Schachteln verpackt und stand im Flur herum. Die Einzige gute Sache war, dass ich, da ich erst vor kurzem bei Luke eingezogen war, noch nicht sehr viel ausgepackt hatte. Darum hatte ich recht schnell alle meine Sachen zusammengepackt.
Heute war der offizielle große Siedlungstag. Ich hatte eine recht gemütliche, aber doch elegante Jeanshose mit einem schlichten weißen T-Shirt an, da ich nicht genau wusste, ob ich auch heute meinem Umfeld entsprechend angezogen sein musste oder nicht.
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Luke nach mir rief. Eilig rannte ich zu ihm in den Flur und entdeckte, dass er sich gerade mit einer besonders großen Schachtel abplagte. Ohne lange zu überlegen, stürmte ich auf ihn zu und half ihm die Kiste nach unten zum Auto zu tragen. Und so ging es auch die nächste halbe Stunde weiter. Dann endlich hatten wir es geschafft und alle meine Kartons waren im Auto verstaut.
Luke und ich stiegen in den schwarzen Audi und fuhren zu meinem neuen Zuhause. Luke hatte mir angeboten mit mir zum Buckingham Palace zu fahren, damit er mir helfen konnte auch noch alle Schachteln in mein Zimmer zu bekommen. Außerdem gehörte ihm das Auto und ohne Auto wäre ich ganz schön aufgeschmissen.
Die Fahrt bis zu meinem neuen Zuhause verging viel zu schnell und ehe ich mich versah, tauchte vor mir der hohe Zaun des Buckingham Palace auf. Kurz vor dem großen Zaun wurden wir von den Wachleuten aufgehalten. Dem einen zeigte ich schnell meinen Ausweis und dann wurde auch noch mein Auto genauestens durchsucht. Als sie dann auch noch anfingen alle Kartons aufzureißen, kurz hinein zu schauen und sie dann wieder zuzukleben, war ich mit meinen Nerven echt am Ende. Doch dann endlich wurden wir durchgelassen. Dank Mrs Clingfort wusste ich genau wo wir Luke's Auto parken konnten und wohin ich gehen musste, um zu meinem Zimmer zu kommen.
Als das Auto endlich stand, hieß es wieder einmal Schachteln schleppen. Ich nahm mir den ersten Karton und Luke tat es mir gleich. Durch einen kleinen Seiteneingang gelangen wir in das Innere des Schlosses. Wie mir die ältere Frau bereits erklärt hatte , musste ich nun rechts abbiegen, dann ein Stückchen gerade aus und dann sollte ich im Angestelltenbereich angelangt sein. Jetzt hieß es nur noch Zimmernummer finden. Und dann endlich am Ende des Flurs entdeckte ich die Zimmernummer 68. Eilig nahm ich den Schlüssel heraus und öffnete die Tür.